Walther Fiedler

deutscher Verleger

Walther Fiedler (eigentlich Ernst Ludwig Heinrich Walther Fiedler; * 7. Juli 1860 in Bromberg; † 29. Juli 1926 in Leipzig) war ein deutscher Verleger und Gründer des Verlags Walther Fiedler Leipzig, des Literaturvereins und des Verlags der Literaturwerke Minerva in Leipzig.

Ernst Ludwig Heinrich Walther Fiedler, ca. 1899

Leben und Schaffen Bearbeiten

Die Liebe zum Buch sollte Walther Fiedlers Leben bestimmen. Nach Abitur und naturwissenschaftlichen Studien an der Universität Leipzig arbeitete der junge Fiedler zunächst als Volontär in einer Leipziger Buchhandlung. Mit Familiengründung durch die erste Schwangerschaft seiner Frau Martha schlug er zunächst einen kaufmännischen Weg ein. Er gründete in Zittau die Buchhandlung „W. Fiedler's Antiquariat Buch- und Kunsthandlung“ (Eigentümer von 1887 bis 1892)[1][2], die der junge Unternehmer rasch erfolgreich machte.

1891 gab der damals gerade mal 31-jährige Walther Fiedler nach nur 4 Jahren seine Buchhandlung auf und kehrte nach Leipzig zurück, um hier die Verlagsbuchhandlung "Walther Fiedler (Leipzig)" (Eigentümer von 1891 bis 1913) zu gründen[1].

Verlagsbuchhandlung „Walther Fiedler (Leipzig)“ Bearbeiten

 
Büroraum des Verlags Walther Fiedler Leipzig, ca. 1900

Werke als Verleger Bearbeiten

Die Leipziger „Damastbändchen-Bibliothek“ Bearbeiten

Die „Damastbändchen-Bibliothek“ war bereits sehr früh im Sortiment des Verlages Walther Fiedler Leipzig. Es handelt sich um eine Sammlung von auswendig gestalteten kleinen Büchlein in namengebenden Damastleinen-Einband mit klassischen Lieblingsautoren der damaligen Frauenwelt in deutscher Sprache. Sie verdienen besondere Erwähnung, da die Bibliothek nicht nur wirtschaftlich erfolgreich war, sondern auch 1893 auf der Weltausstellung in Chicago zudem preisgekrönt wurde.[3]

Ausstellungsmarken Bearbeiten

Als Vorläufer der gedruckten Reklame veröffentlichte der Verlag Walther Fiedler Leipzig erstmals 1898 Ausstellungsmarken und passende Sammelbücher[4][5].

  • Sammelbuch für Ausstellungsmarken, 1898[4][5].
  • Illustriertes Sammelbuch für alle offiziellen Ausstellungsmarken, Erinnerungs- und Festmarken, 1898[4][5].
  • Internationale Ausstellungs-Revue mit Beilage Die Ausstellungsmarke, 1898[4][5].

Weitere Bearbeiten

Literaturverein Minerva und Verlag der Literaturwerke Minerva Bearbeiten

1895 übernahm Walther Fiedler gemeinsam mit A.Schumann den Verlag des Literaturvereins „Minerva“ von S. Gerstmann in Berlin und siedelte ihn nach Leipzig um.[6] In Berlin waren bereits 1894 „Illustrirte Volks-Ausgaben von Meisterwerken aus den Literaturschätzen der Nationen“ erschienen.[7] Walther Fiedler benannte sie um in „Illustrierte Klassiker-Ausgaben Minerva im Verlag der Literaturwerke ‚Minerva‘“, Leipzig.[6] Ähnlich wie S. Gerstmann* gründete er 1895 den Litterarischen Verein „Minerva“.[8] Bei Gerstmann war es der „Verein Minerva von Literaturfreunden zur Verbreitung volksthümlicher Meisterwerke deutscher Klassiker sowie von Literaturschätzen aller Nationen“.[9] Ziel war es, billige, illustrierte Klassiker in einer Zeit des Umbruchs herauszugeben.[7] Der Verlag finanzierte sich als eine Art Buchclub auf Vereinsbasis. Der Vereinsbeitrag betrug 2,50 Mark im Vierteljahr. Dafür erhielten die Mitglieder alle 2 Wochen ein illustriertes, 32-seitiges Klassikerheft sowie als Vereinsorgan die „Internationalen Literaturberichte“. Die Vereinssatzung findet sich als Inserat in „Das litterarische Leipzig“, das Walther Fiedler 1897 herausgab.[8] Die Hefte erschienen in der Folgezeit als Zweier- bzw. Vierer-Ausgaben in einem grünen oder rotem Einband mit Porträt des Autors auf der Vorderseite.1898-99 hatte der Verlag ca. 1000 Mitglieder, vor allem aus dem Bürgertum. Es gab 15 Klassiker in den Minerva-Ausgaben und insgesamt 25 Bände.[6] Der Verlag der Literaturwerke unter Walther Fiedler war neben der Deutschen Verlags-Anstalt der wichtigste Verlag im illustrativen Bereich.[10] Die Minerva Klassiker-Ausgaben gab es bis in die 1920er Jahre, jedoch nicht mehr verlegt von Walther Fiedler, der 1902 aufgrund finanzieller Schwierigkeiten für den Verlag Konkurs anmelden musste.[11]

