Direkte und indirekte Steuer

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Direkte und indirekte Steuern sind in der Finanzwissenschaft und der Steuerlehre eine Einteilungsform der Steuern.

Zusammenhang zwischen Einkommen und direkten oder indirekten Steuern

Allgemeines

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Die Einteilungsform in direkte und indirekte Steuern stößt in der Finanzwissenschaft zwar auf Kritik, Theorie und Praxis halten dessen ungeachtet überwiegend an ihr fest.[1] Kriterien für die Einteilung können sein die Veranlagungs- und Steuererhebungstechnik, Leistungsfähigkeitsprinzip oder Steuerüberwälzung. Meist wird die Differenzierung in direkte und indirekte Steuern nach dem Gesichtspunkt der Steuerüberwälzung vorgenommen, insbesondere in der Volkswirtschaftslehre[2] bei der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Die Finanzwissenschaft konnte inzwischen nachweisen, dass sowohl direkte Steuern (Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer) überwälzbar sind als auch dass die Überwälzung von indirekten Steuern nicht immer gelingt.[3]

Geschichte

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Henri-Léonard Bertin teilte bereits 1763 unter Ludwig XV. die Steuern ein in direkte (auf Grundstücke und Personen) und indirekte Steuern (Verbrauchsteuern).[4] Indirekte Steuern nannte Anne Robert Jacques Turgot alle Steuern, die nach seiner Ansicht abgewälzt werden.[5] François Quesnay setzte sich zunächst für eine Einheitssteuer (französisch impôt unique) ein, die den „Steuerpflichtigen am wenigsten belaste“ – die Grundsteuer. Dann unterschied er 1767 zwischen direkten und indirekten Steuern. Neben der direkten Steuer als Quote des Reinertrags (französisch produit net) führte er die Grundsteuer (französisch impôt indirect) – heute die Umsatzsteuer – ein.[6]

Direkte Steuern

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Direkte Steuern gibt es mit Ausnahme des Zehnten erst seit rund zweihundert Jahren. Sie setzen eine hochentwickelte und arbeitsteilige Wirtschaft voraus.[7] In der Schweiz wird die Direkte Bundessteuer seit 1915 erhoben.

Formal gilt, dass der Steuerschuldner   mit dem Steuerdestinatar   identisch ist:

 .

Bei direkten Steuern sind Steuerschuldner (der gesetzlich Steuerpflichtige) und Steuerträger (der wirtschaftlich Belastete) identisch, d. h. eine Übertragung der Steuer auf Dritte ist nicht direkt möglich, kann aber durch Steuerüberwälzung weitergegeben werden. Der Staat geht davon aus, dass bei der direkten Steuer keine Steuerüberwälzung stattfindet.[8] Ausnahme ist die Grundsteuer, bei der eine Überwälzung auf den Mieter im Rahmen der Betriebskosten nach § 2 Nr. 1 BetrKV gesetzlich vorgesehen ist.

Die direkten Steuern werden unmittelbar bei dem Steuerschuldner festgesetzt und erhoben. Zu den direkten Steuern zählen Steuern auf das Einkommen und das Vermögen (z. B. Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Abgeltungsteuer) sowie Steuern im Zusammenhang mit dem privaten Verbrauch.

Beispiel

Die Jagdsteuer ist eine Aufwandsteuer, die unmittelbar beim Jagdausübungsberechtigten erhoben wird. Dieser ist Steuerdestinatar, Steuerschuldner, Steuerträger und Steuerzahler zugleich.

Indirekte Steuern

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Bei den indirekten Steuern sind die Person (Steuersubjekt), welche die Steuer schuldet (Steuerschuldner), und die Person, welche die Steuer wirtschaftlich trägt (Steuerträger), nicht identisch. Die Steuer wird vom Steuerschuldner auf andere Personen abgewälzt. Die Steuer wird aber nicht vom Steuerträger an die Finanzbehörden abgeführt, sondern vom Steuerschuldner. Deshalb sind Steuerschuldner   und Steuerdestinatar   nicht identisch:

  .

Der Staat wünscht im Falle der indirekten Steuern, dass die Steuerschuldner selbst nicht Steuerdestinatare sind, sondern die Steuern auf die Verbraucher ihrer Produkte und Dienstleistungen überwälzen. Die indirekten Steuern gelangen deshalb von den Verbrauchern als wirtschaftliche Steuerträger zum Staat indirekt über die zwischengeschalteten Unternehmen als Hilfsfiskus, die selbst kein Steuerträger sind.[9]

Zu den indirekten Steuern zählen die Umsatzsteuer, die Verbrauchsteuern (z. B. Energiesteuer, Tabaksteuer, Schaumweinsteuer und Zwischenerzeugnissteuer) und die Rennwett- und Lotteriesteuer.

Beispiel

Bei der Stromsteuer wird die Stromentnahme aus dem Stromnetz besteuert. Die Steuer belastet also den Endverbraucher. Erhoben wird die Steuer jedoch beim Stromversorgungsunternehmen als Steuerzahler und Steuersubjekt, welches die Steuer im Strompreis durch Steuerüberwälzung auf die Kunden – die Steuerdestinatare – abwälzt.

