Der Riedöschinger Travertin, auch teilweise als Roter Stein bezeichnet, stellt ein Travertinkalkvorkommen in einem aufgeschlossenen Steinbruch nahe der Ortschaft Riedöschingen (Schwarzwald-Baar-Kreis, Baden-Württemberg, Deutschland) auf Gemeindegebiet der Stadt Blumberg auf rund 780 Meter über Meer dar.

Gesamtansicht des Roten Steins

Travertin als Bezeichnung Bearbeiten

Travertine (lateinisch lapis tiburtinus) weisen eine Reihe von speziellen Merkmalen (z. B. genetische Besonderheiten) auf, welche diesem Gestein neben den Kalktuffen, Seekalken und Sintern eine eigene Kategorie gewähren. Die Typuslokalität des Travertins ist der Travertin von Tivoli bei Rom. Seit der Antike wird der heute sogenannte Römische Travertin als Baustein abgebaut und ist zum Beispiel auf dem Petersplatz in Rom zu sehen.[1]

Entstehung Bearbeiten

 
Detailansicht des Riedöschinger Roten Steins
 
Versteinerung in einem Stück Stein

Der Riedöschinger Travertin entstand, ähnlich wie einige Gesteinsformationen im Yellowstone-Nationalpark, aus Heißwasserablagerungen.[2] Die Entstehung des Riedöschinger Travertins steht vermutlich in enger Verknüpfung mit der Entstehung der Vulkane im Hegau.[3] Aus einer Spalte soll demnach kohlensäurehaltiges und thermales Wasser aufgestiegen sein und hat sich während seines Aufstieges durch den Jura mit gelöstem Kalk angereichert. An der Erdoberfläche angekommen, hat sich das Wasser in einer Mulde gesammelt und den Kalk danach ausgeschieden.

Gesteinsbeschreibung Bearbeiten

Rote Travertine sind relativ selten. Der sogenannte Rote Stein weist, je nach Einlagerung von Eisenoxiden, wechselnde rote, violette und weiße Farbtöne auf. Die rötliche Färbung lässt sich auf die im Grundgebirge enthaltenen und mitgeschwämmten Eisenoxide zurückführen.[4] Aus der horizontalen Lagerung lässt sich außerdem schließen, dass sich der Rote Stein unmittelbar bei diesem ehemaligen Quellgebiet befindet.

Neben der Geologie sind an diesem Travertin auch die zahlreich auftretenden Fossilien interessant. Verschiedene Frosch- und Lurcharten hielten sich zu Zeiten der Aktivität der Quellen in diesem Gebiet auf und wurden im Laufe der Auskristallisation im entstehenden Gestein eingeschlossen.

Verwendung Bearbeiten

Von diesem Naturstein gibt es wenig gesicherte Verwendungsbeispiele. Er fand als Mauerstein beim Hausbau in der Umgebung von Riedöschingen und im Altarraum in der Kirche St. Martin in Riedöschingen als Stufen und Bodenbelag Verwendung.[5]

Steinbruch Bearbeiten

Der Travertin-Steinbruch liegt etwa 1,3 km westlich von Riedöschingen. Die 20 Meter hohe Abbauwand der Gesteinsschicht kann im Steinbruch betrachtet und im Norden 150 Meter weit mit abnehmender Mächtigkeit verfolgt werden. Die gesamte Ausdehnung dieser Gesteinsschicht ist nicht bekannt.[6] Der Steinbruch ist seit 1995 nicht mehr in Betrieb.

Gesteinsvorkommen in der Umgebung Bearbeiten

Ein weiteres Beispiel für einen Thermalsinterkalk (Travertin) liegt nordöstlich von Tengen auf der Kappe des Wannenberges. Ebenfalls auf Blumberger Gemeindegebiet liegt der Blaue Stein von Randen, ein Basalt, der als westlichster Ausläufer des Hegaus gilt.

Siehe auch Bearbeiten

Liste von Travertinsorten

Literatur Bearbeiten

  • Karte: Vulkane im Hegau, Landesvermessungsamt Baden-Württemberg, 2003
  • Matthias Geyer, Vulkane im Hegau, Landesvermessungsamt Baden-Württemberg, 2003
  • Christoph G. Koban / Günther Schweigert: Süddeutsche Travertinvorkommen im Vergleich: Stuttgarter Travertine (Mittel-Pleistozän) und Riedöschinger Travertin (Mittel-Miozän). In: Neues Jahrbuch für Geologie und Paläontologie, Abhandlungen 189 (1993), 171–197
  • Christoph G. Koban / Günther Schweigert: Microbial origin of travertine fabrics - two examples from Southern Germany (Pleistocene Stuttgart travertines and Miocene Riedöschingen travertine). In: Facies 29 (1993), S. 251–264
  • Günther Schweigert: Der Riedöschinger Travertin bei Blumberg - auch eine fossile Geysirbildung. In: Wilfried Rosendahl (Hrsg.), Der Böttinger Marmor. Bunter Fels aus heißen Quellen, Staatsanzeiger-Verlag, Stuttgart 2003 (= Grabenstetter höhlenkundliche Hefte, 6; ISBN 3-929981-48-3), S. 44–47

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Vergleichende Faziesanalyse, Paläoökologie und paläogeographisches Umfeld tertiärer Süsswasserkarbonate auf der westlichen Schwäbischen Alb und im Hegau, Günter Schweigert, Institut für Geologie und Paläontologie, Universität Stuttgart, 1996
  2. Günther Schweigert: Der Riedöschinger Travertin - eine fossile Geysir-Ablagerung im Randengebiet. In: Jahreshefte der Gesellschaft für Naturkunde in Württemberg 154 (1998), S. 107–120
  3. Johannes Baier & Armin Scherzinger (2021): Das Vulkanfeld im Hegau. Aufschluss, 72(2): 58–69.
  4. F. Hoffmann 1966,O. Mäuss 1965 und 1982, A. Schreiner 1965 und 1985, F. Schalch 1893
  5. Wolfgang Werner: Riedöschinger Travertin. In: Naturwerksteine aus Baden-Württemberg - Vorkommen, Beschaffung und Nutzung, S. 442. Hrsg. v. Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau. Rüsselsheim 2013. ISBN 978-300-041100-7
  6. Albert Schreiner: Über wenig bekannte vulkanische Gebilde zwischen Baar und Hegau. S. 15/16. In: Mitteilung des Badenschen Landesverein für Naturkunde und Landesschutz e.V. Freiburg i. Brs. Heft 1/1966

Koordinaten: 47° 50′ 31,9″ N, 8° 35′ 35,5″ O