Miargyrit
Miargyrit, veraltet auch als Silberantimonglanz oder Hemiprismatische Rubinblende bekannt, ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der chemischen Zusammensetzung AgSbS2[3] und damit chemisch gesehen ein komplexes Silber-Antimon-Sulfid, dass strukturell zu den Sulfosalzen zählt.
Miargyrit | |
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Miargyrit (schwarz) mit Quarz (weiß) aus der Typlokalität Grube "Neue Hoffnung Gottes", Bräunsdorf, Sachsen | |
Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Symbol |
May[1] |
Andere Namen |
Hemiprismatische Rubinblende[2] |
Chemische Formel | AgSbS2[3][4] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Sulfide und Sulfosalze |
System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
II/B.12 II/C.16-010 2.HA.10 03.07.03.02 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | monoklin |
Kristallklasse; Symbol | monoklin-prismatisch; 2/m |
Raumgruppe | C2/c (Nr. 15)[5] |
Gitterparameter | a = 12,862 Å; b = 4,409 Å; c = 13,218 Å β = 98,48°[5] |
Formeleinheiten | Z = 8[5] |
Häufige Kristallflächen | polysynthetische Zwillinge[6] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 2,5[6] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 5,25; berechnet: 5,29[6] |
Spaltbarkeit | unvollkommen nach {010}, undeutlich nach {100} und {101}[6] |
Bruch; Tenazität | schwach muschelig[6] |
Farbe | stahlgrau bis eisenschwarz |
Strichfarbe | kirschrot[7] |
Transparenz | durchscheinend bis undurchsichtig |
Glanz | Diamantglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | n = 2,720 bis 2,800 |
Miargyrit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt dicktafelige, meist parallel der b-Achse gestreifte Kristalle von bis zu einem Zentimeter Größe mit einem diamantartigen Glanz auf den Oberflächen, findet sich aber auch in Form von derben Aggregaten. Das Mineral ist im Allgemeinen undurchsichtig bis nahezu opak und von stahlgrauer bis eisenschwarzer Farbe. Dünne Splitter können blutrot durchscheinend sein.[7] Unter dem Auflichtmikroskop erscheint es dagegen weiß mit himbeerroten, inneren Reflexionen. Auf polierten Abschnitten konnte zudem eine polysynthetische Zwillingsbildung beobachtet werden.[6] Seine Strichfarbe ist dagegen immer kirschrot.
Etymologie und Geschichte
BearbeitenDas Mineral wurde erstmals 1824 von Friedrich Mohs in der Typlokalität, der Grube Neue Hoffnung Gottes in Bräunsdorf, heute einem Ortsteil von Oberschöna in Sachsen gefunden. Da er das neue Mineral von Rotgültigerz oder Rubinblende (heute Pyrargyrit) trennte, nannte er es zunächst Hemiprismatische Rubinblende. Den heutigen Namen Miargyrit bekam das Mineral von Heinrich Rose, der es als erster genauer untersuchte. Er benannte es nach den griechischen Worten argyros (Silber) und meion (weniger), da Miargyrit weniger Silber enthält als Pyrargyrit.[8]
Klassifikation
BearbeitenBereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Miargyrit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung der „Sulfide mit [dem Stoffmengenverhältnis] M(etall) : S(chwefel) = 1 : 1“, wo er zusammen mit Schapbachit die „Miargyrit-Schapbachit-Gruppe“ mit der System-Nr. II/B.12 und den weiteren Mitgliedern Aramayoit, Matildit und Volynskit bildete.
Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. II/C.16-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Abteilung „Sulfide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : S,Se,Te ≈ 1 : 1“, wo Miargyrit zusammen mit Aramayoit, Baumstarkit, Bohdanowiczit, Cuboargyrit, Matildit, Schapbachit und Volynskit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[9]
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[10] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Miargyrit dagegen in die neu definierte Abteilung der „Sulfosalze mit SnS als Vorbild“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metalle, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit Cu, Ag, Fe (ohne Pb)“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 2.HA.10 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Miargyrit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfosalze“ ein. Hier ist er zusammen mit Smithit in der unbenannten Gruppe 03.07.03 innerhalb der Unterabteilung „Sulfosalze mit dem Verhältnis z/y = 2 und der Zusammensetzung (A+)i(A2+)j[ByCz], A = Metalle, B = Halbmetalle, C = Nichtmetalle“ zu finden.
