Frauen in der Bauwirtschaft im Mittelalter

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Frauen in der Bauwirtschaft im Mittelalter waren meist als ungelernte Hilfskräfte tätig. Sie konnten teilweise in die entsprechenden Zünfte eintreten. Aus Paris sind Unternehmerinnen aus der Baubranche überliefert, die zur höchsten Steuerklasse gehörten. Ihr Einsatz beim Haus- und Städtebau schwindet erst mit Beginn der Neuzeit, als Frauen aus vielen ihnen bis dahin offenstehenden Berufen verdrängt wurden.

Quellen Bearbeiten

Beispiele zum Thema Frauen und Bauen im Mittelalter trug Wolfgang Schöller aus Chroniken, Steuer- und Lohnlisten und Rechnungen zusammen. Für ihn ist allerdings das Ergebnis, dass Frauenarbeit am Bau nur marginale Bedeutung hatte.[1] Auch die Sprache selbst gibt Hinweise: Im Mittelhochdeutschen (von ca. 1050 bis 1500) gibt es das Wort zuobringerin, das eine Handlangerin am Bau meint.[2]

Bauen als Metapher Bearbeiten

 
Abbildung aus Christine de Pizans Stadt der Frauen

In ihrem Werk „Das Buch von der Stadt der Frauen“ (1404/05), in dem die Schriftstellerin Christine de Pizan (1365–nach 1429) einen utopischen Ort für Frauen beschreibt, an dem sie vor den frauenfeindlichen Verunglimpfungen ihrer männlichen Zeitgenossen geschützt sind, wird das Schreiben an diesem Buch mit der Errichtung einer gut befestigten mittelalterlichen Stadt verglichen.[3]

Weitere Metaphern für das Bauen dieser Stadt sind die Diskussionen der Ich-Erzählerin, die Christine selbst ist, mit allegorischen Frauenfiguren wie der Vernunft, der Rechtschaffenheit und der Gerechtigkeit, die zum Ausheben der Erde oder zum Mauern der Wände und Häuser werden. Die zahlreichen vorbildlichen Frauenfiguren aus Antike, Bibel und der eigenen Zeit, als Beispiele gegen die männlichen frauenfeindlichen Sichtweisen zitiert, werden zum Baumaterial, mit dem die Stadt der Frauen errichtet wird.[4]

Ein Beispiel für die Gleichsetzung von Bauen und Schreiben stammt aus der Rede der Frau Rechtschaffenheit an Christine: „… wenn es gilt, gemeinsam mit dir am Befestigungsring und am Mauerwerk der Frauenstadt zu arbeiten, die von meiner Schwester Vernunft bereits hochgezogen wurden, dann darf auch ich nicht zurückstehen. Nimm also dein Werkzeug und folge mir! Komm her, rühr den Mörtel hier in der Ecke an und mauere tüchtig, im Rhythmus des Eintauchens deiner Feder; genügend Material will ich dir schon beschaffen. Mit der Hilfe Gottes werden wir binnen kurzem die stattlichen Königspaläste und die vornehmen Wohnstätten für die vortrefflichen und hochberühmten Damen errichten, die bis ans Ende aller Zeiten in dieser Stadt einen Zufluchtsort und eine Bleibe finden sollen.“[5]

Auch ein Bild, mit dem die Manuskripte zur „Stadt der Frauen“ ausgestattet waren, zeigt Christine de Pizan und eine der allegorischen Frauen, wie sie eine Mauer aus Steinen und Mörtel errichten; Christine hält eine Kelle in der Hand.[6]

Zünfte in der Bauwirtschaft Bearbeiten

In den entsprechenden Zünften konnten Frauen zugelassen sein, z. B. nach der 1271 entstandenen Ordnung der Maurer, Gipser, Zimmerleute, Fassbinder, Wagner, Wanner und Drechsler von Basel. Nach Erika Uitz bedeutet diese Mitgliedschaft von Meisterehefrauen und ‑witwen aber nicht, dass diese Frauen unbedingt diese Berufe ausgeübt haben, sondern dass es meistens um bruderschaftlich-gesellige Pflichten ging[7]. In Straßburg allerdings ist der Eintritt von zwei Frauen 1452 und 1453 in die Maurerzunft bezeugt. Sie erwarben gleichzeitig das Bürgerrecht der Stadt[8]. Dies weist darauf hin, dass sie als Vollmitglieder in die Zunft aufgenommen worden sind, denn das selbstständige Bürgerrecht von Frauen war für wirtschaftlich selbstständige Handwerkerinnen in der Regel Voraussetzung für die Zunftaufnahme.

