Olympische Sommerspiele 2000/Leichtathletik – Weitsprung (Frauen)

Der Weitsprung der Frauen bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney wurde am 27. und 29. September 2000 im Stadium Australia ausgetragen. 39 Athletinnen nahmen teil.

Sportart Leichtathletik
Disziplin Weitsprung
Geschlecht Frauen
Teilnehmer 39 Athletinnen aus 26 Ländern
Wettkampfort Stadium Australia
Wettkampfphase 27. September 2000 (Qualifikation)
29. September 2000 (Finale)
Medaillengewinnerinnen
Heike Drechsler (Deutschland DEU)
Fiona May (Italien ITA)
Tatjana Kotowa (Russland RUS)

Olympiasiegerin wurde die Deutsche Heike Drechsler, frühere Heike Daute. Sie gewann vor der Italienerin Fiona May, die bis Ende 1993 für Großbritannien gestartet war. Bronze ging an die Russin Tatjana Kotowa.

Mit Sofia Schulte und Susen Tiedtke nahmen zwei weitere Deutsche am Wettkampf teil. Schulte schied in der Qualifikation aus. Tiedtke erreichte das Finale und wurde Fünfte.
Athletinnen aus der Schweiz, Österreich und Liechtenstein nahmen nicht teil.

Aktuelle Titelträgerinnen Bearbeiten

Olympiasiegerin 1996 Chioma Ajunwa (Nigeria  Nigeria) 7,12 m Atlanta 1996
Weltmeisterin 1999 Niurka Montalvo (Spanien  Spanien) 7,06 m Sevilla 1999
Europameisterin 1998 Heike Drechsler (Deutschland  Deutschland) 7,16 m Budapest 1998
Panamerikanische Meisterin 1999 Maurren Higa Maggi (Brasilien  Brasilien) 6,59 m Winnipeg 1999
Zentralamerika und Karibik-Meisterin 1999 Lacena Golding (Jamaika  Jamaika) 6,52 m Bridgetown 1999
Südamerika-Meisterin 1999 Maurren Higa Maggi (Brasilien  Brasilien) 7,26 m Bogotá 1999
Asienmeisterin 2000 Elena Bobrowskaja (Kirgisistan  Kirgisistan) 6,66 m Jakarta 2000
Afrikameisterin 2000 Kéné Ndoye (Senegal  Senegal) 6,39 m Algier 2000
Ozeanienmeisterin 2000 Siulolo Liku (Tonga  Tonga) 6,15 m Adelaide 2000

Bestehende Rekorde Bearbeiten

Weltrekord 7,52 m Galina Tschistjakowa (Sowjetunion  Sowjetunion) Leningrad (heute Sankt Petersburg), Sowjetunion (heute Russland) 11. Juni 1988[1]
Olympischer Rekord 7,40 m Jackie Joyner-Kersee (Vereinigte Staaten  USA) Finale OS Seoul, Südkorea 29. September 1988
 
Das frühere ANZ Stadium von Sydney während der Olympischen Spiele 2000

Der bestehende olympische Rekord wurde bei diesen Spielen nicht erreicht. Am weitesten sprang die deutsche Olympiasiegerin Heike Drechsler, die im Finale bei einem Rückenwind von 1,9 m/s 6,99 m erzielte und damit den olympischen Rekord um 41 Zentimeter verfehlte. Zum Weltrekord fehlten ihr 53 Zentimeter.

Doping Bearbeiten

2007 gestand die schon längere Zeit unter Dopingverdacht stehende US-Amerikanerin Marion Jones die Einnahme von Tetrahydrogestrinon (THG). Kurze Zeit später räumte sie ein, während der Spiele von Sydney gedopt gewesen zu sein. Im Oktober 2007 gab sie ihre hier gewonnenen Medaillen – Gold über 100-, 200 Meter und mit der 4-mal-400-Meter-Staffel sowie Bronze mit der 4-mal-100-Meter-Staffel und im Weitsprung – zurück.[2] Am 23. November 2007 wurde sie durch den Weltleichtathletikverband IAAF für zwei Jahre gesperrt. Gleichzeitig wurden ihre Ergebnisse rückwirkend zum 1. September 2000 annulliert.[3]

Das IOC entschied daraufhin, die Bronzemedaille an die vorher viertplatzierte Tatjana Wladimirowna Kotowa|Tatjana Kotowa zu vergeben. Alle weiteren Finalteilnehmerinnen rückten um jeweils eine Position vor.

