Guttentag

Stadt in Polen
(Weitergeleitet von Dobrodzień)

Guttentag, polnisch Dobrodzień [dɔˈbrɔʥɛɲ] (früher auch Gutentag,[1] schlesisch Guntag) ist eine Kleinstadt im Powiat Oleski in der polnischen Woiwodschaft Opole und Hauptort der gleichnamigen Stadt-und-Land-Gemeinde mit rund 10.000 Einwohnern, die seit 2009 offiziell zweisprachig ist (Polnisch und Deutsch).

Guttentag
Dobrodzień
Wappen der Gemeinde Guttentag
Guttentag Dobrodzień (Polen)
Guttentag
Dobrodzień (Polen)
Guttentag
Dobrodzień
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Opole
Powiat: Oleski
Gmina: Dobrodzień (Guttentag)
Fläche: 19,46 km²
Geographische Lage: 50° 44′ N, 18° 27′ OKoordinaten: 50° 43′ 40″ N, 18° 26′ 40″ O
Einwohner: 3754 (31. Dez. 2016)
Postleitzahl: 46-380
Telefonvorwahl: (+48) 34
Kfz-Kennzeichen: OOL
Wirtschaft und Verkehr
Straße: OpoleCzęstochowa
Nächster int. Flughafen: Katowice



Geographie Bearbeiten

 
Guttentag nordwestlich von Lublinitz auf einer Landkarte von 1905

Die Stadt liegt in der Region Oberschlesien auf 253 m ü. NHN,[2] etwa 15 Kilometer südlich von Olesno (Rosenberg O.S.) und 35 Kilometer östlich von Oppeln.

Geschichte Bearbeiten

 
Rathaus am Marktplatz
 
Marktplatz mit St. Magdalena-Kirche
 
Schrotholzkirche St. Valentin
 
Mariae-Heimsuchung-Kirche
 
Brücke aus dem 17. Jahrhundert im Stadtpark

Von den Anfängen der Geschichte des Ortes kann man ab etwa 1163 sprechen, als das Gebiet als Teil des Herzogtums Oppeln nachgewiesen ist. Die erste urkundliche Erwähnung als Dobrosin stammt aus dem Jahre 1279. Für 1300 ist die Namensform Dobradin überliefert. Nach dem Aussterben der piastischen Herzogslinie im Jahre 1327 kamen das gesamte Oppelner Land und die Stadt Guttentag durch Erbfolgerecht an Böhmen. Das Stadtrecht erhielt Dobradin 1384 nach Magdeburger Recht. Aus dieser Zeit stammt auch das Wappen der Stadt, das in den wesentlichen Zügen auch heute noch besteht. Mit Böhmen ging die Stadt 1526 an Habsburg über. 1574 wurde der Ort als Dobrodzin erwähnt und 1636 tauchte Guttentag auf.

Nach der endgültigen Entscheidung in den Schlesischen Kriegen, 1742 zum Nachteil der Habsburger, wurde Guttentag Teil Preußens und 1816 dem Kreis Lublinitz im schlesischen Regierungsbezirk Oppeln zugeordnet und diente neben der Stadt Lublinitz auch als Garnisonsort für die preussische Armee. Am Pfingstmontag des Jahres 1846 wütete ein verheerendes Feuer in Guttentag, das zahlreiche Gebäude zerstörte. Auch die Pfarrkirche wurde ein Opfer der Flammen. Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte Guttentag eine evangelische Kirche, zwei katholische Kirchen, eine Synagoge, eine Oberförsterei und war Sitz eines Amtsgerichts.[2]

Der Anschluss an das Schienennetz erfolgte 1913 durch die neu angelegte Kleinbahnstrecke zum Eisenbahnknotenpunkt Vossowska. Die bis in die 50er Jahre hierauf als Zugwagen eingesetzte Dampflokomotive wurde im Volksmund „Dobrodzieńska Koza“ (poln. „Guttentager Ziege“) genannt. Namensgebend war hierbei das weithörbar laute „Schnauben“ des, für größere Steigungen leicht unterdimensionierten, Kessels. In der Volksabstimmung in Oberschlesien 1921 über die weitere staatliche Zugehörigkeit wurden in Guttentag 1664 Stimmen (79,5 %) für den Verbleib bei Deutschland und 430 Stimmen (20,5 %) für den Anschluss an Polen abgegeben.[3] Auch wenn der gesamte Stimmkreis Lublinitz mit knapper Mehrheit für Deutschland gestimmt hatte, fiel der größte Teil an Polen; Guttentag blieb dagegen deutsch und wurde darauf Kreisstadt eines neuen Landkreises Guttentag. Im Rahmen dieser Neugliederung wurde der Ort Mischline in den neuen Landkreis eingegliedert.

