Satzgruppe des Pythagoras

drei Sätze aus der Mathematik
(Weitergeleitet von Euklidischer Kathetensatz)

Die Satzgruppe des Pythagoras umfasst drei Sätze der Mathematik, die sich mit Berechnungen in rechtwinkligen Dreiecken befassen:

  1. Satz des Pythagoras (Euklid: Elemente, Buch I, § 47 und Buch VI, § 31)
  2. Kathetensatz des Euklid (Euklid: Elemente, Buch I, § 47)
  3. Höhensatz des Euklid (Euklid: Elemente, Buch VI – § 8, Buch II – § 14 (implizit))

Die einzelnen Sätze

Satz des Pythagoras

 
Rechtwinkliges Dreieck mit rotem Hypotenusenquadrat und blauen und grünen Kathetenquadraten

In einem rechtwinkligen Dreieck ist die Fläche des Quadrats über der Hypotenuse gleich der Summe der Flächen der Quadrate über den beiden Katheten.

Seien   die Seiten des rechtwinkligen Dreiecks, wobei   die Hypotenuse sei. Das Quadrat über   ist flächengleich zur Summe der Quadrate über   und  .

Als Formel:

 

Kathetensatz des Euklid

 
Kathetensatz: Die beiden roten Bereiche haben denselben Flächeninhalt, ebenso die beiden grünen

Die Verlängerung des über der Hypotenuse des rechtwinkligen Dreiecks errichteten Lots (Höhe des Dreiecks) teilt das Quadrat unter der Hypotenuse in zwei Rechtecke. Der Kathetensatz besagt, dass je eines der Rechtecke gleich große Fläche wie je eines der Quadrate über den beiden Katheten hat.

Seien   die Seiten des rechtwinkligen Dreiecks, wobei   die Hypotenuse sei. Der Lotfußpunkt teilt die Hypotenuse in die Strecken   und  . Es gilt:
Das Quadrat über   ist flächeninhaltsgleich zum Rechteck mit den Seiten   und  , und das Quadrat über   ist flächeninhaltsgleich zum Rechteck mit den Seiten   und  .

Als Formeln:

 
 

Höhensatz des Euklid

 
Rechtwinkliges Dreieck mit pq und h²

Der Höhensatz besagt, dass in einem rechtwinkligen Dreieck das Quadrat über der Höhe flächengleich dem Rechteck aus den Hypotenusenabschnitten ist. Oder:

Seien   die Seiten des rechtwinkligen Dreiecks und   und   diejenigen Teile der Hypotenuse  , die durch deren Teilung am Lotfußpunkt der Höhe   entstehen. Dann ist
 .

Die Umkehrung gilt ebenso:

Gilt der Höhensatz in einem Dreieck, so ist dieses Dreieck rechtwinklig.

Beweise

Für den Satz des Pythagoras existieren sehr viele verschiedene Beweise, siehe Artikel Satz des Pythagoras. Aus diesem kann man den Höhensatz und den Kathetensatz durch algebraische Berechnung beweisen, aber auch umgekehrt folgt aus jedem dieser beiden Sätze der Satz des Pythagoras! Die drei Sätze sind daher äquivalent: Ist einer der drei Sätze bewiesen, gelten ebenso die anderen zwei Sätze der Satzgruppe.

Algebraische Beweise

Beweis des Höhensatzes

Der Beweis des Höhensatzes kann mit dem Satz des Pythagoras   und der Binomischen Formel   geführt werden.

Im Diagramm erkennt man drei rechtwinklige Dreiecke, eines mit den Seiten  , dann noch jeweils eines mit   und  . Für jedes dieser Dreiecke gilt der Satz des Pythagoras:

 
Rechtwinkliges Dreieck mit Seitenlängen a, b, c, Höhe h und Hypotenusenabschnitten p,q
 
 
 

Außerdem gilt  . Das Quadrat ist also:

 .

Nach der ersten binomischen Formel ist dies

 .

Setzt man dies für   in die erste Formel ein und für   und   den jeweiligen linken Teil der zweiten und dritten Formel, so erhält man:

 

und damit  . Nach Division durch zwei folgt der zu beweisende Höhensatz:

 .

Beweis des Kathetensatzes

Dieser Beweis verläuft analog zum Beweis des Höhensatzes mithilfe obiger vier Formeln: Es ist

 

und damit

 
 

analog gilt dann

 .

Beweis des Kathetensatzes mit Hilfe des Höhensatzes

Bezogen auf die Grafik beim Beweis des Höhensatzes:

 
 
 
 
 
 
 
 

Geometrische Beweise

Für den Höhensatz und den Kathetensatz existieren auch geometrische Beweise:

Ergänzungsbeweis des Höhensatzes

 

Ergänzungsbeweis zum Höhensatz

Zwei rechtwinklige Dreiecke sind kongruent, falls die Katheten gleich sind (der eingeschlossene Winkel ist ja auch gleich).

