Ariolasoft

Deutscher Publisher für Computerspiele

Ariolasoft, später United Software, war ein deutscher Hersteller, Publisher und Distributor für Software, vor allem für Video- und Computerspiele in den 1980er- und frühen 1990er-Jahren.

Ariolasoft GmbH

Logo
Rechtsform GmbH
Gründung 5. März 1986[1]
Auflösung August 1990
Auflösungsgrund Namensänderung nach Konzern-Ausgliederung
(Management-Buy-out)
Sitz Deutschland Deutschland
Gütersloh (bei Gründung)
Rietberg-Varensell (ab 26. Oktober 1988)[2]
Leitung Hans-Joachim Krusche
Branche Softwareverlag
Entwicklung, Publishing und Vertrieb von Software
United Software GmbH

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Rechtsform GmbH
Gründung August 1990[3]
Auflösung 1994
Auflösungsgrund Übernahme durch
MicroProse Germany
Sitz Deutschland Deutschland
Rietberg-Varensell
Leitung Hans-Joachim Krusche
Branche Softwareverlag
Entwicklung, Publishing und Vertrieb von Software

Unternehmensgeschichte Bearbeiten

Geschäftsbereich der Ariola Bearbeiten

Die Ursprünge des späteren Unternehmens liegen im Jahr 1982, als sich der Bertelsmann-Konzern dazu entschied, bei seinem Plattenlabel Ariola eine eigene Abteilung für den Vertrieb von Videospielen einzurichten. Beginnend mit dem Exklusivvertrieb von Atari-VCS-Titeln des amerikanischen Entwicklers und Publishers Activision brachte Ariolasoft ab 1983 zahlreiche Konsolenspiele auf den deutschen Markt. Mit Aufkommen der 8-Bit-Computer, darunter vor allem des Commodore C64, wuchs Ariolasoft schnell auch in den Markt der Computerspiele hinein. Die großen amerikanischen Publisher Electronic Arts und Brøderbund unterhielten zu dieser Zeit noch keine eigenen Niederlassungen in Europa und überließen die Vermarktung ihrer Produkte deshalb einem Anbieter vor Ort, neben anderen auch zunehmend Ariolasoft. Daneben veröffentlichte Ariolasoft im Auftrag von COSMI, Starlight Software, Synapse Software, HESware, Creative Software und anderen.

Im Vertrieb von Software war zu dieser Zeit vor allem das Umverpacken und die Übertragung auf unterschiedliche Speichermedien erforderlich. Neben Diskettenlaufwerken in unterschiedlichen Formaten, vor allem 3½" oder 5¼", setzte eine Vielzahl der Heimcomputer zu dieser Zeit auch noch auf Datasette. Ariolasoft übernahm zum Teil aber auch selbst die Portierung auf andere Plattformen, vor allem auf den im deutschsprachigen Raum als Schneider CPC stark verbreiteten Amstrad CPC oder den Sinclair ZX Spectrum, und förderte eigene Entwickler. Zu den bekanntesten Eigenveröffentlichungen aus dieser Zeit zählen die Handelssimulation Hanse und das Text-Grafik-Adventure „Ooze“.

Über das Computerspielegeschäft hinaus erweiterte das Unternehmen im Sommer 1986 seinen Katalog um Software für Heimanwender wie Printmaster von Brøderbund und die populäre Electronic-Arts-Deluxe-Serie aus Deluxe Paint, Deluxe Print und Deluxe Video für den Commodore Amiga.[4] Ein Spreadsheet-Programm namens Calkit, Bygraph zur Darstellung von grafischen Diagrammen und Newsroom, ein Texteditor, waren in Planung.[5]

Ariolasoft GmbH Bearbeiten

 
Logo um 1987

Im Jahr 1986 entschied sich Bertelsmann, den Softwarebereich vom Musikgeschäft der Ariola zu trennen und durch Gründung der Ariolasoft GmbH unter dem Geschäftsführer Hans-Joachim Krusche auch rechtlich zu verselbstständigen.

