Sonderform eines Convertible Cars: Fakultativwagen, ein schienengebundener Wagen, der wahlweise zum Güter- oder Personentransport eingesetzt werden kann

Convertible Car (auf Deutsch etwa: „verwandelbarer Wagen“) ist die im Englischen gebräuchliche Bezeichnung für eine bestimmte Bauform von Landfahrzeugen, insbesondere bei Automobilen, seltener bei Fahrzeuganhängern, Fuhrwerken und Waggons von Eisen- oder Straßenbahnen. Die conversion („Verwandlung“) bezieht sich auf verschiedenartige, vergleichsweise einfach und schnell durchführbare Veränderungen, um dasselbe Fahrzeug je nach Bedarf für unterschiedliche Zwecke einsetzen zu können.[1] Der Nutzwert des Fahrzeugs wird dadurch erhöht.

Im ursprünglichen Sinne bezog sich der Begriff Convertible Car in den Anfängen der Motorisierung vor allem darauf, dasselbe Kraftfahrzeug je nach Bedarf entweder zum Transport von Menschen (namentlich als Personenkraftwagen oder Omnibus) oder wahlweise zum Transport von Gütern nutzen zu können (namentlich als Lieferwagen, Kleintransporter oder Lastkraftwagen). Mitunter ging es auch nur darum, die Standzeiten eines Nutzfahrzeugs dadurch zu verkürzen, dass der gesamte Karosserieaufsatz mit der angelieferten Ware schnell gegen einen bereits neu beladenen oder leeren Aufsatz ausgetauscht wurde.[1] Begünstigt wurde diese Entwicklung dadurch, dass die Fahrzeuge dieser frühen Ära regelmäßig separate solide Chassis besaßen. Die Karosserien konnten deshalb im Gegenzug vergleichsweise leicht und variabel ausfallen, weil sie keine (mit-)tragende Funktion hatten.

Die Möglichkeit, theoretisch beliebig oft zwischen den unterschiedlichen Nutzungsarten des Fahrzeugs wechseln zu können, unterscheidet das Convertible Car von dem einmaligen, zumeist auf Dauer angelegten Karosserieumbau.

Da sich die „Verwandlung“ zumeist auf den Aufbau beschränkt, findet sich häufig auch die Bezeichnung Convertible Body („verwandelbare Karosserie“). Weil bei der „Verwandlung“ vielfach die gesamte (rückwärtige) Karosserie oder wesentliche Teile davon ausgetauscht wurden, ist auch die Bezeichnung Detachable Body verbreitet („abnehmbare Karosserie“).[1] Bei Waggons von Eisen- und Straßenbahnen ist im Deutschen auch der Begriff Fakultativwagen gebräuchlich.

Hingegen versteht man im heutigen Sprachgebrauch unter Convertible Car, kurz Convertible, zumeist ein Cabriolet. Dies leitet sich jedoch von dem Begriff Convertible Top ab („verwandelbares Dach“).

Verbreitung des Begriffs und Abgrenzung von anderen Karosseriebauformen mit dem Begriff Convertible

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Der Begriff Convertible Car mit dem hier beschriebenen Bedeutungsinhalt findet sich vor allem im britischen, seltener im amerikanischen Englisch und war überwiegend in den ersten beiden Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts gebräuchlich, vereinzelt auch danach.

Das Convertible Car in diesem Sinne ist zu unterscheiden von anderen Begriffen aus dem Bereich des Karosseriebaus wie Convertible Berline (Lehnübertragung aus dem Französischen ins amerikanische Englisch), Convertible Sedan (vorwiegend im amerikanischen Englisch), Convertible Victoria (im britischen und amerikanischen Englisch) oder allgemein Convertible für ein Automobil mit einem zusammenlegbaren Dach und in die Karosserie integrierten, zumeist versenkbaren Seitenscheiben aus festem Material.[2]

Ein Convertible Car in diesem ursprünglichen Sinne gehört also nicht notwendig zu den offenen Automobilen, die im Deutschen üblicherweise als Cabriolet bezeichnet werden.

