Ressourcenproduktivität

Produktivität jeder Ressource

Ressourcenproduktivität ist in der Volkswirtschaftslehre und Umweltökonomik eine volkswirtschaftliche Kennzahl, welche die Produktivität der zur Produktion eingesetzten Ressourcen angibt.

Allgemeines Bearbeiten

Als Ressourcen wurden ursprünglich die Produktionsfaktoren angesehen, doch sind damit heute tendenziell die natürlichen Ressourcen gemeint, die einen ökonomischen Nutzen stiften. Hierzu gehören insbesondere Bodenschätze, Landflächen, Luft, Rohstoffe, Wasser sowie strömende Ressourcen wie Erdwärme, Wind- und Sonnenenergie.[1]

Bei den klassischen Produktionsfaktoren wird die Produktivität durch die Arbeitsproduktivität (Faktor Arbeit), Bodenproduktivität (Boden) und Kapitalproduktivität (Kapital) gemessen:

Produktionsfaktor Faktorproduktivität Faktorpreis
Arbeit Arbeitsproduktivität Arbeitseinkommen
Boden Bodenproduktivität Bodenertrag
Kapital Kapitalproduktivität Kapitalzins

Die totale Faktorproduktivität berücksichtigt den technischen Fortschritt.

Ausgangslage Bearbeiten

Inzwischen wurde erkannt, dass die durch technische Eingriffe in die Natur ausgelösten Veränderungen nicht mit Technik wieder rückgängig gemacht werden können.[2] Demnach stellt jeder Materialeinsatz und auch jedes Produkt/jede Dienstleistung ein Umweltproblem dar.[3] Ein Input-orientiertes Ressourcenmanagement muss dafür sorgen, eine bestimmte Leistung mit dem geringsten Material- und Energieaufwand – und damit ein Maximum an Ressourcenproduktivität – zu erreichen.

Als Indikator der Ressourcenproduktivität ist der Material-Input pro Serviceeinheit (MIPS) geeignet, der 1993 von Friedrich Schmidt-Bleek entwickelt wurde und die Möglichkeit eröffnet, die Ressourcenproduktivität von Wirtschaftsräumen, Produktionsprogrammen, Produktionsprozessen, Produkten/Dienstleistungen und ganzen Unternehmen zu messen.[4][5]

Ermittlung Bearbeiten

Die Ressourcenproduktivität ist der Wirkungsgrad pro verbrauchter Einheit, also der Output pro eingesetzter Ressourceneinheit (etwa die Nutzwärme pro Tonne CO2-Emission).[6]

Die Ressourcenproduktivität   ergibt sich aus der Gegenüberstellung des Inputs und Outputs oder der Ausbringungsmenge   und der Ressourceneinsatzmenge  :

 .

In der traditionellen Auffassung von Produktivität wird die Ressourcenproduktivität so vernachlässigt, dass man sie als unerklärten Bestandteil der totalen Faktorproduktivität auffasst. Die Steigerung der Bodenproduktivität wird der Entwicklung des technischen Fortschritts zugeschrieben.

Beispiel

Der unterschiedliche Verbrauch von Primär- oder Sekundärrohstoffen für die Herstellung eines Freileitungsmastes zeigt anschaulich die unterschiedliche Ressourcenproduktivität:[7]

Freileitungsmast Verbrauch an
Primärrohstoffen
Verbrauch an
Sekundärrohstoffen
Spannbetonmast 95 Tonnen 40 Tonnen
Stahlgittermast 39 Tonnen 21 Tonnen

Bis zur Aufstellung verbraucht der Spannbetonmast ungefähr dreimal mehr Primärrohstoffe (einschließlich Energie) als der Stahlgittermast. Aus Sicht der Umweltökonomik weist damit der Stahlgittermast eine wesentlich höhere Ressourcenproduktivität auf.

