Begriffsklärung "Lied" zweifelhaft

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"ein altbekanntes, triviales, abgeleiertes Lied, veraltet; siehe Ohrwurm."

Von den fünf gebrauchten Charakteristiken kommt "Ohrwurm" meiner Einschätzung nach der Wahrheit am nächsten. Gut nachvollziehbar (wenn auch offenbar nicht gewissenhaft belegt), scheint der erste Klärungszweig Zweihandschwert eine brauchbare Herleitung des Begriffs zu liefern.

Demnach wäre der Gassenhauer ein Wegbereiter, ein Breschenschläger für einen Stil, wie z. B. in den frühen Siebzigern der Schlager Chirpy Chirpy Cheep Cheep einen ganzen Rattenschwanz ähnlich gestrickter Lieder nach sich zog. "Trivial" ist evtl. noch assoziierbar, aber nicht zwingend unison.

Eine weitere Assoziation, die sich mir aufdrängt, allerdings nur mittelbar, ist der Begriff Straßenfeger.

"Altbekannt", "abgeleiert" und "veraltet" - das hat der Autor offenbar eher mit Evergreen oder sonst etwas verwechselt. --dircules 23:36, 10. Okt. 2008 (CEST)Beantworten

Ich kenne die damalige Situation nicht, aber momentan wird nach Bestseller verlinkt. Dort kommt der Begriff aber nicht vor und der Eintrag ist somit ungültig. Da der Begriff aber auf jeden Fall irgendwohin verlinkt werden sollte, verlinke ich mal ersatzweise nach Lied, auch wenn er nur unzureichend dort erklärt wird. Hier wäre noch eine Überarbeitung sinnvoll und notwendig. Bis dahin sollte man wenigstens einen formal gültigen Eintrag hier haben, auch wenn er nur die zweitbeste Wahl ist. --H7 (Diskussion) 13:16, 3. Feb. 2015 (CET)Beantworten

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Nee, so ist das nix. Die musikalische Implikation ist mit „Ohrwurm“ auch nicht annähernd korrekt umschrieben, die beiden Wörter sind alles andere als synonym. Die diesbezüglichen Einträge im Grimm und im MGG sind – zu meiner eigenen Überraschung – sehr ausführlich, das müsste mal jemand in Ruhe durcharbeiten, wozu mir aktuell die Zeit leider fehlt. --Rainer Lewalter 14:55, 3. Mär. 2009 (CET)Beantworten

