Hypochlorige Säure

chemische Verbindung
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Hypochlorige Säure (HClO, veraltet Unterchlorige Säure) ist eine farblose und nur schwach dissoziierende Säure mit oxidativer Wirkung. Konzentrierte Lösungen der Hypochlorigen Säure sind durch Dichloroxid schwach gelb gefärbt, wirken zusätzlich bleichend[3] und riechen chlorkalkartig.

Strukturformel
Struktur von Hypochloriger Säure
Allgemeines
Name Hypochlorige Säure
Andere Namen
  • Unterchlorige Säure (veraltet)
  • Chlor(I)-säure
  • HYPOCHLOROUS ACID (INCI)[1]
Summenformel HClO
Kurzbeschreibung

schwach gelb gefärbte, chlorkalkartig riechende Substanz, die nur in wässriger Lösung beständig ist.[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 7790-92-3
EG-Nummer 232-232-5
ECHA-InfoCard 100.029.302
PubChem 24341
ChemSpider 22757
DrugBank DB14135
Wikidata Q407318
Eigenschaften
Molare Masse 52,46 g·mol−1
pKS-Wert

7,54[3]

Löslichkeit

löslich in Wasser[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[4]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Gewinnung und Darstellung Bearbeiten

Sie wird durch Einleiten von Chlor in Wasser und gleichzeitiger Beseitigung der entstehenden Salzsäure durch Quecksilberoxid hergestellt.[3]

 

Auch kann chloridfreie Hypochlorige Säure durch Reaktion von Dichloroxid mit Wasser hergestellt werden.[5]

 

Eigenschaften Bearbeiten

Die Säure ist unbeständig und nur in wässriger Lösung herstellbar. Selbst in geringen Konzentrationen neigt sie zur Disproportionierung zu Chlorsäure und Salzsäure.

 

Die Salze und Ester der Hypochlorigen Säure heißen Hypochlorite.

Die Oxidationswirkung ist im Sauren ausgeprägter als im Alkalischen, was sich in einem höheren Redoxpotential äußert. Für die einzelnen Zahlenwerte ergeben sich[6]:

Redox-
Paar
Normalpotential bei
pH = 0 pH = 14
ClO / Cl +1495 mV +855 mV

Verwendung Bearbeiten

Desinfektion von Badewasser in Schwimmbädern, zum Beispiel bei der Langzeitchlorung mit Trichlorisocyanursäuretabletten (TCCS), welche langsam mit dem Beckenwasser zu Cyanursäure und Hypochloriger Säure reagieren. In seltenen Fällen auch Trinkwasseraufbereitung.

Im Ersten Weltkrieg wurde hypochlorige Säure zur Wunddesinfektion[7] genutzt, auch heute findet sie Anwendung in der Wundbehandlung.[8]

HOCl wird von der WHO[9] und von der US Environmental Protection Agency zur Desinfektion[10] von Coronaviren empfohlen.

Zur Infektionsprävention wird sie anlässlich der COVID-19-Pandemie als Mundspülung und Nasenspray untersucht.[11][12][13][14]

Hypochlorige Säure wird in ihrer Gasphase zur Langzeitdesinfektion von Luft in Innenräumen verwendet. Das vergaste Biozid fördert die Abbaurate von Pathogenen in der Luft.[15]

Sicherheitshinweise Bearbeiten

Hypochlorige Säure ist zwar nur eine schwache Säure; sie kann allerdings durch ihre starke Oxidationswirkung dennoch Reizungen der Haut und sogar Verätzungen verursachen. Bei ihrem Zerfall entstehen stark ätzende Stoffe wie Chlorsäure und Salzsäure, die organisches Gewebe innerhalb kürzester Zeit gänzlich abtöten oder sogar vollkommen zersetzen können. Zu beachten ist, dass Hypochlorige Säure niemals zur Oxidation von Alkoholen eingesetzt werden darf, da sie mit ihnen durch Veresterung hochexplosive Alkylhypochlorite bilden kann. Mit Ammoniak bildet sich das explosive Stickstofftrichlorid.[3]

