Ammoniden

Kurzlebiges holsteinisches Adelsgeschlecht im Heiligen Römischen Reich

Die Ammoniden waren ein kurzlebiges holsteinisches Adelsgeschlecht im Heiligen Römischen Reich. Es handelte sich um eine unmittelbar an der Grenze zur Germania Slavica in der Gegend um Neumünster grundherrlich angesessene, altfreie Familie.

Die Vicelinkirche St. Jacobi in Bornhöved wurde 1149 – zur Zeit der Herrschaft der Ammoniden – geweiht.

Hauptsitz der Familie war ein Landgut in Bornhöved.[1] Darüber hinaus gehörten sechs Höfe bei Arpsdorf zu ihrem Besitz.

Geschichte Bearbeiten

Ahnherr und Namensgeber des Geschlechtes war ein gewisser Vogt Ammo oder Ammon, der über ein Lehen in Bremen verfügte. Nach seinem Tod zog der Erzbischof von Hamburg-Bremen, Adalbero, dieses als erledigt ein und lieh es an die Stadt Neumünster.[2] Dagegen wehrten sich allerdings Ammos Sohn Marcrad I. und Enkel Marcrad II., die ihr Lehnserbrecht – also ihren schöffenbarfreien Stand, das heißt ihren adeligen Heerschild – geltend machten.[3] Beide waren als Overboden Führer des holsteinischen Volksadels und stellten zeitweise für die ersten als Landfremde eingesetzten Grafen von Holstein und Stormarn eine starke Bedrohung dar[4] – gleichzeitig unterstützten sie diese jedoch auch. So war Marcrad I. 1139 maßgeblich an der gewaltsamen Vertreibung der Slawen aus Wagrien beteiligt, in deren Folge das Gebiet der Grafschaft Holstein angegliedert werden konnte. Ab 1164 waren er sowie der Holsteiner Bruno gemäß dem letzten Willen des holsteinischen Grafens Adolf II. sogar als Vormünder für dessen Sohn Adolf III. eingesetzt. Als solche führten sie als Regenten des Landes in seinem Namen unter anderem eine Schlacht bei Preetz gegen den südjütländischen Herzog Christoph, den unehelichen Sohn des dänischen Königs Waldemar I. Die Schlacht endete unentschieden.[5]

Beide Overboden waren über mehrere Jahrzehnte mit dem sächsischen Herzog Heinrich der Löwe verbündet, was sich letztlich im Konflikt um dessen Absetzung als fatal für das Geschlecht erwies. Marcrad II. wurde von ihm als Kommandant entweder der Siegesburg in Bad Segeberg[6] oder einer Burg in Plön[7][8][9] eingesetzt. Heinrich wollte im Jahr 1181 mit Unterstützung durch Marcrads Hofstaat die von kaisertreuen Grafen besetzte Festung Ratzeburg zurückerobern. Dies konnte allerdings wegen Zeitknappheit nicht verwirklicht werden, da das Heer des Kaisers Friedrich I. „Barbarossa“ zu rasch näher rückte. Schließlich kam es zur Belagerung der Stadt Lübeck, die ebenfalls Heinrich die Treue hielt. Der zeitgenössische Chronist Arnold von Lübeck berichtet, dass sich währenddessen auch Marcrad II. innerhalb der Stadt aufhielt.[10] Letztlich setzte sich Friedrich I. im Konflikt durch. Marcrad II. wurde vom holsteinischen Grafen Adolf III. – dem ehemaligen Mündel seines Vaters – vertrieben[11] und suchte in der dänischen Stadt Schleswig Exil. Es ist davon auszugehen, dass die Ammoniden bald nach dem Tod Marcrad II., der spätestens 1190 datiert wird, im Mannesstamm ausstarben.

Nach Meinung des Historikers Paul von Hedemann-Heespen waren jedoch die erstmals 1240 urkundlich genannten Ritter und Herren von Westensee Nachfahren der Ammoniden.[12] Dienstmannen und möglicherweise Verwandte der Ammoniden könnten die von Ahlefeld(t) und die stammesgleichen von Rumohr gewesen sein, bei denen u. a. die Vornamen Schack, Heinrich, Otto und Marquard gebräuchlich waren, die auch die Ammoniden verwendeten; ferner liegt das Gut Rumohr nahe bei Bornhöved.[13]

Wichtige Familienmitglieder Bearbeiten

  1. Ammo[n] († ~ 1120er Jahre), Vogt
    1. Marcrad I. (bl. 1127–1170), Overbode
      1. Marcrad II. (bl. 1148–1181/1182 oder 1190), Overbode
        1. Thanbrigge (bl. bis 1224) ⚭ Hugo von Hildesheim
        2. Unbekannte Tochter, wurde Nonne in Hildesheim
      2. Unbekannter Sohn (bl. 1148)

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. von Wersebe, August: Ueber die niederländischen Colonien, welche im nördlichen Teutschlande im zwölften Jahrhunderte gestiftet worden, weitere Nachforschungen mit gelegentlichen Bemerkungen zur gleichzeitigen Geschichte. Gebrüder Hahn, Hannover, 1815, Erster Band, Seite 313.
  2. Schröder, Richard: Der ostfälische Schultheiss und der holsteinische Overbode. (Memento vom 30. Juni 2016 im Internet Archive) In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung, Band 7, Heft 1, August 1886, Seite 12.
  3. Angabe im um 1200 entstandenen Urbar von Neumünster.
  4. Stadt Itzehoe [Hrsg.] / Willert, Helmut: Itzehoe. Geschichte einer Stadt in Schleswig-Holstein. Band 1: Von der Frühgeschichte bis 1814. Boyens Medien, Heide, 1988, Seite 10 ff.
  5. Petersen, Georg Peter: Neue Schleswig-Holsteinische Provinzialberichte. Dritter Jahrgang, C. F. Mohr, Kiel, 1813, Seite 132.
  6. Boockmann, Hartmut: Barbarossa in Lübeck. In: Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde, Band 61, 1981, Seite 10.
  7. Heinze, Gottlob / Schumann, Wilhelm: Lehrbuch der deutschen Geschichte. 1877. Neuauflage: Salzwasser-Verlag, Paderborn, 2015, ISBN 978-3-8460-7776-4, Seite 292.
  8. Meyer, Wilhelm: Geschichte der Grafen von Ratzeburg und Dannenberg. In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde. 1911, Band 76, Seite 41.
  9. Plöhn, Hans Arnold: Das Adelsgeschlecht von Plön. Versuch einer genealogischen und örtlichen Bestandsaufnahme. In: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte. Neumünster, 1956, Band 80, Seite 1.
  10. Boockmann, Hartmut: Barbarossa in Lübeck. In: Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde, Band 61, 1981, Seite 11.
  11. Vgl. Hoffmann, Erich in: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte. Neumünster, 1975, Band 100, Seite 39.
  12. Jestrzemski, Dagmar: Katharina von Alexandrien. Die Kreuzritter und ihre Heilige. Berlin, 2010, Seite 65.

    Zuvor bereits Jensen, Hans Nicolai Andreas; Michelsen, Andreas Ludwig Jacob (Hrsg.): Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte – Nach hinterlassenen Handschriften von H. N. A. Jensen, zwei Teile in vier Bänden. 1. Band, Kiel, 1873, Seite 268.
  13. Geschichte der von Rumohr, Website der Familie