Bahnhof Harlingerode

ehemaliger Bahnhof der Bahnstrecke Bad Harzburg–Oker

Der Bahnhof Harlingerode war zwischen dem 1. Mai 1912 und 31. Mai 1987 ein Durchgangsbahnhof in Harlingerode (Bad Harzburg) an der Bahnstrecke Bad Harzburg–Oker. Über ihn wurde Personenverkehr und bis 1982 auch Güterverkehr abgewickelt.

Harlingerode
Südblick auf das ehemalige Empfangsgebäude
Daten
Betriebsstellenart
Lage im Netz Zwischenbahnhof
Bauform Durchgangsbahnhof
Bahnsteiggleise zuletzt 1 (bis 1982: 2)[2]
Abkürzung HHLG[3]
Eröffnung 1. Mai 1912
Auflassung 31. Mai 1987
Lage
Stadt/Gemeinde Bad Harzburg
Ort/Ortsteil Harlingerode
Land Niedersachsen
Staat Deutschland
Koordinaten 51° 54′ 26″ N, 10° 31′ 2″ OKoordinaten: 51° 54′ 26″ N, 10° 31′ 2″ O
Eisenbahnstrecken Bahnstrecken bei Harlingerode
Bahnhöfe in Niedersachsen

Die Reaktivierung der Bahnstation wird durch den Regionalverband Großraum Braunschweig in Erwägung gezogen und geprüft, befindet sich aber (Stand: 2024) in keiner Planungsphase.[4]

Aufbau Bearbeiten

 
Gleisplan im September 1975

Infrastruktur Bearbeiten

In seiner Ursprungsform verfügte der Bahnhof Harlingerode über zwei Bahnsteige, zwei Durchgangsgleise, zwei Ladegleise (an der Nord- und Südseite, bei dem nördlichen Gleis handelte es sich um ein Stumpfgleis mit Einfahrt aus Richtung Bad Harzburg) und zwei weitere Gleise südlich der Durchgangsgleise.

Das Empfangsgebäude befand sich an der Nordseite und war sowohl über die Bahnhofstraße (heutiger Fleischerweg) als auch über einen Fußgängerweg aus Richtung Viehweide zu erreichen. Der Hausbahnsteig A befand sich nördlich vom Gleis 1 (Durchgangsgleis) und der Bahnsteig B zwischen den Gleisen 1 und 2. Südlich dieser Gleise befanden sich die Gleise 3 und 4, die aus beiden Richtungen erreichbar waren, und das ebenfalls beidseitig erreichbare Ladegleis 5, über das durch die südlich gelegene Laderampe Güter verladen wurden. Das zweite Ladegleis zweigte vom Gleis 1 nach Norden ab und war über eine nördlich gelegene Ladestraße zu erreichen. Die Ansteuerung der Ausfahrsignale nach Westen erfolgte über die Betriebstation Oker Ost.[2]

Zugelassen war der Bahnhof ursprünglich zur Abfertigung von Personen, Gütern, Gepäck, Privattelegrammen, Leichen und Lebendtieren.[5] In Richtung Oker war ein Gleisanschluss des Sägewerks Klages vorhanden, das zum Abtransport von Holzprodukten des Sägewerks H. Klages genutzt wurde. Über einen weiteren Gleisanschluss weiter westlich war eine Erzverladerampe erschlossen, über die die Grube Hansa Eisenerze aus dem Langenberg verfrachtete.

Stellwerk Bearbeiten

Der Bahnhof besaß ein mechanisches Stellwerk der Bauart Jüdel. Sein Kürzel lautete Hgf und es befand sich unmittelbar südlich des Empfangsgebäudes auf Höhe des Bahnsteiges A.[2]

Geschichte Bearbeiten

Die Bauarbeiten an der Bahnanlage begannen am 15. Juli 1910. Der Unternehmer Heinrich Klages erhielt im Jahr 1911 die Genehmigung für einen Gleisanschluss vom Bahnhof zum südlich gelegenen Sägewerk Klages.[6] Der Bahnhof wurde gemeinsam mit der Bahnstrecke am 1. Mai 1912 im Herzogtum Braunschweig als Bahnhof IV. Klasse[5] eröffnet. Die Eröffnung des Bahnhofs wurde unter den Ortsbewohnern mit großer Euphorie gefeiert; so wurde einer der ersten Fahrgäste der Strecke und zugleich der einzige Passagier, der am neueröffneten Haltepunkt ausstieg, von den Ortsbewohnern feierlich durch die Ortschaft geführt. Viele Ortsansässige ließen die Ortschaft als „Feierlichkeit“ schmücken, um das für den Ort historische Ereignis zu feiern.[7]

Üblich war die Abwicklung des Personenverkehrs über den Hausbahnsteig A, um den Weg für die Passagiere zu ersparen. Die über die Bahnstrecke führenden D-Züge aus Bad Harzburg, die zeitweise bis nach Nordrhein-Westfalen und die Niederlande führten, steuerten den Bahnhof hingegen nicht an.