Tod und Nachruf Bearbeiten

Walther Fiedler starb am 29. Juli 1926 in Leipzig. Im Börsenblatt des deutschen Buchhandels 1926 wurde der folgende Nachruf veröffentlicht[3]:

„Am 29. Juli 1926 infolge Schlaganfalls verstarb Herr Walther Fiedler, früherer Inhaber der Verlagsbuchhandlung seines Namens in Leipzig, im kürzlich vollendeten 66. Lebensjahr.

Geboren am 7. Juli 1860 als Sohn eines Kaufmanns in Bromberg, erhielt er seine Ausbildung auf dem Gymnasium in Dessau, das er mit dem Reifezeugnis verließ, um sich auf der Universität Leipzig geschichtlichen und naturwissenschaftlichen Studien zu widmen. Der Wunsch nach frühzeitiger Selbständigkeit und Gründung eines Hausstandes veranlasste ihn jedoch, den ursprünglichen Plan aufzugeben und sich dem Buchhandel zu widmen. Kurz entschlossen trat er als Volontär in die Buchhandlung von Alfred Lorenz in Leipzig ein, die er nach Jahresfrist verließ, um sich im Jahre 1889 in Zittau selbständig zu machen. Obwohl er das Geschäft in kurzer Zeit zu hoher Blüte brachte, verkaufte er es nach einigen Jahren wieder, da er seinem unternehmenden Geiste, der ihn zu schöpferischer Tätigkeit als Verleger drängte, nicht genügte, und gründete 1891 gleichfalls unter seinem Namen eine Verlagsbuchhandlung in Leipzig, nachdem er das noch heute bestehende Zittauer Geschäft verkauft hatte. Obwohl mit nicht unbedeutenden finanziellen Mitteln ausgerüstet, war es doch kein glückhaft Schiff, dem er seine Zukunft anvertraute, wenn auch der Misserfolg des neuen Unternehmens wohl mehr in seinen Charaktereigenschaften: allzu kühnem Optimismus und nur allzu oft getäuschtem Vertrauen in die vornehme Gesinnung seiner Freunde und Berater lag, als in den oft recht originellen Ideen, denen er zu Durchbruch zu verhelfen suchte. Möglich auch, dass der Buchhandel mit seinem vielen Kleinkram und seiner Pfennigrechnerei überhaupt nicht das Gebiet war, auf dem sich sein großzügig angelegtes Wesen, das so gern an alle Dinge des Maßstab großindustrieller Verhältnisse anlegte, erfolgreich betätigen konnte. Die „Damastbändchen – Bibliothek“, eine Sammlung klassischer Lieblingsautoren der Frauenwelt, hat zwar in den neunziger Jahren einen großen Absatz im Sortiment gefunden, aber schon die „Minerva“, die in illustrierten Ausgaben die besten Dichter aller Zeiten und Völker zu vereinigen suchte, fand trotz der Einbeziehung des Unternehmens in den Reisebuchhandel und der Gründung eines auf die Pflege und Förderung klassischer Literatur gerichteten eigenen Vereins nicht eine den Kosten des Unternehmens entsprechende Anteilnahme. Am meisten bekanntgemacht hat den jungen Verleger neben der „Damastbändchen-Bibliothek“ wohl die Herausgabe des „Neuen-Buchhändler-Adreßbuchs“, einer Fortsetzung des „Buchhändler-Bestellkalenders“, sowie des „Buchhändler-Kalenders“, eines Seitenstücks zu dem gleichzeitig von Fiedler herausgegebenen „Schriftsteller –Kalenders“, von denen je 5 Jahrgänge vorliegen, während das „Neue Buchhändler-Adressbuch“ nach dem Konkurse Fiedlers in den C.F. Müller’s Verlag in Leipzig überging. Viel Aufsehen in der Öffentlichkeit fand das großangelegte fünfbändige Werk „Fürst Bismarck nach seiner Entlassung“, dessen finanzieller Erfolg jedoch an dem Widerspruch des Altreichskanzlers scheiterte, der, wie er sich ausdrückte, nicht wollte, „dass Verleger mit seinen Sachen Geschäfte Machen und ihn vor ihren Karren spannten“.