Leidtragende waren in erster Linie folgende drei Athletinnen:

  • Tatjana Kotowa, Russland – Sie musste viele Jahre warten, bis sie ihre Bronzemedaille erhielt, und konnte nicht an der Siegerehrung teilnehmen.
  • Ljudmila Galkina, Russland – Ihr blieben im Finale drei weitere Sprünge versagt, da sie zunächst nicht zu den besten Acht zu gehören schien.
  • Joanne Wise, Großbritannien – Sie wäre über ihre Platzierung zur Teilnahme am Finale berechtigt gewesen.

Legende Bearbeiten

Kurze Übersicht zur Bedeutung der Symbolik – so üblicherweise auch in sonstigen Veröffentlichungen verwendet:

verzichtet
x ungültig
w Windunterstützung über dem zulässigen Wert

Anmerkung: Alle Zeitangaben sind auf Ortszeit Sydney (UTC+10) bezogen.

Qualifikation Bearbeiten

27. September 2000, 20:05 Uhr

Die Qualifikation wurde in zwei Gruppen durchgeführt. Fünf Athletinnen (hellblau unterlegt) übertrafen die direkte Finalqualifikationsweite von 6,70 m. Damit war die Mindestanzahl von zwölf Finalteilnehmerinnen nicht erfüllt. So wurde das Finalfeld mit den sieben nächstbesten Springerinnen (hellgrün unterlegt) beider Gruppen auf zwölf Wettbewerberinnen aufgefüllt. Für die Finalteilnahme mussten schließlich 6,60 m gesprungen werden.

Gruppe A Bearbeiten

Platz Name Nation 1. Versuch (m)
Wind (m/s)
2. Versuch (m)
Wind (m/s)
3. Versuch (m)
Wind (m/s)
Resultat (m)
1 Fiona May Italien  Italien 6,48 / −0,6 6,65 / +0,3 6,81 / +0,5 6,81
2 Elva Goulbourne Jamaika  Jamaika 6,35 / −0,4 6,52 / ±0,0 6,68 / +0,7 6,68
3 Olena Schechowzowa Ukraine  Ukraine 6,56 / −0,5 6,65 / +1,2 x 6,65
4 Susen Tiedtke Deutschland  Deutschland 6,55 / −0,2 6,65 / +1,1 6,43 / +0,4 6,65
5 Ljudmila Galkina Russland  Russland 6,62 / −0,3 x 6,31 / ±0,0 6,62
6 Jacqueline Edwards Bahamas  Bahamas 6,60 / +0,4 x 6,47 / −0,8 6,60
7 Jelena Koschtschejewa Marokko  Marokko 6,42 / −0,3 x 6,57 / +1,0 6,57
8 Erica Johansson Schweden  Schweden 6,53 / −0,2 x 6,49 / −1,4 6,53
9 Niki Xanthou Griechenland  Griechenland 6,50 / −0,9 x x 6,50
10 Guan Yingnan China Volksrepublik  Volksrepublik China x x 6,48 / +0,4' 6,48
11 Shana Williams Vereinigte Staaten  USA 6,24 / +0,3 6,28 / ±0,0 6,44 / +0,2 6,44
12 Chantal Brunner Neuseeland  Neuseeland 6,14 / ±0,0 6,42 / −0,1 6,31 / −0,4 6,42
13 Zita Ajkler Ungarn  Ungarn 6,35 / −0,5 6,36 / +0,4 x 6,36
14 Maurren Higa Maggi Brasilien  Brasilien 6,35 / −0,2 6,28 / +0,5 x 6,35
15 Lissette Cuza Kuba  Kuba x 6,19 / +0,8 6,25 / −0,3 6,25
16 Elena Bobrowskaja Kirgisistan  Kirgisistan 5,94 / +0,2 6,19 / +0,7 6,03 / −0,5 6,19
17 Flora Hyacinth Jungferninseln Amerikanische  Amerikanische Jungferninseln 6,08 / +0,5 x 5,89 / +0,4 6,08
18 Mónica Falcioni Uruguay  Uruguay 6,05 / −0,1 6,04 / +0,8 5,96 / ±0,0 6,05
NM Concepción Montaner Spanien  Spanien x x x ogV
DNS Françoise Mbango Kamerun  Kamerun

In Qualifikationsgruppe A ausgeschiedene Weitspringerinnen:

Gruppe B Bearbeiten

Platz Name Nation 1. Versuch (m)
Wind (m/s)
2. Versuch (m)
Wind (m/s)
3. Versuch (m)
Wind (m/s)
Resultat (m) Anmerkung
1 Heike Drechsler Deutschland  Deutschland 6,84 / +0,3 6,84
2 Dawn Burrell Vereinigte Staaten  USA x 6,68 / +0,7 6,77 / +0,2 6,77
3 Tünde Vaszi Ungarn  Ungarn x x 6,70 / +0,3 6,70
4 Tatjana Kotowa Russland  Russland 6,41 / +0,5 6,66 / ±0,0 4,21 / −0,2 6,66
5 Olga Rubljowa Russland  Russland 6,62 / +0,3 x 6,65 / +0,2 6,65
6 Joanne Wise Vereinigtes Konigreich  Großbritannien 6,39 / +0,5 6,54 / +1,1 6,59 / +0,1 6,59 eigentlich für das Finale qualifiziert
7 Wiktorija Werschynina Ukraine  Ukraine 6,46 / −0,6 6,56 / +0,6 6,47 / +0,5 6,56
8 Bronwyn Thompson Australien  Australien 6,55 / −0,8 x 6,21 / ±0,0 6,55
9 Valentīna Gotowska Lettland  Lettland 6,44 / −0,6 x 6,47 / +0,1 6,47
10 Lacena Golding Jamaika  Jamaika 6,37 / ±0,0 6,39 / +0,7 6,39 / +0,9 6,39
11 Patience Itanyi Nigeria  Nigeria 6,33 / +0,1 6,22 / −0,6 6,12 / −0,1 6,33
12 Viorica Țigău Rumänien  Rumänien x x 6,25 / +0,2 6,25
13 Jelena Perschina Kasachstan  Kasachstan 6,24 / −0,2 x 6,22 / +0,2 6,24
14 Sofia Schulte Deutschland  Deutschland 6,15 / −1,0 x 6,23 / +0,4 6,23
15 Andrea Ávila Argentinien  Argentinien 6,11 / −0,6 x 6,07 / +0,5 6,11
16 Despoina Papavasilaki Griechenland  Griechenland x x 5,86 / +0,7 5,86
NM Guo Chunfang China Volksrepublik  Volksrepublik China x x x ogV
Luciana dos Santos Brasilien  Brasilien x x x
Anna Tarassowa Kasachstan  Kasachstan x x x
DOP Marion Jones Vereinigte Staaten  USA 6,78 / +0,3 6,78 für das Finale zugelassen

Finale Bearbeiten

 
Acht Jahre nach ihrem ersten Sieg gewann Heike Drechsler ihr zweites Weitsprunggold

29. September 2000, 19:20 Uhr

Platz Name Nation 1. Versuch (m)
Wind (m/s)
2. Versuch (m)
Wind (m/s)
3. Versuch (m)
Wind (m/s)
4. Versuch (m)
Wind (m/s)
5. Versuch (m)
Wind (m/s)
6. Versuch (m)
Wind (m/s)
Resultat (m)
1 Heike Drechsler Deutschland  Deutschland 6,48 / −1,8 x 6,99 / +1,9 6,79 / −0,5 x x 6,9900
2 Fiona May Italien  Italien 6,76 / +1,3 6,82 / +1,1 6,92 / +1,1 6,72 / +0,8 6,73 / +0,4 6,72 / +0,1 6,9200
3 Tatjana Kotowa Russland  Russland x 6,76 / +0,2 6,83 / +1,4 x x 6,73 / +1,5 6,8300
4 Olga Rubljowa Russland  Russland x 6,79 / +1,4 x 6,79 / −0,9 x x 6,7900
5 Susen Tiedtke Deutschland  Deutschland x 6,52 / +0,8 6,74 / +0,1 x 4,94 / +1,6 x 6,7400
6 Jacqueline Edwards Bahamas  Bahamas 6,59 / +0,9 6,52 / +1,6 6,51 / −1,3 6,31 / −0,6 6,35 / +0,6 6,42 / +0,7 6,5900
7 Tünde Vaszi Ungarn  Ungarn 6,32 / +1,4 x 6,59 / +0,4 x x x 6,5900
8 Ljudmila Galkina Russland  Russland 6,42 / −1,0 6,56 / +2,9 6,05 / −1,7 eigentlich zu drei weiteren Sprüngen berechtigt 6,56 w
9 Elva Goulbourne Jamaika  Jamaika x 6,43 / +0,9 6,20 / +1,2 nicht im Finale der
besten acht Springerinnen
6,4300
10 Dawn Burrell Vereinigte Staaten  USA x x 6,38 / +0,1 6,3800
11 Olena Schechowzowa Ukraine  Ukraine x x 6,37 / +0,8 6,3700
DOP Marion Jones Vereinigte Staaten  USA x 6,68 / +1,3 x 6,92 / +1,0 x x 6,9200

