Barbara Löffelholz

Nürnberger Patrizierin aus dem 15. Jahrhundert

Barbara Löffelholz, verheiratete Barbara Pirckheimer, (* 1446 oder 1447; † 21. März 1488 in München[1]) war eine Nürnberger Patrizierin, die insbesondere wegen eines aufsehenerregenden Gerichtsprozesses um ihr Eheversprechen bzw. Verlöbnis zu zwei möglichen zukünftigen Ehepartnern Bekanntheit erlangte, der als Beispiel für eine insgesamt ungezwungenere Einstellung zur Sexualität im Deutschland des 15. Jahrhunderts bis heute sozialgeschichtlich bzw. soziokulturell bedeutsam ist.[2]

Leben Bearbeiten

Barbara Löffelholz stammte aus dem Nürnberger Patriziergeschlecht Löffelholz, ab 1507 Löffelholz von Kolberg, das ursprünglich aus Bamberg kam. Burckhardt Löffelholz, Barbaras Vater, lebte in Bamberg und starb 1450. Da seine Frau bereits 1448 verstorben war, hinterließen sie drei Kinder als Waisen. Barbaras Bruder und ihre Schwester starben kurz danach. Barbara überlebte als Einzige. Sie wuchs in der Reichsstadt Nürnberg, vermutlich bei ihrem väterlichen Onkel Martin auf. Auch ihre väterliche Tante Magdalene, die mit dem Rathsherrn Martin Holzschuher verheiratet war, lebte in Nürnberg.[3]

Die reiche Waise Löffelholz lebte, während sich ihr Verlobter Johannes Pirckheimer zum Studium der Rechte in Padua aufhielt, in heimlicher Ehe mit dem Patriziersohn Sigmund Stromer.[4] Sie wandte sich von Stromer ab, doch dieser verklagte die 18-Jährige 1465 auf Erfüllung des Eheversprechens. Er unterlag in einem aufsehenerregenden Prozess vor dem Bamberger Domdechanatsgericht,[2] obwohl einer von Löffelholz unbestrittenen gutachtlichen Darstellung, unter anderem von Albrecht von Eyb,[5] zufolge zahlreiche Hinweise auf eine „auf Heirat zielende Liebesbeziehung“ bestanden haben. Helmut Wolff nennt den Fall als Beispiel für eine „insgesamt ungezwungenere Einstellung zur Sexualität im 15. J[ahr]h[undert]“.[6][7][8]

Ihr zukünftiger Schwiegervater, Hans Pirckheimer, holte mehrere Gutachten bekannter italienischer Juristen ein, damit das gerichtliche Urteil auch zugunsten seines Sohnes und Barbara Löffelholz ausfiel.[9]

Wenige Wochen vor Prozessende heiratete sie 1466 Johannes Pirckheimer. Ihre erste Tochter Barbara wurde 1467 von ihr in Eichstätt geboren und 1475 zu den Großeltern in Nürnberg gesandt.[10] Die anderen Kinder zog sie in Eichstätt und München auf.[11][12]

Kinder Bearbeiten

Barbara Löffelholz hatte zusammen mit ihrem Mann Johannes Pirckheimer 12 Kinder. Davon erreichten ein Sohn und sieben Töchter das Erwachsenenalter. Sechs Töchter traten in ein Klarissen- oder Benediktinerinnenkloster ein.

Literatur Bearbeiten

  • Emil Reicke: Der Liebes- und Ehehandel der Barbara Löffelholz, der Mutter Willibald Pirckheimers, mit Sigmund Stromer zur goldenen Rose. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg. Band 18, 1908, S. 134–196 (digitale-sammlungen.de).

