Pariser Konservatorium

Französische Musikhochschule
(Weitergeleitet von Conservatoire de Paris)

Das Pariser Konservatorium (französisch „le Conservatoire de Paris“, offizielle Bezeichnung: Conservatoire national supérieur de musique et de danse de Paris, CNSMDP) gehört mit der gleichrangigen Institution in Lyon zu den beiden conservatoires nationaux supérieurs de musique et de danse[1] (dt. „staatliche höhere Konservatorien für Musik und Tanz“) in Frankreich. Status und Zielsetzung sind vergleichbar mit denen einer deutschen Musikhochschule. Das Konservatorium nimmt nach einem Aufnahmewettbewerb (fr. „concours d’entrée“) etwa 1300 Studenten auf, das Lehrpersonal umfasst 400 Personen.

Das Pariser Konservatorium ist heute Teil der Cité de la musique im Parc de la Villette im Nordosten von Paris (209 Avenue Jean-Jaurès.)
Früheres Gebäude des Konservatoriums (1796–1911) in der rue du Conservatoire (ehemalige Adresse:rue Bergère).
Heute ist dort das Conservatoire national supérieur d’art dramatique (CNSAD) mit dem Théâtre du Conservatoire untergebracht.

Von seinen Anfängen an umfasste das Konservatorium auch Schauspielklassen und trug ab 1806 den Namen Conservatoire de musique et de déclamation (ab 1934 Conservatoire national de musique et d’art dramatique). Im Jahr 1946 wurde die Schauspielabteilung ausgegliedert und zum Conservatoire national supérieur d’art dramatique.

Geschichte Bearbeiten

Das Pariser Konservatorium wurde aufgrund eines Gesetzes vom 3. August 1795 als Conservatoire de musique gegründet. Es ersetzte zwei unabhängige Institutionen:[2]

  • die am 3. Januar 1783 gegründete École royale de chant et de déclamation (dt. „Königliche Schule für Gesang und Deklamation“), die den Nachwuchs für die Pariser Oper (fr. „l’Opéra de Paris“) ausbildete. Direktor war der Komponist François-Joseph Gossec, der italienische Opernkomponist Niccolò Piccinni unterrichtete in Gesang.
  • die 1792 gegründete École de musique municipale (dt. „Städtische Musikschule“), die die Instrumentalisten der Musique de la Garde nationale (dt. „Musikkorps der Nationalgarde“) ausbildete. Aufgrund eines Dekretes des Nationalkonvents (fr. „Convention nationale“) vom 8. November 1793 wurde die Schule offiziell als Institut national de Musique (dt. „Nationales Institut für Musik“) anerkannt.

Das Conservatoire de musique wurde durch ein Direktorium (François-Joseph Gossec, Mehul und Cherubini) unter der Leitung von Bernard Sarrette, verwaltet.

Am 22. Oktober 1796 zog das Konservatorium in die rue Bergère (heutige Adresse: rue du Conservatoire), in die Gebäude der ehemaligen École royale de chant et de déclamation ein. Zum Lehrpersonal dieses Hauses gehörten in der Folge die besten Musiker Frankreichs.[3] Zunächst wurde die Ausbildung im instrumentalen Bereich, insbesondere von Streichern und Cembalospielern favorisiert. So hat sich das Konservatorium international den Ruf einer speziellen Geigenschule erworben, die mit dem Namen seines Violinprofessors Rodolphe Kreutzer verbunden ist. Beethoven schrieb für ihn seine berühmte Kreutzersonate.

Ab dem Jahr 1800 war Bernard Sarrette der Direktor der Schule. Das Unterrichtsangebot wurde auf die Ausbildung der zukünftigen Künstler der Opéra-Comique, des Théâtre-Italien und der Comédie-Française erweitert. 1808 rief François-Antoine Habeneck das Orchester der Studenten ins Leben, mit dem er beispielsweise zum ersten Male in Frankreich Beethoven-Sinfonien aufführte.

