Zweite Schlacht bei Höchstädt

Schlacht des Spanischen Erbfolgekriegs
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Die Zweite Schlacht bei Höchstädt (engl. Battle of Blenheim) war die erste bedeutende Kampfhandlung im Spanischen Erbfolgekrieg. Ein alliiertes Heer aus Kaiserlichen und Reichsarmee unter Prinz Eugen von Savoyen sowie englischen Truppen unter John Churchill, 1. Duke of Marlborough besiegte am 13. August 1704 eine vereinte französisch-bayerische Streitmacht unter dem Marschall Tallard und Kurfürst Maximilian II. Emanuel so entscheidend, dass deren drohender Marsch auf Wien verhindert und Frankreich in die Defensive gezwungen wurde.

Zweite Schlacht bei Höchstädt (1704)
Teil von: Spanischer Erbfolgekrieg

Schlacht bei Höchstädt
Gemälde von John Wootton (1682–1764)
Datum 13. August 1704
Ort Höchstädt an der Donau
Ausgang Sieg der Großen Allianz
Konfliktparteien

England Konigreich England
Romisches Reich Heiliges 1400 Heiliges Römisches Reich

Frankreich Konigreich 1791 Frankreich
Kurfürstentum Bayern Bayern

Befehlshaber

John Churchill
Eugen von Savoyen

Maximilian II. Emanuel
Camille d’Hostun, comte de Tallard
Ferdinand de Marsin

Truppenstärke

52.000 Mann
60 Kanonen

56.000 Mann
90 Kanonen

Verluste

4.542 Tote
7.942 Verwundete

20.000 Tote und Verwundete
14.190 Gefangene

Vorgeschichte

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Im Jahr 1700 starb mit König Karl II. von Spanien der letzte Habsburger auf dem dortigen Thron. Testamentarisch hatte Karl den Enkel König Ludwigs XIV. von Frankreich, Philipp von Anjou, zum Erben sämtlicher spanischer Besitzungen in Europa und Übersee erklärt. Ludwig rief daraufhin Philipp zum spanischen König aus und bestätigte zugleich dessen Anspruch auf die französische Thronfolge. Das widersprach den Teilungsverträgen, die Europas Mächte 1698 und 1699 über das anstehende spanische Erbe geschlossen hatten und es drohte eine enorme Machtverschiebung zugunsten Frankreichs.[1] Auf Initiative Wilhelms von Oranien, der zugleich Statthalter der Niederlande und König von England war, verbündeten sich die Gegner Ludwigs XIV. in der Großen Haager Allianz. Dazu gehörten neben England, den Niederlanden und der Habsburgermonarchie auch verschiedene Stände des Römisch-deutschen Reichs. In der Hoffnung auf die Königswürde und Gebietserweiterungen schlug sich Maximilian II. Emanuel jedoch auf Frankreichs Seite und mit ihm sein Bruder Kurfürst Joseph Clemens von Köln.[2]

1702 besetzten bayerische Truppen die Reichsstadt Ulm ferner die Städte Memmingen, Lauingen, Dillingen an der Donau, Neuburg an der Donau und Regensburg. Daher wurde am 30. September 1702 der Reichskrieg gegen Bayern, Kurköln und Frankreich erklärt. Ein Jahr später kam es am 20. September 1703 an der Donau zur Ersten Schlacht bei Höchstädt. Französische und bayerische Truppen unter Marschall Villars und Maximilian II. Emanuel besiegten die kaiserlichen Truppen unter dem Befehl von Generalfeldmarschall Hermann Otto II. von Limburg-Styrum. Nur der Widerstand preußischer Einheiten unter Leopold I. von Anhalt-Dessau verhinderte die völlige Auflösung der österreichischen und Reichsverbände. Unter Missachtung der zuvor von Augsburg erklärten Neutralität drangen kaiserliche Truppen in die Reichsstadt ein. Bayern und Franzosen rückten nach und beschossen Augsburg. Die Kanonade dauerte vom 7. bis zum 15. Dezember. Am Tag darauf zogen sich die Kaiserlichen zurück und Frankreichs Marschall Ferdinand de Marsin quartierte sich mit 11.500 Mann in Augsburg ein. Sie verließen die Stadt Ende Juni 1704 und marschierten nach Donauwörth. Im selben Jahr erlangten die beiden fähigsten Feldherren Englands und Österreichs, John Churchill, Herzog von Marlborough und Prinz Eugen von Savoyen, den Oberbefehl über ihre jeweiligen Armeen.[3][4]

