Die Kernenergie in Spanien ist neben Energie aus Wind und Erdgas einer der wichtigsten Stromerzeuger des Landes. Im Jahr 2022 stellte sie rund 21,5 % der Stromproduktion,[1] 2011 waren es 20 %,[2] 2021 20,8 %.[3] Mit Stand Januar 2023 werden in Spanien an 5 Standorten 7 Reaktorblöcke mit einer installierten Nettoleistung von zusammen 7123 MW betrieben. Der erste kommerziell genutzte Reaktorblock ging 1969 in Betrieb.[3] Darüber hinaus gibt es einen vom Netz genommenen Reaktor, Garoña, und zwei im Rückbau (Vandellós I und José Cabrera-Zorita).[4] Eine Fabrik zur Herstellung des nuklearen Brennstoffs wird in Juzbado (Provinz Salamanca) betrieben.

Nuklearanlagen in Spanien
Kernkraftwerk Almaraz

Bis Februar 2011 gab es ein Moratorium, keine neuen Kernreaktoren zu bauen.[5] Allerdings wurde damals das Gesetz über nachhaltige Wirtschaft vom Senat verabschiedet, das die Verlängerung der Nutzungsdauer der Kernkraftwerke über 40 Jahre hinaus ermöglichte, falls vom Consejo de Seguridad Nuclear (CSN) („Rat für Nukleare Sicherheit“) genehmigt.[6]

Neubaupläne wurden immer wieder verschoben und 1994 endgültig eingestellt. Im selben Jahr wurde auch der Reaktor Vandellòs 1 aus Sicherheitsgründen stillgelegt.

Entwicklung Bearbeiten

Die wirtschaftliche Nutzung der Kernenergie in Spanien begann bereits zur Zeit der Franco-Diktatur. Das erste in Betrieb genommene Kernkraftwerk war 1968 der Druckwasserreaktor José Cabrera, eine Anlage mit kleiner Leistung von lediglich 150 Megawatt elektrisch sowie einem einzigen Dampferzeuger an einer einzigen Umwälzschleife. Es folgte 1971 der Siedewasserreaktor Garona mit 440 Megawatt elektrisch, bevor 1972 mit dem Kernreaktor Vandellos 1 ein Kernreaktor anderer Technologie (UNGG-Reaktor) mit einer elektrischen Nettoleistung von 480 MW ans Netz genommen wurde. In diesem Reaktor ereignete sich am 19. Oktober 1989 ein Feuer (Störfall der Stufe INES 3). Eine Reparatur der Schäden erschien unwirtschaftlich; er wurde endgültig stillgelegt.

1981 ging der Kernreaktor Almaraz 1 in Betrieb, 1983 das Kernkraftwerk Asco 1 in Katalonien, ebenfalls 1983 Almaraz 2, 1984 der Kernreaktor Cofrentes (Siedewasserreaktor), 1985 der Kernreaktor Asco 2, 1987 Vandellos 2 und 1988 der Kernreaktor Trillo.

All diese Reaktoren haben jeweils eine elektrische Leistung von rund 1.000 Megawatt. Außer dem Kernreaktor Cofrentes handelt es sich um Druckwasserreaktoren.

Der Bau des im Baskenland geplanten Kernkraftwerks Lemóniz wurde nie vollendet, sondern 1983 von der spanischen Regierung gestoppt. Hintergrund waren Sorgen vor möglichen Terroranschlägen der pro-separatistischen baskischen Terrororganisation ETA. Die ETA hatte während der Bauzeit mehrere Anschläge auf dem Baugelände verübt.

