Zündtemperatur

niedrigste Temperatur, bei der ein Stoff in Luft selbst zündet

Die Zündtemperatur (auch Zündpunkt, Selbstentzündungstemperatur, Entzündungstemperatur oder Entzündungspunkt) ist die Temperatur, auf die man einen Stoff oder eine Kontaktoberfläche erhitzen muss, damit sich eine brennbare Substanz (Feststoff, Flüssigkeit, deren Dämpfe oder Gas) in Gegenwart von Sauerstoff ausschließlich aufgrund seiner Temperatur – also ohne Zündquelle wie einen Zündfunkenselbst entzündet. Sie ist bei jedem Stoff unterschiedlich hoch und in vielen Fällen vom Druck abhängig. Hervorgerufen wird die Selbstentzündung durch eine exotherme Oxidationsreaktion, wenn die Wärmeproduktionsrate die Wärmeabfuhr durch Wärmeleitung, -strahlung und Konvektion übersteigt. Die Zündtemperatur korreliert nicht mit Siedepunkt- oder Flammpunkttemperatur eines brennbaren Stoffs. Sie ist vielmehr ein Maß für die Oxidationsempfindlichkeit der Substanz.

Die Zündtemperatur eines Streichholzkopfes liegt bei 180–200 °C.[1]

Die Selbstentzündungstemperatur ist keine Stoffkenngröße im eigentlichen Sinn, da sie insbesondere vom Volumen der betrachteten Substanz abhängt. Größere Volumina entzünden sich bei kleineren Temperaturen. Die Zeit bis zur Selbstentzündung kann Monate betragen. Mit der Berechnung der Selbstentzündungstemperatur befasst sich die Theorie der Wärmeexplosion. Darin wird ein Konzept vorgeschlagen, das gestattet, Stoffwerte und Selbstentzündungstemperatur selbstentzündlicher Materialien mit Warmlagerungsversuchen eindeutig zu bestimmen. Die für die numerische Simulation relevanten kinetischen Parameter werden dabei in adiabatischen Warmlagerungsversuchen gewonnen. Die Selbstentzündungstemperatur ist unter anderem beim Brandschutz wichtig, beispielsweise bei Trocknungsprozessen, Lagerungen und Transporten. Bei Kohleflözbränden und einigen anderen Bränden kann es auch zur Entzündung in situ, also bei Kohleflözen im natürlichen Verband kommen.

Gase Bearbeiten

Beim deutlich niedrigeren Flammpunkt kann ein Gas-Luft-Gemisch der gleichen Substanz nur mittels Zündquelle entflammt werden. Bei Flammpunkttemperatur erreicht eine Flüssigkeit einen Dampfdruck und damit eine Sättigungsdampfkonzentration, die so hoch ist, dass sich das entsprechende Gas-Luft-Gemisch entzünden lässt.

Die Zündfähigkeit eines Gasgemisches hängt untergeordnet auch vom Sauerstoffgehalt der umgebenden Atmosphäre ab. Normalbedingungen beziehen sich auf 21 % Sauerstoff in Luft. Da sich Großanlagen (Tanks, Behälter) nicht mit Stickstoff bis zu einem Restsauerstoffgehalt von 0 % inertisieren lassen, wird in besonderen Messungen der minimal nötige Grenzsauerstoffgehalt für eine Zündung ermittelt (z. B. 2 bis 4 %).

Flüssigkeiten Bearbeiten

Lösemittel Bearbeiten

Lösemittel mit besonders niedrigen Zündtemperaturen (ca. 120–180 °C) sind:

Öle und Fette Bearbeiten

Pflanzenöle oder tierische Fette können bei unsachgemäß gereinigter und erwärmter Wäsche schon bei Temperaturen über 70° Celsius durch Selbstentzündung in Brand geraten.[2] Insbesondere bei der Verwendung von Wäschetrocknern oder Wäschemangeln besteht eine erhöhte Gefahr für diese Vorgänge, die schnell zu einem Brand des gesamten Gerätes führen können.[3]

Feststoffe Bearbeiten

Stäube Bearbeiten

  • Kohlestaub
  • Mehlstaub
siehe auch: Staubexplosion – Bedingungen der Entzündung von Stäuben