Eine begehrte Auszeichnung des Instituts ist der Grand Prix de Rome, ein dreijähriger Studienaufenthalt in Italien auf Staatskosten mit der Verpflichtung, Kompositionen zu erstellen. Die dafür eingereichten und preisgekrönten Kompositionen werden in der Bibliothek des Konservatoriums aufbewahrt. Der Rompreis wurde erst ab 1908 auch für Frauen zugelassen.[4]

Studenten und Studentinnen waren in der Fächerwahl gleichberechtigt und es gab für weibliche Studierende keine Beschränkungen.[5] Schon 1795 wurden – damals noch eine absolute Ausnahme – zwei Professorinnen berufen: Für Klavier Hélène de Montgeroult und für Solfège (Gesangstechnik) Louise Rey.[6]

1806 wurde das Conservatoire de musique durch die Einrichtung von Klassen für lyrische und dramatische Rezitation zum Conservatoire de musique et de déclamation.

In der Zeit der Restauration wurde das Conservatoire de musique et de déclamation offiziell geschlossen und ersetzt durch eine École royale de musique et de déclamation. Mit der Ernennung von Luigi Cherubini zum Direktor am 22. April 1822 wurde die alte Bezeichnung Conservatoire de musique et de déclamation wieder eingeführt. Cherubini, der bis 1842 die Schule leitete, versuchte durch die Einführung von Eintritts- und Abschlusswettbewerben (fr. „concours d’entrée et de sortie“) die Unterrichtsqualität zu steigern. Er förderte die Gesangsausbildung, richtete zahlreiche Lehrgänge für neue Instrumente ein und belebte wieder die Konzerte des Schülerorchesters, die zur Gründung der Société des Concerts du Conservatoire führte.

Unter den Direktoren der Folgezeit ragen besonders heraus: Daniel Aubert (1842–1871), Ambroise Thomas (1871–1896), Gabriel Fauré (1905–1920). Berühmte Professoren wie César Franck, Charles-Marie Widor, Alexandre Guilmant, Louis Diémer, Raoul Pugno, Marcel Dupré, Alfred Cortot und Marguerite Long festigten das europaweite Ansehen der Institution.

Unter der Direktorenschaft von Gabriel Fauré, der auch externe Persönlichkeiten, wie Claude Debussy und Maurice Ravel zur Mitarbeit heranzog und neue Klassen einrichtete, zog 1911 das Conservatoire de musique et de déclamation in das ehemalige Collège de jésuites in der 14 rue de Madrid.

1934 fand eine erneute Namensänderung in Conservatoire national de musique et d’art dramatique statt.

1946 wird die Schauspielabteilung des Konservatoriums ausgegliedert und zieht als Conservatoire national supérieur d’art dramatique in die Gebäude rue du Conservatoire (frühere Adresse: rue Bergère), die Musikabteilung erhält die Bezeichnung Conservatoire national supérieur de musique.

Unter den Direktoren Marcel Dupré (1954–1956), Raymond Loucheur (1956–1962) und Raymond Gallois-Montbrun (1962–1983) werden neue Fächer eingeführt und durch die Einrichtung von Meisterkursen große Instrumentalsolisten wie zum Beispiel Mstislav Rostropovich, Christa Ludwig und Wilhelm Kempff verpflichtet.

Da die Räumlichkeiten in der rue Madrid seit den Vierzigerjahren für den expandierenden Betrieb des Konservatoriums nicht mehr ausreichten, wurde der Bau eines neuen Gebäudes im Rahmen des Projektes der Cité de la musique beschlossen.

Am 7. Dezember 1990, nach einer sechsjährigen Bauzeit, wurden die neuen Räume des Conservatoire national supérieur de musique de Paris in der damals im Aufbau befindlichen Cité de la musique im Parc de la Villette, eingeweiht.

Das ehemalige Gebäude in der 14 rue de Madrid beherbergt heute das Conservatoire à rayonnement régional de Paris. Das Gebäude in der 2 bis rue du Conservatoire ist weiterhin Sitz des Conservatoire national supérieur d’art dramatique (CNSAD).