Wirtschaftliche Aspekte Bearbeiten

Strategien zur Steigerung der Ressourcenproduktivität betreffen einerseits die Produzenten in Form der Effizienzstrategien und andererseits den Verbraucher in Form der Suffizienzstrategien.[8] Die Ressourcenproduktivität kann bei Produzenten gesteigert werden durch das Konzept der Dematerialisierung, das eine Güterproduktion verlangt, die von der Geburt bis zum Tod für den Menschen einen möglichst geringen Verbrauch an natürlichen Ressourcen erfordert.[9] Substistenzstrategien zielen beim Verbraucher darauf ab, den Selbstversorgungsgrad durch Agrarproduktion, Fischerei, Jagd oder Sammeln zu verbessern.

Steigerungen der Ressourcenproduktivität lassen sich erreichen durch Verbesserungen bestehender Produktionsprozesse und Organisationsstrukturen etwa bei Abfallvermeidung, Energieeinsatz, Recycling oder Wassernutzung. Auch Innovationen im Produktionsprozess und in der Produktgestaltung wie Substitution umweltbelastender Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe durch weniger schädliche oder Kreislaufwirtschaft tragen dazu bei.[10]

Im Zuge eines steigenden Umweltbewusstseins wird die Bedeutung der Ressourcenproduktivität in der Gesellschaft deutlicher gesehen und die Gefahr des ungehemmten Ressourcenverbrauchs sowie die Notwendigkeit einer nachhaltigen Entwicklung hervorgehoben (vgl. Die Grenzen des Wachstums).

Im Bereich der Wirtschaftswissenschaften wird in Deutschland die Hinwendung zur Ressourcenproduktivität an Stelle der Arbeitsproduktivität vor allem von Gerhard Scherhorn und Raimund Bleischwitz vom Wuppertal Institut gefordert.

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Bleischwitz, Raimund: Ende der Arbeitsproduktivität. Von der Produktivität der Arbeit zur Produktivität der Ressourcen. In: Universitas, 1998, S. 369–377
  • Hawken/Lovins/Lovins: Öko-Kapitalismus. Die industrielle Revolution des 21. Jahrhunderts. Wohlstand im Einklang mit der Natur. Bertelsmann, München 2000
  • Scherhorn, Gerhard: Natur und Kapital: über die Bedingungen nachhaltigen Wirtschaftens. In: Natur und Kultur, 5 (2004), 1, S. 65–81.
  • v. Weizsäcker, E.U., Lovins, A.B. und L.H.: Faktor 4. Doppelter Wohlstand – halbierter Naturverbrauch. München 1995

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Umweltbundesamt (Hrsg.): Glossar zum Ressourcenschutz. Januar 2012, S. 22 (umweltbundesamt.de).
  2. Heinz Hübner/Stefan Jahnes, Management-Technologie als strategischer Erfolgsfaktor, 1998, S. 143
  3. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Erdpolitik: Realpolitik an der Schwelle zum Jahrhundert der Umwelt, 1990, S. 80; ISBN 9783534109982
  4. Friedrich Schmidt-Bleek, Wieviel Umwelt braucht der Mensch? MIPS — Das Maß für ökologisches Wirtschaften, 1993, S. 108 ff.; ISBN 9783034856515
  5. Carlo J. Burschel/Martin Weigert/Werner F. Schulz, Lexikon Nachhaltiges Wirtschaften, 2001, S. 265; ISBN 9783486795424
  6. Kathrin Ankele, Praxishandbuch integriertes Produktmanagement, 2001, S. 58
  7. Thomas Merten/Christa Liedtke/Friedrich Schmidt-Bleek, Materialintensitätsanalysen von Grund-, Werk- und Baustoffen: Die Werkstoffe Beton und Stahl, in: Wuppertal Papers 97, 1995, S. 45
  8. Jürgen Lackmann, Sustainable Development, in: Claudia Wiepcke/Hermann May (Hrsg.), Lexikon der ökonomischen Bildung, 2012, S. 604
  9. Carlo J. Burschel/Martin Weigert/Werner F. Schulz, Lexikon Nachhaltiges Wirtschaften, 2001, S. 187
  10. Kathrin Ankele, Praxishandbuch integriertes Produktmanagement, 2001, S. 58