Konzept und Hintergrund

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Bei den Aufbauten zur Personenbeförderung handelte es sich anfänglich zumeist um offene Tourenwagen und Tonneaus, selten um halboffene Broughams oder Landaulets, bei größeren Fahrzeugen auch Char-à-Bancs- und Wagonette-Karosserien. Geschlossene Ausführungen waren in jener Zeit hingegen noch nicht üblich. Bei den Nutzfahrzeugaufbauten handelte es sich zumeist um offene Aufbauten mit Pritsche oder Kofferaufsatz oder halboffene Lieferwagen mit vorkragendem Dach.

Convertible Cars mit zwei oder mehr Sitzreihen sind gekennzeichnet durch zumeist gepolsterte rückwärtige Sitzbänke oder Einzelsitze, die in der Regel leicht abnehmbar sind oder im Einzelfall Platz sparend im Fahrzeugboden versenkt oder an die Seitenwände geklappt werden können. Es entstanden jedoch auch Convertible Cars, die in der Personenwagenvariante, insbesondere bei kurzen Radständen, nur eine Sitzreihe aufwiesen. Zum Transport von Gütern konnten hinter den Vordersitzen, bei kleinen Fahrzeugen mitunter anstelle des Beifahrersitzes, Koffer- oder Lieferwagenaufbauten aufgesetzt oder Ladepritschen, gegebenenfalls mit Planenverdeck, eingerichtet werden. Häufig konnten die gesamte (rückwärtige) Karosserie oder wesentliche Teile davon einfach und schnell ausgetauscht werden.

Mitunter vollzog sich die Verwandlung aber auch allein dadurch, dass bewegliche Karosserieelemente aus dem Fahrzeugboden oder den Seitenwänden auf- oder hochgeklappt wurden. Vereinzelt gab es Konstruktionen, bei denen Karosserieelemente, die ansonsten im oder am Fahrzeugkörper abgesenkt waren, auf Führungsschienen hochgefahren werden konnten, oder Konstruktionen mit beweglichen Dachelementen, zum Teil in Verbindung mit einem Planenverdeck, um den nutzbaren Laderaum eines Fahrzeugs nach hinten zu verlängern.

Viele der mitunter aufwändigen Konstruktionen wurden patentiert. Zuweilen stand dies einer weiteren Verbreitung solcher Fahrzeugkonzepte entgegen, weil andere Hersteller an der Nutzung oder Weiterentwicklung von Techniken gehindert waren oder anfallende Patentgebühren eine wirtschaftliche Umsetzung beeinträchtigten. Einzelne Patente für manuelle oder hydraulische Schiebe-, Schwenk- oder Verriegelungsmechaniken, die ursprünglich für Convertible Cars entwickelt worden waren, wurden ungefähr ab den 1980er-Jahren durch mehrere Hersteller von Automobilen oder von bloßen Dachkomponenten wieder aufgegriffen. Sie finden sich an modernen Schiebedächern, ein- und mehrteiligen Metallklappdächern, aufsetzbaren Hardtops und klappbaren Abdeckungen für Softtops.

In den ersten beiden Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts entstanden Convertible Cars unterschiedlichster Größe in zeittypischer Weise als handgefertigte Einzelstücke oder in Kleinserie. Sie sollten Kunden, die dem Kraftfahrzeug bis dahin aus technischen oder finanziellen Gründen noch zurückhaltend gegenüberstanden, durch einen erhöhten Nutzwert überzeugen. Händler und Gewerbetreibende konnten derartige Fahrzeuge wochentags beziehungsweise tagsüber zum Gütertransport einsetzen, morgens, abends und an den Wochenenden hingegen als Privatwagen. Zudem erzeugten diese frühen Fahrzeuge große Aufmerksamkeit und dienten damit zugleich der geschäftlichen Werbung und förderten das Ansehen des Betreibers. Oft halfen sie, das Fahrzeug wirtschaftlicher zu betreiben, indem neben dem regelmäßigen Warentransport noch zusätzliche Aufgaben wie Zubringerdienste zu Häfen oder Bahnhöfen, touristische Ausfahrten oder der Shuttle-Service für Hotels übernommen werden konnten.

