Bahamonde-Schnabelwal

Art der Gattung Zweizahnwale (Mesoplodon)

Der Bahamonde-Schnabelwal (Mesoplodon traversii) ist eine Walart aus der Familie der Schnabelwale (Ziphiidae). Über die Walart ist sehr wenig bekannt. Sie gilt als die seltenste Walart der Welt, und es wurden bisher noch nie frei im Meer lebende Exemplare wissenschaftlich dokumentiert. Alle Kenntnisse beruhen auf Knochenfunden, einzelnen an Stränden angeschwemmten Individuen und darauf basierenden DNA-Analysen. Aus den Funden schließt man, dass das Verbreitungsgebiet den südlichen Pazifik umfasst, und schätzt anhand der Schädel die Länge des Bahamonde-Schnabelwals auf rund 5,5 Meter.[1]

Bahamonde-Schnabelwal

Mesoplodon traversii im Größenvergleich

Systematik
Überordnung: Laurasiatheria
Ordnung: Wale (Cetacea)
Unterordnung: Zahnwale (Odontoceti)
Familie: Schnabelwale (Ziphiidae)
Gattung: Zweizahnwale (Mesoplodon)
Art: Bahamonde-Schnabelwal
Wissenschaftlicher Name
Mesoplodon traversii
(Gray, 1874)

Merkmale

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Skelett eines Bahamonde-Schnabelwals (Öl auf Papier)
 
Zeitgenössische Zeichnung des Fundes von Pitt Island von 1873 (Typusexemplar).

Das ausgewachsene Weibchen des Bahamonde-Schnabelwals unterscheidet sich nur wenig von anderen, verwandten Arten der Schnabelwale: Rücken, Flossen und Schnabel sind dunkel, der Bauch ist weiß gefärbt. Der Verlauf der Mundlinie, die Rückenflosse und die Flipper haben eine ähnliche Form wie die des Camperdown-Wals (Mesoplodon grayi). Von dieser Art kann Mesoplodon traversii durch eine auffälligere Melone unterschieden werden, die eher der des Layard-Wals (M. layardii) ähnelt, sowie durch die Färbung der Schnauze, die bei Mesoplodon traversii dunkelgrau oder schwarz ist, bei ausgewachsenen Exemplaren des Layard-Wals aber weißlich ist. Weitere Merkmale sind die dunkle Region um die Augen, der weiße Bauch und die dunklen Flipper. Das einzige bekannte jugendliche Exemplar war von denen des Camperdown-Wals nicht zu unterscheiden.[2]

Entdeckungsgeschichte und Namensgebung

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Funde des Bahamonde-Schnabelwals
 
Das 2024 in Neuseeland gestrandete Exemplar beim Abtransport.

1873 wurde auf Pitt Island (Neuseeland) der Kieferknochen eines Schnabelwals gefunden, der zunächst dem Layard-Wal (damals Dolichodon layardii) zugeordnet wurde. 1874 erkannte der britische Zoologe John Edward Gray, dass es sich um eine neue Art handelte, der er den Namen Dolichodon traversii gab.[3] Der wissenschaftliche Artzusatz ist Henry Hammersley Travers Esq. (1844–1928) gewidmet, der den Kieferknochen fand.[1] Ein weiterer Schädelfund, der in Neuseeland in den 1950er-Jahren auf White Island gemacht wurde und jahrzehntelang unidentifiziert im Lager der Universität von Auckland lag, wurde 1995 zunächst dem Japanischen Schnabelwal (Mesoplodon ginkgodens) zugeordnet.[1]

1995 wurde eine Schädelkalotte beschrieben, die 1986 auf den Juan-Fernández-Inseln vor Chile (Robinson Crusoe) gefunden wurde und einer neuen Schnabelwal-Art zugeschrieben, die Mesoplodon bahamondi genannt wurde.[4] Der Namen wurde zu Ehren von Nibaldo Bahamonde (* 1924) vergeben, von 1950 bis 1982 Leiter der Abteilung Hydrobiologie des Chilenischen Nationalmuseums für Naturgeschichte, ab 1960 Professor für Meeresbiologie an der Universidad de Chile und Gründer der Meereswissenschaften in Chile.[5][4] 1999 wurde erkannt, dass dieser Fund und der White-Island-Fund der gleichen Art angehören.[1] DNA-Analysen von 2002 zeigten schließlich, dass alle drei Funde von der gleichen Art stammten, für die gemäß der Prioritätsregel der biologischen Nomenklatur der älteste Name, also Mesoplodon traversii, übernommen wurde.[1]

Im Dezember 2010 wurden am Opape Beach im Norden der neuseeländischen Nordinsel zwei Schnabelwale angeschwemmt, die kurze Zeit später starben. Es handelte sich um ein 5,30 Meter langes Weibchen und ihr 3,50 Meter langes männliches Kalb, die man zuerst für Camperdown-Wale (Mesoplodon grayi) hielt. Mittels DNA-Analyse konnten neuseeländische Wissenschaftler später zeigen, dass es sich bei den gestrandeten Tieren um die zuvor noch nie gesichteten Bahamonde-Schnabelwale handelte.[2] Am 4. Juli 2024 wurde ein etwa 5 Meter langes männliches Tier nahe Dunedin, Neuseeland, angeschwemmt, das vermutlich ebenfalls der Art angehört. Die zuständige Behörde teilte mit, dass eine Bestätigung per DNA-Analyse einige Wochen oder Monate dauern könne.[6][7]

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Commons: Bahamonde-Schnabelwal – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Anton L. van Helden, Alan N. Baker, Merel L. Dalebout, Julio C. Reyes, Koen Van Waerebeek, C. Scott Baker: Resurrection of Mesoplodon traversii (Gray, 1874), senior synonym of M. bahamondi Reyes, Van Waerebeek, Cardenas and Yanez, 1995 (Cetacea: Ziphiidae). In: Marine Mammal Science. 18. Jahrgang, Nr. 3, Juli 2002, ISSN 0824-0469, S. 609–621, doi:10.1111/j.1748-7692.2002.tb01062.x (englisch).
  2. a b Thompson, K., Scott Baker, C., van Helden, A., Patel, S., Millar, C., Constantine, R.: The world’s rarest whale. In: Current Biology. 22. Jahrgang, Nr. 21. Elsevier, 6. November 2012, ISSN 0960-9822, S. R905–R906, doi:10.1016/j.cub.2012.08.055 (englisch).
  3. John Edward Gray (1874). Notes on Dr Hector's paper on the whales and dolphins of the New Zealand seas. Transactions of the New Zealand Institute. 6: 95–96.
  4. a b J. C. Reyes, K. Van Waerebeek, J. C. Cardenas, J. L. Yanez: Mesoplodon bahamondi sp.n. (Cetacea, Ziphiidae), a new living beaked whale from the Juan Fernández Archipelago, Chile. In: Boletin del Museo Nacional de Historia Natural, Chile. Band 45, 1995, ISSN 0719-935X, S. 31–44, doi:10.54830/bmnhn.v45.1995.381 (vliz.be [PDF; 1,1 MB]).
  5. Lebenslauf von Bahamonde: Nibaldo Bahamonde Navarro. Universidad de Chile; (spanisch).
  6. Jennifer Johnston: Am Strand entdeckt – Seltenster Wal der Welt in Neuseeland angespült. In: Tagesschau.de. NDR, 15. Juli 2024, abgerufen am 15. Juli 2024.
  7. World’s rarest whale washes ashore in Otago. Website des Department of Conservation. In: doc.govt.nz. Department of Conservation, 15. Juli 2024, abgerufen am 15. Juli 2024 (englisch).