Die Bildfehlertheorie untersucht, welche Arten von Abbildungsfehlern ein abbildendes optisches System (z. B. Objektiv oder Okular) aufweisen kann und wie sie sich auf die Abbildung auswirken. Die Bildfehlertheorie beruht auf der geometrischen Optik.

Allgemeines Bearbeiten

Wir nehmen das untersuchte System als rotationssymmetrisch (zentriert) an. Die Form seiner Linsen- und Spiegelflächen sei durch eine beliebig oft stetig differenzierbare Funktion beschreibbar (d. h. sie haben eine glatte Oberfläche ohne Kanten oder Spitzen). Diese Bedingung wird von sphärische Flächen und von Asphären mit geradem Korrekturpolynom erfüllt.

Ein Objektpunkt P wird in monochromatischem Licht abgebildet, und Q sei der zugeordnete paraxiale Bildpunkt. Seine Position kann mit der Linsengleichung bestimmt werden (siehe auch Matrizenoptik, die eine Methode zur Berechnung der Position von Q für ein beliebig komplexes System darstellt).

Von P geht ein Bündel von Lichtstrahlen aus, die gemäß der geometrischen Optik durch das System wandern und von den Flächen der Linsen gebrochen und ggfs. an Spiegelflächen reflektiert werden. Im Idealfall gehen sie nach Durchgang durch das System durch den Bildpunkt Q. Aufgrund der Abbildungsfehler des Systems verfehlen sie Q jedoch im allgemeinen. Der Fehler eines solchen Strahls kann anschaulich als Querfehler angegeben werden, d. h. als y- und z-Abstände   von Q zu dem Punkt, in dem der Strahl die paraxiale Bildebene (in der Q liegt) schneidet (die hier verwendete Koordinatenkonvention: die x-Achse ist parallel zur optischen Achse, der Symmetrieachse des Systems, und zeigt in Lichtrichtung, und die y- und z-Achse sind dazu senkrecht).

Beschreibung der Aberration Bearbeiten

Für diese Betrachtung ist es günstig, den Fehler als Wellenaberration darzustellen, die angibt, wie stark die Wellenfront des von P ausgehenden Lichts von der Idealform abweicht. Die Wellenfront ist ein geometrischer Ort gleicher optischer Weglänge. Man könnte sagen, sie wird durch eine Schar von Lichtteilchen gebildet, die zum gleichen Zeitpunkt von P ausgegangen sind. Vor der ersten Fläche des Systems ist sie eine Kugelfläche konzentrisch zu P, danach nimmt sie eine mehr oder weniger komplexe Form an, während sie durch das System wandert.

Nach Austritt aus dem System sollte die Wellenfront idealerweise eine zu Q konzentrische Kugelfläche sein. Die Abweichung davon wird nun durch die Wellenaberration angegeben. Die Wellenaberration w für jeden Strahl ist der entlang des Strahls gemessene optische Weg zwischen der Wellenfront und einer zu Q konzentrischen Referenzkugelfläche, deren Radius groß ist im Vergleich zu den auftretenden Querfehlern.

Die Wellenaberration w hängt von der Position des Objektpunkts P und von zwei Pupillenkoordinaten   und   ab, die angeben, wo der Strahl in die Eintrittspupille geht. Genauer sind es die Koordinaten des Punkts, in dem der von P ausgehende Strahl die Eintrittspupille des Systems im Objektraum (vor Brechung an der ersten Fläche) schneidet.

Wenn die Position von P gegeben ist, kann man aus der Wellenaberration   die Querfehler durch Ableiten nach den Pupillenkoordinaten berechnen. Dabei ist R der Radius der Referenzkugel um P' und   der Brechungsindex des Mediums im Bildraum, nach der letzten Fläche, und   sind die Koordinaten des Strahls in der Austrittspupille:

 
 .

Dieser Zusammenhang gilt in erster Näherung, er ist für die qualitative Betrachtung der verschiedenen Abbildungsfehler ausreichend.

w ist von der gewählten Laufzeit des Lichts von P bis zur Wellenfront abhängig. Ändert man diese Laufzeit, verschiebt also die Wellenfront nach vorn oder hinten, dann ändert sich auch die Wellenaberration entsprechend, aber diese Änderung ist näherungsweise unabhängig von   und beeinflusst somit die Querfehler im wesentlichen nicht.

Die Wellenaberrations- und die Querfehlerdarstellung sind somit äquivalent. Erstere hat unter anderem den Vorteil, dass der Fehler mit nur einer reellwertigen Funktion   darstellbar ist.

Koordinatenwahl Bearbeiten

Betrachten wir nun die Abbildung eines ebenen Objekts, d. h. die x-Koordinate von P wird festgelegt. w hängt dann von den Koordinaten y und z des Objektpunktes P und von den Pupillenkoordinaten   und   ab. Wegen der Rotationssymmetrie des Systems ändert w sich nicht, wenn man P und Strahl um die optische Achse rotiert, und man kann o. B. d. A.   setzen:

 .

