Haid
Ehemaliges Gemeindewappen von Haid
Koordinaten: 47° 59′ N, 9° 31′ OKoordinaten: 47° 59′ 24″ N, 9° 30′ 40″ O
Höhe: 621 m ü. NN
Fläche: 13,2 km²
Einwohner: 874 (31. Dez. 2006)
Bevölkerungsdichte: 66 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 1975
Postleitzahl: 88348
Vorwahl: 07581

Haid ist ein Ortsteil der Stadt Bad Saulgau im Landkreis Sigmaringen in Baden-Württemberg.

Geographie Bearbeiten

Geographische Lage Bearbeiten

Die ehemalige Gemeinde Haid bestand aus mehreren Weilern südlich und südwestlich der Stadt Bad Saulgau umgeben von Wiesen und Wäldern, Seen und Biotopen (z.b. der 2008 nach Verschlammung ausgeräumte und nun renaturierte „Zeller Weiher“).

Ausdehnung des Gebiets Bearbeiten

Die Gesamtfläche der Gemarkung Haid beträgt 1320 Hektar.

Gliederung Bearbeiten

Zu Haid gehört das namensgebende Dorf Haid, das Dorf Bogenweiler, der Hof Häberlesmühle, Haldenhof, der Weiler Sießen (Pfarrdorf) und der abgegangenen Hof Celle.[1]

Geschichte Bearbeiten

Im Jahr 1792 wurde die Gemarkung vereinödet.

Einer der zerstreuten Höfe hieß früher Jesumskirch oder St.-Verena-Hof. Im Jahre 1275 ist die Pfarrei Jesumskirch (Ihskilch) im Liber decimationis des Bistums Konstanz erstmals genannt. Jesumskirch geht auf den Grundherrn namens Jeso oder Juzzun zurück, der sie als seine Eigenkirche für sich, seine Familie und Dienstleute errichtete. Wechselvoll waren die Besitzverhältnisse der Kapelle und ihres Vermögens. 1497 schon war sie keine Pfarrkirche mehr. Seit 1817 gehört sie zur Pfarrei Saulgau.

Die Pfarrei wurde 1524 der Stadtpfarrei Scheer inkorporiert. Das Patronatsrecht ging 1592 an die Truchsessen von Waldburg. 1677 erwarb die Land-Komturei Altshausen des Deutschen Ritterordens von Saulgau auf Haid zwei Höfe. Einen weiteren Hof besaß das Kloster Sießen. Der ganze Ort gehörte zur Grafschaft Friedberg. Haid kam 1452/54 an die Truchsessen von Waldburg, 1786 an Thurn und Taxis (Oberamt bzw. Amt Scheer), 1806 unter württ. Staatshoheit, Oberamt (1938 Landkreis) Saulgau. Der Hof Jesumskirch, der auch den Pfarrsprengel bildete, kam 1817 zur Pfarrei Saulgau. Heute ist der Namensgeber des Stadtteils kleinster Ortsteil. Landwirtschaftlich geprägt, mit handwerklichen Betrieben.

Die Gemeinde Haid gehörte zum Oberamt Saulgau ab 1934 Landkreis Saulgau. Im Zuge der Gemeindereform wurde Haid zum 1. Januar 1975 zur Stadt Saulgau (seit eingemeindet.

Bogenweiler: Es taucht erstmals 1303 im Habsburger Urbar als Bogewil auf, nach-dem es wenige Jahre zuvor (1282) als Teil der Grafschaft Friedberg an Habsburg verkauft worden war. Es gehörte innerhalb der Graf-schaft zum Amt Bolstern. Das landwirtschaftlich geprägte Bogenweiler liegt im Südsüdwesten von Bad Saulgau und ist heute mi seiner Neubausiedlung nahezu mit der Kernstadt zusammengewachsen.