Am 18. Mai erreichten die anglo-niederländischen Truppen Bedburg 30 km nordöstlich von Köln. Von hier aus brach Marlborough einen Tag später in Richtung Koblenz auf.[5] Am 29. Mai erreichte Marlborough Koblenz, wo seine Truppen auf das rechte Rheinufer übergingen und sich ihnen am folgenden Tag 5.000 Hannoveraner und Preußen anschlossen. Die Aufmerksamkeit der Franzosen richtete sich nun auf die Festung Philippsburg, wo gerade Pontonbrücken über den Rhein gebaut wurden. Indem er nach Süden zu diesen Brücken marschierte, drohte Marlborough, seine Armee über den Rhein zurückzubringen, um einen Feldzug im Elsass zu starten. Nachrichten zwischen den französischen Befehlshabern und König Ludwig XIV. wurden übermittelt. Bis ein Meinungsaustausch über die Absichten Marlboroughs abgeschlossen war und Pläne für einen Gegenangriff entwickelt wurden, hatte Marlborough zwangsläufig eine neue Marschroute mit unbekanntem Ziel eingeschlagen und der Prozess musste von neuem beginnen. Am 3. Juni überquerte Marlborough den Main und legte eine dreitägige Ruhepause ein. Die Franzosen glaubten nun, dass ihre Festung Landau, die nur 50 km entfernt war, das Ziel sein könnte. Am 7. Juni wurde der Marsch mit der Überquerung des Neckars fortgesetzt und so den Franzosen Marlboroughs wahre Absichten offenbart.[6]