Ende 1986 suchte SEGA nach Distributoren für die zeitgleiche Einführung seines Master Systems in Nordamerika und Europa. Für Deutschland war Ariolasoft das erste Unternehmen, mit dem dazu eine Vereinbarung getroffen wurde.[6] Noch vor Jahresende startete die Kampagne und einige deutsche Zeitschriften erhielten erstmals Gelegenheit, sich die neue Konsole und einige Spiele dafür anzusehen. Bis 1988 liefen die Verkäufe in Deutschland über Ariolasoft jedoch wesentlich schlechter als bei der auf dem britischen Markt sehr erfolgreichen Mastertronic, sodass der Vertrag mit Ariolasoft nicht mehr verlängert wurde.[6]

Im Jahr 1988 lag der Marktanteil in Deutschland bereits bei etwa 45 %. Bis zur Realisierung des Europäischen Binnenmarktes Anfang des Jahres 1993 sollte ein Marktanteil von 70 % erreicht werden. Die Niederlassung Ariolasoft UK, 1984 unter Leitung der ehemaligen CBS-Manager Ashley Gray und Frank Brunger eröffnet,[7] wurde unter Leitung von Willi Carmincke jedoch im Frühjahr 1988 geschlossen.[8] Die Verkaufszahlen lagen auch drei Jahre nach dem Start im Vereinigten Königreich weit unter den Erwartungen und der zukunftsträchtige Markt für 16-Bit-Computer wurde in Deutschland auf die dreifache Größe des englischen geschätzt.

1989 wurde für den Vertrieb eigener Produktionen mit den Entwicklern Ralf Glau, Holger Paulsen und Harald Uenzelmann das Label „Art Edition“ ins Leben gerufen. Im Jahr 1990 war Ariolasoft auf dem bundesdeutschen Markt Marktführer beim Vertrieb von Spielsoftware.[9] Zusammen mit den Konkurrenten Rushware und U.S. Gold deckte man 90 % des Marktes ab.[9]

United Software GmbH Bearbeiten

1990 gab Bertelsmann die Geschäftsbereiche Software und Computerspiele weitgehend auf. Die Ariolasoft GmbH wurde über einen Management-Buyout an ihren Geschäftsführer Hans-Joachim Krusche verkauft. Außerhalb des Bertelsmann-Konzerns durfte der geschützte Markenname Ariola nicht mehr weiter verwendet werden.[10] Das Unternehmen entschied sich daher für eine Umbenennung in United Software GmbH. Damit wollte man die Vielzahl an internationalen Firmen ausdrücken, wie Cinemaware, FTL Games, Grandslam Entertainment, Hewson Consultants, Ocean Software und Sierra Entertainment, für deren Spiele das Unternehmen zuletzt tätig war.[11]

United Software wurde 1993 durch MicroProse Germany übernommen. 1998 erfolgte deren Übernahme von Hasbro, 2001 von Infogrames, die sich dann 2003 in Atari SA umbenannt haben.

Entwickler- und Vertriebslabel Bearbeiten

Speziell für von deutschen Programmierern auf C64 und Atari XL/XE entwickelte Software, wurde im November 1985 neben dem Hauptlabel Ariola noch das Label Axis geschaffen.[12] Hinter Axis oder Axis Komputerkunst stand kein Ableger von Ariola, sondern eine Gruppe von zumeist nebenberuflichen Programmierern, die sich als Interessenverband organisiert hatten. Für den Vertrieb oder auch bei der Entwicklung, soweit gegenseitige Unterstützung nicht ausreichte, griff man auf die Softwareabteilung von Ariola als Partner zurück.[13]

Die britische Ariolasoft UK Ltd. veröffentlichte zahlreiche Spiele nicht nur unter eigenem Label, sondern auch über

  • 39 Steps (Bride of Frankenstein, Len Deighton's Blitzkrieg: The Game - From the ..., They Stole a Million)
  • REAKTÖR Software (Centurions: Power X Treme, Challenge of the Gobots, Kolonialmacht, Mountie Mick's Deathride, The Rubicon Alliance)
  • Viz Design (Frankenstein Jnr. und Werewolves of London).