Von seinem ersten geschäftlichen Zusammenbruche konnte sich Fiedler nicht wieder erholen, um so weniger, als in dem von ihm erwirkten Zwangsvergleich bereits der Keim zu neuen Widrigkeiten enthalten war, die durch Urheberrechtsprozesse noch verschärft wurden. Sie knüpfen sich an die Herausgabe sogenannter „Nebenluft-Ausgaben“ (Freytag, Busch usw.) und haben eine eigene Literatur hervorgerufen. 1914 übernahm Fiedler eine Stellung in dem Kunstverlage Otto Gustav Zehrfeld in Leipzig, und es zeugt von seiner unermüdlichen Schaffenskraft, dass er in treuer Pflichterfüllung bis zuletzt der Firma seine Dienste widmete, die ihm nach ihrer Umwandlung in eine Aktiengesellschaft die Prokura übertrug. Alle diejenigen, die dem feinsinnigen, trotz schwerer Schicksalsschläge immer heiteren und zufriedenem Manne im Leben nahestanden oder ihm gar Freund sein durften, werden ihm allezeit ein freundliches Andenken bewahren.“

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Katalog der Deutschen Nationalbibliothek. Abgerufen am 5. Januar 2018.
  2. Dietmar Rößler: Aus der Zeit gefallen. In: saechsische.de. 30. September 2017, abgerufen am 13. April 2020.
  3. a b c d e f Nummer 176 im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel vom 31. Juli 1926 auf den Seiten 962–963.
  4. a b c d Marken-Geschichte. In: veikkos-archiv.com. Veikkos-Archiv, 7. Januar 2018, abgerufen am 7. Januar 2018.
  5. a b c d Heinz Schmidt-Bachem: Eine Kultur- und Wirtschaftsgeschichte der Papier verarbeitenden Industrie in Deutschland Gebundene Ausgabe. De Gruyter Saur (29. Juni 2011), 2011, ISBN 978-3-11-023607-1, S. 535.
  6. a b c Doris Fouquet-Plümacher: Kleist auf dem Buchmarkt: Klassikerausgaben für das Bürgertum. 1. Auflage. Olms, 2014, ISBN 978-3-487-15139-7, S. 176.
  7. a b Doris Fouquet-Plümacher: Katalog der Sammlung Kleist in Klassikerausgaben im Kleist-Museum, Frankfurt (Oder) Ausgaben von 1867 bis ca. 1911, z. T. bis nach 1930. In: edocs.fu-berlin.de. Freie Universität Berlin, 2014, abgerufen am 16. Januar 2018 (deutsch).
  8. a b Walther Fiedler (Hrsg.): Das Litterarische Leipzig. 1. Auflage. Walther Fiedler, Leipzig 1897, S. 263.
  9. Volkswacht für Schlesien, Posen und die Nachbargebiete, Nr. 277. In: library.fes.de. Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 27. November 1894, abgerufen am 16. Januar 2018 (deutsch).
  10. Martina Reigl: Klassikerausgaben der Jahrhundertwende: Ein Vergleich anhand der Schillerausgaben des Jahres 1905. Harrassowitz, O, 1990, ISBN 978-3-447-03073-1, S. 162, Anmerkung 60.
  11. Leipziger Tageblatt Nr. 377, vom 27. Juli 1901