Strategie

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Der Erfolg von Marlboroughs Marsch an die Donau hatte die Initiative zurück in die Hände der Alliierten gebracht. Die Franzosen sahen sich plötzlich genötigt, ihre Entscheidungen von denen Marlboroughs abhängig zu machen. Tallard hatte bei seinem Treffen mit Maximilian II. Emanuel und Marsin in Hüftingen beschlossen, ab dem 5. Juni am Rhein entlang zu marschieren, um Freiburg, Philippsburg oder Mainz zu bedrohen. Gleichzeitig wollte Maximilian II. Emanuel auf das linke Donauufer wechseln und Nördlingen beziehungsweise Nürnberg einnehmen. Den ersten Nachrichten, die auf einen Marsch Marlboroughs nach Deutschland hindeuteten, schenkte Tallard keinen Glauben. Er hielt die Verlegung Villeroys an die Mosel für ausreichend, um die englischen und niederländischen Truppen an die Maas oder Mosel zurückzudrängen. Am 25. Mai veranlasste jedoch die Nachricht, Marlborough nähere sich Koblenz, dass Tallard jede weitere Bewegung unterließ, bis Marlboroughs Absichten klar wurden. Von einem energischen Vorgehen gegen die Niederlande, um Marlborough zum Rückzug an die Maas zu bewegen, wie es Tallard vorschwebte, sah man in Versailles ab.
Tallard und Villeroy, welche die Absicht Marlboroughs nun erkannten, trafen sich am 13. Juni in Landau, wo sie ein gemeinsames Vorgehen besprachen. Aufgrund der starren französischen Befehlsstruktur musste jede Abweichung vom ursprünglichen Plan von Versailles genehmigt werden, sodass die Genehmigung von Ludwig XIV. beide erst am 27. Juni erreichte. Während Tallard Marsin und Maximilian II. Emanuel mit 35.000 Mann entsetzen sollte, erhielt Villeroy den Befehl, Prinz Eugen in Stollhofen zu binden oder ihm zu folgen, falls er an die Donau ziehen würde. Am 10. Juni trafen sich Marlborough, Prinz Eugen und Graf Wratislaw in Mundelsheim, bevor sich ihnen am 13. Juni in Großheppach Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden anschloss. Zusammen verfügten sie über eine Truppenstärke von etwa 110.000 Mann. Die Befehlshaber entschieden, ihre Armee zu teilen. Prinz Eugen sollte mit 28.000 Mann zu den Linien bei Stollhofen am Rhein zurückkehren. Von dort sollte er Villeroy und Tallard beobachten und sie daran hindern, die französisch-bayerische Armee an der Donau zu unterstützen.
Gleichzeitig würden Marlborough und Markgraf Ludwig Wilhelm mit insgesamt 80.000 Mann an die Donau marschieren, um Maximilian II. Emanuel und Marsin aufzuspüren und den Erfolg der Kampagne zu gewährleisten. Am 22. Juni trafen die Truppen von Marlborough bei Ulm auf die Reichsarmee unter Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden. In Erwartung eines Angriffes beorderten Maximilian II. Emanuel und Marsin 13.000 Mann unter Johann Baptist von Arco nach Donauwörth am Nordufer der Donau. Dort kam es am 2. Juli zur Schlacht, die Marlborough für sich entscheiden konnte. Die Bayern und Franzosen sahen sich daraufhin gezwungen, mit ihren verbliebenen Heereseinheiten nach Augsburg zurückzuziehen. Tallards Vorstoß stellte Prinz Eugen vor ein Problem. Wollte er eine mögliche Niederlage Marlboroughs vermeiden, musste er Tallard stellen oder Marlborough zur Hilfe kommen. Dies führte jedoch dazu, dass Villeroy nach Süden vorrücken konnte und sich mit Maximilian II. Emanuel sowie Marsins Truppen vereinte. Prinz Eugen entschloss sich schließlich, 12.000 Mann bei Stollhofen zurücklassen und sich mit dem Rest seiner Armee Marlborough anzuschließen. Eugen traf mit etwa 18.000 Mann am 6. August im Raum Höchststädt ein. Unterdessen hatten sich Tallard und Maximilian II. Emanuel mit ihren Truppen am 5. August in Augsburg vereinigt.[7][8][9]
Nach seiner Ankunft traf Eugen am 6. August in Schrobenhausen mit Marlborough und Ludwig Wilhelm von Baden zusammen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Ludwig Wilhelm schlug vor, dass er mit eigenen Truppen Ingolstadt belagern sollte. Erfreut, Ludwig loszuwerden, stimmte Marlborough dieser Operation bereitwillig zu. Trotz des Verlustes von fast 16.000 Mann war Marlborough der Meinung, dass sich der Preis gelohnt hatte, denn er hatte keine Hoffnung auf Erfolg, solange der starrköpfige Ludwig-Wilhelm vor Ort war. Nach der Bündelung ihrer Kräfte fühlten sich Tallard, Marsin und Maximilian II. Emanuel sicher, ihre Gegner einzeln angreifen zu können, während die beiden Flügel der alliierten Armee getrennt waren. Marlborough befand sich bei Rain südlich der Donau und Prinz Eugen etwa 32 km entfernt bei Höchstädt am Nordufer. Wenn einer von beiden getrennt durch die Donau gestellt werden könnte, sollte die französisch-bayerische Armee mit ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit in der Lage sein, sie zu vernichten und damit den gesamten Feldzug zu beenden. Eugen – mit der kleineren Streitmacht – schien am verwundbarsten, da Marlborough nicht eher zu ihm kommen konnte, bis er sicher war, dass ihre Gegner das Nordufer der Donau überschritten hatten. Würde er dies zu früh tun, könnte er riskieren, dass der Markgraf von Baden in Ingolstadt Opfer eines französischen und bayerischen Angriffs wurde. Auf französischer Seite schien es, dass Tallard lieber abgewartet hätte, um seine Vorräte aufzufüllen und Marlboroughs Donaufeldzug im Winter erlahmen zu lassen.
Die Region war dem Marschall nicht vertraut und es bestanden Zweifel an der Stärke der alliierten Armee. Daher schien es klug zu sein, abzuwarten, bis weitere Verstärkungen und Nachschub vom Rhein herbeigeschafft werden konnten. Marsin, der neu ernannte Marschall von Frankreich, war jedoch zu ehrgeizig, um diese Gelegenheit, sich einen Namen zu machen, verstreichen zu lassen. Maximilian II. Emanuel war ebenfalls bestrebt, den Feldzug zu beschleunigen, da seine Ländereien von den alliierten Armeen besetzt waren. Schließlich beschlossen die französischen und bayerischen Befehlshaber, Eugen anzugreifen. Während Wilhelm-Ludwig Marlborough am 9. August in Richtung Ingolstadt verlassen hatte, überquerte die französisch-bayerische Armee auf Pontonbrücken bei Dillingen die Donau.[10] Am 10. August schrieb Prinz Eugen an Marlborough: Der Feind sei in vollem Anmarsche gegen Dillingen begriffen.[11]

