Unter dem Begriff experimentelle Konvergenzordnung (englisch: experimental order of convergence, EOC) versteht man in der numerischen Mathematik einen Schätzwert der Konvergenzgeschwindigkeit einer Folge. Um diesen zu berechnen, wird der Grenzwert als bekannt vorausgesetzt.

Dieses Hilfsmittel wird oft zur Validierung von Finite-Elemente- und Diskontinuierliche Galerkin-Methoden eingesetzt.

Definition Bearbeiten

Seien   drei aufeinanderfolgende Folgenglieder und   der Folgengrenzwert. Die experimentelle Konvergenzordnung lautet dann

 [1]

wobei   eine geeignete Norm ist.

Motivation Bearbeiten

Sei   der bereits bekannte Grenzwert der Folge  . Die Folge konvergiert mit der Geschwindigkeit  , wenn es eine Konstante   gibt, die die Ungleichung

 

erfüllt. Nun wird vereinfachend angenommen, die Konvergenz könne exakt durch

 

beschrieben werden. Diese Formulierung gilt dann auch für das nächste Folgenglied

 

Division der beiden Gleichungen liefert

 

Also gilt

 

wobei   den Logarithmus zur Basis   bezeichnet. Eine Umrechnung des Logarithmus zur Basis   ergibt die Definition der  .

Anwendung: Numerische Lösungen von Differentialgleichungen Bearbeiten

Seien   numerische Lösungen eines Verfahrens, das (partielle) Differentialgleichungen näherungsweise löst. Dabei seien   verschiedene Werte eines Diskretisierungsparameter, der die Auflösung der Diskretisierung beschreibt. Im eindimensionalen Fall ist   üblicherweise die Länge des größten Intervalls. Im höherdimensionalen Fall nimmt man ein analoges Maß für die Feinheit des Gitters, beispielsweise in zwei Dimensionen den größten Inkreisdurchmesser. Sei   der Grenzwert des Verfahrens für  . Dann ist die experimentelle Konvergenzordnung   in Abhängigkeit von   und   durch

 

gegeben. Dieser Fall lässt sich durch einen A-priori-Fehlerschätzer der Form

 

mit Konstanten   motivieren. Wie zuvor wird auch hier vereinfachend Exaktheit

 

angenommen. Dies gilt sowohl für die Diskretisierung   als auch für  . Durch Division der beiden Gleichungen erhält man

 .

Also gilt

 ,

was nach Umrechnung des Logarithmus auf die Basis 10 die Formel für   gibt.

Zusammenhang zur wahren Konvergenzordnung Bearbeiten

Mittels der EOC kann keine Konvergenz nachgewiesen werden, da diese vorausgesetzt wird. Liegt ein konvergentes Verfahren vor, so kann im Allgemeinen nicht gesagt werden, ob die tatsächliche Konvergenzrate durch die EOC über- oder unterschätzt wird.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. G. Opfer, Numerische Mathematik für Anfänger, 2001, S. 304.