1939 war die Umgebung der Stadt Aufmarschgebiet der deutschen Truppen unter General Reichenbach für den Überfall auf Polen. Das Ende des Zweiten Weltkrieges begann für Guttentag am 21. Januar, als die Rote Armee die Stadt unter mehrstündigen Beschuss nahm und danach besetzte. Durch Beschluss der Sowjetischen Kommandantur wurde am 15. April 1945 der Ort mit seinen kaum 1050 verbliebenen Einwohnern gemäß dem Potsdamer Abkommen unter polnische Verwaltung gestellt. Der polnische Name Dobrodzień wurde offiziell. Es begann die Zuwanderung polnischer Bevölkerung; die deutschen Stadtbewohner wurden in der Folgezeit größtenteils von der örtlichen polnischen Verwaltungsbehörde vertrieben.

Ein Jahr später lebten bereits wieder 3277 Menschen in der Stadt. Am 12. Oktober 1947 wurde die wiederaufgebaute Schule eröffnet.

Vor allem in den ländlichen Teilen der Gemeinde konnte sich eine starke deutsche Minderheit halten, der laut der letzten polnischen Volkszählung von 2002 25,3 % der Gemeindebevölkerung angehören, weitere 6,4 % bezeichneten sich als „Schlesier“.[4] Am 4. Juli 2008 wurden in der Gemeinde zusätzliche amtliche deutsche Ortsnamen und am 13. Mai 2009 Deutsch als zweite Amtssprache eingeführt. Am 9. November 2009 wurden in Dobrodzień sowie in weiteren 24 Ortsteilen zweisprachige Ortstafeln aufgestellt.

Demographie Bearbeiten

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohnerzahl Anmerkungen
1756 661 sämtlich Christen[5]
1781 938 davon 878 Christen, 60 Juden[5]
1782 1008 davon 883 Christen, 125 Juden[5]
1816 1264 ohne Schloss und Gutsbezirk Guttentag (97 Einwohner)[1]
1825 1759 darunter 59 Evangelische, 182 Juden[6]
1840 2262 davon 118 Evangelische, 1902 Katholiken, 24 Juden[7]
1855 2121 ohne Schloss und Gutsbezirk Guttentag mit 173 Einwohnern[8]
1861 2399 davon 184 Evangelische, 1935 Katholiken, 280 Juden (ohne Schloss und Gutsbezirk Guttentag mit 183 Einwohnern, darunter 22 Evangelische, 155 Katholiken, sechs Juden)[8]
1867 2393 am 3. Dezember[9]
1871 2345 davon 150 Evangelische, 260 Juden (1350 Polen), ohne Schloss und Gutsbezirk Guttentag mit 560 Einwohnern[10] nach anderen Angaben 2347 Einwohner (am 1. Dezember), davon 122 Evangelische, 1991 Katholiken, 234 Juden[9]
1890 2426 darunter 189 Evangelische, 175 Juden (1350 Polen)[11]
1900 2660 meist Katholiken[2]
1905 2884 [11]
1910 3047 [11] nach anderen Angaben 3047 Einwohner (ohne Schloss und Gutsbezirk Guttentag mit 139 Einwohnern)[12]
1939 4307 [13]

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Denkmalgeschützt sind heute:

  • Der historische Stadtkern
  • St.-Maria-Magdalena-Kirche, erbaut 1851–1854 im neoromanischen Stil erbaut. Bemerkenswert im Inneren sind die barocken Skulpturen des heiligen Apollonius, der heiligen Barbara und Johannes des Täufers. Auf dem Kirchplatz steht eine Statue des heiligen Johannes Nepomuk.
  • Friedhofskirche St. Valentin, erbaut 1630 ist eine Schrotholzkirche, Umbau im 18. Jahrhundert, sie wurde mehrfach renoviert. Der spätbarocke Altar stammt aus dem 18. Jahrhundert.[14]
  • Mariä-Heimsuchung-Kirche, erbaut 1847–1851
  • Ring mit neoklassizistischem Rathaus
  • Neoklassizistisches Schloss Guttentag, 1848 erbaut ist ein zweistöckiges Herrenhaus aus Backstein mit einem Walmdach bedeckt und einer Holzveranda auf der Nordseite. Rund um das Schloss ist ein Landschaftspark, der 1884–1914 angelegt und 2003 renoviert wurde. Neben den erhaltenen alten Bäumen befindet sich hier auch die 1610 erbaute Steinbrücke über die Myślinka. Andere Wirtschaftsgebäude sind erhalten geblieben, darunter das Haus des Verwalters und der Getreidespeicher[15]

Gemeinde Dobrodzień Bearbeiten

Dobrodzień ist Hauptort der gleichnamigen Stadt-und-Land-Gemeinde, die auf einer Fläche von 162,84 km² etwa 10.000 Einwohner beherbergt.

Wappen Bearbeiten

Das Wappen zeigt in der linken Spalte eine weiße Rose auf rotem Grund. In der rechten Spalte befindet sich ein halber goldener oberschlesischer Adler auf blauem Grund.

Partnerschaften Bearbeiten

Verkehr Bearbeiten

Durch die Stadt verlaufen die überörtlichen Landesstraßen 46 und 901.

Dobrodzień war Endpunkt der Bahnstrecke Fosowskie–Dobrodzień. Im Gemeindegebiet liegen ferner die Bahnhöfe Pluder/Pludry (Bahnstrecke Kielce–Fosowskie) und Mischline/Myślina (Bahnstrecke Kędzierzyn-Koźle–Kluczbork), die aber beide nicht mehr bedient werden.

 
Jüdischer Friedhof: vermauerte Grabsteine

Söhne und Töchter der Stadt Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Guttentag – Sammlung von Bildern und Audiodateien

Fußnoten Bearbeiten

  1. a b Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats. Band 2, G–Ko, Halle 1821, S. 108, Ziffern 3896 und 3897.
  2. a b c Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 8, Leipzig/Wien 1907, S. 553.
  3. Vgl. Ergebnisse der Volksabstimmung (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive); abgerufen am 14. Oktober 2009
  4. Vgl. Die Zahlen der Volkszählung 2002 (Memento vom 26. März 2009 im Internet Archive); abgerufen am 4. April 2008
  5. a b c Friedrich Gottlob Leonhardi: Erdbeschreibung der preussischen Monarchie, Band 3, Teil 1, Halle 1792, S. 33–34.
  6. Johann Georg Knie: Alphabetisch-Statistisch-Topographische Uebersicht der Dörfer, Flecken, Städte und andern Orte der Königl. Preuß. Provinz Schlesien, mit Einschluß des jetzt ganz zur Provinz gehörenden Markgrafthums Ober-Lausitz und der Grafschaft Glatz; nebst beigefügter Nachweisung von der Eintheilung des Landes nach den verschiedenen Zweigen der Civil-Verwaltung. Melcher, Breslau 1830, S. 937.
  7. Johann Georg Knie: Alphabetisch-statistisch-topographische Uebersicht der Dörfer, Flecken, Städte und andern Orte der Königl. Preusz. Provinz Schlesien. 2. Auflage. Graß, Barth und Comp., Breslau 1845, S. 833.
  8. a b Felix Triest: Topographisches Handbuch von Oberschlesien, Wilh. Gottl. Korn, Breslau 1865, S. 427, Ziffern 67 und 68.
  9. a b Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Schlesien und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. Dezember 1871. Berlin 1874, S. 318–319, Ziffer 1.
  10. Gustav Neumann: Das Deutsche Reich in geographischer, statistischer und topographischer Beziehung. Band 2, G. F. O. Müller, Berlin 1874, S. 172.
  11. a b c Michael Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte von der Reichseinigung 1871 bis zur Wiedervereinigung 1990. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 10. Mai 2023.
  12. gemeindeverzeichnis.de
  13. Stadt Guttentag – Territorial (Rolf Jehke, 2014)
  14. Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen. Schlesien. München 2005, S. 267, ISBN 3-422-03109-X
  15. Schloss Guttentag