Heinz Unger (Dirigent)

deutscher Dirigent

Heinz Unger, eigentlich Heinrich Unger (* 14. Dezember 1895 in Berlin-Charlottenburg; † 25. Februar 1965 in Toronto) war ein deutscher Dirigent.

Leben Bearbeiten

Unger war der Sohn von Jakub Unger und Karolina (geborene Kann), die als mosaisch galten. Sein Vater war Jurist und seine Mutter eine begabte Pianistin. Sohn Heinrich hatte 1917 das Jurastudium an der Universität Greifswald mit dem Referendarexamen und der Promotion[1] abgeschlossen. Danach studierte er bis 1919 Musik, unter anderem bei Wilhelm Klatte, Eduard Moerike und Fritz Stiedry. Bei Stiedry absolvierte er einige Lektionen im Dirigieren. Er war zur Musik gewechselt, nachdem er 1915 in München Bruno Walter als Dirigenten bei einer Aufführung von Gustav Mahlers Das Lied von der Erde gesehen hatte. Seine ersten Erfahrungen als Dirigent konnte er in einem Berliner Amateurorchester mit Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 5 sammeln. Von 1919 bis 1921 war er einer der Gastdirigenten der Berliner Philharmoniker in mehreren Mahler-Konzerten. 1921 wurde er Gründer und Dirigent des Berliner Caecilienchors. Seit 1923 war er Leiter der Gesellschaft der Musikfreunde Berlin.[2] 1924 unternahm er auf Anraten von Artur Schnabel eine Reise in die Sowjetunion und dirigierte unter anderem Orchester in Moskau, Leningrad, Kiew und anderen Städten. Mitte der 1930er Jahre stand er für sechs Monate beim Leningrader Rundfunkorchester unter Vertrag. Er kam jedoch auch weiterhin nach Berlin, wo er unter anderem im Jahr 1932 ein Konzert in der Philharmonie dirigierte, welches Kompositionen von Robert Schumann, Gustav Mahler und Hector Berlioz darbot.[3] Von 1933 bis 1947 lebte Unger in Leeds/England, wo er das Northern Philharmonic Orchestra dirigierte. Da man – wie er 1962 erläuterte – „kein Stellung kampflos“ räumt, stellte Unger in dieser Zeit einen Antrag zur Aufnahme in das nationalsozialistische Organ der Reichsmusikkammer, wohl wissend, dass er eine Ablehnung erhalten würde. Am 15. August 1935 erhielt er von dem RMK-Präsidenten Peter Raabe die zu erwartende Ablehnung seines Antrags, da er die „erforderliche Eignung im Sinne der nationalsozialistischen Staatsführung“ nicht besitze. „Nichtarische Künstler“ konnten nicht Mitglieder dieser Kammer sein.[4] 1939 verfasste Unger die Autobiografie Hammer, Sickle und Baton, die Sowjet-Memoiren eines Musikers (verballhornt für Hammer, Sichel und Beton).[5]

Im Jahr 1948 zog er nach Kanada, wo er unter anderem beim Toronto Symphony Orchestra gastierte.

Veröffentlichungen (Auswahl) Bearbeiten

  • Der Begriff der Bilanzverschleierung im Aktienrecht. Buchdruckerei E. Panzig, Greifswald 1917 (Dissertation).
  • Hammer, sickle and baton; the soviet memoirs of a musician. Cresset, London 1939, OCLC 3292033.

Literatur Bearbeiten

  • John F. Oppenheimer (Red.) u. a.: Lexikon des Judentums. 2. Auflage. Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh u. a. 1971, ISBN 3-570-05964-2, Sp. 822.
  • Walter Tetzlaff: 2000 Kurzbiographien bedeutender deutscher Juden des 20. Jahrhunderts. Askania, Lindhorst 1982, ISBN 3-921730-10-4, S. 341.
  • Salomon Wininger: Große jüdische National-Biographie. Kraus Reprint, Nendeln 1979, ISBN 3-262-01204-1 (Nachdr. d. Ausg. Czernowitz 1925). Band 6, S. 161 f.
  • Hernan Tesler-Mabe: Mahler’s Forgotten Conductor. Heinz Unger and his Search for Jewish Meaning, 1895–1965. University of Toronto Press, Toronto 2020, ISBN 978-1-4875-0516-5, JSTOR:10.3138/j.ctvxhrmj4.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Der Begriff der Bilanzverschleierung im Aktienrecht. Buchdruckerei E. Panzig, Greifswald 1917 (Dissertation).
  2. Guy McCoy: Heinz Unger. In: Portraits of the World’s Best-known Musicians. Theodore Presser Co., Philadelphia 1946, S. 215 (Textarchiv – Internet Archive – Leseprobe, Fotografie mit Kurzinfo).
  3. Schumann, Mahler, Berlioz. In: Vossische Zeitung. 15. Januar 1932, abgerufen am 11. Februar 2023.
  4. Joseph Wulf: Musik im dritten Reich: eine Dokumentation, Frankfurt 1983, S. 125 u. 131
  5. Helmut Kallmann: Heinz Unger. In: Encyclopedia of Music in Canada. herausgegeben von The Canadian Encyclopedia; (englisch, français).
  6. Ontario Arts Council (Memento des Originals vom 29. November 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.arts.on.ca, Ontario