Teilt man ein rechtwinkliges Dreieck an der Höhe   in zwei rechtwinklige Dreiecke mit den Seiten   und   bzw.   und   (gelbes und rotes Dreieck im Diagramm), so kann man diese an ein Quadrat mit der Seitenlänge   (im Diagramm unten links) und an ein Rechteck mit den Seiten   und   anlegen (im Diagramm unten rechts).

(Man kann dies tun, weil das gelbe und das rote Dreieck die gleichen Winkel haben. Dies ist der Fall, weil jeweils ein Kathetenwinkel identisch mit dem von Ausgangsdreieck ist - und damit auch der Andere.)

In beiden Fällen entsteht ein rechtwinkliges Dreieck mit den Katheten   und  . Das rechte und linke Dreieck sind also kongruent. Das erste besteht aber aus dem gelben und roten Dreieck und dem Quadrat  , das zweite aus den beiden Dreiecken und dem Rechteck  . Die Fläche des Quadrats muss daher gleich der Fläche des Rechtecks sein, also  .

Scherungsbeweis

Schert man ein Rechteck zu einem Parallelogramm, so bleibt die Fläche erhalten. Damit lässt sich der Höhensatz auch beweisen. Die Animation veranschaulicht den Beweis:

 

Veranschaulichung des Beweisgangs zum Höhensatz mittels Scherung

Mit Hilfe der Kongruenzsätze für Dreiecke muss man noch beweisen, dass die neue Höhe   tatsächlich dem Hypotenusenabschnitt entspricht. Darauf wird hier verzichtet.

Scherungsbeweis des Kathetensatzes

Der Scherungsbeweis des Satzes des Pythagoras beweist zugleich den Kathetensatz.

 

Veranschaulichung des Beweisgangs zum Kathetensatz mittels Scherung

Beweis der kompletten Satzgruppe über ähnliche Dreiecke

Die Seitenverhältnisse der ähnlichen Dreiecke liefern sofort die beiden Kathetensätze und den Höhensatz. Der Satz des Pythagoras ergibt sich dann direkt aus der Addition der beiden Kathetensätze.

 

Beweis der kompletten Satzgruppe als Spezialfall des Sehnen- bzw. des Tangenten-Sekanten-Satzes

 
Herleitung des Kathetensatzes mithilfe von Sekanten und Tangenten am Kreis
 
Herleitung des Satzes von Pythagoras mithilfe von Sekanten und Tangenten am Kreis

Wie im Artikel Höhensatz ausgeführt, lässt sich der Höhensatz auch als Spezialfall des Sehnensatzes auffassen.

Ebenso lässt sich der Kathetensatz als Spezialfall des Sekanten-Tangenten-Satzes auffassen, indem man einen Kreis mit einer Kathete als Durchmesser betrachtet. Sei   der Mittelpunkt der Kathete  . Für den Kreis   um   mit Radius   ist   eine (senkrecht auf dem Berührradius   stehende) Tangente,   eine Sekante in der Voraussetzung des Sekanten-Tangenten-Satzes. Mit letzterem ist:

 .

Entsprechend lässt sich   ausgehend von der Mittelsenkrechten von   beweisen.

Der Satz des Pythagoras folgt (wie im hier vorangehenden Abschnitt) aus der Addition der beiden Kathetensätze.

Alternativ lässt sich auch der Satz des Pythagoras (direkt) als Spezialfall des Sekanten-Tangenten-Satzes auffassen, indem man einen Kreis mit einer Kathete als Radius betrachtet[1]. In nebenstehendem Dreieck teilt der Kreis   um   mit Radius   die Strecke   im Punkt   von innen, im Punkt   von außen. Für   ist   eine (senkrecht auf dem Berührradius   stehende) Tangente,   eine Sekante in der Voraussetzung des Sekanten-Tangenten-Satzes. Also ist mit der dritten binomischen Formel:

 .

Literatur

  • A. M. Fraedrich: Die Satzgruppe des Pythagoras. BI Wissenschaftsverlag, Mannheim, 1995.
  • Max Koecher, Aloys Krieg: Ebene Geometrie. 3., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2007, ISBN 978-3-540-49327-3.
  • Hans Schupp: Elementargeometrie (Uni-Taschenbücher 669 Mathematik). Schöningh, Paderborn 1977, ISBN 3-506-99189-2, S. 114–118.
  • Hartmut Wellstein, Peter Kirsche: Elementargeometrie. Eine aufgabenorientierte Einführung. Vieweg + Teubner, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-8348-0856-1, S. 70–78 (Auszug (Google)).
  • Euklid: Elemente. Buch I – § 47, Buch II – § 14, Buch VI – § 8, Buch VI – § 31 (Online-Kopie).
  • Lorenz Halbeisen, Norbert Hungerbühler, Juan Läuchli: Mit harmonischen Verhältnissen zu Kegelschnitten: Perlen der klassischen Geometrie. Springer 2016, ISBN 9783662530344, S. 5–9, 27–31, insbesondere S. 30 Fußnote

Einzelnachweise

  1. Norbert: Treitz: Pythagoras aus Sekanten-Tangentensatz. Spektrum der Wissenschaft (spektrum.de), 11. April 2017