Harmony Hammond

US-amerikanische Künstlerin der feministischen Kunst

Harmony Hammond (* 8. Februar 1944 in Chicago, Illinois[1]) ist eine US-amerikanische Künstlerin, Autorin, Aktivistin und Kuratorin. Sie ist eine bedeutende Persönlichkeit der feministischen und LGBT-Kunstbewegung im New York der frühen 1970er Jahre.

Hammond wurde 1944 in Chicago geboren. 1950 zog sie mit ihrer Familie nach Hometown, Illinois. 1960 besuchte sie im Rahmen eines Stipendiums die Junior School of the Art Institute of Chicago, wo sie mit impressionistischen und postimpressionistischen Gemälden sowie mit Werken des deutschen Expressionismus und des abstrakten Expressionismus in Kontakt kam. Daran anschließend studierte sie von 1961 bis 1963 an der Millikin University in Decatur, Illinois, sowie von 1963 bis 1967 an der University of Minnesota, wo sie mit einem Bachelor abschloss. Nach dem Studium reiste sie in verschiedene europäische Länder, darunter nach England, Belgien, in die Niederlande, Frankreich und Deutschland.

Im Jahr 1968 kuratierte Hammond ihre erste Ausstellung Contemporary Graphics Published by Universal Limited Art Editions in der Dayton’s Gallery 12 in Minneapolis. 1969 zog sie nach New York, nur wenige Monate nach den Stonewall Riots. New York war in dieser Zeit maßgeblich von der Bürgerrechtsbewegung, Friedensbewegungen, dem Beginn der Lesben- und Schwulenbewegung, der zweiten Welle des Feminismus sowie der beginnenden feministischen Kunstbewegung geprägt, die auch auf die Kunstpraxis von Hammond Einfluss nahmen. 1978 kuratierte sie A Lesbian Art Show im 112 Greene St. Workshop, die erste Ausstellung von Werken lesbischer Künstlerinnen in den Vereinigten Staaten. Darunter waren Arbeiten von Louise Fishman, Dona Nelson, Amy Sillman und Kate Millett zu sehen. Einige Jahre später begann Hammon mit der Arbeit an ihrem Buch Lesbian Art in America: A Contemporary History, das 2000 veröffentlicht wurde und einen kunsthistorischen Text über lesbische Kunst seit 1970 in Amerika darstellt. Die Publikation ist ein zentraler Beitrag zur Wissenschaft über schwule, lesbische und queere Kunst.[2]

Hammond war Mitbegründerin von A.I.R. (Artists in Residence), der ersten von Frauen geführten Kunstgalerie in SoHo, New York, welche 1972 mit zwanzig anderen Frauen, darunter Nancy Spero, Barbara Zucker, Patsy Norvell, Dotty Attie und Judith Bernstein ins Leben gerufen wurde. Außerdem war sie Mitbegründern des Heresies Collective, das 1977 gemeinsam mit Lucy R. Lippard, May Stevens, Susana Torre, Joyce Kozloff, Joan Snyder, Michelle Stuart, Elizabeth Hess, Joan Braderman, Pat Steir und Mary Beth Edelson gegründet wurde. Sie publizierten regelmäßig die Zeitschrift Heresies: A Feminist Publication on Art & Politics.

1984 verließ Hammon New York und zog nach Santa Fe, wo sie nur ein Jahr bleiben wollte. Sie erwarb allerdings eine steinerne Wollscheune in Galisteo, die sie seitdem bewohnt.[1]

Hammond ist in zwei Filmen über feministische Kunst zu sehen; in The Heretics von Joan Braderman sowie in !Women Art Revolution von Lynn Hershman Leeson.

Von 1988 bis 2005 lehrte sie an der University of Arizona in Tucson.[3][4]

Das künstlerische Werk von Hammond umfasst Malerei, Skulptur, Grafik und Konzeptkunst. Ihre Arbeiten bewegen sich in der Schnittstelle von Feminismus, Post-Minimalismus, Prozesskunst und biografischer Erfahrung. Dabei liegt ein wichtiger Schwerpunkt auf der Bedeutung des Materials. Die von ihr verwendeten Materialien sind häufig von sozioökonomischen Interessen durchdrungen und mit Geschlecht, sexueller Orientierung und Klasse verbunden, die sie aus einer intersektionalen Linse betrachtet. Sie nutzt eine breite Palette von Materialien, darunter Lumpen, Stroh, Latexgummi, Haare, Linoleum, Dachblech, verbranntes Holz, Eimer, Dachrinnen, Wassertröge etc. Damit wendet sie sich bewusst von traditionellen und männlich dominierten Kunstformen ab. Ihre Materialien verweisen oftmals auf marginalisierte und nicht-westliche Gruppen. In dieser Hinsicht nennt sie Eva Hesse als eine wichtige Inspiration.[5] Durch Techniken wie Collagieren, Umwickeln, Flicken und Flechten, Durchlöchern, Schneiden oder Reißen entstehen in ihren Arbeiten eine eigene Körperlichkeit und Materialität.

