Das Schutzstufenkonzept war ein durch die am 29. Dezember 2004 im Bundesgesetzblatt veröffentlichte und am 1. Januar 2005 in Kraft getretene novellierte Gefahrstoffverordnung[1] abgestuftes System von Schutzmaßnahmen.[2] Mit der Neufassung der Gefahrstoffverordnung 2010 wurde das Konzept jedoch wieder aufgegeben.[3] Mit der Novelle 2010 wurde das global harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (CLP-Verordnung) und die REACH-Verordnung des Europäischen Parlaments in Deutschland umgesetzt.

Pflichten des Unternehmers – alte Gefahrstoffverordnung

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§ 16 GefStoffV – Ermittlungspflicht

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Der Arbeitgeber ist verpflichtet festzustellen ob

  • ein Gefahrstoff vorliegt oder entsteht
  • Ersatzstoffe oder Verfahren mit geringeren Gesundheitsgefährdungen anwendbar sind

§ 18 GefStoffV – Überwachungspflicht

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Der Überwachungspflicht kann der Arbeitgeber nachkommen durch

  • Vergleich mit ähnlichen Anlagen oder Tätigkeiten
  • Berechnung
  • Konzentrationsmessungen gefährlicher Stoffe am Arbeitsplatz
  • Untersuchung von Körperflüssigkeiten (biologischer Arbeitsplatztoleranzwert – BAT)
  • Erfüllung verfahrens- oder stoffspezifischer Kriterien (VSK nach TRGS 420)
  • Verwendung geprüfter Anlagen

§ 17 GefStoffV – Schutzpflicht

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Die Schutzmaßnahmen müssen den

  • Regelungen des Gefahrstoffrechts (Gefahrstoffverordnung),
  • Unfallverhütungsvorschriften,
  • Allgemein anerkannten sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen und hygienischen Regeln (Ausnahmen nach § 44 GefStoffV) entsprechen.

 

Pflichten des Unternehmers – neue Gefahrstoffverordnung

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  • Informationen des Inverkehrbringers oder aus anderen ohne weiteres zugänglichen Quellen
  • Gesonderte Gefährdungsbeurteilung für Wartungsarbeiten, Bedien- und Überwachungstätigkeiten, Notfälle
  • Brand und Explosionsgefahren
  • Gefahren nicht gekennzeichneter Stoffe und Zubereitungen
  • Getrennte Ermittlung je nach Aufnahmeweg u. physikalisch-chemischer Gefährdung
  • Grenzwerte und Möglichkeiten einer Substitution der Einsatzstoffe, Arbeitsbedingungen und -verfahren, einschl. Gefahrstoffmenge
  • Schriftform (nicht bei Schutzstufe 1), Anfertigung durch fachkundige Person, (Mitwirkung von Betriebsarzt oder Fachkraft für Arbeitssicherheit, sofern bestellt)
  • unabhängig von Beschäftigtenzahl; Pflicht zur Aktualisierung, vor Aufnahme der Tätigkeit
  • Verzeichnis der verwendeten Gefahrstoffe, einschließlich Sicherheitsdatenblätter müssen allen betroffenen Beschäftigten zugänglich sein

 

Schutzstufe 1 – Tätigkeiten im Anwendungsbereich der Bagatellregelung § 7 Abs. 9 GefStoffV

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für eine bestimmte Tätigkeit mit:

  • geringer Stoffmenge (Stichwort: „handelsüblich“)
  • nach Höhe und Dauer niedriger Exposition
  • geringer Gefährdung (gilt nicht für „T-Stoffe“, d. h. für Stoffe mit der Kennzeichnung „giftig“ (T) oder „sehr giftig“ (T+))

nur Maßnahmen nach § 8 GefStoffV:

  • TRGS 500 (ähnlich Arbeitsstättenverordnung und Arbeitsschutzgesetz)
  • Minimierungsgebot, sowie Herstellungs- und Verwendungsverbote
  • Überprüfung der Wirksamkeit der tech. Schutzmaßnahmen mindestens alle 3 Jahre
  • Unterweisung nach § 12 ArbSchG

