Webersche Modulfunktionen

elliptische Funktionen in der Mathematik

Die Weberschen Modulfunktionen zählen zu den elliptischen Funktionen in der Mathematik. Sie wurden durch den Heidelberger Mathematiker Heinrich Weber eingeführt und erforscht. Sie sind sowohl mit der Dedekindschen Etafunktion als auch mit den Ramanujanschen Funktionen g und G nahe verwandt.

Definition der Weberschen Modulfunktionen Bearbeiten

Definition der imaginären Funktionen Bearbeiten

Für die obere Halbebene der komplexen Zahlen sind die Weberschen Standardmodulfunktionen in Abhängigkeit vom imaginären Halbperiodenverhältnis 𝜏 auf folgende Weise über die Dedekindsche Etafunktion definiert:[1][2]

 
 
 

Somit können diese Weberschen Funktionen auch mit Hilfe der Pochhammerschen Produkte definiert werden:

 
 
 

Durch Multiplizieren dieser drei Definitionsgleichungen erhält man direkt folgende Beziehung:

 

Definition der reellen Funktionen Bearbeiten

Zusätzlich wurde die Webersche Hauptfunktion in Abhängigkeit vom Nomeneintrag definiert:

Modulfunktionen 𝔣₀₀(x) 𝔣₀₁(x) 𝔣₁₀(x)
Produktdefinition      
Pochhammersche

Definition

     
Dedekindsche

Etafunktionsdefinition

     
Jacobische

Thetafunktionsdefinition

     

Generell gilt folgendes Produkt für alle Werte w:

 

Deswegen kann in der gezeigten Tabelle in jeder Zeile folgender Zusammenhang sofort abgelesen werden:

 

Wichtige Rechenhinweise über die Dedekindsche Etafunktion:

 
 

Summenreihen der Weberschen Funktionen Bearbeiten

Strikte Partitionszahlenfolge Bearbeiten

Die Koeffizienten der Summenreihe der Funktionen 1/𝔣₀₁(x) und 𝔣₁₀(x) bilden die Folge der strikten Partitionen ab. Bei der strikten Partitionsfolge Q(n) wird bei jeder Summe n angegeben, auf wie viele verschiedene Weisen die Zahl n in Summanden ohne Summandenwiederholung aufgeteilt werden kann. So lautet die exakte Reihenentwicklung:

 
 
 

In der nun folgenden Tabelle werden die strikten Partitionen aufgelistet und exemplarisch dargestellt:

n Q(n) Zahlpartitionen ohne wiederholte Summanden
0 1 () leere Partition / leere Summe
1 1 (1)
2 1 (2)
3 2 (1+2), (3)
4 2 (1+3), (4)
5 3 (2+3), (1+4), (5)
6 4 (1+2+3), (2+4), (1+5), (6)
7 5 (1+2+4), (3+4), (2+5), (1+6), (7)
8 6 (1+3+4), (1+2+5), (3+5), (2+6), (1+7), (8)
9 8 (2+3+4), (1+3+5), (4+5), (1+2+6), (3+6), (2+7), (1+8), (9)
10 10 (1+2+3+4), (2+3+5), (1+4+5), (1+3+6), (4+6), (1+2+7), (3+7), (2+8), (1+9), (10)

Summenreihe aus dem Pentagonalzahlensatz Bearbeiten

Für die Webersche Modulfunktion ist weiters folgender Ausdruck gültig:[3]

 

Diese Formel basiert auf dem Pentagonalzahlensatz und außerdem auf folgender Formel:

 

Die allgemeine Hauptthetafunktion hat diese von Whittaker und Watson aufgestellte Definition:

 

Zusammenhänge zwischen elliptischen Funktionen Bearbeiten

Zusammenhang mit den Thetafunktionen Bearbeiten

Die Thetafunktionen nach Carl Gustav Jacobi stehen in folgendem Zusammenhang zu den Weberschen Modulfunktionen:[4]

 
 
 

Daraus resultiert in Kombination mit der Jacobischen Identität:

 

Trigonometrische Zusammenhänge Bearbeiten

Für die Hauptfunktion unter den Weberschen Modulfunktionen in Abhängigkeit vom elliptischen Nomen gilt dieser Zusammenhang:

 
 
 
 

Das bedeutet, dass die Funktion 𝔣₀₀(x) für den reellen Definitionsbereich ein relatives Minimum am Punkt   hat.

