Cachette von Deir el-Bahari

altägyptische Grabanlage in der Nekropole Deir el-Bahari nördlich von Theben
(Weitergeleitet von DB320)

Die Cachette von Deir el-Bahari mit der wissenschaftlichen Grabnummer DB/TT320 ist eine altägyptische Grabanlage in der Nekropole von Deir el-Bahari nördlich von Theben. Die Cachette diente als Mumiendepot zum Schutz vor Grabräubern und wurde nach heutigem Wissen in der 22. Dynastie unter Scheschonq I. angelegt. Ursprünglich wurde das Grab für Pinudjem II. errichtet.[1]

Lage der Cachette im Talkessel von Deir el-Bahari
Eingangsschacht der Cachette

Geschichte

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Die Cachette von Deir el-Bahari wurde 1871 von den Brüdern Ahmed, Soliman und Mohammed Abd el-Rassul entdeckt. Die Familie Abd el-Rassul verschwieg die Entdeckung des Grabes, da es sich für sie um eine willkommene Einkommensquelle handelte. In den Jahren nach der Entdeckung verkauften sie immer wieder einige Fundstücke aus dem Grab. Schließlich wurde Gaston Maspero aufmerksam, der damals Direktor des Ägyptischen Museums in Bulaq/Kairo und Chef des ägyptischen Supreme Council of Antiquities war. Er vermutete die Entdeckung eines Grabes aus der 21. Dynastie.[2]

Maspero reiste Ende Mai 1881 nach Oberägypten, um in der Angelegenheit zu recherchieren. Am 4. April wurde Ahmed Abd el-Rassul verhaftet, kurz darauf auch einer seiner Brüder. Es dauerte bis zum 25. Juni 1881, bis einer der Brüder die Entdeckung zugab, und am 6. Juli führte er die Delegation des Museums unter der Leitung von Emil Brugsch, damaliger Assistent von Maspero, und Ahmed Kamal Pascha zu dem Grab.[3]

In der Cachette und dem Zwischenlager der Familie Abd el-Rassul wurden etwa 40 Sarkophage und circa 6000 andere Fundstücke sichergestellt. Nun war klar, dass es sich nicht um ein Grab aus der 21. Dynastie (Dritte Zwischenzeit) handelte, sondern um ein Depot für umgebettete Pharaonenmumien zum Schutz vor Grabräubern. Da die Entdeckung mittlerweile in der Umgebung bekannt geworden war, handelten Brugsch und Ahmed Kamal sehr schnell. Innerhalb von 48 Stunden wurden sämtliche Funde verladen und in Luxor zwischengelagert, um später mit dem Museumsschiff (der Menshiéh) nach Bulaq transportiert zu werden. In dieser Eile wurde auf eine wissenschaftliche Dokumentation verzichtet, was sich heute als großes Versäumnis herausstellt.

1998 veranlasste das Institut für Ägyptologie und Koptologie der Universität Münster gemeinsam mit der Abteilung für Ägyptologie der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau weitere Untersuchungen. Die neuen Ausgrabungen wurden von Erhart Graefe geführt. Bei diesen Grabungen wurden weitere Mengen von Gegenständen und Fragmenten sichergestellt. Der Grad der Zerstörung vieler dieser Fundstücke deutet auf den groben Umgang damit durch die Delegation unter der Leitung von Brugsch hin.[4]

Architektur

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Man gelangt in das Grab durch einen ca. zwölf Meter langen Zugangsschacht (A). Von dort kommt man in einen etwa 7,5 Meter langen und 1,4 Meter breiten Gang (B) mit eingearbeiteten Stufen und einer Deckenhöhe von circa 1,8 Metern. Am Ende des Ganges geht es in einem ca. 90°-Winkel nach rechts ins eigentliche Grab. Die Gesamtlänge der Anlage ist ca. 61,80 Meter. Auf ungefähr halber Strecke des Ganges (C) gibt es links eine Nische (D) von etwa 7,8 Meter Länge und 3,9 Meter Breite. Dem Gang (E) folgend gelangt man in die Hauptgrabkammer (F). Die gesamte Anlage hat etwa eine Deckenhöhe von zwei Metern.