Aufstellung

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Marlborough erhielt zusammen mit Eugens Brief von seinen Spähern die Information, dass die französisch-bayerische Armee tatsächlich die Donau überschritten hatte. Marlborough zog seine Truppen sofort auf Donauwörth zusammen, ein Teil überquerte die Donau bei Marxheim, der Rest nahm den direkten Weg von Rain über den Lech. Im Laufe des 11. August hatte sich Marlborough schließlich mit Eugen vereinigt. Die beiden Armeen kampierten nun an der Kessel, mit der rechten Seite bei Kessel-Ostheim, und der Linken bei Münster. Noch am selben Abend ging im Lager des Kurfürsten das Gerücht um, der Marktgraf von Baden sei nach Ingolstadt abkommandiert worden. Wenn sich dies bewahrheitete, waren die französisch-bayerischen Truppen in der Überzahl. Den französischen und bayerischen Befehlshabern schien es, dass Marlborough den Verlauf des Feldzugs falsch eingeschätzt hatte. Er hatte sie nicht daran gehindert, ihre eigenen Armeen zu vereinen und hatte dann zugelassen, dass Ludwig Wilhelm von Baden zu einer offensichtlich zweitrangigen Operation aufbrach. Im Laufe des 11. August rückte die 56.000 Mann starke französisch-bayerische Armee von den Flussübergängen bei Dillingen über das sumpfige Gelände entlang des Pulver- und Brunnenbachs bei Höchstädt vor und bezog hinter dem Nebelbach Stellung.[12][13] Marschall Tallard befehligte die rechte und mittlere Seite der französischen Armee, deren rechte Flanke durch die Donau und die Dörfer Blenheim und Oberglau auf der rechten bzw. linken Seite geschützt war. Marschall Marsin und Maximilian II. Emanual befehligten den linken Flügel, mit Lutzingen an der linken Flanke. Sie stellten ihre Truppen in einer 8 km langen Linie direkt an der Nebel auf und nutzten diese als Verteidigungsgraben. Tallard teilte 9 Bataillone für die Verteidigung von Blenheim ein, weitere 7 unmittelbar dahinter und 11 weitere Bataillone einige hundert Meter dahinter als Reserve. Er zog 68 Schwadronen, unterstützt von 9 Bataillonen Infanterie, tausend Meter von der Nebel entfernt auf dem offenen Gelände zwischen Blenheim und Oberglau zusammen und schickte seine beiden verbleibenden Bataillone zu Marsin nach Oberglau. Marsin und der Kurfürst stellten den Rest der Französischen und die gesamte bayerische Kavallerie von Oberglau aus in Richtung Lutzingen auf und konzentrierten ihre Infanterie auf beiden Flanken.[14] Auf Seite der Alliierten einigten sich beide Befehlshaber darauf, dass Marlborough mit 33.000 Mann Infanterie und Kavallerie gegen Tallard auf der linken Seite vorgehen sollte, während Prinz Eugen mit den restlichen 18.000 Mann Maximilian II. Emanuel und Marsin auf der rechten Seite angreifen sollte.

