Dihexylphthalat

chemische Verbindung

Dihexylphthalat, genauer Di-n-hexylphthalat, ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Phthalsäureester. Sie kommt oft als Nebenkomponente (weniger als 1 %) von C6–10-Phthalat-Mischungen und als Isomer in Mischungen von Diisohexylphthalaten (DIHP) mit einem Gehalt von 25 % oder weniger vor.[9]

Strukturformel
Strukturformel von Dihexylphthalat
Allgemeines
Name Dihexylphthalat
Andere Namen
  • Phthalsäuredihexylester
  • Di-n-hexylphthalat
  • Benzol-1,2-dicarbonsäuredihexylester
  • DnHP
  • DnHexP
Summenformel C20H30O4
Kurzbeschreibung

farblose Flüssigkeit[1][2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 84-75-3
EG-Nummer 201-559-5
ECHA-InfoCard 100.001.417
PubChem 6786
Wikidata Q26841288
Eigenschaften
Molare Masse 334,45 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig[1]

Dichte

1,01 g·cm−3[3]

Schmelzpunkt

−57,99 °C[2]

Siedepunkt
Dampfdruck

5,3 hPa (200 °C)[5]

Löslichkeit

praktisch unlöslich in Wasser (0,24 g·l−1 bei 20 °C)[3]

Brechungsindex

1,486–1,489 (20 °C)[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[6] ggf. erweitert[1]
Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 360FD
P: 201​‐​202​‐​280​‐​308+313​‐​501[1]
Zulassungs­verfahren unter REACH

besonders besorgnis­erregend: fortpflanzungs­gefährdend (CMR)[7]; zulassungs­pflichtig[8]

Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Gewinnung und Darstellung Bearbeiten

Dihexylphthalat kann durch Veresterung von Phthalsäureanhydrid und Hexanol in Gegenwart von Schwefelsäure gewonnen werden.[9]

Eigenschaften Bearbeiten

Dihexylphthalat ist eine farblose Flüssigkeit,[2] die praktisch unlöslich in Wasser ist.[3]

Verwendung Bearbeiten

Dihexylphthalat wird als Weichmacher für Celluloseester und PVC verwendet.[9][10]

Nachweis Bearbeiten

Dihexylphthalat kann durch Kapillargaschromatographie nachgewiesen werden.[11]

Sicherheitshinweise und gesetzliche Regelungen Bearbeiten

Dihexylphthalat wurde im Dezember 2013 aufgrund seiner Einstufung als reproduktionstoxisch (Reprod. 1B) in die Kandidatenliste der besonders besorgniserregenden Stoffe (Substance of very high concern, SVHC) aufgenommen.[7] Danach wurde Dihexylphthalat im Februar 2020 in das Verzeichnis der zulassungspflichtigen Stoffe mit dem Ablauftermin für die Verwendung in der EU zum 27. Februar 2023 aufgenommen.[8][12] In der Schweiz war der Ablauftermin am 2. November 2023.[13] Dihexylphthalat ist somit streng reglementiert und großteils verboten.[14]

Dihexylphthalat wird beim Menschen zum Metabolit MnHexP (Mono-n-hexylphthalat) umgewandelt. Dieser ist fortpflanzungsschädigend; er schädigt Fortpflanzungsorgane männlicher Föten im Mutterleib. MnHexP erhöht bei Erwachsenen außerdem das Risiko, an Diabetes, Bluthochdruck und Fettleibigkeit zu erkranken.[14]

Auftreten von MnHexP in Urinproben ab 2017 Bearbeiten

MnHexP wurde deutschlandweit in Urinproben von Kindern nachgewiesen – mit zunehmender Verbreitung spätestens seit 2017. Ursache bzw. Herkunft der Verbreitung ist unklar (Stand Februar 2024).[14] Trotz eines bestehenden Verbots des Weichmachers[12] wurde in der aktuell (Februar 2024) noch laufenden „6. Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit“ in 28 Prozent der Urinproben das Abbauprodukt des Weichmachers entdeckt.[15] Bis 2024 war die Konzentration des Weichmachers in stark belasteten Urinproben innerhalb von drei Jahren um das bis zu zehnfache angestiegen.[16][14] Nicht nur in Deutschland wurde MnHexP in Urinproben nachgewiesen. Auch aus Dänemark wurden erhöhte Werte gemeldet. Dagegen sind gesammelte Urinproben aus Bangladesch, Korea und anderen asiatischen Ländern diesbezüglich unauffällig.[16]