Für das Finale hatten sich zwölf Athletinnen qualifiziert, fünf von ihnen über die Qualifikationsweite, weitere sieben über ihre Platzierungen. Drei Teilnehmerinnen kamen aus Russland, je zwei aus Deutschland und den Vereinigten Staaten, je eine Teilnehmerin von den Bahamas, aus Italien, Jamaika, der Ukraine und Ungarn.

Es gab keine eindeutige Favoritin für diesen Wettbewerb. Die amtierende Weltmeisterin Niurka Montalvo aus Spanien war nicht am Start. Zum Kreis der Medaillenanwärterinnen gehörten vor allem die italienische Vizeweltmeisterin und Vizeeuropameisterin Fiona May, die russische Weltmeisterin von 1997 und WM-Vierte 1999 Ljudmila Galkina, die deutsche Europameisterin und Olympiasiegerin von 1992 Heike Drechsler sowie auch der Medienstar dieser Spiele Marion Jones aus den USA, obwohl der Weitsprung nicht ihre Topdisziplin war. Aber sie war WM-Dritte und hatte sich als Ziel gesetzt, fünffache Olympiasiegerin zu werden. Den 100- und 200-Meter-Lauf hatte sie bereits gewonnen, jetzt sollte es nach ihren Vorstellungen noch Gold im Weitsprung und in den beiden Staffeln geben. Dass sich all ihre gewonnenen Medaillen einige Jahre später in Schall und Rauch auflösen sollten, weil Marion Jones unerlaubte Mittel zur Leistungssteigerung eingesetzt hatte, konnte hier noch niemand ahnen – siehe dazu Ausführungen im Abschnitt "Doping" oben.

Im Finale setzte sich May im ersten Durchgang mit 6,76 m in Führung und baute diese im zweiten Versuch mit 6,82 m weiter aus. Die Russin Tatjana Kotowa eroberte in dieser Runde mit 6,76 m Platz zwei. Im dritten Versuch steigerte sich Kotowa auf 6,83 m, May konterte mit 6,92 m. Doch jetzt griff auch Drechsler in den Kampf um die Medaillen ein. Mit 6,99 m übernahm sie die Spitze. Im vierten Versuch gelang Jones mit 6,92 m m der Sprung auf Platz drei. Zwar war Jones exakt die gleiche Weite wie May gesprungen, doch die Italienerin hatte eine bessere zweitbeste Weite zu Buche stehen. An der Rangfolge änderte sich bis zum Ende des Wettkampfes nichts mehr. Heike Drechsler war Olympiasiegerin, Fiona May hatte Silber und für Marion Jones schien es Bronze zu sein.

Diese vorerst offizielle Reihenfolge hatte zwar für mehrere Jahre Bestand, blieb jedoch nicht endgültig, denn Jones hatte sich unlauterer Mittel bedient und wurde disqualifiziert[2][3]Näheres dazu oben im Abschnitt "Doping". So rückten alle weiteren Athletinnen um jeweils einen Rang nach vorn. Tatjana Kotowa gewann Bronze und ihre Landsfrau Olga Rubljowa wurde Vierte vor der Deutschen Susen Tiedtke und Jacqueline Edwards von den Bahamas.

Heike Drechsler war die erste Weitspringerin, die eine zweite Goldmedaille Olympischen Spielen gewinnen konnte. In der Gesamtanzahl der gewonnenen Medaillen lag sie mit drei Medaillen – 1988 Silber / 1992 Gold / 2000 Gold – gemeinsam mit der US-Athletin Jackie Joyner-Kersee – 1988 Gold / 1992 Bronze / 1996 Bronze – an der Spitze aller Weitspringerinnen.

Videolinks Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Athletics - Progression of outdoor world records (Women), Long jump - Women, sport-record.de (englisch), abgerufen am 18. Januar 2022
  2. a b Marion Jones bekennt sich zur Doping-Lüge. In: Der Spiegel 5. Oktober 2007, spiegel.de, abgerufen am 3. Februar 2022
  3. a b Marion Jones muss Prämien zurückzahlen. In: Der Spiegel 23. November 2007, spiegel.de, abgerufen am 3. Februar 2022