Lieselotte Jelowik

deutsche Rechtswissenschaftlerin

Lieselotte Jelowik (* 21. August 1937 in Forst (Lausitz); † 16. Februar 2017 in Halle (Saale)) war eine deutsche Juristin und Rechtswissenschaftlerin für deutsche Staats- und Rechtsgeschichte an der Juristischen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg.

Das Grab von Lieselotte Jelowik auf dem Stadtgottesacker in Halle (Saale)

Leben Bearbeiten

Die Tochter aus einer Lausitzer Tuchmacherfamilie wuchs mit Geschwistern bei ihrer alleinstehenden Mutter, Flora Kleinert[1], einer Anlegerin[2] auf. In ihrer Geburtsstadt legte sie im Alter von 18 Jahren an der Friedrich-Ludwig-Jahn-Oberschule die Abiturprüfungen erfolgreich ab. Zuvor hatte sie in Pförten (polnisch ab 1946 Brody) von 1943 bis 1951 und danach in Forst die Grundschule besucht. Mit Beginn des Herbstsemesters 1955/56 studierte sie an der Juristischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Rechtswissenschaft bis Ende des Frühjahrssemesters 1959. Sie erhielt nach Ablegung des Staatsexamens eine Aspirantur-Stelle im Institut für Staats- und Rechtsgeschichte unter dem damaligen Direktor Rolf Lieberwirth. Das Thema ihrer Dissertation lautete: „Wesen und Begriff der politischen Sondergerichtsbarkeit von 1918 bis zur Gegenwart“.[3] Nach ihrer Promotion 1963 wurde sie zunächst Assistentin und dann Oberassistentin. Sie wurde als juristische Nachwuchslehrkraft für das Studienfach Rechtsgeschichte der DDR aufgebaut mit dem Ziel, Nachfolgerin des Universitätsprofessors Rolf Lieberwirth werden zu können.[4] Sie gab in der DDR jahrelang Vorlesungen zur „Geschichte der Arbeiter- und Bauernmacht“, beispielsweise für die Studierenden des ersten Semesters im ersten Studienjahr 1966/67, während die Vorlesungen zum Römischen Recht für die Studierenden im zweiten Semester dem Lehrstuhlinhaber Lieberwirth vorbehalten blieben. Er hielt zu ihren weitergehenden Forschungen fest, dass sie einen „echten Willen zur Rechtsgeschichte“ aufwies und sorgte dafür, dass Jelowik bei einem Vertreter der historischen Hilfswissenschaften an der Universität Halle, Anton Blaschka, entsprechende Lehrveranstaltungen besuchen konnte. Das betraf insbesondere das Mittellatein, das sich von ihren klassischen Latein-Kenntnissen dadurch unterschied, dass das Mittellatein mit vielen unbekannten Fachausdrücken versetzt war. Im Februar 1980 wurde Jelowik zur Dozentin für Rechtsgeschichte berufen, nachdem sie sich im September 1979 habilitiert hatte.[5] Ab 1. September 1984 wurde sie als Stellvertreterin des Sektionsdirektors Rolf Schüsseler für den Leitungsbereich Erziehung und Ausbildung ernannt. Die (kommissarische) Leitung des Wissenschaftsbereiches Rechtsgeschichte wurde ihr 1986 nach der Emeritierung ihres Lehrers Rolf Lieberwirth übertragen.[6] In der Wissenschaftlichen Zeitschrift der Universität Halle. Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe reichte sie am 28. März 1991 einen Beitrag als Dozentin am Institut für Rechtsgeschichte und Römisches Recht der Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg ein mit dem Titel: Die Reichspublizistik am Ende des Alten Reiches an der halleschen Juristenfakultät.[7]

Freiberufliche Fachautorin Bearbeiten

Ab 1991 war sie in rechtshistorischen Fachzeitschriften Deutschlands und Österreichs als freischaffende Autorin tätig. Ihr Themenschwerpunkt war die Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts. Sie arbeitete ab 1997 an dem Forschungsprojekt Juristische Briefwechsel des 19. Jahrhunderts des Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte (MPIeR) in Frankfurt am Main mit.[8] Darüber hinaus schrieb sie Rezensionen über rechtsgeschichtliche Themen und veröffentlichte ihre Besprechungen vielfach in der Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung. Darüber hinaus wirkte sie zusammen mit der promovierten Juristin Elsa Arndt (Jahrgang 1938) an der Übertragung des Tagebuchs von Johannes Arndt (* 1857; † 1931) einem Missionar in Südafrika, mit, das unter Hinzufügung seiner Kurzbiographie im Rahmen der Schriften zum Bibliotheks- und Büchereiwesen in Sachsen-Anhalt[9] 2016 erschien.[10]

Familie Bearbeiten

Jelowiks Vater, Kurt Kleinert[11], starb 1938 in der Justizvollzugsanstalt Moabit als politisches Opfer des NS-Regimes, nachdem er im selben Jahr als Regimegegner mit kommunistischem Hintergrund zu einer über einjährigen Gefängnisstrafe „wegen Vorbereitung zum Hochverrat“ verurteilt wurde.[12] Die Rechtswissenschaftlerin war mit dem Juristen / Rechtsanwalt Heinz Jelowik[13] verheiratet. Aus der Ehe ging ein Sohn, namens Cornelius Jelowik, hervor. Ihre letzte Ruhestätte fand Lieselotte Jelowik auf dem Stadtgottesacker in Halle an der Saale.[14]