Kristallstruktur
BearbeitenMiargyrit kristallisiert in der monoklinen Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15) mit den Gitterparametern a = 12,862 Å; b = 4,409 Å; c = 13,218 Å und β = 98,48° sowie acht Formeleinheiten pro Elementarzelle.[5]
Kristallstruktur von Miargyrit[5] |
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Farbtabelle: _ Ag _ Sb _ S |
Morphologie
BearbeitenMiargyrit-Kristalle sind entlang {001}, {100} oder {101} abgeflacht. Sie sind daneben entlang [010] und [011] gestreift.
Modifikationen und Varietäten
BearbeitenDie Verbindung AgSbS2 ist trimorph und kann neben Miargyrit auch in trikliner Struktur als Baumstarkit und in kubischer Struktur als Cuboargyrit kristallisieren.[6]
Bildung und Fundorte
BearbeitenMiargyrit bildet sich unter hydrothermalen Bedingungen bei niedrigen Temperaturen. Es ist vergesellschaftet mit Baumstarkit, Proustit, Pyrargyrit, Polybasit, Silber, Galenit, Sphalerit, Pyrit, Quarz, Calcit und Baryt.
Als relativ seltene Mineralbildung kann Miargyrit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Weltweit wurden bisher etwas mehr als 340 Fundstätten dokumentiert (Stand 2023).[11]
Das Mineral kommt in vielen Minen vor, jedoch meist nur in kleineren Mengen und selten als Haupterz. Zu den Fundorten zählen unter anderem der Harz und weitere Fundstellen in Deutschland, Příbram und Třebsko in Tschechien, Baia Sprie in Rumänien, Hiendelaencina in Spanien, der Altai in Russland, Rajasthan in Indien, am Brandywine Creek in Kanada, in den US-Bundesstaaten Idaho und Kalifornien, Real de Catorce, Sombrerete und Veta Grande in Mexiko, Copiapó und Huantajaya in Chile, Colquechaca und Cerro Rico in Bolivien sowie Huancavelica und Julcani in Peru.[12]
Verwendung
BearbeitenBei ausreichenden Vorkommen oder zusammen mit anderen Erzen ist Miargyrit ein Silbererz.
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Heinrich Rose: Ueber die in der Natur vorkommenden nicht oxydirten Verbindungen des Antimons und des Arseniks. In: Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie. Band 15, 1829, S. 469–470 (rruff.info [PDF; 1,1 MB; abgerufen am 18. Oktober 2021]).
Weblinks
Bearbeiten- Miargyrit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung
- Thomas Witzke: Die Entdeckung von Miargyrit. In: strahlen.org/tw/.
- Miargyrite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy (englisch).
- IMA Database of Mineral Properties – Miargyrite. In: rruff.info. RRUFF Project (englisch).
- Miargyrite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF) (englisch).
- American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Miargyrite. In: rruff.geo.arizona.edu. (englisch).
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 14. April 2023]).
- ↑ Friedrich Mohs: Grund-Riß der Mineralogie. 2. Theil. Physiographie. Arnoldsche Buchhandlung, Dresden 1824, S. 606–607 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 14. April 2023]).
- ↑ a b Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 129 (englisch).
- ↑ Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
- ↑ a b c d Herta Effenberger, Werner Hermann Paar, Dan Topa, Alan J. Criddle, Michel Fleck: The new mineral baumstarkite and a structural reinvestigation of aramayoite and miargyrite. In: American Mineralogist. Band 87, 2002, S. 753–764 (englisch, rruff.info [PDF; 439 kB; abgerufen am 14. April 2023]).
- ↑ a b c d e f g Miargyrite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 53 kB; abgerufen am 14. April 2023]).
- ↑ a b Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 344.
- ↑ Heinrich Rose: Ueber die in der Natur vorkommenden nicht oxydirten Verbindungen des Antimons und des Arseniks. In: Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie. Band 15, 1829, S. 469–470 (rruff.info [PDF; 1,1 MB; abgerufen am 14. April 2023]).
- ↑ Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- ↑ Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
- ↑ Localities for Miargyrite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 14. April 2023 (englisch).
- ↑ Fundortliste für Miargyrit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 14. April 2023.