Der Algorithmus von de Casteljau ermöglicht die effiziente Berechnung einer beliebig genauen Näherungsdarstellung von Bézierkurven durch einen Polygonzug. Der Algorithmus wurde Anfang der 1960er Jahre von Paul de Faget de Casteljau bei Citroën entwickelt.

Idee Bearbeiten

Der Algorithmus von de Casteljau beruht darauf, dass eine Bézierkurve geteilt und durch zwei aneinandergesetzte Bézierkurven dargestellt werden kann. Diese Unterteilung kann rekursiv fortgesetzt werden. Das Kontrollpolygon der zusammengesetzten Bézierkurve nähert sich dabei der Originalkurve an. Nach ausreichend vielen Verfeinerungsschritten kann der entstandene Polygonzug als Näherung für die Originalkurve verwendet werden. Ein Verfeinerungsschritt, der das Kontrollpolygon einer Ausgangskurve in ein Kontrollpolygon einer zusammengesetzten Kurve zerlegt, besteht nur aus wenigen einfachen Teilungen von Polygonkanten.

Darüber hinaus ermöglicht der Algorithmus die schnelle Bestimmung jedes einzelnen Punktes auf der Bézierkurve durch seine parametrische Darstellung.

Erweiterungen findet der Algorithmus im Blossoming wie auch im fokalen Algorithmus von de Casteljau.

Algorithmus Bearbeiten

Gegeben sind die Kontrollpunkte   der Ausgangskurve   mit  .

Von den Kontrollpunkten der Ausgangskurve   liegen im Allgemeinen nur   und   auf der Kurve. Der Algorithmus berechnet im ersten Schritt einen weiteren Punkt   der Kurve. Dabei kann   frei gewählt werden. Die Kurve wird im Weiteren an diesem Punkt   geteilt. Es bietet sich daher die Wahl von   an, weil dies eine gleichmäßige Aufteilung und damit eine schnelle Annäherung des Kontrollpolygons an die Ausgangskurve gewährleistet.

Bilden von Teilverhältnissen Bearbeiten

 
Konstruktion der ersten Folge von Hilfspunkten Pi(1) aus den Ausgangspunkten Pi(0).

Statt durch direktes Einsetzen von   in die Gleichung der Kurve   geschieht die Berechnung von   über die Konstruktion von Punkten   aus den gegebenen Kontrollpunkten  . Die Konstruktion startet mit den Ausgangspunkten  . Aus diesen werden durch Teilen der Verbindungslinien   im Verhältnis   neue Punkte   konstruiert. Der Punkt   berechnet sich nach der intuitiv einsichtigen Formel:

 

In nebenstehender Abbildung sind die Punkte  , die aus den Ausgangspunkten   hervorgegangen sind, rot eingezeichnet. Durch Fortsetzen der Berechnungsvorschrift werden in gleicher Weise Punkte   bestimmt. Zur Berechnung von   werden dazu die blau gestrichelten Verbindungslinien der im ersten Schritt berechneten Punkte   im selben Verhältnis geteilt usw.

Konstruktion eines Kurvenpunktes Bearbeiten

Es gilt die folgende Aussage (siehe Beweis der Punktkonstruktion):

 
 
Komplette Konstruktion von P0(3) für n=3

Das heißt, dass der Punkt  , welcher in der  ten Iteration durch fortgesetztes Streckenteilen konstruiert wird, ein Punkt der Kurve ist. Das Teilungsverhältnis   bestimmt dabei seine Lage auf der Kurve.

In nebenstehender Abbildung ist die Konstruktion für   vollständig durchgeführt. Der Punkt  , der durch dreifache Anwendung der Teilungsvorschrift aus den Ausgangspunkten   hervorgegangen ist, liegt auf der gesuchten Kurve.

Die bei weitem interessantere Aussage ist aber, dass dieser Punkt   die Kurve   in zwei Bézierkurven   und   teilt und dass die Punkte   das Kontrollpolygon von   und die Punkte   das Kontrollpolygon von   bilden.

Teilen in zwei Bézierkurven Bearbeiten

 
Zerlegung von C(t) in C1(t) und C2(t)

Nebenstehende Abbildung zeigt die Zerlegung von   in   und   für  . Dabei bilden die Punkte  ,  ,   und   das Kontrollpolygon von   und entsprechend die Punkte  ,  ,   und   das Kontrollpolygon von  .

An der Abbildung erkennt man außerdem, warum in der Regel ein Teilungsverhältnis von   verwendet wird. Da in diesem Beispiel ein Teilungsverhältnis kleiner ½ verwendet wurde, teilt sich die Kurve   in einem ungleichen Verhältnis in eine kurze Kurve   und eine lange Kurve   auf. Der kürzere Teil ist viel besser an sein Kontrollpolygon angenähert als der längere. Möchte man (bei ungefähr gleich langen Strecken des Ausgangskontrollpolygons) eine gleichmäßige Näherung erreichen, eignet sich dazu das Teilungsverhältnis  .

Die Unterteilung der Kurven wird so lange fortgesetzt, bis sie hinreichend genau durch ihre Kontrollpolygone angenähert sind.

Komplexität Bearbeiten

Eine native Implementierung des Algorithmus benötigt   Rechenschritte für jeden zu berechnenden Näherungspunkt, wobei   die Anzahl der Kontrollpunkte ist. Durch Optimierungen kann eine Laufzeit von   erreicht werden.[1]

Pseudocode Bearbeiten

Zu Beginn liegen die Punkte des Kontrollpolygons in einem Feld   vor. Bei gegebenem Parameter   wird der Punkt   folgendermaßen berechnet:

BEGIN
    FOR i:=0..n
         
    FOR j:=1..n
        FOR i:=0..(n-j)
            // Unterteilung mit Faktor t
             
    RETURN  
END

Der obige Algorithmus ist insoweit unvollständig, dass nur der Punkt   bestimmt, aber keine fortgesetzte Unterteilung von   durchgeführt wird. Der Algorithmus ist nicht speichereffizient, da für alle   neue Speicherplätze belegt werden.

Beweis der Punktkonstruktion Bearbeiten

Die Aussage, dass über  -fach fortgesetzte Streckenteilung ein weiterer Punkt der Kurve konstruiert werden kann, lässt sich über Lösen der Rekursion beweisen, die   definiert.

Rekursionsgleichung Bearbeiten

Die Rekursionsgleichung definiert die Punkte   in Abhängigkeit von den in der letzten Iteration berechneten Punkten  . Den Start der Rekursion bilden die Punkte  :

 
 

Zu beweisende Aussage Bearbeiten

Zu beweisen ist die Aussage, dass der Punkt   ein Punkt der Kurve an der Stelle   ist:

 

Verallgemeinerung der Aussage Bearbeiten

Um eine Lösung der Rekursion für den speziellen Punkt   zu finden, wird eine geschlossene Form für alle Punkte   der Rekursion gesucht und gezeigt, dass diese insbesondere für   das gesuchte Resultat liefert. Der Beweis für   wird über vollständige Induktion mit folgender Induktionsannahme geführt:

 .

Der Induktionsschritt ist dann eine gradlinige Rechnung, bei der Aussagen über Binomialkoeffizienten benutzt werden.

Siehe auch Bearbeiten

Anwendung Bearbeiten

Mit Hilfe des Algorithmus von de Casteljau ist es möglich, Näherungen von Bézierkurven durch gerade Linien zu errechnen. Dadurch kann eine Bézierkurve effizient mit dem Rechner gezeichnet werden.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Fast and Stable Pascal Matrix Algorithms. (PDF) Abgerufen am 13. September 2021.