Paromomycin (Handelsname: Humatin®)[4][5][6] ist ein Aminoglykosid-Antibiotikum, das zur Behandlung von Infektionen im Verdauungstrakt verwendet wird. Paromomycin ist ein sehr altes Antibiotikum, das in jüngster Zeit eine neue Bedeutung bei der Behandlung der Leishmaniose erhalten hat. Es ähnelt stark dem Aminoglykosid-Antibiotikum Neomycin.

Strukturformel
Allgemeines
Freiname Paromomycin
Andere Namen
  • Latein: Paromomycinum
  • IUPAC: (2R,3S,4R,5R,6S)-5-amino-6-[(1R,2S,3S,4R,6S)-4,6-diamino-2-[(2S,3R,4R,5R)-4-[(2R,3R,4R,5R,6S)-3-amino-6-(aminomethyl)-4,5-dihydroxy-oxan-2-yl]oxy-3-hydroxy-5-(hydroxymethyl)oxolan-2-yl]oxy-3-hydroxy-cyclohexyl]oxy-2-(hydroxymethyl)oxane-3,4-diol
Summenformel C23H45N5O14
Kurzbeschreibung

weißes Pulver (Sulfat)[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 231-423-0
ECHA-InfoCard 100.028.567
PubChem 165580
ChemSpider 145115
DrugBank DB01421
Wikidata Q415625
Arzneistoffangaben
ATC-Code

A07AA06

Wirkstoffklasse

Aminoglykosid-Antibiotika

Eigenschaften
Molare Masse 615,63 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Löslichkeit

leicht in Wasser[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[2]
Toxikologische Daten

156 mg·kg−1 (LD50Rattei.v.)[3]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Wirkungsmechanismus Bearbeiten

Paromomycin wirkt wie die meisten Aminoglykosid-Antibiotika über die Hemmung der bakteriellen Proteinbiosynthese, indem das Antibiotikum an die 30S-Untereinheit der bakteriellen Ribosomen bindet. Paromomycin ist wirksam gegen gramnegative und grampositive Bakterien sowie Amöben und Bandwürmer im Darm. Peroral gegebenes Paromomycin wird nicht resorbiert. Paromomycin wird aus Streptomyces rimosus gewonnen.

Einsatzgebiete Bearbeiten

Paromomycin wird seit langem eingesetzt zur Prophylaxe und Behandlung der hepatischen Enzephalopathie, indem die ammoniakbildende Darmflora stark reduziert und die Leber entlastet wird, ferner zur präoperativen Reduktion der Darmflora und schließlich zur Behandlung von Bandwürmern, Cryptosporidien und der Amöbenruhr. Für diese Anwendungsgebiete ist Paromomycin in Form von oral zu nehmenden Kapseln in vielen Ländern zugelassen.

Vom amerikanischen gemeinnützigen Institute for OneWorld Health wurde in den letzten Jahren in Indien durch intramuskuläre Injektion (IM) verabreichtes Paromomycin zur Behandlung der viszeralen Leishmaniose in klinischen Studien der Phase III geprüft. Paromomycin IM zeigte sich dort als nicht weniger wirksam als das Vergleichsmedikament Amphotericin B[7] und wurde in Indien inzwischen auch für diese Indikation zugelassen. Die Weltgesundheitsorganisation hat Paromomycin IM 2007 in seine Liste der unverzichtbaren Arzneimittel aufgenommen. In den USA und in Europa erhielt OneWorld Health für Paromomycin IM zur Behandlung der Leishmaniose den Status eines Orphan-Arzneimittels; eine Zulassung liegt aber noch nicht vor.

Bei Katzen wurde der Wirkstoff erfolgreich bei Kryptosporidiose eingesetzt, aufgrund möglichen Nierenversagens gibt es aber keine generelle Therapieempfehlung.[8]

Kontraindikationen und Nebenwirkungen Bearbeiten

Paromomycin darf nicht gegeben werden bei bekannter Überempfindlichkeit gegen Aminoglykosid-Antibiotika, bei schwerer Niereninsuffizienz, Darmverschluss und Myasthenia gravis. Auch während der Schwangerschaft und beim Stillen darf Paromomycin nicht angewendet werden.

Die häufigste Nebenwirkung bei oraler Gabe ist Durchfall; bei intramuskulärer Injektion wurden sehr häufig Schmerzen an der Injektionsstelle beobachtet.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Datenblatt Paromomycin Sulfate (PDF) bei Calbiochem, abgerufen am 8. Dezember 2015.
  2. a b Datenblatt Paromomycin sulfate salt bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 9. Mai 2017 (PDF).
  3. Eintrag zu Paromomycin in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar)
  4. Rote Liste online, Stand: Oktober 2009.
  5. AM-Komp. d. Schweiz, Stand: Oktober 2009.
  6. AGES-PharmMed, Stand: Oktober 2009.
  7. S. Sundar, T. K. Jha, C. P. Thakur, P. K. Sinha, S. K. Bhattacharya: Injectable paromomycin for Visceral leishmaniasis in India. In: The New England Journal of Medicine. Band 356, Nummer 25, Juni 2007, S. 2571–2581, doi:10.1056/NEJMoa066536, PMID 17582067.
  8. Dwight D. Bowman, Charles M. Hendrix, David S. Lindsay, Stephen C. Barr: Feline Clinical Parasitology. John Wiley & Sons, 2008, ISBN 978-0-470-37659-1, S. 7–8.