Time-Bin-Kriterium

Gütekriterium in der Quantenkryptografie

Das Time-Bin-Kriterium (TBK) (englisch time-bin criterion) ist ein Gütekriterium. Die Kenntnis der Werte über Visibilität (deutsch Interferenzkontrast) und TBK ermöglichen die Beurteilung der Funktionsqualität eines experimentellen Setups in Time-Bin-Konfiguration (TBI) zwecks einer Realisierung der Time-Bin-Kodierung (TBE).

Allgemeines

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Hauptmotiv für die Nutzung des Time-Bin-Kriteriums ist die Schaffung einer schnellen Möglichkeit der qualitativen Beurteilung der Messergebnisse am experimentellen Aufbau. Ausführlich beschrieben wird das TBK in [1] und [2].

Entwicklungsursachen

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Eine Schwierigkeit beim Aufbau des experimentellen Setups ist die Nichtverfügbarkeit von teuren Einzelphotonenquellen. Daher wird oft ein stark gedämpfter Laser genutzt. Das hat den Vorteil einer hohen Robustheit, was besonders im rauen Betrieb der Entwicklung wichtig ist. Die Dämpfung sollte jedoch nicht zu hoch sein solange der experimentelle Aufbau noch imperfekt ist. In der ersten Phase ist es vorteilhaft, keinen Pulslaser zu nutzen. Besser ist ein Dauerstrichlaser, denn das vereinfacht einige Anforderungen an die Detektoren. Ein Nachteil dieses Vorangehen ist, dass nicht mehr unterschieden werden kann, ob der detektierte Untergrund von den Satelliten   und   stammt oder aus anderen Ursachen auftritt. Ganz unabhängig davon, was die gemessene Visibilität aussagt. Um das zu vermeiden wird das TBK genutzt.

Reale Time-Bin-Konfiguration mit κ

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Entwicklung des vorauslaufenden Satelliten  , des Zentralimpulses   und des nacheilenden Satelliten   der Time-Bin-Konfiguration in Abhängigkeit von  , der gekoppelten Imperfektion und Imbalance. Änderung der Linienbreite unberücksichtigt.

Für einen experimentellen Aufbau in Time-Bin-Konfiguration ohne die Notwendigkeit einer Phasenmanipulation über   sind am Detektor der vorauslaufende Satellit  , der Zentralimpuls   und der nacheilende Satellit   zu beobachten. Je nach vorliegender Imperfektion und Imbalance   mit   sind deren Leistungen definiert.

  • Satellit S1
 
  • Zentralimpuls Z
 
  • Satellit S2
 

Minimal- und Maximalmessung

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Entwicklung der Minimal-   und der Maximalmessung  innerhalb der Time-Bin-Konfiguration in Abhängigkeit von  , der gekoppelten Imperfektion und Imbalance.

Grundsätzlich sind zwei Methoden für die Ermittlung von   und   möglich. Erstens die Messung der beiden Satelliten und des Zentralimpulses zusammen (Index SZS) oder nur der Zentralimpuls (Index Z) allein.

  • Methode SZS
Diese Methode wird genutzt in einer Ausbaustufe der Messmittel, welche nicht den einzelnen Zentralimpuls detektieren, auswählen und messen können.
 
 
  • Methode Z
Ist die Auswerteelektronik letztendlich schnell und präzise genug, kann eine weitere Methode verwendet werden.
 
 

Korrektor

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Der Wert des Korrektors   wird für ein   definiert. Dieser wird benötigt bei der späteren Berechnung des Wertes  .

 

Damit ist   mit   und   festgelegt.

Herleitung

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Mit Hilfe der Intensitäten an den Detektoren für verschiedene Zustände innerhalb des Versuchsaufbaus lässt sich das Time-Bin-Kriterium definieren.

Grundannahme

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Basis für die Herleitung des Time-Bin-Kriteriums ist die Annahme, dass für ein System mit einem quantitativen Maximum   und Minimum   gilt:

 

Solange die Werte   und   unterscheidbar messbar sind, folgt für ein  

 

 

 
 

Time-Bin-Kriterium

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Durch Umstellen der Grundannahme leitet sich das Time-Bin-Kriterium   ab.

 

 

 

Visibilität

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Durch Nutzung der aus der Grundannahme bekannten Relationen für   und   ist die allgemeine Definition der Visibilität   gegeben mit:

 

 

 

Korrigierte Visibilität

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Aus   und mit Hilfe der Grundannahme ergibt sich eine weitere Darstellungsmöglichkeit der Visibilität.

 

 

 

Wobei   eine durch das   korrigierte Visibilität darstellt.

Entscheidungskriterien

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Die Entscheidung, wann ein gutes Funktionieren des experimentellen Aufbaus vorliegt, erfordert ein Definieren von Intervallen in Abhängigkeit von  . Drei Bereiche sind festlegbar.

Die Leistung des Zentralimpulses ist größer als der beider Satelliten

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Der Ausdruck   liefert zwei Lösungen mit   und   die innerhalb des Definitionsbereiches von   liegen. Beide Werte ergeben ein:

 

 

 

Die Leistung des Zentralimpulses ist größer als der eines Satelliten

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Aus den Forderungen   und   sind zwei nutzbare Lösungen berechenbar mit   und  . Damit ist der Bereich des Vorliegens einer Time-Bin-Konfiguration (TBI) bekannt.