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Pirckheimer, Hans. In: Manfred H. Grieb (Hrsg.): Nürnberger Künstlerlexikon: Bildende Künstler, Kunsthandwerker, Gelehrte, Sammler, Kulturschaffende und Mäzene vom 12. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. K. G. Saur, Berlin, Boston 2007, ISBN 978-3-598-11763-3, S. 1152.
  2. a b Michael Schröter: "Wo zwei zusammenkommen in rechter Ehe ...": sozio- und psychogenetische Studien über Eheschliessungsvorgänge vom 12. bis 15. Jahrhundert. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-518-28460-6, S. 234.
  3. Max Herrmann: Zur fränkischen Sittengeschichte des fünfzehnten Jahrhunderts. In: Otto Behaghel (Hrsg.): Germania – Vierteljahrsschrift für Deutsche Alterthumskunde. 35. Jahrgang. T. P. Metzler, 1890, S. 49–54 (Volltext in der Google-Buchsuche).
  4. Ursula Kocher: Die „Guiscardo und Ghismonda“-Version des Albrecht von Eyb – Abkehr vom Exempel. In: Boccaccio und die deutsche Novellistik: Formen der Transposition italienischer ,novelle’ im 15. und 16. Jahrhundert. Rodopi, Amsterdam, New York 2005, ISBN 978-90-420-1976-8, S. 258.
  5. Notizen und Nachrichten. In: Historische Zeitschrift. Band 102, Nr. 1, 1909, S. 202, doi:10.1524/hzhz.1909.102.jg.187.
  6. Helmut Wolff: Und er was frolich und wolgemut… Zum Aufenthalt Kaiser Friedrichs III. 1471 in Nürnberg. In: Heribert Müller, Johannes Helmrath (Hrsg.): Studien zum 15. Jahrhundert: Festschrift für Erich Meuthen. Oldenbourg, Berlin, Boston 1994, ISBN 978-3-486-56078-7, S. 816 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Kristina Domanski: Die Melusine als illustriertes Buch: Zum Wechselspiel zwischen Text und Bild im frühen Buchdruck. In: Catherine Drittenbass, André Schnyder (Hrsg.): Eulenspiegel trifft Melusine: Der frühneuhochdeutsche Prosaroman im Licht neuer Forschungen und Methoden (= Chloe. Band 42). Rodopi, Amsterdam, New York 2010, ISBN 978-90-420-3059-6, S. 274.
  8. Als Indiz für die zumindest stillschweigende Duldung auch diskreter homosexueller Beziehungen in unmittelbar vorreformatorischer Zeit können die zehn Briefe von Albrecht Dürer an Barbaras Sohn Willibald Pirckheimer von 1506/1507 aus Italien gelten: Neue Erkenntnisse über eine Männerfreundschaft Albrecht Dürers, auf: literaturkritik.de, 8. Juni 2016
  9. Michael Kleinhans: Der Glaube in den Schriften der Äbtissin Caritas Pirckheimer. Vena vivida – Lebendige Quelle. Texte zu Klara von Assisi und ihrer Bewegung. Hrsg.: Fachstelle Franziskanische Forschung (= Werkstatt Franziskanische Forschung. Band 8). Books on Demand, Norderstedt 2015, S. 11 (Volltext in der Google-Buchsuche).
  10. Margot Rita Pechtigam: Inszenierung und Publizität von gelehrten Frauen im Renaissance-Humanismus am Beispiel von Margaret More Roper, Anne Cooke Bacon, Caritas Pirckheimer und Margarete Welser. Diplomarbeit. Karl-Franzens-Universität, Graz 2009, S. 33 (uni-graz.at [PDF; 1,2 MB]).
  11. Susanne Knackmuß: "Meine Schwestern sind im Kloster…": Geschwisterbeziehungen des Nürnberger Patriziergeschlechtes Pirckheimer zwischen Klausur und Welt, Humanismus und Reformation. In: Historical Social Research. Band 30, Nr. 3, S. 84, doi:10.12759/hsr.30.2005.3.80-106.
  12. Bernhard Peter, Gernot Ramsauer, Alex Hoffmann: St. Sebald in Nürnberg, Glasfenster (12): Grabner-Fenster, Paumgärtner-Fenster. In: welt-der-wappen.de. Abgerufen am 14. Dezember 2023.