Wenn w derart als Funktion von  ,   und   dargestellt wird, spiegelt dies die Rotationssymmetrie des Systems aber nicht wieder. Eine Reihenentwicklung würde auch Glieder enthalten, die nicht wirklich auftreten können. Es ist besser, auf Parameter überzugehen, die gegen die Rotation von P und Strahl invariant sind, wie etwa die Skalarprodukte   sowie   und  . Diese drei Werte reichen aus, um die Position von P und den Strahlverlauf eindeutig festzulegen. Mit   erhält man:

 .

Reienentwicklung der Wellenaberration Bearbeiten

Diese Funktion wird nun in eine Reihe entwickelt:

 .

Die Glieder dieser Reihe entsprechen den einzelnen Abbildungsfehlern, die im Folgenden diskutiert werden. Dabei ist es zum Teil anschaulicher, zu Polarkoordinaten in der Eintrittspupille überzugehen:

 
 
 
 .

Fehlerterme im Einzelnen Bearbeiten

Nur von y abhängige Glieder Bearbeiten

 

Laufzeitunterschied Bearbeiten

 :

Hier hängt der Wellenfehler  , also der Abstand der Wellenfront von der Referenzkugel, nicht von den Pupillenkoordinaten, sondern nur von der Feldkoordinate   ab. Wenn   sich ändert, bleibt die Wellenfront konzentrisch zum paraxialen Bildpunkt Q, Querfehler treten nicht auf. Es handelt sich also um keinen wirklichen Abbildungsfehler.

Erste Ordnung Bearbeiten

 

Maßstabsabweichung Bearbeiten

 :

Der Wellenfehler hängt hier linear von der Pupillenkoordinate   ab. Die Wellenfront ist gleichsam um die z-Achse gekippt. Ableiten nach   ergibt einen von   unabhängigen Querfehler und ableiten nach   ergibt Null. Der Mittelpunkt der Wellenfront (der entstehende Bildpunkt) wird also auf der Bildebene radial verschoben (in erster Näherung). Diese Verschiebung hängt linear von y ab, so dass das Bild insgesamt vergrößert oder verkleinert wird. Es handelt sich also um eine Abweichung des Abbildungsmaßstabs und wiederum um keinen echten Abbildungsfehler.

Defokussierung Bearbeiten

 :

Hier ist der Wellenfehler quadratisch abhängig vom Pupillenradius r. In erster Näherung ändert sich also nur der Radius der (nach wie vor kugelförmigen) Wellenfront. Der Bildpunkt wird in x-Richtung verschoben, da die Strahlen sich nun vor oder nach der paraxialen Bildebene schneiden. Es liegt also eine Defokussierung vor, die durch entsprechendes Verschieben der Bildauffangebene ausgeglichen werden kann. Es ist ebenfalls kein Abbildungsfehler.

Zweite Ordnung Bearbeiten

Seidelsche Aberrationen,  

Astigmatismus Bearbeiten

 :

Der Wellenfehler ist hier quadratisch abhängig von  , aber unabhängig von  . Der Querfehler in z-Richtung ist Null, die Strahlen treffen also auf einer radialen Linie auf die Bildebene. In y-Richtung hängt der Querfehler linear von   ab. Verschieben der Bildebene kann daher den radialen Fehler aufheben, aber dann entsteht ein Fehler in z-Richtung und das Licht wird auf eine tangentiale Linie fokussiert. Dieses Glied der Reihe stellt also den Astigmatismus dar.

Sphärische Aberration Bearbeiten

 :

Strahlen, die nahe der Pupillenmitte durch das System gehen (r klein), werden annähernd richtig fokussiert, und je weiter außen ein Strahl verläuft, umso größer wird der Querfehler, der kubisch von r abhängt. Die Sphärische Aberration erzeugt einen Lichthof um den Bildpunkt.

Verzeichnung Bearbeiten

 :

Im Unterschied zu   hängt hier die radiale Verschiebung des Bildpunkts nichtlinear von der Höhe y des Objektpunkts P ab, und es entsteht eine Verzerrung des Bildes: Verzeichnung.

Bildfeldwölbung Bearbeiten

 :

Wie bei   entsteht hier der Bildpunkt vor oder hinter der paraxialen Bildebene, aber der Effekt hängt auch von y ab, somit ist die Fläche, auf der die Bildpunkte liegen, nicht mehr eben: Bildfeldwölbung.

Koma Bearbeiten

 :

Koma.

Höhere Ordnungen Bearbeiten

 

 : höhere Ordnungen der Verzeichnung
 : höhere Ordnungen der Bildfeldwölbung
 : wie Astigmatismus, aber y geht mit höherer Potenz ein
 : wie Sphärische Aberration, aber von y abhängig; tritt in Bildmitte nicht auf
 : wie Koma, aber nichtlinear von y abhängig
 : höhere Ordnungen der Sphärischen Aberration
 : ähnlich Astigmatismus; Bildpunkt wird zu radialer Linie
 : höhere Ordnungen der Koma