Schlacht

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Am 13. August um 02:00 Uhr morgens brach das Heer der Alliierten bei dichtem Nebel von seinen Lagern auf und zog in acht Kolonnen an der Kessel entlang in Richtung Höchstädt. Gegen 06:00 Uhr erreichten sie Schwenningen.[15] Zur gleichen Zeit erhielt Tallard von vorgelagerten Posten Meldungen über Truppenbewegungen. Tallard nahm jedoch an, die Alliierten wollten sich nordwärts zurückziehen. Erst als sich der Nebel gegen 07:00 lichtete bemerkte er seinen Irrtum. Tallard gab daraufhin Befehl die Truppen zu sammeln und Gefechtsbereit zu machen. Da er die schwersten Kämpfe bei Blenheim erwartete, befahl er sofort, das Dorf zu besetzen. Vier Regimenter französischer Dragoner wurden angewiesen, den Raum zwischen dem Dorf und der Donau abzuriegeln. Bald darauf wandte sich fast die gesamte Infanterie nach rechts und rückte auf Blenheim selbst zu. Mit acht Schwadronen begann Tallards erste Linie links des Dorfes, und weitere Schwadronen verlängerten sie bis zum rechten Flügel von Marsin. Weitere Kavallerie unterstützte diese in einer zweiten Linie, zusammen mit neun Bataillonen. Dann ging die Artillerie in Stellung. Vier Vierundzwanzigpfünder wurden vor Blenheim postiert, während eine Kette von Batterien die Linie von einem Ende zum anderen deckte. Marlborough war auf seiner Seite ebenso beschäftigt.

Blenheim und Oberglau waren, wie er sah, zu weit voneinander entfernt, um das gesamte dazwischen liegende Gelände mit einem Kreuzfeuer abzudecken, und die französische Kavallerie am Hang darüber war zu weit entfernt, um den Durchgang der Nebel zu versperren. Männer wurden hinuntergeschickt, um den Fluss zu untersuchen, die Steinbrücke wurde repariert, und fünf Pontonbrücken wurden gelegt, eine oberhalb von Unterglau, die anderen unterhalb. Um acht Uhr eröffneten die Batterien von Tallard das Feuer, allerdings mit geringer Wirkung. Um halb eins, als alles bereit war, befahl Marlborough, die Nebel zu überqueren und anzugreifen. Zu seiner Rechten sollte Generalleutnant Cutts den Fluss überqueren und dann in einer flachen Senke anhalten und auf weitere Befehle warten. Die Truppen wurden in einer Entfernung von etwa 50 Metern von den französischen Soldaten unter Beschuss genommen. Der Befehl lautete jedoch, dass kein einziger Schuss abgegeben werden dürfe, bis die Palisaden durchbrochen seien. Die Briten drängten entschlossen weiter und erreichten schließlich die Palisaden. Die Männer, die ihre Salven abfeuerten, stürmten vorwärts und versuchten, die Palisaden niederzureißen, in dem vergeblichen Bemühen, einen Zugang zu erzwingen. In wenigen Minuten war ein Drittel der Brigade gefallen, sodass sich die erste Linie zurückziehen musste.

Als Cutts dies bemerkte, ersuchte er um eine Verstärkung der Kavallerie, um seine Flanke zu schützen. Daraufhin befahl General Lumley fünf englische Schwadronen über die Nebel. Als sie den Fluss überquert hatten, wurden sie sofort von den Franzosen angegriffen. Als die Engländer jedoch vorrückten, zogen sich die Franzosen zurück, doch als sie die Franzosen zu lange verfolgten, wurden sie durch das Flankenfeuer von Blenheim aufgerieben und zum Rückzug gezwungen. Die beiden verbliebenen Linien von Cutts überquerten nun die Nebel, um einen neuen Angriff auf Blenheim zu starten. Der Feind hatte inzwischen mehr Artillerie nach vorne gebracht, um die Furten zu säubern, aber die Briten konnten sich am gegenüberliegenden Ufer festsetzen und zwangen die Geschütze zum Rückzug. Daraufhin rückten zwei Brigaden gemeinsam gegen das Dorf vor, nahmen die Außenbezirke ein, konnten aber trotz mehrerer verzweifelter Angriffe nicht weiter vordringen und mussten sich schließlich unter großen Verlusten zurückziehen.[16]