Die wichtigsten Funde

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Name Dynastie Mumie/Sarg Bemerkungen
1 Ahhotep I./II. 17/18 D/-
2 Ahmose 17 -/* Tochter von Seqenenre und Ahhotep I.
3 Ahmose Henuttamehu 17 */* Tochter von Ahmose Inhapi
4 Ahmose Inhapi 17 B/- Vermutlich Nebenfrau von Seqenenre
5 Ahmose Meritamun I. 17 */- Mumie im Sarg des Oberverwalters Seniu
6 Ahmose Nefertari 17 D/D Ehefrau von Ahmose I., Mutter von Amenophis I. (im Sarg lag auch die Mumie Ramses III.)
7 Ahmose Sapair 17 */* Vermutlich Sohn von Seqenenre (?) (im Sarg lag auch die Mumie eines anonymen Kindes)
8 Satkamose 17 */- Die Mumie lag im Sarg des Pediamun
9 Ahmose I. 18 D/D
10 Amenophis I. 18 C/C Mumie im Sarg von Djehutimose
11 Baket 18 */*
12 Djed Ptahiuefanch 21 F/F 2. oder 3. Prophet des Amun-Re, (+ Osirisfigur und Papyrus)
13 Hatschepsut 18 -/- Nur ein Holzkasten mit mumifizierter Leber oder Milz und einem abgebrochenen Zahn
14 Hennutaui ? B/B Ehefrau von Pinudjem I.
15 Isisemcheb 21 F/F
16 Maatkare 21 F/F Tochter von Pinudjem I. und Hennutaui
17 Masaharta 21 F/F Sohn von Pinudjem I. (+ Lederzelt Fragmente)
18 Merimose 18 -/- Vizekönig von Kusch (nur Kanopenkrüge)
19 Nebseni 18 F/F Schreiber
20 Neschons 21 F/F Ehefrau von Pinudjem II. (+ Kanopen, Osirisfigur, Papyrus, Fayencekrüge)
21 Nesitanebaschru 21 F/F Tochter von Pinudjem II. und Neschons (+ Kupferkrüge, Osirisfigur, Kanopen, Papyrus)
22 Nedjement 21 */* Ehefrau von Herihor (+ Kanopenkasten, Osirisfigur, Papyrus)
23 Paheripedjet 20 -/* Der Sarg enthielt die Mumie Rais
24 Pediamun 21 -/* Der Sarg enthielt die Mumie Ahmose Sitkamose
25 Pinudjem I. 21 D/C + 2 Uschebtikästen, Mumie lag im Sarg Thutmosis I.
26 Pinudjem II. 21 F/F + Osirisfigur, Papyrus und Kanopen
27 Rai 17 */B Amme der Ahmose Nefertari
28 Ramses I. 19 -/C Der Sarg enthielt die Mumie einer „unbekannten“ Tetischeri
29 Ramses II. 19 D/D
30 Ramses III. 20 D/D
31 Ramses IX. 20 F/-
32 Seniu 21 -/* Oberdomänenverwalter des Amun
33 Seqenenre 17 D/D
34 Sethos I. 19 B/B
35 Sa-amun 17 D/D Sohn von Ahmose und Ahmose Nefertari
36 Siese ? -/- Königlicher Schreiber (nur Kanopenkrug)
37 Satamun 17 */* Tochter von Ahmose I. und von Ahmose Nefertari
38 Sutymose ? -/- Sängerin von Ahmose-Nefertari (+ Kanopensarg)
39 Taueret 21 F/F Erste des Harems des Amun-Re
40 Tetischeri 17 -/- Vermutliche Mutter von Seqenenre (nur beschriftete Mumienbinden)
41 Thutmosis I. 18 C/- Mumie im Sarg Pinudjem I.
42 Thutmosis II. 18 C/C
43 Thutmosis III. 18 D/D
44 Wepmose ? -/- Königlicher Schreiber (nur Kanopenkrug)
45 Wepwawetmose ? -/- Bevollmächtigter der Armee (nur Kanopenkrug)

Außerdem wurden acht weitere unbekannte Mumien gefunden. A, B, C, D, E, F geben den Fundort in der Cachette an, * bedeutet, dass der Fundort nicht dokumentiert wurde. Tabelle nach Reeves/Wilkinson[5] und Dodson/Hilton.[6]

Neuere DNA-Analysen weisen darauf hin, dass es sich bei der Mumie eines unbekannten Mannes („Unknown Man E“[7]) aus der Cachette von Deir el-Bahari um die Leiche eines Sohnes von Ramses III. mit seiner Nebenfrau Teje handeln könnte, der in den Dokumenten[8] eines Gerichtsverfahrens aus der Zeit des Nachfolgers Ramses IV. als Pentawer bezeichnet wird.[9][10]

