Ghulam Ahmad Parwez

Pakistanischer islamischer Intellektueller und Autor

Ghulam Ahmad Parwez (* 9. Juli 1903 in Batala; † 24. Februar 1985 in Lahore) war ein pakistanischer islamischer Intellektueller und Autor, der die Authentizität des Hadith infrage stellte und seine Anwendung im Islam ablehnte. Parwez Position und Interpretation des Islams lässt sich dem Koranismus zuordnen.[1]

Ghulam Ahmad Parwez

Leben Bearbeiten

Parwez wurde 1903 im Punjab, damals Britisch-Indien, geboren. Er studierte islamische Literatur und den Koran im Punjab. Im Jahre 1927 wurde er Mitglied der Indian Civil Service, einer damaligen Verwaltungselite der indischen Regierung. 1934 erhielt er einen Masterabschluss an der Universität des Punjab. Später zog er nach Lahore, wo er bis zu seinem Tod im Jahre 1985 lebte.[2][3]

Schaffen und Position Bearbeiten

Parwez war Autor mehrerer Bücher sowie Gründer des islamischen Magazins „Tolu-e-Islam“. In diesem Magazin veröffentlichte Parwez Artikel rund um den Islam, Hadith und Politik, und verbreitete somit seine Ansichten.[4][5] Dabei stießen seine Artikel aufgrund kritischer Positionen bezüglich des Hadith und islamischer Traditionen auf Kritik seitens traditioneller, islamischer Gelehrten.[6] Zeitweise wurde er sogar von gewissen religiösen Gelehrten in Indien als Apostat deklariert.[7]

Parwez Begründung für die Ablehnung der Hadith als theologische Quelle für den Islam und die Fokussierung auf den Koran alleine lässt sich anhand folgendem übersetzten Zitat näher erörtern: „Wenn es nun mehr Offenbarungen (d. h. Hadithe) gab, dann hätte es die Pflicht des Propheten sein müssen, diese zu übermitteln auch in ähnlicher Weise wie der Koran. Aber er hat auch nicht befohlen, es irgendwo niederzuschreiben, weder überwachte er das Auswendiglernen, noch stellte er irgendeine Art von Sammlung davon zusammen, noch machte er eine Art Unterbringung für ihre Wahrung.“[8]

Für Parwez reiche der Koran alleine als Rechtleitung für den Islam aus.[9][10] Er behauptet, dass die Sunna den Koran beschränke, sodass eine traditionelle Meinung vorherrsche.[11] Das Konzept von zwei Offenbarungen, am Beispiel des traditionellen Islam, der sowohl den Koran als auch den Hadith als religiöse Quelle annimmt, habe, laut Parwez, zudem einen jüdischen Ursprung.[12]

Parwez kam unter anderem auch zu dem Schluss, dass der Islam an sich nicht auf Zwang basieren sollte. Er stützt seine Behauptung durch Sure 3, Vers 79. Der Koran schütze, laut Parwez, die individuelle Freiheit eines jeden Menschen über jede Form von Autorität.[13]

Bibliografie Bearbeiten

  • Mohammad Iqbal Chawla: A Study of Islamic Writings in Pakistan: Allama Ghulam Ahmad Parwez, His Quranic Interpretations on Political, Economic & Social Values. 1990, ISBN 978-969-8106-14-0.
  • Sheila McDonough: The Authority of the Past: A Study of Three Muslim Modernists. American Academy of Religion, 1970, ISBN 978-0-89130-153-0.
  • Ali Usman Qasmi: Questioning the Authority of the Past: The Ahl al-Qur'an Movements in the Punjab. Hrsg.: Oxford University Press. 2011, ISBN 978-0-19-547348-3.
  • Daniel W. Brown: Rethinking Tradition in Modern Islamic Thought. 1999, ISBN 978-0-521-65394-7.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Ghulam Parvez – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Jamal Malik: Islam in South Asia: Revised, Enlarged and Updated Second Edition. BRILL, 2020, ISBN 978-90-04-42271-1, S. 486 (google.com [abgerufen am 4. Juli 2021]).
  2. Nadeem F. Paracha: The rise and fall of a spiritual rebel. 21. September 2014, abgerufen am 4. Juli 2021 (englisch).
  3. Ghulam Ahmad Parwez: The Life in the Hereafter. ISBN 978-1-5147-7315-4, S. 6.
  4. John L. Esposito: The Oxford Dictionary of Islam. Oxford University Press, 2004, ISBN 978-0-19-975726-8, S. 244 (google.com [abgerufen am 4. Juli 2021]).
  5. Altaf Gauhar: Ayub Khan: Pakistan's First Military Ruler. Oxford University Press, 1993, ISBN 978-969-35-0295-4, S. 179 (google.com [abgerufen am 4. Juli 2021]).
  6. Daniel W. Brown: The Wiley Blackwell Concise Companion to The Hadith. John Wiley & Sons, 2020, ISBN 978-1-118-63851-4, S. 324–328 (google.com [abgerufen am 4. Juli 2021]).
  7. Armando Salvatore: Religion, Social Practice, and Contested Hegemonies: Reconstructing the Public Sphere in Muslim Majority Societies. Springer, 2005, ISBN 978-1-4039-7924-7, S. 170–171 (google.com [abgerufen am 4. Juli 2021]).
  8. Kurt Bangert: Muhammad: Eine historisch-kritische Studie zur Entstehung des Islams und seines Propheten. Springer-Verlag, 2016, ISBN 978-3-658-12956-9, S. 113 (google.com [abgerufen am 4. Juli 2021]).
  9. South Asian Studies. South Asian Studies Centre, Department of Political Science, University of Rajasthan, 1978, S. 11 (google.com [abgerufen am 4. Juli 2021]).
  10. Annemarie Schimmel, Former Professor Emerita Indo-Muslim Culture Department of Near Eastern Languages and Civilizations Annemarie Schimmel: Islam: An Introduction. SUNY Press, 1992, ISBN 978-0-7914-1327-2, S. 54 (google.com [abgerufen am 4. Juli 2021]).
  11. Hakan Çoruh: Modern Interpretation of the Qur’an: The Contribution of Bediuzzaman Said Nursi. Springer, 2019, ISBN 978-3-03015349-6, S. 75–76 (google.com [abgerufen am 4. Juli 2021]).
  12. A. Musa: Hadith As Scripture: Discussions on the Authority of Prophetic Traditions in Islam. Springer, 2008, ISBN 978-0-230-61197-9, S. 86 (google.com [abgerufen am 4. Juli 2021]).
  13. Charles Kurzman: Liberal Islam: A Sourcebook. Oxford University Press, 1998, ISBN 978-0-19-511622-9, S. 24 (google.com [abgerufen am 4. Juli 2021]).