Bornhardtit

sehr seltenes Mineral, Cobalt-Selenid aus der Spinellgruppe

Bornhardtit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ (und Verwandte, siehe Klassifikation) mit der chemischen Zusammensetzung Co2+Co3+2Se4[2], vereinfacht auch Co3Se4[3]. Bornhardtit ist damit chemisch gesehen ein Cobalt-Selenid und das Selen-Analogon von Linneit. Beide zählen allerdings strukturell gesehen zur Gruppe der Spinelle.

Bornhardtit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Bhd[1]

Chemische Formel
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfide und Sulfosalze (einschließlich Selenide, Telluride, Arsenide, Antimonide und Bismutide)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

II/C.01
II/D.01-120

2.DA.05
02.10.01.05
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol hexakisoktaedrisch; 4/m32/m[4]
Raumgruppe Fd3m (Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227
Gitterparameter a = ≈ 10,2 Å[3]
Formeleinheiten Z = 8[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte ≈ 4[5]
Dichte (g/cm3) berechnet: 6,166[5]
Spaltbarkeit nicht definiert
Farbe kupferrosa[6] bis rosenrot[5]
Strichfarbe nicht definiert
Transparenz undurchsichtig
Glanz Metallglanz[4]

Bornhardtit kristallisiert im kubischen Kristallsystem. Er konnte jedoch bisher nur mikrokristallin in Form von massigen Mineral-Aggregaten gefunden werden, deren kupferrosa bis rosenrote, gelegentlich auch rosaweiße,[7] Oberflächen einen metallischen Glanz aufweisen.

Etymologie und Geschichte Bearbeiten

Erstmals entdeckt wurde Bornhardtit zusammen mit Trogtalit, Hastit (diskreditiert, identisch mit Ferroselit) und einem zum Zeitpunkt der Entdeckung noch unbenannten Cobaltselenid (ab 1957 als Freboldit bekannt[8]) im Steinbruch Trogtal bei Lautenthal im niedersächsischen Landkreis Goslar. Die Erstbeschreibung erfolgte 1955 durch Paul Ramdohr und Marg. Schmitt, die das Mineral nach dem deutschen Geologen, Forschungsreisenden, Bergbeamten und Montanhistoriker Wilhelm Bornhardt benannten.

Ein Aufbewahrungsort für das Typmaterial von Bornhardtit ist nicht definiert.[5]

Bornhardtit war bereits vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) 1958 bekannt und als Mineral in der Fachwelt meist anerkannt. Als sogenanntes grandfathered Mineral (G) wurde die Anerkennung von Bornhardtit als eigenständige Mineralart von der Commission on new Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen.[2]

Klassifikation Bearbeiten

Die aktuelle Klassifikation der IMA zählt den Bornhardtit zur Spinell-Supergruppe, wo er zusammen mit Trüstedtit die Bornhardtit-Untergruppe innerhalb der Selenospinelle bildet (Stand 2019).[9]

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Bornhardtit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung der „Sulfide mit [dem Stoffmengenverhältnis] Metall : S < 1 : 1“, wo er zusammen mit Carrollit, Daubréelith, Greigit, Indit, Linneit, Polydymit, Siegenit, Trüstedtit, Tyrrellit und Violarit die „Linneit-Reihe“ mit der System-Nr. II/C.01 bildete.

Im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. II/D.01-120. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Sulfide mit [dem Stoffmengenverhältnis] Metall : S,Se,Te < 1 : 1“, wo Bornhardtit zusammen mit Cadmoindit, Carrollit, Cuprokalininit, Daubréelith, Fletcherit, Florensovit, Greigit, Indit, Kalininit, Linneit, Polydymit, Siegenit, Trüstedtit, Tyrrellit und Violarit die „Linneit-Gruppe“ (II/D.01) bildet (Stand 2018).[6]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[10] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Bornhardtit dagegen in die Abteilung der „Metallsulfide mit M : S = 3 : 4 und 2 : 3“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach dem genauen Stoffmengenverhältnis, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „M : S = 3 : 4“ zu finden ist, wo es zusammen mit Cadmoindit, Carrollit, Cuproiridsit, Cuprorhodsit, Daubréelith, Ferrorhodsit (diskreditiert, da identisch mit Cuprorhodsit; IMA 2017-H), Fletcherit, Florensovit, Greigit, Indit, Kalininit, Linneit, Malanit, Polydymit, Siegenit, Trüstedtit, Tyrrellit, Violarit und Xingzhongit die „Linneitgruppe“ System-Nr. 2.DA.05 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Bornhardtit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er ebenfalls in der „Linneitgruppe (Isometrisch: Fd3mVorlage:Raumgruppe/227)“ mit der System-Nr. 02.10.01 innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n) : p = 3 : 4“ zu finden.