 

Die Minimal- und die Maximalmessung bei der Methode SZS werden ununterscheidbar

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Ein exaktes Zusammenfallen von   und   erfolgt erst bei   und  . Es wird festgelegt:

 

Obiger Wert impliziert ein Time-Bin-Kriterium von:

 

Zwei Werte von   sind definiert, welche ein Vorliegen der Time-Bin-Konfiguration ausschließen (NOTBI) mit   und  . Damit folgt:

 

Anwendung

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Möglicher Aufbau eines leeren Formblattes für die Anwendung des Time-Bin-Kriteriums über die Methode SZS.

Für die Anwendung des Time-Bin-Kriteriums mit der Methode SZS wird der experimentelle Aufbau durch einen Dauerstrichlaser versorgt. Ist das Setup in der Lage die Methode Z anzuwenden, wird ein stark gedämpfter Pulslaser bzw. eine Einzelphotonenquelle angeschlossen. Am elektrooptischen Modulator (EOM) wird danach die Phasendrehung solange verändert, bis am Detektor ein Minimum an Leistung erscheint. Die Minimalmessung   ist erfasst. Analog für die Messung des Maximalwertes   wird die Phase so verändert, bis ein Maximum am Detektor zu erkennen ist. Da die Time-Bin-Konfiguration stark temperaturabhängig ist, sollten mehrere Messungen durchgeführt werden, bis ein temperaturstabiler Zustand zu erkennen ist. Die Auswertung kann nach der Messkampagne numerisch oder grafisch durchgeführt werden. Die numerische Methode ist beschrieben in [1]. Reicht eine qualitative Aussage, ist die grafische Auswertung über ein Formblatt schneller[3][4]. Für diesen Fall muss nur der  -Wert je nach gewählter Methode berechnet werden als Einstieg in das Kennlinienfeld. Ein Beispiel für die grafische Auswertung ist ebenfalls in [1] beschrieben.

 

Erweiterungen

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Time-Bin-Kriterium und Visibilität und Signal-Rausch-Verhältnis

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Für die Methode SZS gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen   und dem Signal-Rausch-Verhältnis  . Bei einer kontinuierlichen Einkopplung von Laserlicht in die Time-Bin-Konfiguration werden am Detektor die Satelliten als Untergrund sichtbar, welche den Zentralimpuls mehr oder weniger überdecken, je nach vorliegendem Wert von  .

 

Mit den exponierten Punkten:

 
  bei   und   bekannt aus den Entscheidungskriterien.

Weiterhin:

 

Time-Bin-Kriterium und Visibilität und Quanten-Bitfehlerhäufigkeit

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Zwischen der Visibilität und der Quanten-Bitfehlerhäufigkeit (QBER – Quantum Bit Error Rate) existiert eine Proportionalität[5][6].

 

Zentralimpuls in erweiterter Beschreibung

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Mittels der korrigierten Visibilität und des Time-Bin-Kriteriums lässt sich der Zentralimpuls   in seiner Beschreibung für die Methode Z erweitern.

 

Damit lässt sich bei entsprechender experimenteller Ausrüstung   oder   direkt auswerten.

Literatur

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  • Nicolas Gisin, Grégoire Ribordy, Wolfgang Tittel, Hugo Zbinden: Quantum Cryptography. PDF abgerufen am 15. August 2019 (englisch)
  • Matthias Leifgen: Protocols and components for quantum key distribution. doi:10.18452/17473 (PDF)
  • Björnstjerne Zindler: Aufbau von faserbasierten Interferometern für die Quantenkryptografie. PDF abgerufen am 7. August 2019 (deutsch) (2,363 MB)
  • Björnstjerne Zindler: Methode einer Fehleranalyse für die Time-Bin-Konfiguration unter Laserbestrahlung. PDF abgerufen am 7. August 2019 (deutsch)

Einzelnachweise

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  1. a b c Björnstjerne Zindler: Methode einer Fehleranalyse für die Time-Bin-Konfiguration unter Laserbestrahlung. (nadirpoint.de [PDF]).
  2. Björnstjerne Zindler: Aufbau von faserbasierten Interferometern für die Quantenkryptografie. (nadirpoint.de [PDF]).
  3. Björnstjerne Zindler: Gestaltungsmöglichkeit eines Formblattes für das Time-Bin-Kriterium nach der Methode SZS. (nadirpoint.de [PDF]).
  4. Björnstjerne Zindler: Gestaltungsmöglichkeit eines Formblattes für das Time-Bin-Kriterium nach der Methode Z. (nadirpoint.de [PDF]).
  5. Matthias Leifgen: Protocols and Components for Quantum Key Distribution. 2016, Kapitel 7.1.1.1 "Anforderungen an die Interferometer", doi:10.18452/17473.
  6. Nicolas Gisin, Grégoire Ribordy, Wolfgang Tittel and Hugo Zbinden: Quantum cryptography. Kapitel IV-A "Quantum Bit Error Rate".