Bei Oberglauheim gingen die Franzosen sogar zum Gegenangriff über, den Marlborough jedoch mit seiner starken Kavallerie zurückwarf. Die fortgesetzten englischen Angriffe hatten schließlich zur Folge, dass General Clerambault, der Befehlshaber in Blindheim, sämtliche Infanteriereserven des französischen rechten Flügels nach Blindheim beorderte. Tallard widersprach diesen Befehlen nicht. In dieser Phase zeigten sich besonders fatal Tallards Fehlentscheidungen, Blindheim zu halten und dort unnötigerweise Truppen zu konzentrieren, die im völlig überdehnten Zentrum der Front bessere Dienste geleistet hätten. Erschwerend kam die Verweigerung hinzu, Teile von Marsins Kavallerie als Verstärkung einzusetzen. Bis etwa 14 Uhr wogte der Kampf hin und her. Franzosen und Bayern hatten durch die Besetzung leichte Vorteile errungen und waren auch an Artillerie überlegen, die sich trotz des Überraschungsangriffs mittels des Nebelbachs als Annäherungshindernis auf den leichten Abhängen des Geisberges formieren konnte. Marlborough nahm die Kampfhandlungen um 14:30 Uhr wieder auf und überwand gegen 16 Uhr mit seiner Kavallerie endgültig über gebaute Übergänge den Nebelbach und das Sumpfgelände, um sie auf dem Kampfplatz südlich Oberglauheim einzusetzen. Einzelne Attacken französischer Kavallerie wurden abgeschlagen, was die Wende brachte. Marlborough setzte seine gesamte Kavallerie (109 Schwadronen mit etwa 13.000 Reitern) ein, der Kavallerie folgten 8.000 Mann Infanterie und Artillerie. Tallard konnte diesem Aufgebot lediglich 76 Schwadronen (8.000 Reiter) sowie 4.500 Mann Infanterie und einige Kanonen entgegensetzen. Der Großteil der alliierten Kavallerie war noch frisch, während die französischen Schwadronen schon seit Stunden eingesetzt worden waren und somit müde und zum Teil auch dezimiert waren. Dennoch gelang es den Franzosen, den ersten Angriff abzuwehren. Angeblich sagte Marlborough nach dem ersten missglückten Angriff zu einem fliehenden englischen Offizier: “Sir, you are under a mistake, the enemy lies that way …” (deutsch: „Sir, Sie unterliegen einem Fehler, der Feind befindet sich in dieser Richtung …“). Der zweite Angriff durchbrach jedoch die französischen Linien. Die französische Infanterie (9 Bataillone) wurde ihrem Schicksal überlassen. Diese „feinen französischen Truppen“ (so Winston Churchill) wurden an Ort und Stelle trotz Gegenwehr bis auf den letzten Mann getötet, man konnte am Tag nach der Schlacht an den Haufen von vielen Hunderten Leichen sehen, wo sich ihre letzten Positionen befunden hatten. Tallard wurde bei dem Angriff zwei Mal verwundet. Die fliehende französische Kavallerie wurde von der alliierten Kavallerie verfolgt und in die Donausümpfe bzw. direkt in die Donau getrieben, wo ein nicht unerheblicher Teil der Reiter samt Pferden ertrank. Marlboroughs Manöver schnitt sowohl Marsin wie Max Emanuel II. vom rechten Flügel ab und kesselte General Clerambault in Blindheim ein. Die bayerischen und französischen Truppen steckten nun die Mühlen und Gehöfte in Brand, um sie für den Feind als Deckung unnütz zu machen, und zogen sich sehr geordnet zurück. Einsatzfähige Kavallerie war schon nach dem dritten Rückschlag als geschlossener Kampfverband faktisch nicht mehr vorhanden. Viele Einheiten stellten nach dieser Beobachtung den Kampf ein und räumten Lutzingen.