Schriften (Auswahl) Bearbeiten

  • Zur Geschichte der Strafrechtsreform in der Weimarer Republik, 1983[15]
  • Die Professoren der halleschen Juristenfakultät um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert.[16]
  • Defizite preußischer Berufungspolitik in der halleschen Juristenfakultät um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert.[17]
  • Kuriosa aus der Geschichte der halleschen Juristenfakultät[18]
  • Die standesungleiche Ehe in Preußen im 19. Jahrhundert.[19]
  • Tradition und Fortschritt. Die hallesche Juristenfakultät im 19. Jahrhundert[20]
  • Der Sachsenspiegel als Gegenstand des akademischen Unterrichts an der halleschen Juristenfakultät im 19. und 20. Jahrhundert[21]
  • Briefe deutscher und Schweizer Germanisten an Karl Josef Anton Mittermaier, (Hrsg. u. Bearbeiterin L. Jelowik) 2001[22]
  • Die Geschichte der imperialistischen Strafrechtsreform in Deutschland als Ausdruck der Perspektivlosigkeit des imperialistischen Systems (1979)[23]

Literatur Bearbeiten

  • Dirk Breithaupt: Rechtswissenschaftliche Biographie DDR[24]
  • Lieberwirth, Rolf: Geschichte der Juristischen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg nach 1945[25]

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Heiner Lück: In memoriam [Nachruf]. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung, Bd. 135, Heft 1/2018
  2. Forster Stadtbuch, Adressbuch der Industrie- und Handelsstadt, Ausgabe 1932, Druck und Verlag von E. Hoene, Forst (Lausitz), Teil IV, S. 263 Sp. 1 [Jelowiks Mutter, Flora Kleinert führte als Anlegerin arbeitsgemäß Fäden für die Fadensysteme in den Webmaschinen zur Stoffproduktion in einem Forster Textilbetrieb ein.]
  3. Halle (Saale), Juristische Fakultät, Dissertation vom 29. März 1963; DNB 481910611
  4. Albrecht Cordes: Interview mit Prof. Dr. Rolf Lieberwirth am 12. September 2007 in Halle (21. Dezember 2007), in forum historiae iuris; Interview-Wortlaut (Antwort Nr. 74 zur Frage Nr. 73)
  5. Universität Halle, Rechts- u. Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät; DNB 810210118
  6. Lieberwirth, Rolf: Geschichte der Juristischen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg nach 1945, 2., ergänzte Auflage, Universitätsverlag Halle-Wittenberg, Halle an der Saale 2010, S. 111; ISBN 978-3-86977-014-7
  7. Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Halle. Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe. XXXX'91 H. 6 S. 97–105, ISSN 0438-4385
  8. Kurzporträt Lieselotte Jelowik mit Abb. in Scentia Halensis. Magazin der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Heft 2/2006, S. 12; ISSN 0945-9529
  9. ISSN 0232-4091
  10. Berghaus-Sprengel, Anke (Hrsg.): Johannes Arndt (20. März 1857 – 22. Oktober 1931), Missionar in Südafrika – Tagebuch unter Hinzufügung einer kurzen Biographie (Schriften zum Bibliotheks- und Büchereiwesen in Sachsen-Anhalt); ISBN 978-3-86829-867-3
  11. Dirk Breithaupt: Rechtswissenschaftliche Biographie DDR. 1993, S. 316; DNB 940131013
  12. Heiner Lück: In memoriam [Nachruf]. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung, Bd. 135, Heft 1/2018
  13. Traueranzeige der Familie, in: Mitteldeutsche Zeitung, (Ausgabe Halle Saalkreis) Verlagsort Halle (Saale), 22. Februar 2017
  14. Online: Traueranzeige
  15. DNB 830560424
  16. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Halle. Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe. XXXX. Jahrgang, Heft 3, S. 127–134, ISSN 0438-4385
  17. In: Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte (ZNR) Bd. 13, Wien (1991), S. 1–16; ISSN 0250-6459
  18. Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung (ZRG GA), 1992; ISSN 0323-4045
  19. In: ZNR Bd. 17, Wien (1995), S. 177–200; ISSN 0250-6459
  20. ISBN 978-3-452-24025-5
  21. In: Rolf Lieberwirth (Hrsg.): Rechtsgeschichte in Halle. Gedächtnisschrift für Gertrud Schubart-Fikentscher (1896-1985), S. 69–80; ISBN 978-3-452-24000-2
  22. ISBN 978-3-465-03152-9
  23. Universität Halle, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Dissertation B; DNB 810210118
  24. Kiel/Berlin 1993, S. 316 f. DNB 940131013
  25. 2., ergänzte Auflage, Universitätsverlag Halle-Wittenberg, Halle an der Saale 2010, S. 105, 111, 116; ISBN 978-3-86977-014-7