Bergrat Prof. Dr.-Ing. Otto Dünbier (* 22. Mai 1903 in Bochum; † 2. Februar 1982 in Mülheim/Ruhr[1]) war als Bergbauingenieur, Unternehmer, Universitätsprofessor und Autor eine bedeutende Figur in der Geschichte des deutchen Bergbaus. Heute hauptsächlich für sein Buch „Der Kumpel“ und als Initiator der Normierung des Zeichens „Schlägel und Eisen“ bekannt, war Dünbier einer der prominentesten Unternehmer der Bergbauindustrie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrunderts, langjähriger Vorstandsvorsitzender[2] und später Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrates der Thyssen Schachtbau GmbH in Mülheim/Ruhr.[3] Zeitgleich war er Lehrbeauftragter und ab 1962 Honorarprofessor am Institut für Bergbauwissenschaften der Technischen Universität Berlin und einer der Initiatoren des jährlichen Schacht- und Tunnelbau-Kolloquiums der TU Berlin.[4]

Dünbier als Unternehmer

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Schon am 1. Oktober 1947 wurde Dünbier erster Vorstandsvorsitzender der neu gegründeten Vereinigung der Deutschen[5] Bergbau-Spezialgesellschaften e. V. (VBS) mit Sitz in Essen. Die Vereinigung war das Interessen-verband von zunächst 33 Unternehmerfirmen, die im Auftrag der Bergbauunternehmen hochspezialisierte Arbeiten wie das Abteufen von Schächten und das Auffahren von Strecken durchführten.[6] Ein Viertel Jahrhundert lang hielt er dieses Amt inne. Bei seiner Ablösung 1972 im Alter von 69 durch Professor Dr.-Ing. Ingo Späing (Deilmann-Haniel) schrieb Dünbier einen Beitrag über „25 Jahre VBS“ für die Fachzeitschrift Glückauf.[7]

Zum 40-jährigen Bestehen der VBS 1987, fünf Jahre nach seinem Tod, wurde Dünbiers Verdienst als Gründungsvorsitzender gewürdigt.[8]

Als Vorsitzender der Thyssen-Kohlengewerkschaften, mit insgesamt 18 Nebenfunktionen in inländischen Unternehmen (davon 15 in Konzernunternehmen), stand Dünbier 1967 am 11. Platz unter den deutschen Industrieunternehmern.[9] Er war u.a. Mitglied im Landesbeirat Nordrhein-Westfalen der Commerzbank AG.[10]

1953 wurde er Vorsitzer des Grubenvorstandes bei Thyssen; DIE ZEIT berichtete am 22. Oktober 1953:

Die Gewerkschaft des Steinkohlenbergwerks Dorsten, die im Familienbesitz der Thyssens ist, hat ihre Sitzverlegung von Dorsten nach Mülheim an der Ruhr, dem Stammsitz der Familie Thyssen, beschlossen. Der neugewählte Grubenvorstand besteht aus Bergrat Dr.-Ing. Otto Dünbier, Mülheim, als Vorsitzer, Generaldir. Dr.-Ing. Wilhelm Roelen (Zeche Walsum), Mülheim, und Dir. Josef Nachtsheim, Mülheim. Das Unternehmen ist eine der 17 Steinkohlengewerkschaften der Erben Dr. Fritz Thyssens und der Gruppe Thyssen-Bornemisza.[11]

Ab den späten 1950er Jahre zeichneten sich zunehmend strukturelle Probleme der Wirtschaft an der Ruhr, vor allem im Steinkohlenbergbau. Angesichts der anhaltenden Kohlekrise, wurde Anfang der 1960er Jahre versucht, als erster Anstoß eines regionalen Strukturwandels neue Industrien an die Ruhr zu locken. Dünbier, als mächtiger Vertreter der Bergbauunternehmen, sah darin eine höchst unwillkommene Konkurrenz um die schon knappen Arbeitskräfte. Er außerte sich vehemend gegen die geplante Ansiedlung der Adam Opel AG in Bochum und der Ford-Werke in Herten. Der Spiegel zitierte ihn in der Ausgabe vom 13. Juli 1960:

Der Vorstandsvorsitzende der Vereinigung der Bergbau-Spezialgesellschaften, Dr. Otto Dünbier, nannte ob dieser tristen Aussichten die Automobil-Projekte eine „verfehlte Konzeption“. Durch sie würden dem „ohnehin im weiteren Bochumer Raum ausgezehrten Kräftereservoir für den Bergbau... Tausende von Bergleuten entzogen“. Bergbau-Dünbier empfahl den Autowerken, in die industrieleeren Bezirke Schleswig-Holsteins und des Bayrischen Waldes einzubrechen.[12]

Ein Monat später, am 15. August 1960, begannen die Erdarbeiten für das neue Opel-Werk auf dem Gelände der stillgelegten Zeche Dannenbaum. Der Ankauf eines Geländes für die Ford-Werke scheiterte.