Chemismus Bearbeiten

Die chemische Verbindung Co2+Co3+2Se4 besteht aus 42,74 % Cobalt und 57,26 % Selen. Eine genaue chemische Analyse des Typmaterials scheint allerdings bisher nicht vorgenommen worden zu sein.[5]

Kristallstruktur Bearbeiten

Bornhardtit kristallisiert kubisch in der Raumgruppe Fd3m (Raumgruppen-Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227 mit dem Gitterparameter a = 10,2 Å sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Bildung und Fundorte Bearbeiten

An seiner Typlokalität, dem Steinbruch Trogtal im niedersächsischen Landkreis Goslar, fand sich Bornhardtit vergesellschaftet mit Trogtalit, Hastit und einem weiteren, unbenannten Cobaltselenid in Form feiner, violetter bis rotbrauner Verwachsungen in Clausthalit. Als weitere Begleitminerale wurden hier unter anderem Hämatit und gediegen Selen dokumentiert.[11] In dem in Grauwacken bauenden Steinbruch wurde neben selenerzführenden Dolomit-Gängen auch Eisenerz gefunden.[12]

Außer im Steinbruch Trogtal konnte das Mineral in Niedersachsen noch in der ehemaligen Eisenerz-Grube Weintraube bei Lerbach im Landkreis Göttingen entdeckt werden. Des Weiteren fand es sich in den Selenerzen bei Tilkerode/Abberode im Landkreis Mansfeld-Südharz von Sachsen-Anhalt und in den Selenmineralisationen der Grube Friedrichsglück im Tannenglasbachsgrund bei Neustadt am Rennsteig im Thüringer Wald.

In Argentinien kennt man Bornhardtit zudem vom Cerro de Cacheuta in der zur Provinz Mendoza gehörenden Sierra de Cacheuta sowie aus der Uran-Lagerstätte Pinky Fault in der kanadischen Provinz Saskatchewan.[13]

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b c Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: September 2020. (PDF; 3,4 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, September 2020, abgerufen am 13. Oktober 2020 (englisch).
  3. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 93 (englisch).
  4. a b David Barthelmy: Bornhardtite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 13. Oktober 2020 (englisch).
  5. a b c d e Bornhardtite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 60 kB; abgerufen am 13. Oktober 2020]).
  6. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  7. Richard V. Gaines, H. Catherine W. Skinner, Eugene E. Foord, Brian Mason, Abraham Rosenzweig: Dana’s New Mineralogy. 8. Auflage. John Wiley & Sons, New York u. a. 1997, ISBN 0-471-19310-0, S. 100.
  8. Hugo Strunz: Mineralogische Tabellen. 3. Auflage. Geest & Portig, Leipzig 1957, S. 98 (NiAs-typus und verwandte: Freboldit).
  9. Ferdinando Bosi, Cristian Biagioni, Marco Pasero: Nomenclature and classification of the spinel supergroup. In: European Journal of Mineralogy. Band 31, Nr. 1, 12. September 2018, S. 183–192, doi:10.1127/ejm/2019/0031-2788 (englisch).
  10. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 13. Oktober 2020 (englisch).
  11. Michael Fleischer: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 41, Nr. 1–2, 1956, S. 164 (englisch, minsocam.org [PDF; 432 kB; abgerufen am 28. September 2018]).
  12. Steinbruch Trogtal. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 13. Oktober 2020.
  13. Fundortliste für Bornhardtit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 13. Oktober 2020.