Sießen: Ritter Steinmar von Sießen-Strahlegg schenkte 1251 dem Konvent der Schwestern von "Sulegen" sein Stadthaus in Saulgau in der Bogengasse 15. Acht Jahre später schenkte der den Schwestern von "Sulgay" auch seinen Hof in "Süessen", das Patronatsrecht der dortigen Kirche, den inzwischen abgegangen Hof Celle und die Mühle Riedmyli. 1632/1634 wurde das Kloster von den Schweden ausgeplündert und angezündet. 1716/1722 wurde von dem Vorarlberger Baumeister Franz Beer I. das Kloster neu gebaut. Von 1726 bis 1729 wurde die Barockkirche von den Brüdern Dominikus und Baptist Zimmermann aus Landsberg errichtet und ausgestaltet. Die Brüder Zimmermann bauten auch die Barockkirche in Steinhausen bei Bad Schussenried aus Steinen des ehemaligen Steinbruchs beim Zeller Weiher. Auch die weltbekannte Wieskirche beim bayrischen Dorf Steingaden wurde von den Brüdern Zimmermann gestaltet. Man sagt, dass die Kirche in Sießen das Lehrstück, die Kirche in Steinhausen das Gesellenstück und die Wieskirche das Meisterstück von Dominikus Zimmermann sei. Die Kirche wurde bei der Säkularisation der Kirchengemeinde St. Markus Sießen übergeben. Zur heutigen Kirchengemeinde gehört neben dem Dorf Sießen auch das Kloster Sießen. Dies ist in der Diözese Rottenburg - Stuttgart eine einmalige Konstellation. Bis zur Säkularisation durch Napoleon lebten in Sießen Dominikanerinnen. Danach erhielt der Fürst von Thurn & Taxis das Kloster nebst grossen Waldgebieten in der Gegend. Die Dominikanerinnen erhielten aber ein Bleiberecht in Sießen. Kurz bevor die letzten Dominikanerinnen starben kauften Franziskanerinnen aus Oggelsbeuren 1860 die Klostergebäude und gründeten darin eine Klosterschule nebst Internat. Im Ersten Weltkrieg war ein Teil des Klosters Erholungsheim für Verwundete. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Kloster vom Staat beschlagnahmt u. ein Umsiedlerlager darin eingerichtet. Während dieser Zeit starben 164 Personen. Ein Gedenkstein erinnert an sie. Nach dem Krieg führten die Schwestern die schulische Tätigkeit bis zum Jahre 1989 weiter. Ein Gedenkstein erinnert auf dem Friedhof bei St. Wendelin an sie. Nach dem Krieg führten die Schwestern die schulische Tätigkeit bis zum Jahre 1989 weiter. Seitdem wird verstärkt Jugendarbeit betrieben. Das Dorf war früher von großen landwirtschaftlichen Gebäuden geprägt. Es waren 4 Höfe von denen das Haus Köberle mit 72 m Länge eine beachtliche Grösse aufwies. 2 dieser Höfe sind wegen Aufgabe der Landwirtschaft und zu grossem Verfall abgerissen worden. An dessen Stelle errichtete das Kloster einen Handwerkerbau. Es ist gleichzeitig das architektonische Bindeglied zwischen Kloster und Dorf. Das Dorf ist heute geprägt von einer Neubausiedlung das Lebensraum für Kinder wie auch Senioren in ruhiger ländlicher Lage bietet.

Im Jahr 2005 holte die Ortschaft Bogenweiler im Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ auf Kreisebene einen ersten Preis, auf der Landesebene einen Sonderpreis für den Franziskusgarten in Sießen.[2]

Einwohnerentwicklung Bearbeiten

Die Stadtteil Haid zählt 874 Einwohner (Stand: 12. Dezember 2006), wobei Haid rund 170 Einwohner, Bogenweiler rund 460 und Sießen rund 380 (davon rund 260 Schwestern im Kloster) zählt.

Politik Bearbeiten

Orstvorsteher Bearbeiten

Ortsvorsteher ist Josef Halder, 2009 in Amt bestätigt, zuvor Anton Wicker.

Wappen Bearbeiten

Das Wappen der ehemaligen Gemeinde Haid zeigt in Blau ein schräger goldener Pfeil.

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Museen Bearbeiten

  • Das Hummelmuseum zeigt Originalgemälde von Schwester Maria Innocentia Hummel. Die hier im Kloster lebte und als Schöpferin der inzwischen weltweit bekannten Bildern und Figuren wirkte.

Bauwerke Bearbeiten

  • Die Kapelle St. Josef wurde 1702 von den Bogenweilern als Lehensleute des Klosters Sießen gebaut und hatte früher wohl eine einfache Barockausstattung. Die Kapelle wurde 1894 erneuert und erhielt größtenteils die heutige Ausstattung. Sie wurde im Jahr 1974 renoviert.[3]
  • Die Kapelle St. Verena in Haid, war ehemals Pfarrkirche der früheren Pfarrei Jesumskirch und ist im Kern mittelalterlich. Sie dürfte im 15. oder 16. Jahrhundert erbaut worden sein, zeigt sich heute jedoch barockisiert. Sie wurde 2008 innen- und außensaniert.[4]
  • Am Sießener Fußweg befindet sich St. Wendelinuskapelle mit Gedenkstein für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.[5]
  • Die Bauten des Franziskanerinnenklosters Sießen und der barocken Pfarr- und Klosterkirche St. Markus gehen auf Pläne des Baumeisters Franz Beer (1660–1726) zurück. Sie wurden nach dessen Tod durch seinen Sohn Johann Michael Beer von Bildstein (1696–1780) fertiggestellt. Der Turm und Glockenstuhl von St. Markus wurden 2010 saniert.[6]
  • Die Klosterkapelle St. Franziscus wurde 1926/27 nach Plänen des Stuttgarter Architekten Otto Linder an die alte Klosteranlage gebaut.[7]
  • Zu den Kleindenkmalen zählt ein 2004 errichteter Gedenkstein, der an den „Mord am Haidemer Stöckle“, einem Waldstück zwischen Haid, Bogenweiler und Bad Saulgau erinnert. An dieser Stelle wurde am 9. Ausgust 1944 der amerikanische Pilot Lt. Theodore D. Nielsen erschossen. Der 22-jährige Soldat hatte sich nach einem Flak-Beschuss mit dem Fallschirm gerettet und einem anwesenden SS-Oberhauptsturmführer Friedrich Wilhelm Altena in Zivil in Begleitung zweier SA-Männer, Otto Fuhrmann und Joseph Hoelzle, ergeben. Doch anstatt den Piloten gefangen zu nehmen, zwingt der SS-Oberhauptsturmführer die herbeigeeilten Saulgauer Bürger zum Verlassen des Geländes und schießt den wehrlosen Soldaten mit mehrern Schüssen aus einer Kleinkaliberpistole kaltblütig aus nächster Nähe nieder. Wenig später starb Theodore Nielsen im Saulgauer Krankenhaus. 1947 wurde der Täter von einem US-Militärgericht zu lebenslanger Haft verurteilt, aus der er wegen guter Führung und aus gesundheitlichen Gründen 1957 entlassen wurde. Nielsen hinterließ eine Frau und eine Tochter.[8][9][10]