Frühe Neuzeit? Pah! Bereits das mhd. gazze geht aufs ahd. gazza, das got. gatwo (verwandt mit engl. gate) zurück. Dazu muss man wohl nicht viel sagen. Schließlich geht es um ein Lied, das immer auf der Straße gesungen wird. Mit dem hauen ists komplizierter:
Es heißt alles: mhd. houwen/houven (als starkes und als schwaches Verb), ahd. (auch hier:) stv. houwan/swv. houwon, niederl. houwen, schwed. hugga. Um das altgerm. Verb gruppieren sich die Substantivbildungen Hieb (wieder 15.) und Heu, Haue, Hauer etc. Das hat dann alles zunächst Bedeutungen, die wir auch kennen: zunächst im Kampf: niederhauen (diese Haudegen!), zerhauen (ze stücke, wie die arme Kriemhild!), schlagen, stechen; (verhouwen: durchprügeln, verwunden, beschädigen). Dann aber auch im Handwerklichen: behauen, bearbeiten, schneiden, stechen, hacken - fließender Übergang in die Landwirtschaft: abschneiden, mähen, ernten (wobei ein Ritter bei "mähen" und "ernten" wieder etwas anderes denkt als der Agrarökonom). Doch nun geht's ins Holz: hacken, fällen, schlagen, stoßen (verhouwen: ausholzen, aber auch: durch Fällen von Bäumen verstellen (vgl. 18. Jhd.: Verhau = Sperre) - und dann, ganz weit weit in alter ferner Zeit finden wir eine Bedeutung, wo endlich das hauen unseres Kompositums befriedigend erklärt wird:
Unsere germanische Wortgruppe findet im idg. eine Verwandtschaft mit dem lat. cudere: schlagen, stoßen, prägen, stampfen. Und hier ist es: Das Stampfen, das Trampeln, das laute Auftreten, das Lärmen auf den Gassen. Und jetzt verstehen wir, warum das bei den Grimms so ist (die alten Lateiner!): Als die Gassenhauer und Pflastertreter die "Nachtbummler" waren: Faul und des Nächtens stets besoffen stampften sie herum, rauften und pflegten laute Lieder zu grölen. Nicht selten waren die Spielleute dabei (- die Jazzmusiker und Stray Cats: Miauuuu... don't cross my path! [...] Got a shoe thrown at me from a mean old man, get my dinner from the garbage can. [...] I slink down the alley looking for a fight, howling to the moonlight on a hot summer night. Singin' the blues while the lady cats cry [...] -). Und was die Gassenhauer sungen, das waren dann die Gassenhauer. Schlichte Übertragung wie tausendfach in der deutschen Sprache: pars pro toto ... Aber hier sind wir dann längst tatsächlich in der Frühen Neuzeit. Das hat mit den edlen Rittern und arbeitsamen Holzfällern des hohen Mittelalters nichts mehr zu tun *räusper*. Aaaahhhhh, das hat Spaß gemacht! ;-) Gruß, --AnonYmus Nr.: 217.184.25.67 15:47, 11. Mär. 2009 (CET)Beantworten
PS. Ich glaube mit Breschenschläger und dann womöglich der Ableitung Schlager begibt man sich auf den Holzweg. Im Wien des 19. Jhd. dachte man nicht mehr an Zweihänder (Wer meint dort eigentlich, dass man erst im Spätmittelalter Bihänder hatte? Womit hat wohl Siegfried den Drachen erschlagen, mit einer Steinschleuder?!? Hmmmm...) ! Da hatte man mehr Angst vor dem Blitzeinschlag... Gruß, --AnonYmus Nr.: 217.184.25.67 16:01, 11. Mär. 2009 (CET)Beantworten
(PPS. Idee, wie der schöne Gedanke doch noch gerettet werden könnte: Wir statten das ganze k.u.k. Infanterie-Regiment mit Beidhändern aus!!! :-) --AnonYmus Nr.: 217.184.25.67 16:14, 11. Mär. 2009 (CET)Beantworten
Ähem... Wenn Mediävisten Amok schreiben?!? Bei Komposita wie diesem ist doch die Etymologie der einzelnen Bestandteile so was von schnuppe, ansonsten ginge es ja selbst bei der Compact Disc zu wie sintemalen im 19. Jh. („Meine hochgeschätzten Zuhörer, schon bei Homer bedeutet δίσκος...“). Mir reicht das 1517er-Zitat vom Herrn Aventin mit den gassenhawern und der Beleg von aufhauen als oberdeutsch-umgangssprachlich/vulgär für „tanzen“ völlig aus, alles Weitere driftet mir allzu weit vom Thema (wenn auch offenbar nicht vom Kern der Expertise meines namenlos-bezifferten Vorredners) ab. Etymologische Erklärungsmodelle sind hier, wie letztlich immer, top of the pops in der Sparte „interessant aber langweilig“. Viel amüsanter ist doch die Frage, was benennen hoi polloi und Gelehrtenstand jeweils mit diesem Begriff, und warum beginnt man so früh mit den Meta-Fragen? Also nicht: „Was ist ein Gassenhauer?“, sondern „Wie wird ein Liedchen dazu?“ oder „In welchem sozialen Kontext findet die Vergassenhaueresierung von Musik statt?“. Wie gesagt, selbst mit dem Durchlesen der grundlegenden Texte bin ich noch nicht annähernd fertig, aber wer hätte ein so unterhaltsames Thema hinter so einem angestaubten Begriff vermutet? --Rainer Lewalter 17:50, 11. Mär. 2009 (CET)Beantworten
Die Gassenhauer sind aber die Gassentreter und nicht die Gassentänzer... Und die Gassenhauer tanzten nicht, sie sangen. Natürlich ist nicht bei jedem Kompositum die Etymologie seiner Teile wichtig (und man sollte mitnichten dies gesamte Gesumms wiedergeben), sie wird aber partiell wichtig, wenn man sich über einen Teil wundert. Und dies taten die ehemaligen Autoren des Artikels und - schwupps - landen sie bei Breschenschlägern aus der Rennaissance. --AnonYmus Nr.: 217.184.25.67 18:44, 11. Mär. 2009 (CET)Beantworten
Hier irrst Du, gleich in mehrfacher Hinsicht. Von der Tatsache, dass manch einer Treten und Tanzen gleichsetzt, kannst Du Dich in jeder provinzdeutschen Bauerndisse überzeugen. Ferner ist für die in Rede stehende Zeit sowieso ein im Volk beliebtes Musikstück gleichermaßen Lied wie Tanz. Ohne derlei Gleichsetzungen und Übertragungen kämst Du – um etwas mehr in Deine bevorzugte Epoche hineinzuschmecken – in mächtige Schwierigkeiten, wenn Du erklären wolltest, wie denn aus einer offensichtlich zu tanzenden ballata im Laufe einiger Jahrhunderte eine schwäbelnd versgeschmiedete Ballade werden konnte.