Literatur

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  • James Henry Breasted: Ancient Records of Egypt. Band IV: The Twentieth through the Twenty-sixth Dynasties. The University of Chicago Press, Chicago 1906, § 664–668 u. § 689–692 (Digitalisat).
  • Émile Brugsch-Bey: La tente funéraire de la princesse Isimkheb, provenant de la trouvaille de Déir-el-Bahari. ohne Verlagsangabe, Kairo 1889.
  • Jaroslav Černý: Studies in the Chronology of the Twenty-first Dynasty. In: The Journal of Egyptian Archaeology. Band 32, London 1946, S. 24–30 (Digitalisat).
  • Georges Daressy: Catalogue général des antiquités égyptiennes du Musée du Caire, Nos. 61001-61044: Cercueils des cachettes royales. L'Institut Franc̣ais d'Archéologie Orientale, Kairo 1909 (Digitalisat).
  • Aidan Dodson, Dyan Hilton: The complete royal families of ancient Egypt. Thames & Hudson, London 2004, ISBN 0-500-05128-3.
  • Erhart Graefe: Vorbericht über die erste Kampagne einer Nachuntersuchung der königlichen Cachette TT 320 von Deir el Bahri. In: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo (MDAIK). Band 56, 2000 ISSN 0342-1279, S. 215–221, Tafel 26–29.
  • Salima Ikram, Aidan Dodson: Royal Mummies in the Egyptian Museum. American University in Cairo Press, Kairo 1997, ISBN 977-424-431-1.
  • Karl Jansen-Winkeln: Zur Geschichte der "Cachette" von Deir el-Bahri. In: Robert J. Demarée, Arno Egberts: Deir el-Medina in the third millennium AD. A tribute to Jac. J. Janssen. Nederlands Instituut voor het Nabije Oosten, Egyptologische uitgaven 14, Leiden 2000, S. 163–170 (Digitalisat).
  • Gaston Maspero: Les momies royales de Déir el-Baharî (= Mémoires publiés par les membres de la Mission Archéologique Française au Caire. Band 1, fascicule 4, ZDB-ID 447735-2). Leroux, Paris 1889 (Digitalisat).
  • Gaston Maspero: Guide to the Cairo Museum. 4th Edition, Printing Office of the French Institute of Oriental Archaeology, Kairo 1908, S. 99 f., 181.
  • Nicholas Reeves, Richard H. Wilkinson: Das Tal der Könige. Geheimnisvolles Totenreich der Pharaonen. Weltbild-Verlag, Augsburg 2002, ISBN 3-8289-0739-3, S. 194–197.
  • Catharine H. Roehrig: Deir el-Bahri, royal mummy cache. In: Kathryn A. Bard (Hrsg.): Encyclopedia of the Archaeology of Ancient Egypt. Routledge, London 1999, ISBN 0-415-18589-0, S. 242–243.
  • Herbert Eustis Winlock: The Tomb of Queen Inhapi. An open letter to the Editor. In: The Journal of Egyptian Archaeology. Band 17, London 1931, S. 107–110 (Digitalisat).
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Commons: Deir el-Bahari – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. N. Reeves, R. H. Wilkinson: Das Tal der Könige. Geheimnisvolles Totenreich der Pharaonen. Augsburg 2002, S. 197.
  2. Gaston Maspero: Les momies royales de Déir el-Bahari. Paris 1889.
  3. Donald Malcolm Reid: Whose Pharaohs? : Archaeology, museums, and Egyptian national identity from Napoleon to World War I. University of California Press, Berkeley (CA) / London 2002, ISBN 0-520-24069-3, S. 186ff.
  4. Abgeschlossene Projekte (Erhart Graefe). - Cachette TT 320. (Volltext als PDF-Datei).
  5. N. Reeves, R. H. Wilkinson: Das Tal der Könige. Geheimnisvolles Totenreich der Pharaonen. Augsburg 2002, S. 196.
  6. Aidan Dodson; Dyan Hilton: The complete royal families of ancient Egypt. London 2004.
  7. The Strange Case of Unknown Man E. The Theban Royal Mummy Project, 9. Dezember 2000, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 15. August 2012; abgerufen am 18. Dezember 2012 (englisch).
  8. Der Juristische Papyrus Turin mit Papyrus Lee, Papyrus Rollin, Papyrus Varzy, sowie die sogenannten Rifaud-Abschriften (Papyrus Rifaud und Papyrus Rifaud II) siehe: Théodule Devéria: Le papyrus judiciaire de Turin et les papyrus Lee et Rollin; étude égyptologique. Imprimerie impériale, Paris 1868 (Volltext online); sowie Adriaan de Buck: The Judicial Papyrus of Turin (= Journal of Egyptian Archaeology. Band 23). Egyptian Exploration Society, London 1937 (Volltext als PDF-Datei).
  9. Pharao Ramses III. wurde Kehle durchgeschnitten. Spiegel Online, 18. Dezember 2012, abgerufen am 18. Dezember 2012.
  10. Ramses III. wurde Kehle durchschnitten. Pharao-Mord im alten Ägypten. sueddeutsche.de, 18. Dezember 2012, abgerufen am 18. Dezember 2012.

Koordinaten: 25° 44′ 12,5″ N, 32° 36′ 18,1″ O