Schutzstufe 2 – Tätigkeiten ohne T-Stoffe, wenn Schutzmaßnahmen der SSt 1 nicht ausreichen

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Grundmaßnahmen nach § 9 GefStoffV

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  • Ersatzstoffgebot mit Dokumentationspflicht
  • Minimierungsgebot mit Rangfolge der Schutzmaßnahmen
  • neue Gefährdungsbeurteilung bei Überschreitung des Arbeitsplatzgrenzwertes
  • für Stoffe ohne AGW: Nachweis der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen – sonst Messung
  • Unterweisung nach GefStoffV, Alleinarbeitsverbot

Biozide § 9 (11) GefStoffV

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  • Verwendung nur entsprechend Zulassung u. Kennzeichnung
  • Einsatz unter Berücksichtigung physikalischer, biologischer oder chemischer Alternativen auf *Mindestmaß begrenzen
  • Gilt auch in Haushalten

Rangfolge der Schutzmaßnahmen § 9 GefStoffV

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  • weniger gefährliche Einsatzstoffe
  • Anpassung an den Stand der Technik; geschlossene Anlage
  • Absaugung der Stoffe an der Austritts- oder Entstehungsstelle
  • Lüftungsmaßnahmen
  • Persönliche Schutzausrüstung: §9(3) Beschäftigte müssen die Schutzausrüstung benutzen und der Arbeitgeber darf sie nicht als ständige Maßnahme zulassen

Schutzstufe 3 – Tätigkeiten mit giftigen und sehr giftigen Stoffen und Zubereitungen

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Grundmaßnahmen nach § 10 GefStoffV

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  • SUBSTITUTIONSPFLICHT; wenn technisch nicht möglich, dann
  • geschlossenes System; wenn technisch nicht möglich
  • Minderung der Exposition nach Stand der Technik
  • Der Arbeitgeber stellt sicher, dass die AGW eingehalten werden.
  • Maßnahmen bei Nichteinhaltung des AGW; insbesondere bei ASI-Arbeiten (persönliche Schutzausrüstung)
  • Dokumentation weiterer Maßnahmen zur Senkung der Exposition in Gefährdungsbeurteilung
  • Er hat die dafür erforderlichen Messungen oder gleichwertige und eindeutige Nachweisverfahren durchzuführen.
  • Die Ergebnisse sind aufzubewahren und den Beschäftigten zugänglich zu machen.
  • Zutrittsbeschränkung (Ausnahme: Ottokraftstoffe an Tankstellen)

Schutzstufe 4 – Tätigkeiten mit krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fruchtbarkeitsgefährdenden Stoffen der Kategorien 1 oder 2

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nicht wenn: Arbeitsplatzgrenzwert eingehalten oder die Tätigkeiten entsprechend einem VSK durchgeführt werden

  • Die Einhaltung des Arbeitsplatzgrenzwertes ist in der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren
  • Maßnahmen bei Nichteinhaltung des AGW; insbesondere bei ASI-Arbeiten (Atemschutz, Schutzkleidung – während der ganzen Dauer der Arbeiten, aber auf ein Minimum für jeden Beschäftigten beschränkt)
  • Dokumentation weiterer Maßnahmen zur Senkung der Exposition in GB
  • In der Regel keine Luftrückführung
  • Abgrenzung der Gefahrenbereiche und Anbringung von Warn- und Sicherheitszeichen

Einzelnachweise

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  1. BGBl. 2004 I Nr. 74
  2. Ulrich Welzbacher: Die neue Gefahrstoffverordnung kommt. In: Gefahrstoffe – Reinhalt. Luft. 64, Nr. 11/12, 2004, ISSN 0949-8036, S. 463–466.
  3. Reinhold Rühl: Wie immer – und doch ganz anders: die Münchner Gefahrstoffverordnung 2010. In: Gefahrstoffe – Reinhalt. Luft. 71, Nr. 1/2, 2011, ISSN 0949-8036, S. 36–38.