Obergaden

obere Wandfläche des Mittelschiffs einer mehrschiffigen Basilika

Der Obergaden, auch als Lichtgaden oder Fenstergaden bezeichnet (lateinisch claristorium oder clerestorium, englisch clerestory oder overstorey, französisch claire-voie, italienisch cleristorio), ist die obere Wandfläche des Mittelschiffs einer Basilika.

Obergaden an der Stralsunder Nikolaikirche

Der Obergaden befindet sich über den Dächern der Seitenschiffe und ist mit Fenstern durchbrochen. Ähnlich einer Dachlaterne ermöglicht der Obergaden als von Fenstern durchbrochene Wand von Hochschiff und Hochchor eine direkte Belichtung des Mittelschiffes. Die Fenster an den Außenwänden der Seitenschiffe werden in Gegenüberstellung zum Obergaden auch als Untergaden bezeichnet.

Im Gegensatz zur Basilika ist das Mittelschiff einer Hallenkirche ohne Obergaden und wird von den Fenstern der Seitenschiffe belichtet. Ist der Obergaden deutlich ausgebildet aber fensterlos, spricht man von einer Pseudobasilika. Bei (anderen) Staffelhallen ragt das Mittelschiff zwar auch höher als die Seitenschiffe, aber es gibt keine oder kaum Wände über den Arkaden.

Osnabrücker Dom, Kämpfer der Gewölbe an der Basis des Obergadens, weder Triforiumsgeschoss noch Empore

FormenBearbeiten

 
St. Lorenz in Kempten (Allgäu), barocker Obergaden mit niedrigen Halbkreisfenstern
 
St. Lorenz in Kempten von außen

Der Obergaden kann sehr unterschiedlich ausgebildet sein. Außer dem Höhenunterschied von Mittelschiffstraufe und Seitenschiffsdächern ist von Bedeutung, auf welcher Höhe die Mittelschiffsgewölbe im Verhältnis zu Seitenschiffsdächern und Obergadenfenstern liegen.

Entstehung des BegriffsBearbeiten

Der Obergaden überragt die Wirtschaftsgebäude des Mittelalters, die an die Kirchenwand gebauten Gaden (auch: Gadem, ‚Verschlag‘, ‚Schuppen‘, ‚Haus‘), und erhält daher seinen Namen, den er auch bei den späteren mehrschiffigen Kirchengebäuden beibehält, bei denen die Anbauten weiter vom Hauptschiff abrücken.[1] Freistehende Kirchen sind im Übrigen erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts üblich, im Städtebau des Mittelalters waren die Kirchen fest umbaut.[2]

QuellenBearbeiten

  • Wilfried Koch: Baustilkunde. Das Standardwerk zur europäischen Baukunst von der Antike bis zur Gegenwart. 33. Auflage. Prestel, München / London / New York 2016, ISBN 978-3-7913-4997-8, S. 465.

WeblinksBearbeiten

Commons: Obergaden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Obergaden – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

EinzelnachweiseBearbeiten

  1. Barbara Schock-Werner: Die Bauten im Fürstbistum Würzburg unter Julius Echter von Mespelbrunn 1573–1617 – Struktur, Organisation, Finanzierung und künstlerische Bewertung. Schnell + Steiner, Regensburg 2005, ISBN 9783795416232, S. 269.
  2. Hans-Eckhard Lindemann: Historische Ortskerne in Mainfranken. Geschichte, Struktur, Entwicklung. Callwey, München 1989, ISBN 9783766709189, S. 90 ff.