Die Webersche Funktion 𝔣₀₀(x) ist für den reellen Definitionsbereich streng monoton linksgekrümmt.

wPS-Funktion von Prasolov und Solovyev Bearbeiten

Definition der wPS-Funktion Bearbeiten

Für das Lösen von Gleichungen fünften Grades definierten die russischen Mathematiker Viktor Prasolov (Виктор Прасолов) und Yuri Solovyev (Юрий Соловьёв) eine bestimmte elliptische Funktion auf Grundlage der Weberschen Modulfunktion 𝔣₀₀(x). Diese Funktion löst direkt die quintische Bring-Jerrard-Normalform auf:

 
 

Für diese w-Funktion existieren auch Identitäten mit dem Rogers-Ramanujan-Kettenbruch und der Thetafunktion:

 
 

Diese beiden soeben genannten Identitäten stimmen miteinander überein.

Werteliste für die wPS-Funktion Bearbeiten

Im Folgenden werden Werte von dieser Funktion aufgelistet:

 
 
 
 

Anwendung bei der Bring-Jerrard-Form Bearbeiten

Die w-Funktion nach Prasolov und Solovyev erfüllt auch folgende Gleichung:

 

Quintische Gleichungen in Bring-Jerrard-Form werden dann so aufgelöst:

 
 

Wichtiger Rechenhinweis für die hyperbolisch lemniskatischen Funktionen:

 

Entsprechender Algorithmus mit der reduzierten Modulfunktion Bearbeiten

Äquivalent hierzu ist folgendes Verfahren:

 

Der elliptische Modul und sein pythagoräisches Gegenstück für diese Gleichung werden beim Bringschen Radikal nach Charles Hermite auf folgende Weise hervorgerufen:

 
 

Und so wird die reelle Lösung dieser quintischen Gleichung hervorgebracht:

 

Auch richtig ist:

 

Quintisches Rechenbeispiel Bearbeiten

Folgende Gleichung hat eine reelle Lösung, welche nach dem Satz von Abel-Ruffini nicht elementar, aber elliptisch darstellbar ist:

 

Reelle Lösung dieser Gleichung:

 
 

Reelle Lösung dieser Gleichung: 

 

 

Genähert ergibt sich:

 
 
 
 
 

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Heinrich Weber: Lehrbuch der Algebra. Vols. I–II. Chelsea, New York 1902, S. 113–114.
  • A. O. L. Atkin, F. Morain: Elliptic Curves and Primality Proving. Math. Comput. 61, 29–68, 1993.
  • Max Koecher, Aloys Krieg: Elliptische Funktionen und Modulformen. 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-540-49324-2.
  • Edmund Taylor Whittaker, George Neville Watson: A Course in Modern Analysis. 4th ed., Cambridge University Press, Cambridge, England 1990. S. 469–470.
  • Charles Hermite: Sur la résolution de l’Équation du cinquiéme degré Comptes rendus. Comptes Rendus Acad. Sci. Paris, Nr. 11, März 1858.
  • Francesco Brioschi: Sulla risoluzione delle equazioni del quinto grado: Hermite – Sur la résolution de l’Équation du cinquiéme degré Comptes rendus. N. 11. Mars. 1858. 1. Dezember 1858, doi:10.1007/bf03197334.
  • Viktor Prasolov, Yuri Solovyev: Elliptic Functions and Elliptic Integrals. American Mathematical Society, Translation of Mathematical Monographs, vol. 170, Rhode Island, 1991, S. 149–169.
  • Jonathan Borwein, Peter Borwein: π and the AGM: A Study in Analytic Number Theory and Computational Complexity. Wiley, 1998, ISBN 978-0-471-31515-5, Seite 139.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Eric W. Weisstein: Weber Functions. Abgerufen am 26. April 2022 (englisch).
  2. Der Mathematiker Heinrich Weber definierte diese drei Funktionen in seinem Lehrbuch der Algebra auf Seite 114.
  3. Eric W. Weisstein: Dedekind Eta Function. Abgerufen am 5. Mai 2022 (englisch).
  4. https://archive.org/details/lehrbuchderalgeb03webeuoft/page/244/mode/2up