Die den Ort Blindheim (engl. Blenheim) verteidigenden Franzosen waren von den Regimentern unter Lord Cutts eingeschlossen. Marschall Tallard wurde beim Versuch, Truppen aus dem Ort zu einem Ausfall auf das Feld zu führen, Opfer seiner Kurzsichtigkeit und von hessischen Dragonern bei Sonderheim gefangen genommen. Tallards Sohn war wenige Stunden zuvor gefallen. Die diffuse Situation bei der Ortschaft Blindheim besserte sich für die Franzosen nicht mehr. Die Engländer zogen immer mehr Truppen zusammen, um Blindheim zu stürmen. Es gelang ihnen, die französischen Truppen ins Zentrum des Orts zurückzudrängen. Die für beide Seiten sehr verlustreichen Kämpfe verlagerten sich rund um die Kirche. Die von den Engländern eingesetzte Artillerie setzte viele Gebäude in Brand. General Philippe de Clérambault, der französische Befehlshaber in Blindheim, ließ seine Truppen im Stich und versuchte die Donau zu durchschwimmen, um das rettende südliche Ufer zu erreichen. Der Versuch kostete ihn das Leben, er ertrank. Die Kämpfe zogen sich noch bis zirka 20:00 Uhr hin, weil eine einheitliche Kommandostruktur fehlte und die eingeschlossenen Soldaten bis zur letzten Patrone kämpfen wollten. Der englische Generalleutnant George Hamilton, Earl of Orkney, bot den Franzosen, nachdem seine Truppen bereits drei Mal zurückgeworfen worden waren, eine zeitweilige Feuereinstellung an, um die Verwundeten aus den brennenden Häusern bergen zu können. Diese Pause nutzte Hamilton, um den Marquis de Blanzac, den neuen französischen Befehlshaber, zur Kapitulation zu überreden, und das sinnlose Opfern seiner Soldaten zu beenden. De Blanzac sah die Unvermeidbarkeit der Niederlage ein und um 21 Uhr legten die Franzosen die Waffen nieder.

 
Der Sturm auf Blindheim durch die Alliierten. (The Battle of Blenheim 1704, English School 18. Jh.)

Gefallene Generäle

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Auf alliierter Seite fielen mehrere Generalmajore: der dänische Christoffer Bielke (Bjelke), der englische Sir Row sowie der holländische Karl Ludwig von Erbach. Der preußische Generalmajor Dubislav Gneomar von Natzmer wurde schwer verwundet. Auf der anderen Seite fiel der Generalleutnant Freiherr von Saalfeld. Besonders das französische Militär musste jedoch einen hohen Blutzoll zahlen; es fielen: die Generalleutnants Mqs de Blainville, Comte Clerambault, Mqs de Vertilly und Comte Zurlauben. Ferner starben die Maréchal de camp de Planey und Comte de Verrue, außerdem die Brigadiers Comte de la Baume, Mqs de Bethume, Comte de Cassion, Comte de Maisoncelle, Mqs. de Marillac, Baron de Monroux, Chev. de Nouville, Mqs. de St. Puange und der Comte de Sassenange.

In die Hände der Alliierten fielen

  • etwa 11.000 Gefangene (24 Bataillone Infanterie und 4 Dragonerregimenter)
  • 129 Fahnen und 171 Kavallerie-Standarten
  • fast die gesamte Artillerie sowie der Tross der Bayern und Franzosen
 
Gedenkstein am Aussichtsplatz der Franzosen bei Lutzingen

Der Sieg stärkte die Motivation auf alliierter Seite zu weiteren Waffengängen. Die Franzosen hatten den damals verbreiteten Nimbus der Unbesiegbarkeit ihrer Armee eingebüßt. Frankreich musste sich hinter die Rhein-Linie zurückziehen.

Der Literaturnobelpreisträger und britische Premierminister Winston Churchill, ein Nachfahre des Herzog von Marlborough, schrieb über diese Schlacht in seinem dritten Band über die englische Geschichte:

„Der Sieg von Höchstädt-Blenheim hatte die französischen und bayerischen Armeen an der Donau nahezu vernichtet. Mehr als 40.000 Mann waren getötet, verwundet, gefangen oder versprengt worden. Der Rest zog sich durch den Schwarzwald an den Oberrhein zurück. Ein Drittel beider Armeen lag auf der Walstatt. Dreizehntausend unverwundete Gefangene einschließlich der berühmtesten Regimenter Frankreichs verbrachten die Nacht des 13. im Gewahrsam der britischen Infanterie. […] Ganz Europa erschauerte vor diesem unglaublichen Geschehen. Ludwig XIV. konnte es nicht fassen, dass seine beste Armee nicht nur geschlagen, sondern auch vernichtet war. Von diesem Augenblick an dachte er nicht mehr an Eroberung, sondern nur noch an einen ehrenvollen Abgang aus dem Krieg, den er heraufbeschworen hatte. Die ganze Macht der Großen Allianz war neu erstanden und konsolidiert. Der Schrecken vor den französischen Waffen, der eine Generation lang auf Europa gelastet hatte, war gebrochen. Marlborough stand, sogar noch über seinem Kameraden, dem großen Eugen, als der erste Soldat seines Zeitalters da. Und da er gleichzeitig die gesamte Diplomatie und das Tun und Trachten der Allianz lenkte, wurde dieser englische General für eine Weile der eigentliche Führer des großen Bündnisses der Nationen, die sich gegen Ludwig XIV. zusammengeschlossen hatten. Mit Marlborough erreichte England den Gipfel seiner Macht, und die Inselbewohner, die seit Crécy und Azincourt, dreihundert Jahre zuvor, keinen solchen Triumph mehr gekannt hatten, gaben sich ihrer Freude hin.“

