Marcrad II.

Overbode des holsteinischen Volksadels

Marcrad II. (bl. 1148–1181/1182 oder 1190) entstammte der unmittelbar an der Grenze zu Germania Slavica in der Gegend um Neumünster grundherrlich angesessenen, altfreien und niederadelig-ländlichen Familie der Ammoniden. Im Heiligen Römischen Reich war er als Overbode ein Führer des holsteinischen Volksadels.

Leben Bearbeiten

Er war der Sohn von Marcrad I. (bl. 1127–1170) und lebte auf einem Landgut in Bornhöved.[1] Darüber hinaus gehörten seit mehreren Generationen sechs Höfe bei Arpsdorf zum Besitz der Familie.

Erste Erwähnung findet Marcrad II., als er im September 1148 zusammen mit seinem Vater und Bruder in der Corroboratio einer vom sächsischen Herzog Heinrich der Löwe ausgestellten Urkunde bezüglich Besitzregelungen als Zeuge aufgeführt wurde.[2] Es ist bekannt, dass er für die ersten als Landfremde eingesetzten Grafen von Holstein und Stormarn eine starke Bedrohung darstellte.[3] Marcrad II. soll „Untaten“ verübt haben.[4] Ferner kam es bezüglich des Gerichtsvollzieherwesens und personeller Umstrukturierungen zu Auseinandersetzungen um Zuständigkeiten mit Schultheißen.[5]

Im Konflikt um die Absetzung Heinrich des Löwen war Marcrad II. mit diesem verbündet und wurde von ihm als Kommandant entweder der Siegesburg in Bad Segeberg[6] oder einer Burg in Plön[7][8][9] eingesetzt. Heinrich wollte im Jahr 1181 mit Unterstützung durch Marcrads Hofstaat die von kaisertreuen Grafen besetzte Festung Ratzeburg zurückerobern. Dies konnte allerdings wegen Zeitknappheit nicht verwirklicht werden, da das Heer des Kaisers Friedrich I. „Barbarossa“ zu rasch näher rückte. Schließlich kam es zur Belagerung der Stadt Lübeck, die ebenfalls Heinrich die Treue hielt. Der zeitgenössische Chronist Arnold von Lübeck berichtet, dass sich währenddessen auch Marcrad II. innerhalb der Stadt aufhielt.[10] Letztlich setzte sich Friedrich I. im Konflikt durch. Marcrad II. wurde vom holsteinischen Grafen Adolf III. – selbst ein ehemaliger Unterstützter Heinrichs, der die Seiten gewechselt hatte, und zudem früherer Mündel von Marcrads Vaters – vertrieben[11] und suchte in der dänischen Stadt Schleswig Exil. Dort verstarb er einige Monate später.[12] In anderer Fachliteratur wird angegeben, er hätte noch bis 1190 gelebt.[13]

Seine Tochter Thanbrigge heiratete mit dem frühhansischen Groß- und Fernkaufmann Hugo von Hildesheim einen Bürgerlichen; eine zweite Tochter wurde Nonne in Hildesheim.[14]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. von Wersebe, August: Ueber die niederländischen Colonien, welche im nördlichen Teutschlande im zwölften Jahrhunderte gestiftet worden, weitere Nachforschungen mit gelegentlichen Bemerkungen zur gleichzeitigen Geschichte. Gebrüder Hahn, Hannover, 1815, Erster Band, Seite 313.
  2. Dose, Wolfgang: Kapitel 5. Vergot Daso auf der Verhandlung in Heinkenborstel. Abgerufen auf dosenmoor.de am 30. Juni 2016.
  3. Stadt Itzehoe [Hrsg.] / Willert, Helmut: Itzehoe. Geschichte einer Stadt in Schleswig-Holstein. Band 1: Von der Frühgeschichte bis 1814. Boyens Medien, Heide, 1988, Seite 10 ff.
  4. Dose, Wolfgang: Kapitel 6. Gottschalk Daso in der Vision des Bauern Gottschalk. Abgerufen auf dosenmoor.de am 30. Juni 2016.
  5. Schröder, Richard: Der ostfälische Schultheiss und der holsteinische Overbode. (Memento vom 30. Juni 2016 im Internet Archive) In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung, Band 7, Heft 1, August 1886, Seite 16.
  6. Boockmann, Hartmut: Barbarossa in Lübeck. In: Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde, Band 61, 1981, Seite 10.
  7. Heinze, Gottlob / Schumann, Wilhelm: Lehrbuch der deutschen Geschichte. 1877. Neuauflage: Salzwasser-Verlag, Paderborn, 2015, ISBN 978-3-8460-7776-4, Seite 292.
  8. Meyer, Wilhelm: Geschichte der Grafen von Ratzeburg und Dannenberg. In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde. 1911, Band 76, Seite 41.
  9. Plöhn, Hans Arnold: Das Adelsgeschlecht von Plön. Versuch einer genealogischen und örtlichen Bestandsaufnahme. In: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte. Neumünster, 1956, Band 80, Seite 1.
  10. Boockmann, Hartmut: Barbarossa in Lübeck. In: Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde, Band 61, 1981, Seite 11.
  11. Vgl. Hoffmann, Erich in: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte. Neumünster, 1975, Band 100, Seite 39.
  12. Lammers, Walther: Geschichte Schleswig-Holsteins. Das Hochmittelalter bis zur Schlacht von Bornhöved. Wachholtz Verlag, Neumünster, 1981, ISBN 978-3-529-02404-7, Seiten 370–374.
  13. Scior, Volker: Das Eigene und das Fremde. Identität und Fremdheit in den Chroniken Adams von Bremen, Helmolds von Bosau und Arnolds von Lübeck. 1. Auflage, Akademie Verlag, 2002, Berlin, ISBN 3-05-003746-6.
  14. Hammel-Kiesow, Rolf: Die Hanse. 4. Auflage, Verlag C.H.Beck, 2008, München, ISBN 978-3-406-44731-0, Seite 41.