Gustav Nebehay

österreichischer Antiquar, Kunsthändler und Mäzen

Gustav Nebehay (* 26. Juni 1881 in Wien; † 17. September 1935 in Marienbad) war ein österreichischer Kunsthändler.

Leben Bearbeiten

Der Buchhändler Nebehay ging im Jahr 1900 aus seiner Heimatstadt Wien nach Leipzig, wo er gemeinsam mit Hans Boerner in die Firma C. G. Boerner – eine der ältesten deutschen Kunsthandlungen, zu deren Kunden schon Johann Wolfgang von Goethe gezählt hatte[1] – eintrat und dem bisher eher national bekannten Geschäft zu Weltgeltung auf dem Gebiet alter Grafik verhalf.[2] Zu seinen Kunden gehörten Persönlichkeiten wie etwa der Schriftsteller Stefan Zweig.[3] In der Buch- und Kunstmetropole Leipzig stieg Nebehay in den Folgejahren zu einem bedeutenden Grafikkenner und Antiquar auf[4] und wurde zu einem führenden Spezialisten auf dem Gebiet der Handzeichnungen alter Meister.[2] Nebehay war der erste Kunsthändler, der seine Kataloge in Form von bibliophilen Gelegenheitsdrucken herstellen ließ.[5]

1908 heiratete er Marie Sonntag, die Schwester von Carl Sonntag jun., und zog mit ihr im Jahr 1917 zurück in seine Heimatstadt Wien, wo er im ersten Bezirk im Hotel Bristol seine eigene Kunsthandlung eröffnete und zudem Teilhaber am Antiquariat V. A. Heck am Kärntnerring wurde.[4]

Nebehay war mit vielen Künstlern der Jahrhundertwende wie Gustav Klimt, Egon Schiele und Josef Hoffmann in beruflichem und freundschaftlichem Kontakt. Gustav Klimt etwa widmete der Familie Nebehay drei seiner Zeichnungen.[6] Es war auch Nebehay, der die künstlerischen Nachlässe von Klimt und Schiele zur Veräußerung anvertraut bekam.[4][7] Nebehay organisierte die erste postume Ausstellung Schieles[8] und die Ausstellung der Werkzeichnungen Klimts zum Stoclet-Fries.[9]

Auf einer Fotografie von Klimts Beerdigung ist Nebehay neben der Muse Klimts, Emilie Flöge, dem Architekten und Gründungsmitglied der Wiener Werkstätte, Josef Hoffmann, der Schriftstellerin und Salonnière Berta Zuckerkandl, dem Maler Ludwig Heinrich Jungnickel und dem Gesundheitspolitiker Julius Tandler zu sehen.[10]

Förderer Bearbeiten

 
Grabstätte von Gustav Nebehay am Hietzinger Friedhof

Nebehay trat als Förderer vieler österreichischer Künstler in Erscheinung. Egon Schiele etwa schrieb 1917 in einem Brief an seinen Schwager: „Es hat sich jemand gefunden, der sich stark für mich interessiert.“[11] Für Schiele ebenso wie für Klimt veröffentlichte Nebehay die ersten Kataloge ihrer Handzeichnungen.[12]

Als Schiele eine Ausstellung des Kunstvereins Kärnten im Künstlerhaus in Klagenfurt besuchte, war er von einem der ausgestellten Porträts des jungen Künstlers Herbert Boeckl begeistert und empfahl diesen an Gustav Nebehay weiter. Nebehay wurde so zu Boeckls Mäzen[13] und Förderer und ermöglichte diesem schon früh Studienreisen u. a. nach Paris, Berlin und Sizilien.[14]

Nach Nebehays frühem Tod im Jahr 1935 und seiner Bestattung auf dem Hietzinger Friedhof (Gruppe 40, Nr. 9E) betreute dessen ältester Sohn Christian M. Nebehay den Familienanteil bei Heck weiter. 1945 machte er sich selbständig und gründete sein eigenes Antiquariat in der Annagasse, das bis heute besteht.[4][15]

Literatur Bearbeiten

  • Christian M. Nebehay: Die goldenen Sessel meines Vaters. Gustav Nebehay (1881–1935) Antiquar und Kunsthändler in Leipzig, Wien und Berlin. Verlag Christian Brandstätter, Wien 1983, ISBN 978-3-85447-038-0.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Geschichte des Unternehmens C. G. Boerner, Website C. G. Boerner, abgerufen am 16. Dezember 2017.
  2. a b Christian M. Nebehay: Nebehay, Gustav. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 7, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1978, ISBN 3-7001-0187-2, S. 49.
  3. Christian M. Nebehay: Die goldenen Sessel meines Vaters. Verlag Christian Brandstätter, Wien 1983, S. 51.
  4. a b c d Nebehay, Stefan: 50 Jahre „Wiener Antiquariat“. (Memento des Originals vom 22. Dezember 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.antiquare.at In: Onlinepräsenz des Verbandes der Antiquare Österreichs, 3. Dezember 2012
  5. Georg Jäger: Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Band 1: Das Kaiserreich 1871–1918. Teil 3. Verlag Walter de Gruyter, Berlin 2010, S. 250.
  6. Christian M. Nebehay: Die goldenen Sessel meines Vaters. Verlag Christian Brandstätter, Wien 1983, S. 114.
  7. Sonja Niederacher: Dossier zu Egon Schiele: Stehender Junge mit Hut. In: Veröffentlichungen der Leopold Museum-Privatstiftung, 16. Januar 2012
  8. Spiegler, Almuth: New Yorker Herbstauktionen: Gar nicht kleinkariert. In: Die Presse (online), 7. November 2007
  9. Entwurf für das Plakat der Ausstellung „Gustav Klimt Stoclet-Fries“ bei Gustav Nebehay (1920), Website Leopold Museum Wien, abgerufen am 12. November 2017.
  10. Gustav Nebehay bei Getty Images Online, abgerufen am 9. Dezember 2017; Christian M. Nebehay: Die goldenen Sessel meines Vaters. Verlag Christian Brandstätter, Wien 1983, S. 112.
  11. Christian M. Nebehay: Die goldenen Sessel meines Vaters. Verlag Christian Brandstätter, Wien 1983, S. 117.
  12. Christian M. Nebehay: Die goldenen Sessel meines Vaters. Verlag Christian Brandstätter, Wien 1983, S. 7.
  13. Herbert Boeckl in der Datenbank Gedächtnis des Landes zur Geschichte des Landes Niederösterreich (Museum Niederösterreich)
  14. Biographie Herbert Boeckl, Website von Herbert Boeckl, abgerufen am 16. Dezember 2017; Herbert Boeckl: Bildnis Christian Nebehay (1929), Website Belvedere Wien, abgerufen am 12. November 2017; Herbert Boeckl: Minister Dr. Heinrich Drimmel II (1957), Website Museum Moderner Kunst Wien, abgerufen am 12. November 2017.
  15. Christian M. Nebehay schließt. In: Börsenblatt (online), 23. August 2017.