Thomas Riedeweg

Kurfürstlich Hannoverscher Stück- und Glockengießer

Thomas Riedeweg[1] (auch: Thomas Rideweg;[2] * im 17. Jahrhundert[1] in Wismar;[3]1737)[4][Anm. 1] war ein deutscher Glockengießer in Hannover[5] sowie Königlich Großbritannisch und Kurfürstlich Braunschweig-Lüneburgisch bestallter Stückgießer.[6]

Leben Bearbeiten

Zur Familie des im 17. Jahrhundert in Wismar geborenen Thomas Riedeweg[1] zählte der in den 1680er Jahren in Reval verstorbene Bruder[7] Detlof Riedeweg.[8] Nach dessen Tod baten der Wismarer Bürgermeister gemeinsam mit dem Rat der Stadt am 23. August 1686 um eine beschleunigte Zuweisung des Nachlasses des Verstorbenen an Thomas Riedeweg, da dieser „bei dem jüngst hieselbst angelegten Wasserwerk benötiget“ würde.[7]

Für seine Heimatstadt goss Riedeweg beispielsweise für die dortige Marienkirche im Jahr 1695 aus einem alten Kronleuchter einen neuen, später verschollenen.[3]

1697 hatte Riedeweg das Bürgerrecht der Stadt Hannover erworben und begann im selben Jahr als Stück- und Glockengießer zu wirken,[1] wofür er ein eigens hierfür aptiertes Gießhaus nutzte:[5] Das städtische Gießhaus lag anfangs noch am Neuen Tor und wurde 1713 an die Kurfürstlich Hannoversche Kammer verkauft. Erst 1715 wurde für den Glockengießermeister ein neues städtisches Gießhaus vor dem Steintor gebaut. Das Gebäude lag an der Steintorstraße; ein „Joh. Heinr. Schwartze“ ließ dort in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem von Riedeweg genutzten Gießhaus ein eigenes Haus errichten.[9]

Unterdessen war im Jahr 1703 der Hauptturm der Wismarer Nikolaikirche eingestürzt, wodurch nahezu alle dort aufgehängten Glocken zerstört worden sind. In der Folge erhielt Riedeweg den Auftrag zum Neuguss. Von diesen von ihm neu geschaffenen Glocken hatten sich Ende des 19. Jahrhunderts noch zwei inklusive ihrer Inschriften erhalten.[3]

Ab 1715 wurden die Glocken der Marktkirche Hannovers nach und nach durch Neugüsse Riedewegs ersetzt. Im selben Jahr wird „als Ersatz für den Verlust des Geländes des städtischen Gießhauses […] ein landesherrliches Gießhaus vor dem Steintor gebaut.“[10]

Im Jahr 1720[11] oder 1721 war Riedeweg als Nachfolger des bis dahin im Gießhaus in Celle tätigen Stückgießers Johann Philipp Köhler[12] von höchster Stelle gesetzlich gegenüber ausländischen Mitbewerbern protektioniert und konnte auch inländisch zahlreiche Städte, Flecken und Dörfer des Kurfürstentums Hannover mit Glocken beliefern, nachdem ihm der Landesherr[5] und – durch die Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover[13] – König Georg II. von Großbritannien und Irland[14] das Privileg zum Glockenguss vor ausländischen und auch vor einheimischen, gleich teuren Glockengießern des eigenen Landes erteilt hatte.[5] Riedewegs Privileg hatte im Mindesten bis 1730 Bestand.[11]

Gemäß seinem letzten Willen gelangte Riedewegs mehr als 400 Seiten und zahlreiche Illustrationen enthaltende Handschrift Mathematische Arbeit und dienliche Anweisung zum Metall-Giessen am 27. Oktober 1738 in die Königliche öffentliche Bibliothek in Hannover.[6]

1737 bewarb sich Justus Andreas Meyfeld um die Nachfolge Riedewegs.[15]

Das Gießhaus ab 1740 Bearbeiten

Nach dem Tode Riedewegs wurde das Stadtgießhaus vor dem Steintor 1740 an einen privat arbeitenden Glockengießer verkauft. Erst 1783 wurde das Gießhaus an der Stelle neu errichtet, an der später die Artilleriekaserne am Steintor erbaut wurde.[10]

