Rua Guaicurus

Straße und Rotlichtviertel im brasilianischen Belo Horizonte

Die Rua Guaicurus in Belo Horizonte ist einer der bekanntesten Rotlichtbezirke in Brasilien.

Name Bearbeiten

Rua Guaicurus lautet übersetzt "Straße der Guaycurús", wobei die Guaycurús ein indigenes Volk sind, das aus Paraguay in das Gebiet, zu dem heute Belo Horizonte gehört, zugewandert sind. Mit Guaycurú bezeichnet man auch die Guaycurú-Sprache oder Sprache der Sprachgruppe Mataco-Guaycurú-Sprachen.

Lage Bearbeiten

Die Rua Guaicurus befindet sich im Zentrum Belo Horizontes, Hauptstadt des Bundesstaates Minas Gerais, einer Metropole mit über zwei Millionen Einwohnern. Sie befindet sich zwischen dem Bahnhof und dem Busbahnhof, den auch die zahlreichen Fernbusse anlaufen.

Geschichte Bearbeiten

Als Belo Horizonte von 1894 bis 1897 konstruiert und erbaut wurde, folgte man den Beispielen wie Paris oder Washington, indem man nicht nur systematisch rechtwinklige Straßennetze mit einigen Diagonalen entwarf, sondern auch jeder Straße ihren Zweck zuwies. Die Rua Guaicurus barg daher zunächst kleine Betriebe mit industrieller Fertigung. Sie stellte außerdem die Verbindung Bahnhof über den Busbahnhof und seinen Vorplatz zum Stadtteil Lagoinha her, in dem sich die Vergnügungsstätten befanden. Mit der Zeit siedelten sich auch andere Betriebe an, dazu kamen Getreidegeschäfte syrischer Einwanderer, die hauptsächlich in diesem Teil der Stadt siedelten.[1]

Da der das Zentrum umgebende Fluss Arrudas häufig über die Ufer trat, wechselten die Betriebe in höher gelegene Regionen, und an ihre Stelle traten Bars und Kabarette mit Angeboten für Männer aus den unterschiedlichen sozialen Schichten. Die eleganteren Einrichtungen boten Live-Musik und aus Europa importierte Prostituierte, die einfacheren nahmen mit einheimischen Mädchen vorlieb. Das berühmteste Kabarett nannte sich Palácio (Palast) und unterhielt ein eigenes Radioprogramm unter Leitung eines künstlerischen Direktors. Viele Prostituierte arbeiteten hier im Höhepunkt ihrer Karriere und endeten später im „Curral das Éguas“ (Stutenkoppel oder Stutenstall), einem Bordell, das nur dem Namen nach Kabarett war, in Wahrheit aber lediglich in dunklen, heruntergekommenen Zimmern die Frauen anbot, die aufgrund von Alter, Drogenmissbrauch oder Krankheit in anderen Einrichtungen nicht mehr geduldet waren. Im Laufe der Zeit verschwanden die eleganten Häuser und die Rua Guaicurus einschließlich der angrenzenden Teile der Rua Sao Paulo wurde eine Zone für einfache Prostituierte in der die zuletzt beschriebene Art der Häuser zur Regel wurde.[2][3]

Die Rua Guaicurus ist Sitz der Organisation Aprosmig (Associação das Prostitutas de Minas Gerais, auf deutsch: Organisation der Prostituierten in Minas Gerais),[4] die unter anderem dadurch bekannt wurde, dass sie die jährlichen Schönheitswettbewerbe "Miss Prostituierte" austrägt[5], den Prostituierten vor der Fußballweltmeisterschaft 2014 und den Olympischen Spielen 2016 in Brasilien auf die Bedürfnisse der Frauen zugeschnittene Englischkurse angeboten hat[6][7][8], den Prostituierten, selbst denen, die auf der Straße arbeiten, die Möglichkeit verschafft hat, auch bargeldlos zu kassieren und ein kleines Sexmuseum unterhält. Die Aprosmig verteidigt die Laufhäuser gegen Anfeindungen einiger Politiker, die diese schließen wollen, und streicht heraus, dass die Häuser den Frauen die Möglichkeit geben, geschützt vor Zuhältern und Gewalt zu arbeiten.[4][9][10][11]

Trivia Bearbeiten

Die berühmteste Prostituierte der Rua Guaicurus soll Hilda Furacão in den 1960er Jahren gewesen sein, die im gleichnamigen Buch von Roberto Drummond dargestellt wurde.[12] Andere Prostituierte, die zeitweilig dort gearbeitet haben, sind die brasilianischen Schriftstellerinnen und Aktivistinnen Gabriela Leite[13] und Petala Parreira.[14]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Rua dos Guaicurus: Patrimônio, memória e apagamentos sociais (Rua Guaicurus: Soziales Erbe, Erinnerung und Vergessen)@1@2Vorlage:Toter Link/www.congresso2016.congressohistoriajatai.org (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  2. Mais de 2.000 mulheres serão afetadas (Mehr als 2000 Frauen sind betroffen)
  3. Luciana Teixeira de Andrade e Alexandre Eustáquio Teixeira: A territorialidade da prostituição em Belo Horizonte (Die Zone der Prostitution in Belo Horizonte), S.141ss e 148ss
  4. a b Christina Camargo: Associação das Prostitutas de Minas Gerais tem cartilha sobre tráfico de pessoas (Memento des Originals vom 12. März 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.fundodireitoshumanos.org.br. Am 16. August 2016 auf fundodireitoshumanos.org.br, abgerufen am 7. November 2018
  5. Globo: Miss Prostituta 2014
  6. Süddeutsche Zeitung: Gratis-Englischkurse für Prostituierte
  7. Preparing millions of Prostitutes for the World Cup
  8. Prostituierte in Belo Horizonte erhalten kostenlos Englischunterricht um sich auf die Fußballweltmeisterschaft vorzubereiten (portugiesisch)
  9. Museu do Sexo conta as histórias das prostitutas da Guaicurus, em BH
  10. Homepage des Sexmuseums oder Museums der Prostituierten
  11. Hoje em dia: Esperança para a Rua Guaicurus (Hoffnung für die Rua Guaicurus)
  12. Auf Englisch: Hilda Hurricane
  13. Gabriela Leite: Filha, mãe, avó e puta: a história de uma mulher que decidiu ser prostituta (Tochter, Mutter, Oma und Nutte: Die Geschichte einer Frau, die sich dafür entschied, Prostituierte zu sein). Objetiva, 2008, ISBN 978-85-7302-924-6, S. 161, S. 80ff.
  14. Petala Parreira: Bücher (portugiesisch und deutsch). Abgerufen am 17. August 2018.

Koordinaten: 19° 54′ 54,8″ S, 43° 56′ 12,8″ W