Besonderheiten Bearbeiten

  • Weißer Phosphor – entzündet sich an Luft schnell selbsttätig (Prinzip der Phosphorbomben im Zweiten Weltkrieg).
  • Ölverschmierte Lappen – können sich bei längerem Liegen in Abfallbehältern selbst entzünden.
  • Pyrophores Eisen – besteht aus ultrafeinen Eisenspänen, unter Inertgas in Ampullen abgeschmolzen. Beim Ausschütten bildet sich an Luft ein Funkenregen, ähnlich wie von Metallspänen beim Schleifen.
  • Elektrostatisch geladene Pulver (z. B. einige Kunstharzpulver und Polymergranulate, methylsubstituierte Cellulosederivate) – bilden sich beim Schütten aus Transportverpackungen. Potentielle Zündquelle einerseits und explosionsfähiger Staub andererseits liegen gleichzeitig vor.

Tabellen Bearbeiten

Zündtemperatur einiger Feststoffe in Luft:
Feststoff Zünd-
temperatur in °C
Fichtenholz 280
Holz 280–340
Kork 300–320
Stroh 250–300
Torf 230
Heu 260–310
Zeitungspapier 175
Schreibpapier 360
Zucker 410
Baumwolle 450
Getreide 250–320
Roggenmehl 500
Weizenstaub 270
Holzkohle 300
Kohle 240–280
Kunststoffe 200–300
Phosphor weiß 34
Schwefel 250
Phosphor rot 300
Zündtemperatur und Flammpunkt einiger flüssiger Brennstoffe mit Luft:
Flüssigkeit Flamm-
punkt
in °C
Zünd-
temperatur
in °C
Teer 90 600
Essigsäure 40 460
Motoröl, Schmieröl 80–125 500 ca.
Biodiesel RME/SME/PME 186 (pr ISO 3679) 283–285 (ASTME659-78)
Dieselkraftstoff 67 255
Motorenbenzin[4] −45–10 220–460
Petroleum[5] 62 247–277
Terpentinöl[6] 36 255
Methanol 11 455
Ethanol 12 400
Zündtemperatur einiger Gase bei Luft mit Normaldruck:
Gas Summen-
formel
Dichte-
verhältnis
zu Luft
Zünd-
bereich
in Vol%
Zünd-
temperatur
in °C
Ammoniak NH3 0,59 15–28 630
Ethin (Azetylen) C2H2 0,90 1,5–82 335
Butan C4H10 2,05 1,8–8,5 460
Erdgas H 0,67 5–14 640
Erdgas L 0,64 6–14 670
Ethan C2H6 1,047 3,0–12,5 510
Ethylen C2H4 1,00 2,7–34 425
Flüssiggas 1,79 2–9 490
Generatorgas 0,90 18–64 625
Gichtgas 0,98 35–75 495
Kohlenmonoxid CO 0,97 12,5–74 605
Methan CH4 0,55 5,0–15 595
Propan C3H8 1,56 2,1–9,5 470
Propylen C3H6 1,48 2,0–11,7 455
Schwefelwasserstoff H2S 1,19 4,3–45,5 270
Wasserstoff H2 0,07 4,0–76 585

Literatur Bearbeiten

  • Roy Bergdoll, Sebastian Breitenbach: Die Roten Hefte, Heft 1 – Verbrennen und Löschen. 18. Auflage. Kohlhammer, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-17-026968-2.

Siehe auch Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Alexander P. Hardt: Pyrotechnics. Pyrotechnica Publications, Post Falls Idaho USA 2001, ISBN 0-929388-06-2, Matches – Safety Aspects, S. 82 (englisch).
  2. Selbstentzündung von Wäsche – Fette und Öle sind schuld, Brandverhütungsstelle Vorarlberg, abgerufen am 8. August 2018.
  3. Selbstentzündung von Wäsche, Hetzel Wäschereimaschinen, abgerufen am 8. August 2018.
  4. Flammpunkt und Zündtemperatur: Benzin auf www.chemieunterricht.de
  5. Datenblatt Petroleum bei Merck, abgerufen am 10. März 2014.
  6. Datenblatt eines Terpentinöls (Memento vom 25. Januar 2005 im Internet Archive)