Durch die zunehmende Verbreitung von Kraftfahrzeugen und deren Spezialisierung nahm die Bedeutung der Convertible Cars nach 1920 deutlich ab. Häufig blieb es bei Versuchsfahrzeugen ohne nennenswerten kommerziellen Erfolg, bei Sonderanfertigungen nach Kundenwunsch oder Design- und Konzeptstudien, die zukünftige Techniken andeuteten und das Markenimage des Herstellers förderten. Ein relativ junges und vergleichsweise bekanntes Beispiel für eine solche Konzeptstudie ist das Mercedes-Benz Vario Research Car (VRC), vorgestellt 1995 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt am Main.

Convertible Cars konnten sich letztlich auf dem Markt nicht dauerhaft durchsetzten. Wegen der unterschiedlichen Einsatzzwecke erforderten sie oft Kompromisse bei der Ausstattung, dem Fahrzeugkomfort, der Federung und der Zuladung. Sie waren oft schwerer, in der Anschaffung teurer und benötigten im Fall einer abnehmbaren Zweitkarosserie eine Lagermöglichkeit. Die absetzbaren Stückzahlen standen einer kostensenkenden Großserienfertigung an Fließbändern entgegen. Im weiteren Verlauf erhöhten sich die Fahrgeschwindigkeiten und damit der Wunsch nach einem geschlossenen Karosserieaufbau, der sich dann aber wegen der Abmessungen und des Gewichts kaum mehr mit dem Konzept der Convertible Cars vereinbaren ließ. Hinzu kam beim Automobil die fortschreitende Abkehr von separaten Fahrgestellen und die Hinwendung zu selbsttragenden Ganzstahlkarosserien, die eine Verwandlung im Stil der Convertible Cars erschwerte oder gar ausschloss.

Die Funktion der ursprünglichen Convertible Cars wurde letztlich von anderen Fahrzeugkonzepten übernommen. Bei ihnen wird die Variabilität zumeist allein durch ein Umgestalten des Innenraums erhöht (Kombinationskraftwagen, kurz Kombis, im Vereinigten Königreich: Estate Cars; in den USA: Station Wagons; Pkw-basierte Liefer- und Pritschenwagen) oder durch einen dauerhaft vergrößerten Innenraum (Hochdachkombis und Minivans; Frontlenker-Konzepte für Kleinbusse und Kleintransporter). Im Nutzfahrzeugsektor können Wechselaufbauten und Ladevorrichtungen für ISO-Container als moderne Weiterentwicklungen der Convertible Cars betrachtet werden.

Alternative/ähnliche Begriffe

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Alternativ gebräuchliche Begriffe, die nicht zwingend völlig deckungsgleich mit dem Convertible Car sein müssen, sind Convertible Body und Detachable Body (sinngemäß: „verwandelbare“ beziehungsweise „abnehmbare Karosserie“).

Dabei bezieht sich Convertible Car vorrangig auf das Fahrzeug(-konzept) insgesamt; der Anbieter lieferte zumeist ein Komplettfahrzeug, bei dem er Chassis und Antriebseinheit entweder selbst herstellte oder von Fremdfirmen bezog. Convertible Body bezieht sich vorrangig auf die wandelbare Karosserie; der Anbieter war zumeist ein reiner Karosseriebaubetrieb, der ein vom Kunden angeliefertes Automobil umbaute oder dessen unkarossiertes Chassis einkleidete. Detachable Body bezieht sich auf solche Fahrzeugkonzepte, bei denen die gesamte (rückwärtige) Karosserie oder wesentliche Teile davon leicht und schnell abgenommen und ausgetauscht werden können, was jedoch keine zwingende Voraussetzung eines Convertible Cars ist.

Beispiele für Convertible Cars

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Nur vergleichsweise wenige, heute weitgehend in Vergessenheit geratene Unternehmen boten Convertible Cars oder Convertible Bodies an.