Persönlichkeiten Bearbeiten

Chronologie dort tätiger Personen Bearbeiten

Dauer Personen Tätigkeiten und Eigenschaften
1795–1826 Rodolphe Kreutzer Professor für Violine
1795–? Pierre Rode Professor für Violine
1795–? Pierre Baillot Professor(?) für Violine
1795–? Georg Friedrich Fuchs Professor für Klarinette
1795–1797 Hélène de Montgeroult Professorin der Herrenklasse für Klavier
1795–? Hyacinthe Jadin Professor der Damenklasse für Klavier
1795–1797 Louise Rey Professorin für Solfège
1817 bis? François-Adrien Boieldieu Professor für Komposition
1821–1832 François-Joseph Fétis Professor für Komposition und Harmonielehre
1853–1854 Ernest Guiraud Schüler von Fromental Halévy und Antoine François Marmontel
1868 bis? Martin Marsick Schüler von Lambert Massart
1871–1905 Théodore Dubois Professor für Harmonielehre
1872–1890 César Franck Orgelprofessor
1876 bis? Ernest Guiraud Professor für Harmonielehre, ab 1880 Komposition
1878 bis? Paul Vidal Schüler von Jules Massenet und César Franck
1878–1893 Jules Massenet Professor für Komposition
1880 bis? Léo Delibes Professor für Komposition
1884–1930? Paul Vidal Professur für Komposition
1890–1894 Carl Flesch Schüler von Eugène Sauzay und Martin Marsick
1890–1896 Charles-Marie Widor Professur für Orgel und Komposition (ab 1896)
1892–1900 Martin Marsick Professur für Violine
1893–1896 Jacques Thibaud Schüler von Martin Marsick
1894 bis? Charles Lenepveu Professor für Komposition
1895–1899 George Enescu Schüler von André Gedalge, Jules Massenet, Gabriel Fauré und Martin Marsick
1896–1911 Alexandre Guilmant Professur für Orgel
1896 bis? Xavier Leroux Professur für Harmonielehre
1896–1900 André Caplet Schüler von Charles Lenepveu, Xavier Leroux und Paul Vidal
1902 bis? Marcel Dupré Schüler von Louis Diémer, Alexandre Guilmant, Charles-Marie Widor
1905–1925? André Gedalge Professur für Kontrapunkt und Fuge
1906 bis? Sarah Bernhardt Schauspielprofessur
1907–1923 Alfred Cortot Professur für Klavier
1907 bis? Camille Chevillard Professur für Kammermusik
1908/09–1936 Maurice Emmanuel Professur für Musikgeschichte
~1910 Lili Boulanger Schülerin von Georges Caussade und Paul Vidal
1910–1914 Jacques Ibert Schüler von Paul Vidal
1911–1925 Eugène Gigout Orgelprofessur
1911 Arthur Honegger Schüler von Lucien Capet und André Gédalge
1913 Enrique Mario Casella Schüler von Paul Vidal und Foucher
1913 Georges Auric Schüler von Georges Caussade
1919–1939 Charles Tournemire Professur für Kammermusik
1919–1949 Jean Gallon Professur für Harmonielehre
1919–1930 Olivier Messiaen Schüler von Maurice Emmanuel, Marcel Dupré, Paul Dukas
~1919–1925 Pierre Fournier Schüler von Paul Bazelaire, Anton Hekking, Camille Chevillard, Lucien Capet
1920er André Fleury Schüler von Eugène Gigout, Marcel Dupré, Paul Vidal
~1920–1940 Henri Rabaud Professur für Orchesterleitung
1920 bis? Noël Gallon Professur für Solfège- und Kontrapunkt (seit 1926)
1921–1928? Henri Büsser Professur für Komposition
1926–1954 Marcel Dupré Orgelprofessur
1927–1929 Szymon Laks Schüler von Pierre (Paul?) Vidal, Henri Rabaud
1933–1938 Henri Dutilleux Schüler von Jean Gallon und Noël Gallon, Henri Büsser, Maurice Emmanuel
1939 Gabriel Grovlez Professor für Kammermusik
1939–1941 Charles Münch Professur Orchesterleitung
1941/42–1977/78 Olivier Messiaen Professor für Analyse und Komposition
1944 bis? Maurice Duruflé Professor für Harmonielehre
1955–1986 Rolande Falcinelli Orgelprofessorin
1956–1985 Pierre Sancan Professor für Klavier
1958–1975 Jeanne-Marie Darré Klavier
1966–1970 André Jolivet Professor für Komposition
1986–1998 Gérard Grisey Professor für Komposition
1991–2000 François Jeanneau (erster) Leiter der Jazzabteilung
1999–2006 Marco Stroppa Professor für Komposition
2006- Stefano Gervasoni Professor für Komposition
Direktor Zeitraum
Bernard Sarrette 1795–1822
Luigi Cherubini 1822–1842
Daniel Auber 1842–1871
Francisco Salvador-Daniel Mai 1871
Ambroise Thomas 1871–1896
Théodore Dubois 1896–1905
Gabriel Fauré 1905–1920
Henri Rabaud 1921–1941
Claude Delvincourt 1941–1954
Marcel Dupré 1954–1956
Raymond Loucheur 1956–1962
Raymond Gallois-Montbrun 1962–1983
Marc Bleuse 1984–1986
Alain Louvier 1986–1991
Xavier Darasse 1991–1992
Marc-Olivier Dupin 1993–2000
Alain Poirier 2000–2009
Pascal Dumay 2009
Bruno Mantovani seit 2010