Zum Jahreswechsel 1938/39 hin wurde südwestlich vom Bahnhof eine Eisenerzrampe und ein eigener Gleisanschluss für die drei Jahre zuvor reaktivierte Grube Hansa am Langenberg errichtet. Hierzu wurde aus Richtung Süden eine etwa 300 Meter lange Kettenbahn errichtet, die aus dem Mundloch auf dem Grubengelände bis zur Erzverladerampe führte und hierzu die heutige Landstraße querte. Der Gleisanschluss erfolgte nach Westen Richtung Oker. Im März 1950, als das Eisenbergwerk fast seine Höchstförderleistung erreichte, wurden hierüber rund 270 Wagen mit rund 150.000 Tonnen Erz an Hüttenorte in ganz Westdeutschland verschickt.[8]

Rationalisierung Bearbeiten

Noch vor den 1970er-Jahren wurden das Bergwerk und somit auch der Gleisanschluss zur Erzverladerampe zum 23. August 1960 stillgelegt. Zudem wurde vor 1975 das Gleis 3 aufgegeben, sodass nur noch die Durchgangsgleise 1/2 sowie die Gleis 4, 5 und 8 zur Verfügung standen.[2] Auch der Gleisanschluss des Sägewerks Klages entfiel in den 1970er-Jahren. 1979 wurde das Stellwerk Hgf teilweise und 1982 ganz stillgelegt.[1]

Der Bahnhof Harlingerode wurde ab Ende 1981 im Personenverkehr zum Haltepunkt zurückgebaut, durch die getrennte Ausweichanschlussstelle handelte es sich betrieblich um eine Haltestelle. Auf den 14. Oktober 1981 ist der Plan der Bundesbahndirektion Hannover zur „Umwandlung in eine Ausweichanschlußstelle“ datiert. Die Gleise 1 (Personengleis am Hausbahnsteig) und 8 (nördliches Stumpfgleis zur Güterverladung) sowie der Hausbahnsteig A wurden aufgegeben, die Gleise 4 und 5 wurden Teil der Ausweichanschlussstelle.[9]

Der letzte Personenfahrplan war vom 28. September 1986 bis zum 30. Mai 1987 gültig. Es gab drei Abfahrten in Richtung Bad Harzburg (nur werktags), Altenbeken (über Goslar und Kreiensen) und Braunschweig zwischen 7:30 Uhr und 8:30 Uhr, weiterhin drei Abfahrten in Richtung Braunschweig in einem unechten Zweistundentakt zwischen 16 Uhr und 21 Uhr.

Stilllegung Bearbeiten

Am 31. Mai 1987 wurde der Haltepunkt Harlingerode stillgelegt. Die Deutsche Bundesbahn richtete einen dauerhaften Schienenersatzverkehr mit Bahnbussen ein.[10] Auf der Relation verkehrte später bis zum 31. März 2019 die Buslinie 810 (Goslar–Oker–Harlingerode–Bad Harzburg) über die DB-Regio-Tochter Regionalbus Braunschweig, bis die Buslinie durch das Unternehmen HarzBus übernommen wurde.[11]

Die Ausweichanschlussstelle blieb bis 1998/99 in Betrieb und wurde zuletzt von der Firma Sievers Granit genutzt. Sie wurde bis 2001 von der DB-Strecke getrennt. Infolgedessen wurden auch die letzten betrieblichen Reste des einstigen Bahnhofs Harlingerode aufgelassen.[12]

Das Gleis 1 und der Bahnsteig wurden abgerissen und überbaut. Auf einem Teil der stillgelegten Ausweichanschlussstelle hat sich ein Autoverwertungsunternehmen angesiedelt. Die Laderampe der Ausweichanschlussstelle existiert baulich noch, ist aber eine Wegwüstung und erfüllt keinen betrieblichen Zweck mehr. Das Gleis 2 ist das Durchgangsgleis der Bahnstrecke Bad Harzburg–Oker und bis heute in Betrieb.