 Als Kaiser Rotbart lobesam
 So recht ins Greisenalter kam
 Da war er nicht bei Groschen
 Er ließ den Papst nach Flensburg zieh'n
 Dann, über Braunschweig, nach Berlin
 Und hat ihn dort verdroschen.

--Rainer Lewalter 19:02, 11. Mär. 2009 (CET)Beantworten

Na gut - Gesang und Tanz, aber hauen heißt nunmal auch laufen und daher kann auch dieses hauen kommen. Du kannst nicht allein tanzen übersetzen, das ist schlichtweg falsch. Schließlich sind die Gassenhauer die armen Taugenichtse, die durch die Lande latschen, die das "Pflaster treten" und betteln. Nachzulesen bei den Grimmi: GASSENHAUER 1) gleich gassentreter, gassengänger, s. d.: wer aber mit leichtfertigen buben und gassenhauern, welche nichts als des abends auf der gassen schreien und plöcken können, umgehet, der musz auch hernach dem büttel zur dempze folgen.(Muthesius); Von welcher art sie eigentlich waren, ist noch nicht untersucht, die benennung wird von der bed. 1 herrühren, als lieder wie sie besonders solche nächtliche gassengänger sangen [...](Stieler); GASSENHAUIEREN, verb. zu gassenhauer, als gassenhauer (1) nächtlich umherschweifen, gassatim gehn: (niemand findet) studenten die nicht lieber vagieren, gassenhawieren und hoffieren dann studieren. (FISCHART), das singen oder spielen von gassenhauern ist eingeschlossen.--AnonYmus Nr.: 217.184.25.67 19:44, 11. Mär. 2009 (CET) - ganz abgesehen von der aus der Gesamtheit der 'Gassenkomposita' bei den Grimmi ersichtlichen abfälligen Konnotation, die der erste Teils unseres Wortes häufig dem zweiten bringt, obwohl für sich genommen die Gasse nicht anrüchig ist, sondern ein neutraler, sachlicher Begriff :-) Wird das ebenfalls keine Rolle spielen? --AnonYmus Nr.: 217.184.25.67 20:35, 11. Mär. 2009 (CET)Beantworten
Ja mei, Du hast den Grimm aber brav gelesen ;o) Ich könnte Dir dann noch mit allerlei kommen, was alle möglichen schlauen Bücher (darunter mein spezieller Liebling, Götzingers Real-Lexicon der deutschen Altertümer) noch ergänzen. So what? Natürlich wird Etymologie immer „eine Rolle spielen“, aber er verblüfft mich doch immer wieder, dieser Kinderglaube, dass man über ein Wort alles Wichtige wisse, wenn man über seine Herkunft Bescheid weiß. Ich bleibe dabei: Das ist haarscharf am Glas vorbei, und – wie Du beim Lesen des Grimm-Eintrags vielleicht sogar selber festgestellt hast – das Ganze ist ganz leis' von ferne müdigkeitsbefördernd, wie alle unspannenden G'schichterln... --Rainer Lewalter 22:00, 11. Mär. 2009 (CET)Beantworten
Au wei, mit mir scheint irgendetwas nicht zu stimmen: Ich könnte mich Wochen, Monate durch das Grimm'sche Wörterbuch wühlen (habe dies zu Beginn meines Studiums sogar getan, damals noch eine herrlich muffige Ausgabe in Fraktur), ohne auch nur einen Hauch von Langeweile zu verspüren. Das Kauen und Schmecken von Worten ist meine Welt. (Aber ich lese auch tagelang Balladenbücher... Schiller, Uhland, Bürger, Börries Freiherr von Münchhausen - gnadenlos! Am besten schöne Rittergeschichten in Verse gepackt (rechts mit Gespenstern und links ohne). Nein, ich denke nicht, das alles Wichtige nun über den Begriff 'Gassenhauer' gesagt ist. Das überlasse ich schön anderen. Es ging mir nur um die Frage, was das hauen dort soll. Wünsche also noch fröhliches Pfeifen... Gruß zu Nacht, --AnonYmus Nr.: 217.184.25.67 03:23, 12. Mär. 2009 (CET)Beantworten