Weitere bekannte Lehrer und Schüler Bearbeiten

Lehrer Schüler

Orgel Bearbeiten

Im Konservatorium steht eine Orgel der österreichischen Firma Rieger Orgelbau aus dem Jahre 1991, die 2002 überholt und erweitert wurde.

Disposition
I Grand-Orgue C–c4
Montre 16′
Bourdon 16′
Montre 8′
Bourdon 8′
Gambe 8′
Flûte harmonique 8′
Prestant 4′
Flûte 4′
Doublette 2′
Deuxième trompette 8′
Fourniture V 113
Cymbale V 1′
Cornet V 8′
Bombarde 16′
Trompette 8′
Clairon 4′
II Positif (expr.) C–c4
Bourdon 16′
Montre 8′
Salicional 8′
Bourdon 8′
Prestant 4′
Flûte à cheminée 4′
Nazard 223
Doublette 2′
Tierce 135
Larigot 113
Sifflet 1′
Plein Jeu IV 1′
Trompette 8′
Cromorne 8′
Tremulant
III Récit C–c4
Quintatön 16′
Gambe 8′
Voix céleste 8′
Flûte harmonique 8′
Viole 4′
Flûte octaviante 4′
Nazard 223
Octavin 2′
Cornet V 8′
Plein Jeu V 2′
Basson 16′
Trompette 8′
Hautbois 8′
Clairon 4′
Voix humaine 8′
Tremulant
Pédale C–g1
Soubasse 32′
Contrebasse 16′
Soubasse 16′
Flûte 8′
Violoncelle 8′
Bourdon 8′
Flûte 4′
Bombarde 16′
Trompette 8′
  • Koppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P.
  • Extras: Memory Card System

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Musée de la musique – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Die Aufgaben und der Rang der conservatoires nationaux supérieurs sind in dem Décret no. 2009-201 vom 18. Februar 2009 festgelegt, s. www.conservatoiredeparis.fr > missions
  2. Die Ausführungen folgen der Darstellung auf der Website des Pariser Konservatoriums www.conservatoiredeparis.fr > l'école > histoire.
  3. Konservatorium. In: Friedrich Blume (Hrsg.): Musik in Geschichte und Gegenwart. Bärenreiter Verlag, Kassel u. a. 1949, Bd. 7 (1958).
  4. Eva Weissweiler: Komponistinnen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. 1999, S. 247.
  5. Eva Weissweiler: Komponistinnen vom Mittelalter bis zur Gegenwart 1999, S. 247/48.
  6. Claudia Schweitzer: „…ist übrigens als Lehrerin höchst empfehlungswürdig.“ Kulturgeschichte der Clavierlehrerin. S. 74 ff.
  7. Edith von Arps-Aubert: Das Arbeitskonzept von Elsa Gindler (1885 - 1961) dargestellt im Rahmen der Gymnastik der Reformpädagogik. In: Schriften zur Sportwissenschaft. Band 93. Verlag Dr. Kovač, Hamburg 2010, ISBN 978-3-8300-5233-3, S. 122.

Koordinaten: 48° 53′ 20″ N, 2° 23′ 27″ O