Ihre frühen Skulpturen aus den 1970er Jahren bestehen hauptsächlich aus Stoffbahnen, einem traditionell weiblich gelesenem Material, das auf die Handarbeit von Frauen verweist. In den 1990er Jahren fertigte sie Mixed-Media-Installationen, die kunstfremde Materialien mit traditioneller Ölmalerei verbinden. Diese Werke erinnern an eine generationenübergreifende Frauengeschichte und in ihrer Technik an Weberei, Korbflechterei und Perlenstickerei, Flickenteppiche und Quilts.[1] Die späten Arbeiten von Hammond umfassen Bronzeskulpturen, Digitaldrucke und monochrom-abstrakten Bilder, die sich mit modernistischer Abstraktion und queeren bzw. feministischen Themen auseinandersetzen.[6]

Die Werke von Hammond befinden sich in zahlreichen Sammlungen, darunter im Art Institute of Chicago, im Brooklyn Museum, im Metropolitan Museum of Art, im Minneapolis Institute of Art, im Museum of Modern Art, im National Museum of Women in the Arts, im New Mexico Museum of Art, im Phoenix Art Museum, im Wadsworth Atheneum, im Walker Art Center und im Whitney Museum of American Art.

Das Getty Research Institute in Los Angeles besitzt ein Harmony-Hammond-Archiv, in dem unter anderem Skizzenbücher, Manuskripte, Fotografien, Ephemera, Publikationen und Multiples anderer Künstlerinnen archiviert werden.[7]

Gruppenausstellungen (Auswahl)

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Einzelausstellungen (Auswahl)

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Auszeichnungen (Auswahl)

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Schriften (Auswahl)

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  • Wrappings: Essays on Feminism, Art, and the Martial Arts, TSL Press: New York 1984, ISBN 978-0-939858-05-7.
  • Farm Ghosts: A Wife's Tale; Burden, in: Frontiers, Bd. 18, 1997, S. 124126.
  • Lesbian Art in America: A Contemporary History, Rizzoli: New York 2000, ISBN 978-0-8478-2248-5.

Literatur

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  • Gerda Breuer: Her Stories in Graphic Design. Dialoge, Kontinuitäten, Selbstermächtigungen. Grafikdesignerinnen 1880 bis heute. Jovis Verlag GmbH, Berlin 2023, ISBN 978-3-86859-773-8, S. 291.
  • Amy Smith-Stewart: Harmony Hammond: Material Witness, Five Decades of Art, The Aldrich Contemporary Art Museum: Ridgefield 2019, ISBN 978-1-941366-23-3.
  • Julia Bryan-Wilson: Harmony Hammond: Against Seamlessness, Radius Books: Santa Fe 2012, ISBN 978-1-934435-44-1.
  • Margo Hobbs Thompson: “Lesbians Are Not Women”: Feminine and Lesbian Sensibilities in Harmony Hammond’s Late-1970s Sculpture, in: Journal of Lesbian Studies, 2008, S. 435454.
  • Lucy R Lippard: Harmony Hammond: Farm Ghosts, Tucson Museum of Art: Tucson 1993.
  • Len Kleckner: Harmony Hammond: Radiant Spirits, University of New Mexico: Albuquerque 1987.
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Einzelnachweise

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  1. a b c d Harmony Hammond. Material Witness, Five Decades of Art. In: Sarasota Art Museum. Abgerufen am 7. April 2022 (englisch).
  2. Clarity Haynes: Going Beneath the Surface: For 50 Years, Harmony Hammond’s Art and Activism Has Championed Queer Women. In: ARTnews. 27. Juni 2019, abgerufen am 7. April 2022 (englisch).
  3. Harmony Hammond - Artists. In: Alexander Gray Associates. Abgerufen am 7. April 2022 (englisch).
  4. Annie Dell’Aria: Hammond, Harmony. Band 1. Oxford University Press, 24. Februar 2010, doi:10.1093/gao/9781884446054.article.t2085857 (oxfordartonline.com [abgerufen am 7. April 2022]).
  5. P. C. Robinson: Harmony Hammond: Women In Abstraction Guggenheim Bilbao Interview. In: Artlyst. 2. Dezember 2021, abgerufen am 7. April 2022 (englisch).
  6. Harmony Hammond. In: Artsy. Abgerufen am 7. April 2022 (englisch).
  7. Harmony Hammond Archive. In: Getty Research Institute. Abgerufen am 7. April 2022 (englisch).
  8. The Printer’s Proof: Artist and Printer Collaborations. In: Albuquerque Museum. Abgerufen am 7. April 2022 (englisch).
  9. Harmony Hammond - Crossings - Exhibitions. In: Alexander Gray Associates. Abgerufen am 7. April 2022 (englisch).