Veröffentlichte Spiele (Auszug) Bearbeiten

Abkürzungen
System Kürzel
Commodore Amiga AMI
Apple II AP2
Atari 8-Bit AT8
Commodore VC 20 C20
Commodore 64 C64
Schneider CPC CPC
PC-kompatibles DOS DOS
NEC PC-88 PC88
PC Booter PCB
Atari ST ST
ZX Spectrum ZX
Name System Entwickler Hauptpublisher Genre Jahr
0° Nord AT8, C64 Axis Komputerkunst Ariolasoft Textadventure 1985
Adventure Construction Set C64 Electronic Arts Electronic Arts Editor 1985
Airline AT8, C64 Hans Jürgen Richstein, Holger Cordes Ariolasoft Strategie 1986
Alley Cat AT8, C64, PC88, PCB Synapse Software Synapse Software Action 1983
Archon: The Light and the Dark AMI, AP2, AT8, C64, CPC, PCB, ZX Free Fall Associates Electronic Arts Strategie 1983
Archon II: Adept AMI, AP2, AT8, C64, CPC, ZX Free Fall Associates Electronic Arts Strategie 1984
Aztec Challenge AMI, AT8, C20, C64 Cosmi Cosmi Geschicklichkeit 1982
Batalyx C64 Llamasoft Ariolasoft Action, Shooter 1985
Blue Max AT8, C64 Synapse Software Synapse Software Action 1984
Camelot Warriors CPC Dinamic Software Dinamic Software Jump ’n’ Run 1986
Cavelord AT8 Axis Komputerkunst Ariolasoft Action-Adventure 1985
Caverns of Khafka AT8, C64 Cosmi Cosmi Action, Arcade 1983
Cromwell House AT8, C64 Axis Komputerkunst Ariolasoft Textadventure 1985
Das Haus AMI, ST, DOS Gunter Stadhagen Ariolasoft Simulation 1990
Das Magazin AMI, AT8, C64, CPC Honey Design Ariolasoft Simulation 1988
Die Ralf Glau Edition AMI, ST, C64 Ralf Glau Ariolasoft Spielesammlung 1991
David’s Midnight Magic C64 Brøderbund Brøderbund Action 1984
Deactivators C64, CPC, ZX Tigress Marketing Ariolasoft Strategie 1986
Golf Construction Set C64 Andromeda Software Ariolasoft Editor 1985
Hard Hat Mack AT8, CPC Michael Abbot, Matthew Alexander Electronic Arts Jump ’n’ Run 1983
Hanse CPC, C64, DOS, ST, AMI Ralf Glau, Bernd Westphal Ariolasoft Wirtschaftssimulation 1986
Hellowoon: Das Geheimnis des Zauberstabs AMI, ST, C64 Dragonware Games Ariolasoft Textadventure 1987
Inspektor Griffu AMI, ST, DOS Tale Software Ariolasoft Adventure, Detektiv 1990
Invaders of the Lost Tomb C64 Andromeda Software Spinnaker Software Puzzle 1985
Kaiser AT8, CPC, C64 Creative Computer Design Ariolasoft Wirtschaftssimulation 1984
Karateka CPC, ZX Brøderbund Brøderbund Action, Martial Arts 1984
Lapis Philosophorum – Der Stein der Weisen AT8, C64 Hans Jürgen Richstein, A. Veldkamp Ariolasoft Textadventure 1985
Mrs. Mop C64 Reaktör Software Ariolasoft Action 1987
Ooze: Als die Geister mürbe wurden AMI Dragonware Games Dragonware Games Textadventure 1988
Operation Whirlwind AT8, C64 Brøderbund Brøderbund Strategie 1983
Panzadrome ZX, CPC The RamJam Corp. Ariolasoft Action 1985
Peter Beardsley's International Football C64 Teque London Grandslam Entertainments Action, Sport 1988
Quatbol AMI, ST Art Edition Ariolasoft Action 1990
Racing Destruction Set AT8, C64 Electronic Arts Electronic Arts Editor 1985
Raid on Bungeling Bay C64 Brøderbund Brøderbund Action, Shooter 1984
Reederei AMI Digital Artists Ariolasoft Wirtschaftssimulation 1988
Robot Commander AMI Art Edition Ariolasoft Echtzeitstrategie 1990
Skyfox ZX, CPC Raymond E. Tobey Electronic Arts Simulation 1985–86
Schreckenstein AT8 Axis Komputerkunst Ariolasoft Action-Adventure 1985
Spelunker C64 Micro Graphic Image Micro Graphic Image Jump ’n’ Run 1984
The Mask of the Sun AT8, C64 Ultrasoft Brøderbund Adventure 1982
They Stole a Million CPC, C64, ZX 39 Steps (Ariolasoft) Ariolasoft Puzzle 1986
The Seven Cities of Gold AT8, C64, AP2 Ozark Softscape Electronic Arts Strategie 1984
Shamus Case II AT8 Synapse Software Synapse Software Action 1983
The Big Deal AMI, C64 Radarsoft BV Ariolasoft Strategie 1986
Think! CPC, ZX The RamJAm Corp. Ariolasoft Puzzle 1985
Vermeer CPC, AMI, ST, C64, DOS Ralf Glau Ariolasoft Wirtschaftssimulation 1987
Werner: Let's go CPC, C64 Micro-Partner Software Ariolasoft Action 1986
Yuppi's Revenge AMI, ST, C64, DOS Ralf Glau Ariolasoft Wirtschaftssimulation 1988
Zombies ZX BRAM Inc. Electronic Arts Puzzle 1985