Weblinks Bearbeiten

Commons: Hypochlorige Säure – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Eintrag zu HYPOCHLOROUS ACID in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 28. Dezember 2020.
  2. a b Eintrag zu Hypochlorige Säure in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 27. Februar 2017. (JavaScript erforderlich)
  3. a b c d A. F. Holleman, E. Wiberg, N. Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 102. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-017770-1, S. 466–468.
  4. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  5. G. Brauer (Hrsg.): Handbook of Preparative Inorganic Chemistry 2nd ed., Band 1, Academic Press 1963, S. 308–309.
  6. Redoxpotential und freies Chlor. (PDF) Biostel Technology, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 20. Mai 2016; abgerufen am 20. Mai 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.biostel-technology.ch
  7. Hypochlorous acid: harnessing nature’s germ killer. Abgerufen am 11. April 2022 (englisch).
  8. Axel Kramer, Joachim Dissemond, Simon Kim, Christian Willy, Dieter Mayer: Consensus on Wound Antisepsis: Update 2018. In: Skin Pharmacology and Physiology. Band 31, Nr. 1, 2018, S. 28–58, doi:10.1159/000481545, PMID 29262416 (karger.com [abgerufen am 28. Januar 2022]).
  9. Cleaning and disinfection of environmental surfaces in the context of COVID-19. Abgerufen am 11. April 2022 (englisch).
  10. Michael S. Block, Brian G. Rowan: Hypochlorous Acid: A Review. In: Journal of Oral and Maxillofacial Surgery. Band 78, Nr. 9, 1. September 2020, S. 1461–1466, doi:10.1016/j.joms.2020.06.029, PMID 32653307, PMC 7315945 (freier Volltext) – (joms.org [abgerufen am 11. April 2022]).
  11. M. Gessa Sorroche, I. Relimpio López, S. García-Delpech, J.M. Benítez del Castillo: Hypochlorous acid as an antiseptic in the care of patients with suspected COVID-19 infection. In: Archivos de la Sociedad Española de Oftalmología (English Edition). Band 97, Nr. 2, Februar 2022, S. 77–80, doi:10.1016/j.oftale.2021.01.010 (elsevier.com [abgerufen am 23. Oktober 2022]).
  12. Christian A. Mueller, Michael Winter, Bertold Renner: A Concept for the Reduction of Mucosal SARS-CoV-2 Load using Hypochloric Acid Solutions. In: Drug Research. Band 71, Nr. 06, Juli 2021, S. 348–350, doi:10.1055/a-1467-5956.
  13. T. L. Meister, D. Todt, Y. Brüggemann, J. Steinmann, S. Banava: Virucidal activity of nasal sprays against severe acute respiratory syndrome coronavirus-2. In: Journal of Hospital Infection. Band 120, 1. Februar 2022, S. 9–13, doi:10.1016/j.jhin.2021.10.019, PMID 34752803 (journalofhospitalinfection.com [abgerufen am 23. Oktober 2022]).
  14. Nadia Giarratana, Balan Rajan, Kannan Kamala, Michelle Mendenhall, Giorgio Reiner: A sprayable Acid-Oxidizing solution containing hypochlorous acid (AOS2020) efficiently and safely inactivates SARS-Cov-2: a new potential solution for upper respiratory tract hygiene. In: European Archives of Oto-Rhino-Laryngology. Band 278, Nr. 8, August 2021, S. 3099–3103, doi:10.1007/s00405-021-06644-5, PMID 33575830, PMC 7877500 (freier Volltext).
  15. Dirk Boecker, Roland Breves, Zhentian Zhang, Clemens Bulitta: Antimicrobial Activity in the Gasphase with Hypochloric Acid. In: Current Directions in Biomedical Engineering. Band 7, Nr. 2, 1. Oktober 2021, S. 511–514, doi:10.1515/cdbme-2021-2130.