Werke (Auswahl) Bearbeiten

Schriften Bearbeiten

  • Mathematische Arbeit und dienliche Anweisung zum Metall-Giessen, worin enthalten allerley nutzliche auszgerechnete Tabellen, nebst ihrem Gebrauch, insonderheit vom Bau der Schmeltz-Oefen, von Formen der Kanonen, Mortieren etc., von Einrichtung der Sprützen, von Proportionierung der Glocken nach dem Ton, wobey auch gehandelt wird von der Temperatur der Tone, nebst anderen nutzlichen Aufgaben und Anmerkungen. Handschrift des 18. Jahrhunderts, 410 S., großes Folio, mit vielen Zeichnungen
    („Ex ultimo voluntate defuncti vidua obtulit hunc librum Bibliothecae Regiae inserendum Hannoverae d. 27. Oct. 1738“)[6]

Gusswerke Bearbeiten

Siehe auch Bearbeiten

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Abweichend wird das Todesjahr 1738 nahegelegt; vergleiche Günther Gebhardt: Militärwesen, Verkehr und Wirtschaft in der Mitte des Kurfürstentums und Königreichs Hannover 1692–1866 (= Studien zur niedersächsischen Landesgeschichte, Band [1]: Edition Noe͏̈ma). Ibidem-Verlag, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8382-0184-9, S. 32 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d Joachim Lampe: Aristokratie, Hofadel und Staatspatriziat in Kurhannover. Die Lebenskreise der höheren Beamten an den kurhannoverschen Zentral- und Hofbehörden 1714–1760 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen. Band 24; Untersuchungen zur Ständegeschichte Niedersachsens. Heft 2), Band 2: Beamtenlisten und Ahnentafeln. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1963, S. 91 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Paul Kronthal: Lexikon der technischen Künste. Band 2. Grote, Berlin 1899, S. 775 (Scan – Internet Archive).
  3. a b c d Friedrich Schlie: Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Grossherzogthums Mecklenburg-Schwerin, im Auftrag des Grossherzoglichen Ministeriums des Innern herausgegeben von der Commission zur Erhaltung der Denkmäler. Band 2: Die Amtsgerichtsbezirke Wismar, Grevesmühlen, Rehna, Gadebusch und Schwerin Bärensprung'sche Hofbuchdruckerei (in Kommission: K. F. Köhler, Leipzig), Schwerin 1899, S. 66, 138 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Vergleiche das Bewerbungsschreiben des Glockengießers Justus Andreas Meyfeld vom 8. Oktober 1737 um die Stelle des verstorbenen Stück- und Glockengießers Riedeweg, als Archivalie im vormaligen Hauptstaatsarchiv Hannover, Archivsignatur HStA H, Hann. 47 I, Nr. 106, Vo. IV, S. 135, laut Johann von Diest: Wirtschaftspolitik und Lobbyismus im 18. Jahrhundert. Eine quellenbasierte Neubewertung der wechselseitigen Einflussnahme von Obrigkeit und Wirtschaft in Brandenburg-Preußen und Kurhannover (= Herrschaft und soziale Systeme in der Frühen Neuzeit. Band 23); zugleich Dissertation 2015 an der Universität Potsdam, 2016, ISBN 978-3-8470-0603-9, S. 181, Anm. 742 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. a b c d o. V.: Allgemeines Ausschreiben de 18. Julii 1830. daß die einländischen Klocken-Giesser, in specie auch der Hannöverische Klocken-Giesser Riedeweg denen Ausländischen zu præferiren. In: Chur-Braunschweig-Lüneburgische Landes-Ordnungen und Gesetze, Dritter Theil, worin enthalten Caput Qvartum, von Policen-Sachen, Erster Band, Mit den zwölf erstern desselbigen. Zum Gebrauch des Fürstenthums Lüneburg, auch angehöriger Graf- und Herrschaften Zellischen Theils. Gedruckt und verlegt in der Sternischen Buchdruckerey, Lüneburg 1743, S. 1892 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. a b c Eduard Bodemann: Thomas Rideweg. In: Ders.: Die Handschriften der Königlichen öffentlichen Bibliothek zu Hannover … Hahn'sche Hof-Buchhandlung (Druck: J. C. König & Ebhardt), Hannover 1867, S. 73 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. a b c Veröffentlichungen der Niedersächsischen Archivverwaltung. Ausgaben 21–22. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1966, S. 337, 764 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Gotthard von Hansen: Die Kirchen und ehemaligen Klöster Revals (Nachdruck der Ausgabe Kluge, Reval 1885). v. Hirschheydt, Hannover-Döhren [1974], ISBN 3-7777-0982-4, S. 61 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. O. Jürgens: Überblick über die Entwicklung der Stadt Hannover. In: Hannoversche Geschichtsblätter. Band 12. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1909, S. 1–38, hier S. 33 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
    N. N.: Aus Redeckers Aufzeichnungen über die Jahre 1722–1762. [2. Teil] In: Hannoversche Geschichtsblätter. Band 12. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1909, S. 179–256, hier S. 182 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. a b c Carl-Hans Hauptmeyer: Stichwort Gießhaus. In: Hannover Chronik. S. 79 u. ö. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. a b Vergleiche die Akte NLA HA Hann. 74 Münden Nr. 7120 im Niedersächsischen Landesarchiv; alte Archivsignatur K 454.
  12. Günther Gebhardt: Militärwesen, Verkehr und Wirtschaft in der Mitte des Kurfürstentums und Königreichs Hannover 1692–1866 (= Studien zur niedersächsischen Landesgeschichte. Band [1]; Edition Noe͏̈ma). Ibidem-Verlag, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8382-0184-9, S. 32 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. Klaus Mlynek: Personalunion. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 498.
  14. Klaus Mlynek: Georg August, Kurfürst von Hannover, als König Georg II. König von Großbritannien und Irland. In: Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen (Hrsg.): Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche Verlagsgesellschaft, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 127.
  15. Johann von Diest: Wirtschaftspolitik und Lobbyismus im 18. Jahrhundert. Eine quellenbasierte Neubewertung der wechselseitigen Einflussnahme von Obrigkeit und Wirtschaft in Brandenburg-Preußen und Kurhannover (= Herrschaft und soziale Systeme in der frühen Neuzeit. Band 23); zugleich Dissertation 2014 an der Universität Potsdam. V&R unipress, Göttingen [2016], ISBN 978-3-8471-0603-6, S. 181 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  16. a b c Carl Wolff (Hrsg.): Regierungsbezirk Hannover. Landkreise Hannover und Linden (= Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. Band I./1.). Selbstverlag der Provinzialverwaltung, Theodor Schulzes Buchhandlung, Hannover 1899 (Scan – Internet Archive – Heft 1 des Gesammtwerkes).
  17. Eduard Schuster: Kunst und Künstler in Hannover zur Zeit des Kurfürsten Ernst August. [in 4 Teilen] In: Hannoversche Geschichtsblätter. Band 7, 1904, hiwe S. 11, 98, 387 (Übersicht über alle Artikel in den Hannoverschen Geschichtsblättern 1898–2013. freundeskreis-stadtarchiv-hannover.de [PDF; 270 kB]).
    In einer selbständigen Publikation zusammengefasst: Eduard Schuster: Kunst und Künstler in den Fürstenthümern Calenberg und Lüneburg in der Zeit von 1636 bis 1727. Commissionsverlag der Hahnschen Buchhandlung, Hannover/Leipzig 1905, OCLC 1072221762, S. 48 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  18. a b c Wilhelm Mithoff: Kunstdenkmale und Alterthümer im Hannoverschen. Band 1: Fürstenthum Calenberg. Hellwingsche Hofbuchhandlung, Hannover 1871.
  19. Carl Wolff (Hrsg.): Regierungsbezirk Lüneburg. Kreise Burgdorf und Fallingbostel (= Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. Band III./1.). Selbstverlag der Provinzialverwaltung, Theodor Schulzes Buchhandlung, Hannover 1902 (Scan – Internet Archive – Heft 4 des Gesammtwerkes).