Bauten Bearbeiten

Sakrale Bauten Bearbeiten

In mittelalterlichen Chroniken ist ab und zu die Rede von Laien, die bei weltlichen und besonders bei kirchlichen Bauten mitgeholfen haben. Darunter werden auch Frauen erwähnt. Bei Kirchenbauten des 11. und 12. Jahrhunderts vor allem in Nordfrankreich und England finden sich in den Chroniken und anderen Schriftstücken gelegentlich Beispiele für die Mithilfe von Frauen. Besonders Frauen aus den höheren Schichten haben dabei mitgewirkt. Schöller nennt den Kirchenbau von Chartres 1145, den um 1164 in Andres bei Boulogne-sur-Mer, den Bau von Notre-Dame-en-Vaux gegen 1165 in Châlons-sur-Marne, den von Reggio 1233 und den von Le Mans 1254[9]. Dieses Phänomen ist in den größeren Zusammenhang der Beteiligung von Laien aus religiösem Eifer an Kirchenbauten einzuordnen.

Burgen und weltliche Bauten Bearbeiten

Frauen bauten nicht nur an Kirchen mit, sondern auch an weltlichen Bauten. In einem Gedicht wird eine Fehde in Südirland im 13. Jahrhundert beschrieben. Die Einwohner der Stadt Ross beschlossen, ihre Stadt durch Graben und Mauer zu sichern. Für den Bau der Mauer wurden Arbeiter angeheuert, den Graben aber schachtete jeden Tag ein anderer Teil der Einwohner aus. Am Sonntag arbeiteten die Frauen der Stadt an dem Graben.[10] Aus der Lohnliste der Burg von Winchester aus dem Jahr 1222 geht hervor, dass sechs Frauen unter den Arbeitskräften waren, die namentlich genannt werden.[11] Unter den Arbeitenden an Burg und Königlichen Mühlen in Marlborough waren an Reparaturarbeiten 1237/38 und 1238/39 Frauen beteiligt, von denen fünf namentlich benannt werden. Hauptsächlich leisteten sie Hilfsdienst wie Zement- und Steinetragen, Helfen beim Dachdecken, Unterstützen der Steinmetze oder Steinesammeln im Wald.[12] Bei Erdarbeiten an der Burg von Rockingham 1279 waren fünf Frauen beteiligt, beim Bau der Burg von Caernarvon in Wales waren im Jahr 1316/17 Frauen als Lastenträgerinnen beschäftigt, in Durham arbeitete um 1337 eine Frau als Mörtelmischerin.[13] Außerhalb von England und Wales findet sich ein Hinweis auf Frauen am Bau aus Mallorca. Beim Bau des Castell de Bellver waren 1309 auch Frauen beschäftigt.[14]

Für Frankreich gibt es ein Beispiel, wo fast genauso viele Frauen wie Männer auf einer Baustelle beschäftigt waren, und zwar am 1360 gegründeten Kollegium Saint-Front de Périgord in Toulouse. Die Frauen trugen Steine und Ziegel in Körben auf dem Kopf, hoben Fundamentgräben aus, legten Mauern nieder und reinigten die Latrinen. Ihre Arbeit war zwar nicht genau dieselbe wie die der Männer, aber genauso schwer. Ihre Entlohnung lag dennoch immer niedriger als die der Männer.[15]

Im deutschsprachigen Raum ist Würzburg in den Quellen bekannt, wo Frauen seit 1429 bis ins 18. Jahrhundert hinein auf städtischen Baustellen vor allem als Zuträgerinnen von Baumaterial beschäftigt waren. In Mühlhausen ist eine Frau im 15. Jahrhundert als Lehmträgerin bekannt,[16] in Siegen bauten 1462 zwei Frauen unter durchschnittlich 19 Hilfskräften beim Turm der Nikolaikirche mit. Auch hier wurden die Frauen schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen.[17]

In Ingolstadt waren beim Bau vom Liebfrauenmünster 1.521 Tagelöhnerinnen beschäftigt.[18] Ein indirekter Hinweis auf die Tätigkeit von Frauen in der Bauwirtschaft ist eine Lohnverordnung aus der Steiermark. Hier wurde 1460 festgelegt, wie viel Lohn Mägde für das Tragen von Steinen oder Mörtel erhielten. Auch eine bayerische Landesverordnung von 1553 schreibt fest, wie viel Lohn Frauen, die Steine und Mörtel tragen, erhalten sollen.[19]