  • Das Unternehmen Lovell Brothers in Swansea nutzte 1906 Convertible Cars, die auf relativ großen Fahrgestellen von Lacre Motor aufgebaut waren. Die Lieferwagenkarosserien konnten abgenommen und durch Wagonette-Aufbauten für touristische Ausfahrten ersetzt werden.[1]
  • Von dem Karosseriebauer Frank Little and Company aus Newcastle upon Tyne stammte das Blandford Convertible Motorcar von 1906, das sich in wenigen Minuten mit unterschiedlichen Aufsätzen von einem vier- bis fünfsitzigen Tonneau zu einem Lieferwagen mit einer Zuladung von rund 610 Kilogramm verwandeln ließ. Für den Austausch der Karosserie mussten lediglich vier Bolzen gelöst und wieder festgezogen werden.[1]
  • Von dem schottischen Kraftfahrzeughersteller Argyll stammte das Combination Car von 1906 mit abnehmbaren hinteren Tonneau-Einzelsitzen und separatem Lieferwagenaufsatz aus Zedernholz mit Eschenholz-Gerippe. Basis war das Serienmodell 10/12 h.p. mit einem Radstand von 1918 Millimeter.[1]
  • Auf der damals regelmäßig veranstalteten Agricultural Hall Show in der Londoner Agricultural Hall präsentierte ein Lieutenant W. G. Windham 1906 einen austauschbaren Heckaufsatz zum Warentransport, der ohne Werkzeug allein über Schienen, Passungen und Verschlüsse am Fahrzeug befestigt und ansonsten durch vier Beine mit Rollen bewegt werden konnte. Das Prinzip ähnelte bereits den heutigen Wechselaufbauten im Güterverkehr.[1]
  • Der Kraftfahrzeughersteller Autocars and Accessories, Limited aus London, der wenig später unter dem Markennamen AC bekannt wurde, stellte 1906 und 1907 das A. and A. Light Delivery Car mit austauschbarer Patentkarosserie her. Als Grundlage kamen unterschiedliche kleine, leichte Chassis wie die des Rover 6 h.p., des Starling 6 h.p. oder aus französischer Fertigung in Betracht. Der obere Karosserieteil konnte leicht und schnell allein durch Lösen und Wiederanziehen von vier Bolzen ausgetauscht werden. Für den Personentransport standen je nach Radstand zwei oder viersitzige Tourenwagen- oder Tonneauaufbauten zur Wahl, auch halboffene Broughams und Landaulets, zum Gütertransport insbesondere kleine Kofferaufbauten oder hohe Lieferwagenaufsätze mit vorkragendem Dach.[3]
  • Auf der Automobilausstellung im Londoner Olympia im März 1908 stellte der Fahrzeughersteller Armstrong-Whitworth einen schweren Three-Ton Convertible Military Wagon vor, der je nach Bedarf durch entsprechende Vorrichtungen ganz oder teilweise als Truppentransporter oder Bagagewagen genutzt werden konnte. Commer und Humber stellten dort ebenfalls Convertible Cars aus, jedoch kleinere für vorrangig zivile Zwecke.[4]

Literatur

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  • Commercial Motor (Zeitschrift), Rubrik Convertible Cars
    • Ausgabe 27. September 1906, Seiten 2 bis 4, Types of Detachable Bodies for Business and Pleasure, Vorstellung von vier Modellen bzw. Konzepten von Convertible Cars, wiedergegeben hier (englisch)
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Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g Commercial Motor (Zeitschrift), Ausgabe 27. September 1906, Rubrik „Convertible Cars – Types of Detachable Bodies for Business and Pleasure“, Seiten 2 bis 4, wiedergegeben hier (englisch)
  2. Beschreibung der Karosseriebauformen Convertible Berline, Convertible Sedan, Convertible Victoria und Convertible, zum Teil mit Abbildungen, auf dem Internetportal coachbuildpedia.com, abgerufen am 14. Juli 2015 (englisch)
  3. Commercial Motor (Zeitschrift), Ausgabe 15. November 1906, Rubrik „Convertible Cars – Types of Detachable Bodies for Business and Pleasure“, Seite 6, wiedergegeben hier (englisch)
  4. Commercial Motor (Zeitschrift), Ausgabe 19. März 1908, Seite 18, wiedergegeben hier (englisch)