Picrotoxin, auch als Cocculin bekannt, ist der Name für ein äquimolares Gemisch aus zwei natürlich vorkommenden chemischen Verbindungen: Picrotoxinin, C15H16O6 und Picrotin[2], C15H18O7, beides Sesquiterpenlactone aus der Scheinmyrte. Picrotoxin wurde erstmals 1812 von Boullay aus den Früchten („Kokkelskörner“) der Pflanze isoliert.

Strukturformel
Picrotin

Picrotoxinin
Picrotin (oben), Picrotoxinin (unten)
Allgemeines
Name Picrotoxin
Andere Namen

Cocculin

Summenformel C15H16O6 · C15H18O7
Kurzbeschreibung

weißes bis gelbliches Pulver[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 124-87-8
EG-Nummer 204-716-6
ECHA-InfoCard 100.004.288
PubChem 31304
ChemSpider 29044
DrugBank DB00466
Wikidata Q416602
Eigenschaften
Molare Masse 292 und 310 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

203–204 °C[2]

Löslichkeit

4,1 g·l−1 [3]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 300
P: 264​‐​301+310[1]
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Früchte der Scheinmyrte, die sog. Kokkelskörner.

Eigenschaften

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Der Bestandteil Picrotin unterscheidet sich vom Picrotoxinin nur darin, dass in der Struktur die Doppelbindung der Isopropenylgruppe hydratisiert ist, das heißt statt eines Isopropenyl- ein 2-Hydroxyisopropylrest vorliegt. Im Gegensatz zum ungiftigen Picrotin ist Picrotoxinin hochgiftig; die letale Dosis für einen Menschen beträgt etwa 20–25 mg.[2][5] Es ist damit für den Menschen giftiger als andere Toxine, beispielsweise Strychnin. Beim Menschen erzeugten nichtletale Mengen Erregung, Schläfrigkeit und Veränderungen im Magen-Darm-Trakt,[5] bei Tieren wie Mäusen ebenfalls Erregung, Krämpfe und Auswirkungen auf das Größenwachstum.[4]

Picrotoxinin wirkt als nichtkompetitiver GABAA-Rezeptor-Antagonist. Da GABA (γ-Aminobuttersäure) ein inhibitorischer Neurotransmitter ist, hat Picrotoxinin einen stimulativen Effekt. Picrotoxin wurde früher als Antidot bei Barbituratvergiftung benutzt. Eine neue Behandlungsmöglichkeit des Morbus Menière benutzt Picrotoxin.[6] Vergiftungen mit Picrotoxin werden mit Diazepam und wenn nötig Barbituraten wie Phenobarbital behandelt.[7]

Literatur

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  • Dupont, L.; Dideberg, O.; Lamotte-Brasseur, J.; Angenot, L.: Structure Cristalline et Moléculaire de la Picrotoxine, C15H16O6 · C15H18O7. In: Acta Crystallographica B. 32. Jahrgang, Nr. 11, 1976, S. 2987–2993, doi:10.1107/S0567740876009424 (französisch). (in Französisch)
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Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. a b c d Datenblatt Picrotoxin bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 20. April 2011 (PDF).
  2. a b c Eintrag zu Picrotoxin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 16. Juni 2014.
  3. a b c Eintrag zu Picrotoxin in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar)
  4. a b Setnikar, I.; Murmann, W.; Magistretti, M. J.; Da Re, P.: Amino-methylchromones, Brain Stem Stimulants and Pentobarbital Antagonists. In: Journal of Pharmacology and Experimental Therapeutics. 128. Jahrgang, 1960, S. 176–181, PMID 14445192.
  5. a b c Deichmann, W. B.: Toxicology of Drugs and Chemicals. Academic Press, New York 1969, S. 476.
  6. Weikert, S.; Hoelzl, M.; Scherer, H.: Picrotoxin als Therapeutikum bei M. Menière? In: HNO-Informationen (Kongressabstracts). 84. Jahrgang, Nr. 1. Thieme Verlag, 2005, doi:10.1055/s-2005-869101.
  7. Eintrag zu Picrotoxin in der Hazardous Substances Data Bank (via PubChem), abgerufen am 27. Oktober 2014.