Fiskalische Wirkung

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Joachim Wieland zufolge verändert sich bei Erhöhung der Umsatzsteuer oder Senkung der Einkommen- und Körperschaftsteuer das Verhältnis des Aufkommens durch direkte Steuern zu indirekten Steuern zuungunsten von leistungsschwächeren Steuerzahlern. Da direkte Steuern (vor allem durch die Steuerprogression) am Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichtet sind und demgegenüber eine indirekte Steuer wie die Umsatzsteuer für alle gleich ist, verschiebe sich in den genannten Fällen die Steuereinnahmen auf indirekte Steuern, welche die Finanzkraft der Steuerzahler nicht berücksichtigen. Mit der gesunkenen Steuerbelastung von wirtschaftlich leistungsfähigeren Steuerzahlern nehme dann auch die Steuergerechtigkeit ab. Entsprechend erhöhe sich in der Folge der Abstand zwischen Arm und Reich.[10]

Ebenfalls begünstigte nach Ansicht von Wissenschaftlern, die an einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung beteiligt waren, die Steuerpolitik aus vorhergehenden Jahren die zum Jahr 2016 hin angestiegene Einkommensungleichheit in Deutschland. So wären ärmere Haushalte durch höhere indirekte Steuern stärker belastet worden.[11]

Die Unterscheidung ist teilweise umstritten, da letztlich alle Steuern in die Kosten-/Preiskalkulation eingehen. Es wird manchmal die Meinung vertreten, dass durch die Preiskalkulation in der Regel beide Seiten die Steuer mittragen, auch wenn nur eine Partei die Steuer zahlen muss und es die Intention des Staates war, nur eine Seite der Transaktion zu belasten. So sei es langfristig unerheblich, ob beispielsweise die Beiträge zur Sozialversicherung je zur Hälfte auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt werden oder nicht, der Nettolohn verändere sich dadurch nicht.[12]

Die Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Steuer setzt an der Steuererhebungsform an. Mit Erhebungsform ist gemeint, ob ein direkter oder indirekter Zugriff auf das vom Gesetz als letztlich belastete Steuersubjekt stattfindet. Wo letztlich die Belastung entsteht, ist nicht nur von der individuellen Preiskalkulation abhängig, sondern auch von der Durchsetzbarkeit des kalkulierten Preises am Markt, d. h. letztlich von Angebot und Nachfrage. Außerdem ergibt sich durch die Unterteilung eine unterschiedliche Steuerungsmöglichkeit für Einkommen (beispielsweise bei der Steuerprogression) und Konsumausgaben (unterschiedliche Steuersätze für Lebensmittel und Luxusgüter). Eine Steuerüberwälzung gelingt vollständig, wenn eine vollkommen unelastische Nachfrageelastizität (die Güternachfrage ist vom Marktpreis unabhängig) vorhanden ist.[13]

International

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In Österreich entspricht die Aufteilung der deutschen. Steuerschuldner und Steuerträger sind bei direkten Steuern identisch (etwa bei Einkommensteuer, Körperschaftsteuer), bei indirekten Steuern sind sie nicht identisch (etwa bei Umsatzsteuer, Tabaksteuer, Mineralölsteuer).

In der Schweiz werden die Begriffe alternativ auch mit anderem Begriffsinhalt benutzt. Direkte Steuern werden auf Einkommen, Vermögen und Kapitalertrag erhoben, indirekte Steuern belasten den Verbrauch (etwa Kraftstoff), Besitz (Kraftfahrzeug) oder den Aufwand (Sackgebühr).[14]

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Einzelnachweise

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  1. Verlag Th. Gabler (Hrsg.), Gabler Wirtschafts-Lexikon, Band 2, 1984 Sp. 1071; ISBN 3-409-30383-9
  2. Eduard Mändle, Grundriss der Volkswirtschaftspolitik, 1993, S. 78
  3. Eggert Winter/Katrin Alisch/Ute Arentzen, Gabler Wirtschaftslexikon, Band 1, 2004, S. 1445
  4. Henri-Léonard Bertin, Oevres, Tome IV, 1763, S. 203 ff.
  5. Gottlieb. Kellner, Quesnay, Gournay, Turgot, 1847, S. 187
  6. François Quesnay, Second problème économique, Second Tableau, 1767, passim
  7. Volker Pribnow: Die Rechtfertigung obrigkeitlicher Steuer- und kirchlicher Zehnterhebung bei Huldrich Zwingli. (= Zürcher Studien zur Rechtsgeschichte. Band 34). (Zugl.: Zürich, Univ., Diss., s. a.) Schulthess Polygraphischer Verlag, Zürich 1996, ISBN 3-7255-3501-9, S. 34–35.
  8. Manfred O. E. Hennies, Allgemeine Volkswirtschaftslehre für Betriebswirte, Band I, 2003, S. 197
  9. Manfred O. E. Hennies, Allgemeine Volkswirtschaftslehre für Betriebswirte, Band I, 2003, S. 197
  10. Joachim Wieland: Steuergerechtigkeit statt Staatsverschuldung | APuZ. Abgerufen am 18. Juni 2020.
  11. Neue Studie: Einkommen so ungleich verteilt wie noch nie. In: br.de. Bayerischer Rundfunk, 7. Oktober 2019, abgerufen am 21. Oktober 2019.
  12. Die Unveränderlichkeit des Nettoeinkommens bezüglich der Aufteilung der Sozialversicherungs-Beiträge auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist nur bei einer statischen Betrachtung von Gesamt-Brutto und SV-Beiträgen zutreffend. Erhöht sich langfristig der Beitragssatz in der gesetzlichen Sozialversicherung, zum Beispiel weil die Lohnquote sinkt, so bewirkt die hälftige Aufteilung der SV-Beiträge, dass das Gesamt-Brutto um die Hälfte der Differenz des SV-Beitragssatzes erhöht wird. Ohne die Aufteilung der SV-Beiträge auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer würde das Nettoeinkommen doppelt so stark sinken.
  13. Alfred Kyrer/Walter Penker, Volkswirtschaftslehre: Grundzüge der Wirtschaftstheorie und -politik, 2000, S. 71
  14. Jakob Fuchs, Aspekte der Allgemeinbildung, 2008, S. 116