Bayern wurde gemäß dem Vertrag von Ilbesheim von Österreich besetzt. Der bayerische Kurfürst Maximilian II. Emanuel ging ins Exil unter dem Verlust der bayerischen Kurwürde und der Oberpfalz an den Pfälzer Wittelsbacher Johann Wilhelm. Prinz Eugen und der Herzog von Marlborough feierten 1706 bei Ramillies und Turin weitere Triumphe auf dem Schlachtfeld über die Franzosen; die Schlacht von Malplaquet (1709) endete ohne eindeutigen Sieger. Erst der Friede von Utrecht (1713) und der Friede von Rastatt sowie der Friede von Baden (1714) beendeten den blutig geführten Streit um die spanische Erbfolge und das Mächtegleichgewicht in Europa.

Literatur

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  • Abteilung für Kriegsgeschichte des k. k. Kriegs-Archives (Hrsg.): Spanischer Successions-Krieg Feldzug 1702 (= Feldzüge des Prinzen Eugen von Savoyen. Band IV). K.K. Generalstab, Wien 1877, OCLC 1045377353.
  • Abteilung für Kriegsgeschichte des k. k. Kriegs-Archives (Hrsg.): Spanischer Successions-Krieg Feldzug 1704 (= Feldzüge des Prinzen Eugen von Savoyen. Band VI). K.K. Generalstab, Wien 1879, OCLC 1045216255.
  • Winston Churchill: Marlborough: his Life and Times. Band II. George G. Harrap & Co., London 1934, OCLC 1071762884 (englisch).
  • John Baptist Wolf: Louis XIV. Norton, New York 1968, OCLC 1036673017 (englisch).
  • David G. Chandler: Marlborough as Military Commander. Scribner, New York 1973, OCLC 1194428678 (englisch).
  • James Falkner: Blenheim 1704: Marlborough's greatest Victory. Pen & Sword Military, Barnsley 2004, ISBN 1-84415-050-X (englisch).
  • Charles Spencer: Blenheim: Battle for Europe. Weidenfeld & Nicolson, London 2004, ISBN 0-297-84609-4 (englisch).
  • Gerald William Lingen Nicholson: Marlborough and the War of the Spanish Succession. Directorate of Military Training Army Headquarters, Queen's Printer, Ottawa 1955, OCLC 1150293816 (englisch).
  • John Tincey: Blenheim 1704 : the Duke of Marlborough's Masterpiece. Osprey Publishing, Oxford 2004, ISBN 978-1-84176-771-0 (englisch).
  • William Anthony Young: International Politics and Warfare in the Age of Louis XIV and Peter the Great. iUniverse, New York 2004, ISBN 0-595-32992-6 (englisch).
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Commons: Zweite Schlacht bei Höchstädt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Zweite Schlacht bei Höchstädt – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

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  1. Wolf: 1968, S. 504.
  2. Young: 2004, S. 307 f.
  3. k. k. Kriegs-Archiv: 1877, S. 16, 514.
  4. k. k. Kriegs-Archiv: 1876, S. 539–560, 590–595.
  5. k. k. Kriegs-Archiv: 1879, S. 382.
  6. Tincey: 2004, S. 31.
  7. Spencer: 2004, S. 194.
  8. Chandler: 1973, S. 131–136.
  9. k. k. Kriegs-Archiv: 1879, S. 408, 411.
  10. Falkner: 2004, S. 46 ff.
  11. von Arneth: 1858, S. 255.
  12. Falkner: 2004, S. 49.
  13. k. k. Kriegs-Archiv: 1879, S. 475.
  14. Churchill: 1934, S. 441.
  15. Churchill: 1934, S. 435 f.
  16. Fortescue: 1899, S. 434–437.