Hydrazon-Iodierung
Die Hydrazon-Iodierung ist eine chemische Reaktion, in der ein Hydrazon zu einem Vinyliodid umgesetzt wird.
Reaktion
BearbeitenDie Reaktion läuft mit elementarem Iod und einer nicht-nukleophilen Base wie DBU oder DBN.[1][2] Es ist eine der von Derek H. R. Barton beschriebenen Reaktionen und wurde von ihm erstmals 1962 publiziert. In Abgrenzung zu der Barton-Reaktion wird sie auch Barton-Vinyl-Iod-Prozedur genannt. Die Gegenwart der Base ist bei der Reaktion entscheidend; Wieland und Roseeu fanden 1911, dass die gleichen Hydrazone nur mit Iod alleine oxidativ zu Azinen dimerisieren.
In der originalen Publikation von Barton wurde die Reaktion unter Nutzung der starken Base BTMG optimiert. Hohe Ausbeuten konnten beim Zutropfen des Hydrazons zur Iod-Lösung unter Wasser-Ausschluss erzielt werden.[3]
Wird statt Iod als Elektrophil ein aromatisches Selenylhalogenid verwendet (hier Phenylselenylbromid), werden die entsprechenden Vinylselenide erhalten.[4]
Reaktionsmechanismus
BearbeitenDer in der originalen Publikation von Barton vorgeschlagene Reaktionsmechanismus läuft wie folgt ab:
Das Hydrazon wird vom Iod zu einer Diazoverbindung oxidatiert. Im nächsten Schritt greift das Iod als Elektrophil dieses Intermediat an. Die Eliminierung von Distickstoff aus dem so entstandenen Kation führt zu einem Iodcarbeniumion, welches bei Gegenwart von Wasser als Nebenreaktion zum Keton abreagieren kann oder, falls keine sterische Hinderung vorliegt mit Iodidionen zu geminalen Diiodiden. Die Deprotonierung in α-Position hingegen führt zum Produkt, dem Vinyliodid. Auch dieses kann sich mit Wasser wieder zum Keton zersetzen. Eine verwandte Reaktion ist die Shapiro-Reaktion.
Anwendungsbereich
BearbeitenEin klassisches Beispiel der Barton-Vinyl-Iod-Prozedur ist die Umwandlung des Hydrazons von 2,2,6-Trimethylcyclohexanon[S 1] zum entsprechenden Vinyliodid. Die benötigte Base BTMG wird dabei oft selbst präpariert aus Tetramethylharnstoff und Tert-Butylamin.[5] Auch bei der Synthese von Paclitaxel durch Samuel Danishefsky wurde die Prozedur angewendet.[6]
2016 wurde untersucht, auf welche Art die reaktiven Intermediate von einem Alken intramolekular abgefangen werden können.[7] Wird das Hydrazon 1 mit Iod in Toluol und Triethylamin reagieren gelassen, könnte nach einem radikalischen Mechanismus die Bildung des Iodalkans 10 erwartet werden. Stattdessen bildet sich jedoch nach einem ionischen Mechanismus durch 1,3-Dipolare Cycloaddition das Pyrazolin[S 2] 5 in 85 prozentiger Ausbeute.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ D. H. R. Barton, R. E. O’Brien, S. Sternhell: 88. A new reaction of hydrazones. In: Journal of the Chemical Society (Resumed). 1962, S. 470, doi:10.1039/jr9620000470.
- ↑ Derek H.R. Barton, George Bashiardes, Jean-Louis Fourrey: Studies on the oxidation of hydrazones with iodine and with phenylselenenyl bromide in the presence of strong organic bases; an improved procedure for the synthesis of vinyl iodides and phenyl-vinyl selenides. In: Tetrahedron. Band 44, Nr. 1, Januar 1988, S. 147–162, doi:10.1016/S0040-4020(01)85102-4.
- ↑ Derek H.R. Barton, George Bashiardes, Jean-Louis Fourrey: An improved preparation of vinyl iodides. In: Tetrahedron Letters. Band 24, Nr. 15, 1983, S. 1605–1608, doi:10.1016/s0040-4039(00)81721-9.
- ↑ Derek H. R. Barton, George Bashiardes, Jean-Louis Fourrey: A new synthesis of phenylvinylselenides. In: Tetrahedron Letters. Band 25, Nr. 12, 1. Januar 1984, S. 1287–1290, doi:10.1016/S0040-4039(01)80136-2.
- ↑ Derek H. R. Barton, Mi Chen, Joseph Cs. Jászberényi, Dennis K. Taylor: PREPARATION AND REACTIONS OF 2-tert-BUTYL-1,1,3,3-TETRAMETHYLGUANIDINE: 2,2,6-TRIMETHYLCYCLOHEXEN-1-YL IODIDE. In: Organic Syntheses. Band 74, 1997, S. 101, doi:10.15227/orgsyn.074.0101.
- ↑ John J. Masters, J. T. Link, Lawrence B. Snyder, Wendy B. Young, Samuel J. Danishefsky: A Total Synthesis of Taxol. In: Angewandte Chemie International Edition. Band 34, Nr. 16, September 1995, S. 1723–1726, doi:10.1002/anie.199517231.
- ↑ Béatrice Quiclet-Sire, Samir Z. Zard: Observations on the reaction of hydrazones with iodine: interception of the diazo intermediates. In: Chemical Communications. Nr. 17, 19. April 2006, S. 1831–1832, doi:10.1039/B602580C.
Anmerkungen
Bearbeiten- ↑ Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu 2,2,6-Trimethylcyclohexanon: CAS-Nr.: 2408-37-9, EG-Nr.: 219-309-9 , ECHA-InfoCard: 100.017.555 , GESTIS: 490375 , PubChem: 17000, ChemSpider: 16105 , Wikidata: Q27275646.
- ↑ Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu 1-Pyrazolin: CAS-Nr.: 36118-45-3, EG-Nr.: 252-878-1 , ECHA-InfoCard: 100.048.057 , PubChem: 524190, Wikidata: Q7263415.