Handwerkerinnen Bearbeiten

Bau-Handwerkerinnen in Paris Bearbeiten

Aus Pariser Steuerrollen geht hervor, dass es Ende des 13. Jahrhunderts/Anfang des 14. Jahrhunderts einige wenige Mauerinnen (maçonne), weibliche Zimmerleute (charpentière) und Gipserinnen (plastrière) in dieser Stadt gegeben hat, die Steuern zahlten[20]. Eine der Gipserinnen zahlte 1292 so viele Steuern, dass sie als Unternehmerin angesehen werden kann[21]. Ansonsten fügen sich die Bau-Handwerkerinnen in die üblichen Einkommensverhältnisse ihrer männlichen Kollegen ein, d. h., es gab einfache Handwerkerinnen und solche, die zu den höchsten Steuerklassen zählten[22].

Um einen Eindruck der Verhältnisse zu haben, hier ein paar Zahlen: Von 10.000 steuerpflichtigen Personen des Jahres 1297 in Paris waren 1548 Frauen.

Jahr 1292 1296 1297 1300 1313
Maurer 104 32 107 129 74
Maurerinnen 0 1 1 1 2
Jahr 1292 1296 1297 1300 1313
Zimmermänner 95 31 66 108 72
Zimmerfrauen 0 0 2 4 1

Quelle: Steuerrollen aus Paris (nach Schöller 1994, 307 f.)

Weitere Tätigkeiten von Frauen beim Bau Bearbeiten

Neben dem Zutragen von Baumaterial und dem Rühren von Mörtel haben Frauen sich noch in weiteren Handlangerdiensten verdingt wie als Kalkbrennerinnen, Lehmwandmacherinnen, Dachdeckerinnen und Steinbrucharbeiterinnen. Durch Gerichtsakten von 1437 ist von einer Magd bekannt, die beim Ausheben von Lehm aus einer Lehmgrube durch einen Knecht zu Schaden gekommen ist[23]. Aus dem Jahr 1567/68 ist aus Chester bekannt, dass Frauen Baukräne bedient haben. In Siegen gingen sie im Tretrad[24]. Zu den Bauhilfsgewerben kann auch die Glaserei gezählt werden. Erika Uitz nennt Glaserinnen aus Nürnberg[25].

Die Anzahl der Frauen bei Bauarbeiten wird wahrscheinlich höher gewesen sein, als aus den Quellen hervorgeht, da häufig in Lohnlisten und auf Rechnungen nur die männlichen Berufsbezeichnungen verwendet worden sind und ungelernte Kräfte meistens nicht namentlich aufgeführt wurden[26]. Manchmal können sogar mehr Frauen als Männer beschäftigt gewesen sein, wie z. B. im schottischen Linlithgow, wo 1302 140 Frauen und 103 Männer Erdarbeiten ausführten[27]. Ein Grund wird gewesen sein, dass Frauen billiger als Männer entlohnt werden konnten[28]. Ein anderer Grund könnte ein Mangel an männlichen Arbeitskräften nach Epidemien und in Kriegszeiten sein. So waren in Toulouse wenige Jahre nach der Pestpandemie von 1348/49 beim Bau des Collège de Périgord fast ebenso viele Frauen wie Männer beschäftigt und in Würzburg beorderte die Stadt während einer Fehde in den 1460er-Jahren bis zu 283 Frauen zu verschiedenen Arbeiten wie dem Bau von Mauern und dem Ausheben von Wassergräben[29].

In der Frühen Neuzeit gibt es dann in mehreren Zunftordnungen das Verbot, Frauen zu beschäftigen, so zum Beispiel 1557 in Lüneburg oder 1592 in Nürnberg[30]. Dies steht im Zusammenhang mit der Verdrängung von Frauen seit der Frühen Neuzeit aus vielen Berufen, die ihnen im Mittelalter offen gestanden hatten.

