Kingmans Koaleszenz

stochastischer Prozess aus der Koaleszenztheorie

Kingmans Koaleszenz ist ein stochastischer Prozess aus der Koaleszenztheorie, einer Theorie, die sich mit stochastischen Prozessen von Partikeln beschäftigt, die mit der Zeit Cluster formen. Solche Prozesse finden Anwendung in der Populationsgenetik, wobei man die Cluster wieder als Partikel interpretiert. Kingmans Koaleszenz hat die besondere Eigenschaft, dass sie in einer Partition von unendlich vielen Partikeln beginnt, sich aber nach jeder positiven Zeit fast sicher endlich viele Cluster formen. Eine Art Big Bang der Stochastik.

Kingmans -Koaleszenz ist der einfachste nicht-triviale stochastische Prozess, um die stochastische Populationsgenetik zu modellieren. Sie lässt sich als Ahnen-Prozess interpretieren, wobei man in der jüngsten Generation beginnt. Es ist ein Markov-Prozess auf einer Population der Größe , so dass sich jeweils zwei Ahnen mit der Rate verbinden.

Der Prozess ist nach dem britischen Mathematiker John Kingman benannt.[1]

Kingmans n-Koaleszenz Bearbeiten

Stochastische Partition Bearbeiten

Eine zufällige Partition   auf   ist eine zufällige Äquivalenzrelation auf  . Mit   bezeichnen wir die Anzahl Äquivalenzklassen, anschaulich bilden diese Blöcke.

Sei   die Menge der zufälligen Partitionen von  , mit   bezeichnen wir die Untermenge der  -Partitionen. Wobei   bedeutet.

Mit   bezeichnen wir, dass   durch Verschmelzen zweier Äquivalenzklassen aus   entstanden ist, das heißt, es gilt   und  .

Kingmans n-Koaleszenz Bearbeiten

Wir definieren einen stochastischen Prozess   auf dem Raum   mit folgenden Eigenschaften:

  1.   ist die triviale Partition in Singletons.
  2.   ist ein starker Markov-Prozess mit Übergangsraten
 

Dann nennt man den Prozess   Kingmans  -Koaleszenz oder kurz  -Koaleszenz.

Erläuterungen Bearbeiten

Der Prozess kann als Prozess auf einem Stammbaum interpretiert werden, wobei man in der jüngsten Generation beginnt

 ,

und an einem Zeitpunkt   endet, wenn es nur noch ein Cluster gibt

 .

Jeder Block verschmilzt mit Rate  , egal wie groß er ist. Wegen der Endlichkeit von   haben die Markov-Ketten alle die gleiche endlich-dimensionale Verteilung.

Konsistenz Bearbeiten

Betrachtet man die Restriktion auf   mit  , so erhält man den Prozess  , dessen Verteilung gerade die Verteilung von Kingmans  -Koaleszenz ist und somit unabhängig von  .[2]

Kingmans Koaleszenz Bearbeiten

Es existiert ein eindeutiger Prozess   auf  , so dass die Restriktion auf   eine Kingman- -Koaleszenz ist.   nennt man Kingmans Koaleszenz.[3]

Big Bang: von ∞ zu n Bearbeiten

Eine Besonderheit von Kingmans Koaleszenz ist, dass sie zwar in einer unendlichen Menge von Singletons startet, aber nach jeder Zeit   fast sicher in einer Partition mit endlich vielen Blöcken landet.

Sei   die Anzahl Blöcke von  . Mit   bezeichnet man das Ereignis  . Dann gilt  .

Heuristisch lässt sich das damit erklären, dass die Zeit des Überganges   eine Exponentialvariable mit   ist. Für   sehr groß, gilt  , somit verhält sich   ungefähr wie die Lösung folgender Differentialgleichung:   mit  . Die Lösung dieser Differentialgleichung ist  , welche endlich für jedes   ist, aber unendlich für  .

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. J.F.C. Kingman: The coalescent. In: Bernoulli Society for Mathematical Statistics and Probability (Hrsg.): Stochastic Processes and their Applications. September 1982, S. 235–248, doi:10.1016/0304-4149(82)90011-4.
  2. Nathanaël Berestycki: Recent progress in coalescent theory. In: Ensaios Matematicos. Brazilian Mathematical Society, arxiv:0909.3985.
  3. Nathanaël Berestycki: Recent progress in coalescent theory. In: Ensaios Matematicos. Brazilian Mathematical Society, arxiv:0909.3985.