Ein „erster und vorläufiger Verdacht“, der von Fachleuten des Umweltbundesamts (UBA) geäußert wurde, fiel auf den in Sonnenschutzmittel enthaltenen UV-Filter DHHB. DNHexP entsteht bei der Produktion von DHHB als Beiprodukt.[17][18] Jedoch warnten die Toxikologen des UBA davor, deswegen auf Sonnenschutzmittel zu verzichten.[16]

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d Eintrag zu Dihexylphthalat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 2. Januar 2024. (JavaScript erforderlich)
  2. a b c d e f Datenblatt Dihexyl phthalate, analytical standard bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 14. Juni 2017 (PDF).
  3. a b c d Datenblatt Di-n-hexyl phthalate, 97% bei Alfa Aesar, abgerufen am 14. Juni 2017 (Seite nicht mehr abrufbar).
  4. Anna Wypych: Databook of Plasticizers. Elsevier, 2017, ISBN 978-1-927885-15-4, S. 468 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Werner Baumann, Thomas Rothardt: Druckerei-chemikalien Daten und Fakten zum Umweltschutz 2., erweiterte und überarbeitete Auflage. Springer-Verlag, 1999, ISBN 978-3-642-58474-9, S. 664 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Eintrag zu Dihexyl phthalate im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 14. Juni 2017. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  7. a b Eintrag in der SVHC-Liste der Europäischen Chemikalienagentur, abgerufen am 13. Februar 2020.
  8. a b Eintrag im Verzeichnis der zulassungspflichtigen Stoffe der Europäischen Chemikalienagentur, abgerufen am 13. Februar 2020.
  9. a b c Eintrag zu Dihexyl phthalate in der Hazardous Substances Data Bank (via PubChem), abgerufen am 14. Juni 2017.
  10. Karl August Wolf: Struktur und physikalisches Verhalten der Kunststoffe. Springer-Verlag, 1962, ISBN 978-3-662-25000-6, S. 773 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. Lawrence H. Keith: Compilation of EPA's Sampling and Analysis Methods, Second Edition. CRC Press, 1996, ISBN 978-1-4200-5061-5, S. 768 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  12. a b Verordnung (EU) 2020/171
  13. Verordnung zur Reduktion von Risiken beim Umgang mit bestimmten besonders gefährlichen Stoffen, Zubereitungen und Gegenständen (Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung, ChemRRV). In: Fedlex. Abgerufen am 5. März 2024 (Anhang 1.17).
  14. a b c d Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und Fettleibigkeit: Gefährliche Substanz im Urin zahlreicher Menschen gefunden. In: Der Spiegel. 4. Februar 2024 (spiegel.de [abgerufen am 4. Februar 2024]).
  15. Umweltbundesamt: Weichmacher in zahlreichen Urinproben. In: www.tagesschau.de. 3. Februar 2024, abgerufen am 5. Februar 2024.
  16. a b c Martin Schlak: (S+) Umweltbundesamt verdächtigt Sonnenschutzmittel als Quelle für verbotenen Weichmacher. In: Der Spiegel. 8. Februar 2024 (spiegel.de [abgerufen am 8. Februar 2024]).
  17. Jürgen Polzin: Weichmacher im UV-Filter: Erste Spur führt zu BASF. In: waz.de. 24. Februar 2024, abgerufen am 27. Februar 2024.
  18. Umweltbundesamt hat Sonnenschutzmittel als Quelle für hohe Konzentration eigentlich verbotener Weichmacher im Urin im Verdacht. In: Deutschlandfunk. 8. Februar 2024, abgerufen am 9. Februar 2024.