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Ariolasoft GmbH, Bundesanzeiger 9. April 1986, Amtsgericht Rheda-Wiedenbrück (HRB 2174): Ersteintragung im Handelsregister. Archiviert bei GBI-Genios, abgerufen am 1. Juli 2021
  2. Ariolasoft GmbH, Bundesanzeiger 23. November 1988, Amtsgericht Rheda-Wiedenbrück (HRB 2174): Sitz der Gesellschaft verlegt. Archiviert bei GBI-Genios, abgerufen am 1. Juli 2021
  3. Ariolasoft GmbH, Bundesanzeiger 8. August 1990, Amtsgericht Rheda-Wiedenbrück (HRB 1897), Namensänderung in UNITED Software GmbH. Archiviert bei GBI-Genios, abgerufen am 1. Juli 2021
  4. Ariola is Flying High. Company Profile. In: Your Computer, 5/1986, S. 24, archiviert bei World of Spectrum, abgerufen am 21. Januar 2014 (englisch).
  5. Ariola is Flying High. Company Profile. In: Your Computer, 5/1986, S. 25, archiviert bei World of Spectrum, abgerufen am 21. Januar 2014 (englisch).
  6. a b Sam Pettus: Service Games: The Rise and Fall of SEGA. Hrsg.: David Chen. 2013, ISBN 978-1-4942-8835-8 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. US games invasion continues. In: Popular Computing Weekly, Ausgabe 10, Oktober 1984, S. 1, archiviert bei World of Spectrum, abgerufen am 21. Januar 2014 (englisch).
  8. Two Down. In: Crash, Ausgabe 50, März 1988, S. 8, archiviert bei World of Spectrum, abgerufen am 21. Januar 2014 (englisch).
  9. a b Hans-Dieter Kübler: Medien für Kinder. Von der Literatur zum Internet-Portal. Ein Überblick. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden 2002, ISBN 3-531-13824-3. S. 141.
  10. Ariolasoft ist tot - es lebe United Software. In: Power Play-Special der Zeitschrift Happy Computer 8/1989, archiviert bei The Thalion Source, abgerufen am 21. Januar 2014.
  11. Eingeschlagen! - Das Programm Printanzeige/Imagewerbung im Jahr 1989, archiviert bei The Thalion Source, abgerufen am 2. Februar 2014
  12. Axis - Software aus deutschen Landen. In: Happy Computer, Ausgabe 11/November 1986, S. 171
  13. Die Berufsspieler. In: Happy Computer Nr. 4 - April 1986, S. 92 f. (Digitalisierte Fassung Seite 92 (Memento vom 2. Mai 2006 im Internet Archive), Seite 93 (Memento vom 2. Mai 2006 im Internet Archive))