Hypoglycin ist eine nicht-proteinogene Aminosäure mit blutzuckersenkender und teratogener Wirkung.

Strukturformel
Strukturformel von Hypoglycin
Allgemeines
Name Hypoglycin
Andere Namen
  • Hypoglycin A
  • 2-Methylenecyclopropanylalanin
  • L-(S)-2-Amino-3-(2-methylidenecyclopropyl)-propionsäure
  • S,1R)-α-Amino-2-methylidencyclopropyl-propionsäure
Summenformel C7H11NO2
Kurzbeschreibung

gelbe Platten[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 156-56-9
EG-Nummer (Listennummer) 663-646-8
ECHA-InfoCard 100.189.936
PubChem 11768666
ChemSpider 9943349
Wikidata Q418173
Eigenschaften
Molare Masse 141,17 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

280–284 °C[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[3]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Vorkommen Bearbeiten

 
Akee-Pflanze mit Frucht
 
Unreife Litschifrüchte enthalten ebenfalls Hypoglycin

Hypoglycin kommt in den Samen und unreifen Früchten der Akee-Pflanze vor.[4] Im unreifen Samenmantel sind bis zu 1000 ppm Hypoglycin enthalten; das entspricht bis zu 1 mg pro Gramm Nassgewicht.[5] In den Samen ist es 2–3 Mal soviel. Die aus Afrika stammende Akee-Pflanze wurde vor 200 Jahren in Jamaika eingeführt, wo die reifen Früchte konsumiert werden.

Hypoglycin kommt auch in unreifen Litschis und deren Kernen vor.

Vergiftungen Bearbeiten

Beim Verzehr von Akee kann es zu schweren Vergiftungserscheinungen kommen, die von Erbrechen (Jamaican vomiting sickness) bis zu Unterzuckerung, Erschöpfungserscheinungen, Koma und Tod reichen.[6] Die Symptome zeigen sich 6–48 Stunden nach der Nahrungsaufnahme. Die Ursache der Vergiftungserscheinungen ist die Hemmung von Acyl-CoA-Dehydrogenasen. Diskutiert wird auch die Hemmung der Oxidation von Fettsäuren und Leucin.[5] Die Wirkung wird wahrscheinlich nicht von Hypoglycin selbst verursacht, sondern von seinem primären Metaboliten Methylencyclopropylacetyl-CoA (MCPA-CoA). Die letale Dosis beträgt etwa 40 mg·kg−1 (Mensch).[1]

Jährlich auftretende, teils tödlich verlaufende Erkrankungen bei Kindern im indischen Distrikt Muzaffarpur, konnten auf übermäßigen Litschikonsum zurückgeführt werden. Der Krankheitsverlauf war insbesondere bei Kindern aus armen Verhältnissen, die kein Abendessen erhielten, schwer.[7]

Hypoglycin wurde in den Samen verschiedener Arten des Ahorns nachgewiesen, wie z. B. dem Eschen-Ahorn.[4] In der Veterinärmedizin wurde erst 2015 das Hypoglycin aus Samen des Bergahorns als Auslöser der oft tödlich verlaufenden Atypischen Weidemyopathie beim Pferd erkannt.[8] 2021 wurden in einer Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und des Leibniz-Instituts für Pflanzenbiochemie (IPB) Spuren der Substanz auch in Kuhmilch gefunden.[9]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Eintrag zu Hypoglycine. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 19. Januar 2015.
  2. C. H. Hassall, K. Reyle, P. Feng: Hypoglycin A,B: Biologically Active Polypeptides from Blighia sapida. In: Nature. Band 173, Nr. 4399, Februar 1954, S. 356–357, doi:10.1038/173356b0.
  3. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  4. a b S. J. Valberg, B. T. Sponseller, A. D. Hegeman, J. Earing, J. B. Bender, K. L. Martinson, S. E. Patterson, L. Sweetman: Seasonal pasture myopathy/atypical myopathy in North America associated with ingestion of hypoglycin A within seeds of the box elder tree. In: Equine Veterinary Journal. 45. Jahrgang, Nr. 4, 1. Juli 2013, S. 419–426, doi:10.1111/j.2042-3306.2012.00684.x, PMID 23167695 (englisch).
  5. a b S. H. Henry, S. W. Page, P. M. Bolger: Hazard Assessment of Ackee Fruit (Blighia sapida). In: Human and Ecological Risk Assessment. Band 4, Nr. 5, 1998, S. 1175–1187, doi:10.1080/10807039891285045.
  6. H.S.A. Sherratt: Hypoglycin, the famous toxin of the unripe Jamaican ackee fruit. In: Trends in Pharmacological Sciences. Band 7, 1986, S. 186–191, doi:10.1016/0165-6147(86)90310-X.
  7. Aakash Shrivastava, Anil Kumar, Jerry D Thomas, et al: Association of acute toxic encephalopathy with litchi consumption in an outbreak in Muzaffarpur, India, 2014: a case-control study. (PDF) Lancet Glob Health 2017, 30. Januar 2017, abgerufen am 3. Februar 2017 (englisch).
  8. Dominique Votion: Die Ursache für die atypische Weidemyopathie ist gefunden - was nun? In: vetline.de. Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, 26. August 2018, archiviert vom Original am 23. September 2016; abgerufen am 23. September 2016 (zitiert nach Pferdeheilkd 31(6): 571–577).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.vetline.de (via WebArchiv). Dominique Votion, E. Pole: The cause of atypical myopathy has been discovered - What should we do now? (via ResearchGate); Pferdeheilkunde, Band 31, Nr. 6, Januar 2015, S. 571–575, doi:10.21836/PEM20150604.
  9. Kay Sanders: Forschende finden Gift aus Ahornbaum in Kuhmilch, auf: scinexx.de vom 7. Juni 2021.

Weblinks Bearbeiten