Literatur Bearbeiten

  • Beate Hennig: Von adelmüetern und züpfelnunnen. Weibliche Standes- und Berufsbezeichnungen in der mittelhochdeutschen Literatur zur Zeit der Hanse. In: Barbara Vogel, Ulrike Weckel (Hrsg.): Frauen in der Ständegesellschaft. Leben und Arbeiten in der Stadt vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit. Beiträge zur deutschen und europäischen Geschichte. 4. S. 117–146. Hamburg: Krämer 1991. ISBN 3-926952-25-3.
  • Christine de Pizan: Das Buch von der Stadt der Frauen. Aus dem Mittelfranzösischen übers., mit einem Kommentar und einer Einleitung versehen von Margarete Zimmermann. Berlin: Orlanda Frauenverlag 1987. 2. erw. Auflage. ISBN 3-922166-22-9.
  • Wolfgang Schöller: Frauenarbeit in der mittelalterlichen Bauwirtschaft. In: Archiv für Kulturgeschichte 76, 1994, S. 305–320. ISSN 0003-9233.
  • Erika Uitz: Die Frau in der mittelalterlichen Stadt. Stuttgart: Abent 1988. ISBN 3-926243-02-3.
  • Margarete Zimmermann: Einleitung. In: Christine de Pizan, Das Buch von der Stadt der Frauen. Berlin: Orlanda Frauenverlag 1987. 2. erw. Auflage. S. 9–33. ISBN 3-922166-22-9.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Schöller, Frauenarbeit S. 320.
  2. Beate Hennig: Von adelmüetern und züpfelnunnen. Weibliche Standes- und Berufsbezeichnungen in der mittelhochdeutschen Literatur zur Zeit der Hanse. In: Barbara Vogel, Ulrike Weckel (Hrsg.): Frauen in der Ständegesellschaft. Leben und Arbeiten in der Stadt vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit. S. 117–146. Hamburg: Krämer Hamburg 1991.
  3. Margarete Zimmermann: Einleitung. In: Christine de Pizan, Das Buch von der Stadt der Frauen. Aus dem Mittelfranzösischen übersetzt, mit einem Kommentar und einer Einleitung versehen von Margarete Zimmermann, Orlanda Frauenverlag, Berlin 1987, 2. erweiterte Auflage, S. 9–33. ISBN 3-922166-22-9, S. 23 f.
  4. Margarete Zimmermann, 1987, S. 24.
  5. Christine de Pizan: Das Buch von der Stadt der Frauen. Aus dem Mittelfranzösischen übersetzt, mit einem Kommentar und einer Einleitung versehen von Margarete Zimmermann, Orlanda Frauenverlag, Berlin 1987, 2. erweiterte Auflage. ISBN 3-922166-22-9, S. 131.
  6. Christine de Pizan, 1987, S. 34.
  7. Erika Uitz: Die Frau in der mittelalterlichen Stadt. Verlag Dr. Bernhard Abend, Stuttgart 1988. ISBN 3-926243-02-3, S. 62
  8. Erika Uitz, 1988, S. 62.
  9. Wolfgang Schöller: Frauenarbeit in der mittelalterlichen Bauwirtschaft. Archiv für Kulturgeschichte 76, 1994, S. 305–320. ISSN 0003-9233, 306.
  10. Wolfgang Schöller, 1994, S. 305 f.
  11. Wolfgang Schöller, 1994, S. 311.
  12. Wolfgang Schöller, 1994, S. 311 f.
  13. Wolfgang Schöller, 1994, S. 312.
  14. Wolfgang Schöller, 1994, S. 312.
  15. Wolfgang Schöller, 1994, S. 313
  16. Wolfgang Schöller, 1994, S. 313.
  17. Wolfgang Schöller, 1994, S. 314.
  18. Wolfgang Schöller, 1994, S. 314.
  19. Wolfgang Schöller, 1994, S. 314 f.
  20. Wolfgang Schöller, 1994, S. 307.
  21. Wolfgang Schöller, 1994, S. 311.
  22. Wolfgang Schöller, 1994, S. 310 f.
  23. Erika Uitz: Die Frau in der mittelalterlichen Stadt. Stuttgart: Abend 1988. ISBN 3-926243-02-3, S. 62.
  24. Wolfgang Schöller: Frauenarbeit in der mittelalterlichen Bauwirtschaft. Archiv für Kulturgeschichte 76, 1994, 305–320. ISSN 0003-9233, 315.
  25. Erika Uitz: Die Frau in der mittelalterlichen Stadt. Stuttgart: Abend 1988. ISBN 3-926243-02-3, 62.
  26. Wolfgang Schöller: Frauenarbeit in der mittelalterlichen Bauwirtschaft. Archiv für Kulturgeschichte. 76, 1994, S. 305–320. ISSN 0003-9233, 316.
  27. Wolfgang Schöller, 1994, S. 317.
  28. Wolfgang Schöller, 1994, S. 318 f.
  29. Wolfgang Schöller, 1994, S. 317.
  30. Wolfgang Schöller, 1994, S. 319.