Neben all seinen anderen Tätigkeiten war Dünbier unter anderem auch eine Führungskraft bei der Industrie und Handelskammer für Essen, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen mit Sitz in Essen.[13]

Dünbier in der Bildung und Wissenschaft

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Die Volks- und Berufsbildung sowie die wissenschaftliche Forschung waren stets leidenschaftliche Interessen für Dünbier.

Dünbier war Lehrbeauftragter am Institut für Bergbauwissenschaften der Technischen Universität Berlin und ab 1962 Honorarprofessor für Energie- und Rohstoffwirtschaft. Am 2. Mai 1975 ist ihm die Würde eines Ehrenmitgliedes der Universität verliehen worden.[14]

Dünbier beschäftige sich intensiv und leidenschaftlich mit der Geschichte des Bergbaus. Er war langjähriger Weggefährter des Bergingenieurs Dr.-Ing. Heinrich Winkelmann, der seit 1928 den Aufbau des Deustchen Bergbau-Museums zur Lebensaufgabe machte und von 1930 bis 1966 erster Direktor des neuen Museums wurde. Beide engagierten sich 1947 aktiv in der Gründung der Vereinigung der Freunde von Kunst und Kultur im Bergbau e.V., um das Museum zu fördern. Dünbier schrieb für die Zeitschrfit der Vereinigung den Nachruf auf Winkelmann nach dessen Tod 1967.[15]

Normierung des Symbols „Schlägel und Eisen“

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Das Symbol Schlägel und Eisen ist seit Jahrhunderten als Sinnbild des Bergbaus verbereitet. Seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ist es als Bergmannswappen gebräuchlich, Dünbier setzte sich für eine verheitlichte Darstellungsform ein. In seinem Buch, Der Kumpel, definierte er eine nach seiner Auffassung ideale Form des Symbols, mit einer detaillierten Beschreibung sowie einer mit genauen Maßangaben versehenen Konstruktionszeichnung.[16]

Sein Entwurf diente später als Vorlage für die im September 1950 eingeführte DIN-Norm DIN 21800.[17]

Veröffentlichungen

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Eigene Werke

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  • Der Kumpel. (Erstauflage in 3 Bändern, 1933-36)
    • Der Kumpel. Schnurren und Schwänke aus dem Ruhr-Bergbau. (Erster Band, mit Zeichnungen von W. Draesner) Be-Vau Verlag, Düsseldorf 1933.
    • Der Kumpel. Schnurren und Schwänke aus dem Bergmannsleben an der Ruhr. (Zweiter Band, mit Zeichnungen von W. Draesner) Be-Vau Verlag, Düsseldorf 1934.
    • Der Kumpel. Von Sitte, Brauch und Sprache des deutschen Bergmanns. (Dritter Band, mit Zeichnungen von Werner Druds) Be-Vau Verlag, Düsseldorf 1936.
  • Der Kumpel. Schnurren und Schwänke aus dem Bergmannsleben. (Neuauflage in 1 Band, mit Zeichnungen von Erich Liesegang) Vulkan-Verlag, Essen 1956.

Beiträge und Korrespondenz

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Zahlreiche Vorträge und Fachbeiträge wurden in Fachzeitschriften gedruckt, u.a.:

  • „Zur Frage der verfügbaren Gasreserven der Kokereien des Ruhrgebiets“, in: Berg- und Hüttenmännisches Jahrbuch der montanistischen Hochschule in Leoben, 83. Jahrgang, Verlag Julius Springer, Wien 1935.
  • „25 Jahre VBS - Vereinigung der Bergbau-Spezialgesellschaften“, in: Glückauf 108, 1972, S. 908-912[18]
  • „Bergassessor a. D. Walter Koska †“ (Nachruf auf Walter Koska, Mitglied des Vorstands der Rheinelbe Bergbau AG), in: Zeitschrift der Förderer des Bergbaus und des Hüttenwesens an der Technischen Universität Berlin e.V., Ausgabe 11 (1977) S.18-19[19]
  • „Heinrich Winkelmann zum Gedächtnis“, in: Glückauf 104, 1968, S. 1226.