Reaktivierung Bearbeiten

Seit 2015 sind politische Erwägungen zur Wiedereinrichtung eines Passagierhaltepunkts in Harlingerode belegt. Im August 2016 wurde eine Potentialanalyse der DB Netz AG für Harlingerode abgeschlossen, in der rund 300 Ein- und Ausstiege pro Tag prognostiziert wurden. Allerdings war zum Zeitpunkt der Studie die fahrplantechnische Machbarkeit aufgrund der zu geringen Wendezeit der RB 82 im Bahnhof Bad Harzburg nicht gegeben.[13]

Im September 2022 wurde die Neubauabsicht mit Vorbehalt im SPNV-Konzept 2030+ festgehalten.[4] Dabei wurde in Zusammenhang mit der Ende 2023 abgeschlossenen Prüfung der Elektrifizierung Bad Harzburg – Goslar auch ein Halt in Harlingerode im Fahrplanszenario unterstellt.[14]

Im Januar 2024 bestätigte der Regionalverband Braunschweig die Machbarkeit dieses Szenarios mit Vorbehalt. Als Folge soll bis zum Sommer 2024 eine durch die Ostfalia Hochschule in Salzgitter durchgeführte Nutzwertanalyse einen Präferenzstandort ermitteln. Untersucht werden insbesondere Standorte am örtlichen Nahversorgungszentrum (Klagesstraße) und entlang der Bahnüberführung Bruchstraße. Eine Wiederherstellung des bis 1987 bestehenden Zustands am Fleischerweg wurde hingegen aufgrund der Besitzverhältnisse ausgeschlossen. Anschließend soll die Finanzierung des Projekts betrachtet werden.[15]

Nächste Stationen Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Bahnhof Harlingerode – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Harlingerode Hgf auf stellwerke.info, abgerufen am 9. Juni 2021. 1982 als Datum angesetzt, da ein Bahnhof ein Stellwerk benötigt.
  2. a b c d Lageplan und Verschlussplan der Deutschen Bundesbahn 13.394 1/1, 10. September 1975.
  3. Abkürzungen der Betriebsstellen auf bahnseite.de.
  4. a b Regionalverband Großraum Braunschweig: Beschlussvorlage - 2022/116. Abgerufen am 12. September 2022.
  5. a b Verein Deutscher Eisenbahn-Verwaltungen: Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltung. Band 52, 1912, S. 461 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche): „Am 1. der Mai 1912 wird die normalspurige Bahnstrecke Oker–Bad Harzburg als Nebenbahn mit dem Bahnhof IV. Klasse Harlingerode für den Personen-, Güter-, Gepäck- und Privattelegrammverkehr sowie für die Abfertigung von Leichen und lebenden Tieren und dem Haltepunkt Schlewecke für den Personen-, Gepäck- und Privatdepeschenverkehr eröffnet.“
  6. Verkehrstechnische Woche und eisenbahntechnische Zeitschrift. Band 6, 1911, S. 666.
  7. Strecke Bad Harzburg - Oker, eisenbahn-harzvorland.de
  8. Alfred Breustedt: Eisenerzgrube Hansa. In: 950 Jahre Harlingerode. Bad Harzburg 2003, S. 90f
  9. Bundesbahndirektion Hannover: Bf Harlingerode – Umwandlung in eine Ausweichanschlußstelle. T41/637b, 14. Oktober 1981. Betrachtet am 1. September 2021.
  10. Fahrplan DB: Harlingerode. Gültig vom 28. September 1986 bis 30. Mai 1987. Betrachtet am 1. September 2021.
  11. HarzBus: Über Uns. Abgerufen am 1. September 2021.
  12. Strecke Bad Harzburg - Goslar auf eisenbahn-harzvorland.de, abgerufen am 1. September 2021.
  13. Regionalverband Großraum Braunschweig: Informationsvorlage - 2021/070-E1. 15. Juli 2021, abgerufen am 10. September 2021.
  14. Christoph Exner, Goslarsche Zeitung: Bahnhof Bad Harzburg: Neue Technik – bald Halt in Harlingerode?. 2. März 2023.
  15. Christoph Exner, Goslarsche Zeitung: Bahnhaltepunkt Harlingerode: Aus einer Idee wird Ernst. 7. April 2024, abgerufen am 9. April 2024.