Die Dirac-Verteilung oder Einpunktverteilung[1][2][3], manchmal auch Punktverteilung[4], ausgeartete Verteilung[1], entartete Verteilung[1], uneigentliche Verteilung[1], deterministische Verteilung, Einheitsmasse[5] oder degenerierte Verteilung genannt, ist eine spezielle Wahrscheinlichkeitsverteilung in der Stochastik. Sie zählt zu den diskreten Wahrscheinlichkeitsverteilungen. Der Name Dirac-Verteilung folgt daher, dass sie aus dem Diracmaß abgeleitet wird. Sie ist meist nur von theoretischer Bedeutung und spielt eine wichtige Rolle in der Klassifikation der unendlich teilbaren Verteilungen.

Definition Bearbeiten

 
Die Verteilungsfunktion von  

Eine reelle Zufallsvariable   heißt Dirac-verteilt zum Punkt  , in Symbolen  , wenn sie die Verteilungsfunktion

 

besitzt. Die Verteilung von   ist also genau das Diracmaß im Punkt  , das heißt für alle messbaren Mengen   gilt

 

Die Zufallsvariable   nimmt insbesondere fast sicher den Wert   an, es gilt also  , worauf der Name deterministische Verteilung zurückzuführen ist.

Eigenschaften Bearbeiten

Lagemaße Bearbeiten

Erwartungswert, Modus und Median fallen alle zusammen und sind gleich dem Punkt  

Streumaße Bearbeiten

Varianz, Standardabweichung und Variationskoeffizient fallen zusammen und sind alle gleich  

Symmetrie Bearbeiten

Die Dirac-Verteilung ist symmetrisch um  .

Höhere Momente Bearbeiten

Die Momente sind gegeben durch

 

Entropie Bearbeiten

Die Entropie der Dirac-Verteilung ist 0.

Kumulanten Bearbeiten

Die kumulantenerzeugende Funktion ist

 .

Damit ist   und alle weiteren Kumulanten sind gleich 0.

Charakteristische Funktion Bearbeiten

Die charakteristische Funktion ist

 

Momenterzeugende Funktion Bearbeiten

Die momenterzeugende Funktion ist

 

Reproduktivität, α-Stabilität und unendliche Teilbarkeit Bearbeiten

Die Klasse der Dirac-Verteilungen ist reproduktiv, da die Summe Dirac-verteilter Zufallsvariablen wieder Dirac-verteilt ist, da für die Faltung

 

gilt. Des Weiteren sind Dirac-Verteilungen α-stabile Verteilungen mit  . Teilweise werden aber Dirac-Verteilungen explizit von der Definition der α-Stabilität ausgeschlossen. Außerdem sind Dirac-Verteilungen unendlich teilbar, da   gilt.

Beziehung zu anderen Verteilungen Bearbeiten

Die Dirac-Verteilung tritt meist als degenerierter Fall bei schlechter Parameterwahl von anderen Verteilungen auf. Beispielsweise sind die Bernoulli-Verteilung, die Zweipunktverteilung und die Binomialverteilung alles Dirac-Verteilungen, wenn man   wählt. Des Weiteren ist auch die diskrete Gleichverteilung auf einem Punkt eine Dirac-Verteilung.

Beziehung zur Delta-Distribution Bearbeiten

Insbesondere in der Physik und Technik werden verallgemeinerte Funktionen im Sinn von Distributionen verwendet, die als mathematische Objekte weder Funktionen noch Wahrscheinlichkeitsverteilungen sind. Die Delta-Distribution (oder Dirac-Funktion) auf den reellen Zahlen ist das Objekt   mit der Eigenschaft

 

für eine große Klasse von Funktionen  . Für eine Zufallsvariable   mit einer Dirac-Verteilung an der Stelle   können die Wahrscheinlichkeiten für ein Ereignis   mit Hilfe der Delta-Distribution formal als

 

geschrieben werden. Damit verhält sich   formal wie eine Dichtefunktion, obwohl die Dirac-Verteilung keine Dichtefunktion bezüglich des Lebesgue-Maßes besitzt.

Literatur Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d P. H. Müller (Hrsg.): Lexikon der Stochastik – Wahrscheinlichkeitsrechnung und mathematische Statistik. 5. Auflage. Akademie-Verlag, Berlin 1991, ISBN 978-3-05-500608-1, Einpunktverteilung, S. 81.
  2. Horst Rinne: Taschenbuch der Statistik. 4. Auflage. Harri Deutsch, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-8171-1827-4, 3.12.1 Einpunkt-Verteilung, S. 369.
  3. Hermann Witting, Ulrich Müller-Funk: Mathematische Statistik II. Asymptotische Statistik: Parametrische Modelle und nichtparametrische Funktionale. Teubner, Stuttgart 1995, ISBN 978-3-322-90153-8, S. 46.
  4. Achim Klenke: Wahrscheinlichkeitstheorie. 4., überarbeitete und ergänzte Auflage. Springer, Berlin 2020, ISBN 978-3-662-62088-5, S. 369, doi:10.1007/978-3-662-62089-2.
  5. Georgii: Stochastik. 2009, S. 14.