Sonstiges Bearbeiten

  • Sießener Fußweg
  • Gehölzlehrpfade in Sießen und Bogenweiler entlang des Alleeweges
  • Fünf Rundwanderwege um Haid-Bogenweiler-Sießen, 2007 eröffnet.
  • Georundwanderweg, 2009 eröffnet.
  • Franziskusgarten in Sießen, 2004 eröffnet.

Wirtschaft und Infrastruktur Bearbeiten

Verkehr Bearbeiten

Haid liegt an der Bundesstraße 32 (Lindenberg im AllgäuHechingen).

Quellen Bearbeiten

  • Infotafel in Bogenweiler beim Rathaus

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Vgl. Verwaltungsraum Saulgau. In: Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden. Band VII: Regierungsbezirk Tübingen. hrsg. von d. Landesarchivdirektion Baden-Württemberg, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 1978, ISBN 3-17-004897-4, S. 851–862, hier: Saulgau h) Haid S. 855.
  2. Rudi Multer: Entwicklung: Haid träumt von einer schönen Mitte. Im Strukturwandel der Landwirtschaft sieht Ortsvorsteher Josef Halder eine Chance für die Dorfentwicklung. In: Schwäbische Zeitung vom 27. Oktober 2011
  3. Kapelle St. Josef. In: Hugo Birkhofer (Hrsg.): Kirchenführer Bad Saulgau und Umgebung. Bad Saulgau 2009, S. 66.
  4. Kapelle St. Verena. In: Hugo Birkhofer (Hrsg.): Kirchenführer Bad Saulgau und Umgebung. Bad Saulgau 2009, S. 67.
  5. Wendelinus-Kapelle. In: Hugo Birkhofer (Hrsg.): Kirchenführer Bad Saulgau und Umgebung. Bad Saulgau 2009, S. 87.
  6. Pfarr- und Klosterkirche St. Markus. In: Hugo Birkhofer (Hrsg.): Kirchenführer Bad Saulgau und Umgebung. Bad Saulgau 2009, S. 88ff.
  7. Klosterkapelle St. Franziscus. In: Hugo Birkhofer (Hrsg.): Kirchenführer Bad Saulgau und Umgebung. Bad Saulgau 2009, S. 95.
  8. Gary Anderson: Bad Saulgau: Lynchmord am Haidemer Stöckle. In: Denkstättenkuratorium NS-Dokumentation Oberschwaben (Hrsg.): Denkorte an oberschwäbischen Erinnerungswegen in den Landkreisen Bodenseekreis und Sigmaringen. 2012. S. 35.
  9. Gary Anderson: Lynchjustiz gegen allierte Piloten. Drei Fälle aus dem Bodenseeraum 1944/45. In: Edwin Ernst Weber (Hrsg.): Opfer des Unrechts. Stigmatisierung, Verfolgung und Vernichtung von Gegnern durch die NS-Gewaltherrschaft an Fallbeispielen aus Oberschwaben. Stuttgart 2009. S. 269–289.
  10. Gary Anderson: The Last Flight of Lt. Theodore Nielsen (1922-1944). In: HistoryLink.org vom 16. März 2004; abgerufen am 22. Januar 2013.

Literatur Bearbeiten

  • Haid. In: Hans Willbold: Stadt Saulgau – Ein kleiner Führer. Ein Führer durch die Stadt Saulgau und seine Geschichte. hrsg. von Stadt Saulgau, Gebr. Edel, Saulgau Juli 1998

Weblinks Bearbeiten

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[[Kategorie:Bad Saulgau]]
[[Kategorie:Ehemalige Gemeinde (Landkreis Sigmaringen)]]