An den Sitzungen der Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften in Düsseldorf leistete Dünbier regelmäßig Diskussionsbeiträge zu Themen so divers wie Betriebswirtschaftslehre[20], Entwicklung der Weltwirtschaft und Unternehmungsentwicklung[21], Meeresfischerei[22] und Überempfindlichkeitskrankheiten[23].

Dünbiers Korrespondenz mit Albert Stappert u.a. wird mehrfach erwähnt in:   

  • Die Thyssens als Kunstsammler: Investition und symbolisches Kapital (1900-1970), von Johannes Gramlich, Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2015.  

Nachschlagewerke

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Biographie

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  • Hermann A. Degener (Hg.): Wer ist's? im: Zeitgenossenlexikon 12. Aufl. 1953
  • Wilhelm Sellmann: Essener Bibliogr. Band 3, Essen 1991
  • Deutsches biographisches Archiv, N.F., Fiche 296, Sp. 1 – Dt. Bibliothek
  • Die Datenbank des Catalogus Professorum der TU Berlin enthält zwar einen Eintrag über Dünbier, diese ist jedoch in Bearbeitung und noch nicht freigegeben.

Bibliographie

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Neue Essener Bibliographie: Bibliographie für das Gebiet der Stadt Essen, (Verf. Peter, Eiden und Schwiderowski, Haus der Essener Geschichte / Stadtarchiv Essen, 2017, Seite 107)

Einzelnachweise

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  1. Lexikon Westfälischer Autorinnen und Autoren 1750 bis 1950, Münster: LWL
  2. Brief von Kurt Birrenbach an Dünbier 1957, zitiert in Thyssen in der Adenauerzeit: Konzernbildung und Familienkapitalismus von Johannes Bähr (Paderborn: Verlag Ferdinand Schönigh, 2015).
  3. Amtliches Mitteilungsblatt der TU Berlin, Jg. 28.1975, S. 49
  4. Eichmeyer: "25 Jahre Schacht- und Tunnelbau-Kolloquium in Berlin", in: Glückauf + translation, Band 123, 1987, S. 419
  5. Der Zusatz "Deutschen" entfiel 1949.
  6. Bergbau-Archiv Bochum, Bestand 211.
  7. Glückauf 108, 1972, S. 908-912.
  8. Glückauf + translation, Band 123, 1987, S. 413.
  9. Die oberen 30000: Industrielle, Bankiers, Adlige von Max Kruk (Gabler Verlag, 1967, S. 28)
  10. Geschäftsbericht für das Jahr 1962, S. 50.
  11. Unternehmungen. In: Die Zeit. 22. Oktober 1953, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 19. Mai 2017]).
  12. „BERGARBEITER - Flucht aus dem Revier“, DER SPIEGEL 29/1960 HTML-VersionOriginal als PDF
  13. Peter, Eiden und Schwiderowski (Hrsg.): Neue Essener Bibliographie. Haus der Essener Geschichte / Stadtarchiv Essen, Essen 2017, S. 107.PDF
  14. TUB, Jg. 7, 1975, S.363
  15. Archiv des DBM
  16. Otto Dünbier: Der Kumpel. Schnurren und Schwänke aus dem Bergmannsleben. Be-Vau Verlag, Düsseldorf 1936, Band 3, Seite 19.
  17. DIN 21800
  18. Bergbau-Archiv Bochum, Bestand 211.
  19. TUB, Jg. 10, 1978, S. 95
  20. Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften: Vorträge N255, Westdeutscher Verlag, Opladen 1976, S. 27ff
  21. Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften: Vorträge N266, Westdeutscher Verlag, Opladen 1977, S. 23ff, S. 75ff
  22. Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften: Vorträge N283, Westdeutscher Verlag, Opladen 1979, S. 41ff, S. 89ff
  23. Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften: Vorträge G251, Westdeutscher Verlag, Opladen 1981, S. 37ff