In Retortillo (Salamanca) versucht der australische Bergbaukonzern Berkeley seit 2010, eine Genehmigung für eine Uranmine im Tagebau zu erhalten. Sie wäre die größte Uranmine in Westeuropa. Berkeley betreibt dort (Stand Juni 2020) bereits einen Tagebau, obwohl es noch nicht die erforderlichen Genehmigungen hat.[7]

In Spanien stehen die Zeichen tendenziell auf Ausstieg aus der Kernenergie: Cabrera und Garona sind aus wirtschaftlichen Gründen stillgelegt; Neubau-Projekte sind seit dem Moratorium von 1983 nicht geplant.[8]

Verstärkt hat sich dieser Trend nach dem Brand-Störfall von Vandellos 1 im Jahr 1989 und der Nuklearkatastrophe von Fukushima seit März 2011. Die vorhandenen Kernreaktoren in Spanien sollen weiter laufen, solange sie sicher und wirtschaftlich sind. Spanien hat im Jahr 2000 seine Uranminen geschlossen und den Rückbau begonnen.

Liste der Kernkraftwerke in Spanien Bearbeiten

Liste der Kernkraftwerke in Spanien (Quelle: IAEA, Stand: Januar 2023)[3]
Name Block
Reaktortyp Modell Status Netto-
leistung
in MWe
(Design)
Brutto-
leistung
in MWe
Therm.
Leistung
in MWt
Baubeginn Erste
Kritikalität
Erste Netzsyn-
chronisation
Kommer-
zieller Betrieb
Abschal-
tung
Einspeisung
in TWh
Almaraz 1 PWR WH 3LP In Betrieb 1011 (900) 1049 2947 03.07.1973 05.04.1981 01.05.1981 01.09.1983 279,21
2 PWR WH 3LP In Betrieb 1006 (900) 1044 2947 03.07.1973 19.09.1983 08.10.1983 01.07.1984 276,50
Ascó 1 PWR WH 3LP In Betrieb 995 1033 2941 16.05.1974 16.06.1983 13.08.1983 10.12.1984 269,81
2 PWR WH 3LP In Betrieb 997 1027 2941 07.03.1975 11.09.1985 23.10.1985 31.03.1986 264,37
Cofrentes 1 BWR BWR-6[ES 1] In Betrieb 1064 (939) 1102 3237 09.09.1975 23.08.1984 14.10.1984 11.03.1985 286,74
José Cabrera 1 PWR WH 1LP Stillgelegt 141 (153) 150 510 24.06.1964 30.06.1968 14.07.1968 13.08.1969 30.04.2006 34,63
Santa María de G. 1[ES 2] BWR BWR-3 Stillgelegt 446 (440) 466 1381 01.09.1966 05.11.1970 02.03.1971 11.05.1971 02.08.2017 126,98
Trillo 1 PWR PWR 3 loops In Betrieb 1003 (990) 1066 3010 17.08.1979 14.05.1988 23.05.1988 06.08.1988 254,57
Vandellòs 1 GCR Stillgelegt 480 500 1670 21.06.1968 11.02.1972 06.05.1972 02.08.1972 31.07.1990 53,63
2 PWR WH 3LP In Betrieb 1047 (930) 1087 2941 29.12.1980 14.11.1987 12.12.1987 08.03.1988 247,85
  1. BWR-6 (Mark 3)
  2. Der Reaktor wurde am 6. Juli 2013 abgeschaltet (Suspended Operation Date); am 2. August 2017 wurde er dann endgültig stillgelegt (Permanent Shutdown), ohne dass er dazwischen noch einmal in Betrieb genommen wurde.

Radioaktiver Abfall Bearbeiten

Das Management radioaktiver Abfälle in Spanien wird von Grundsätzen und Konzepten geleitet, die im General Radioactive Waste Plan (GRWP, zuletzt aktualisiert im Dezember 2023) festgelegt sind. Der GRWP formuliert die Strategien und Aktivitäten für den Umgang mit radioaktiven Abfällen, einschließlich Stilllegung und Rückbau von kerntechnischen Anlagen sowie einer Analyse der wirtschaftlichen und finanziellen Anforderungen.[9]

Sehr schwach, schwach und mittel radioaktive Abfälle werden in der Entsorgungseinrichtung El Cabril, in der Nähe von Córdoba, gelagert. Spanien hat sich für eine Politik des offenen Brennstoffkreislaufs entschieden, bei der abgebrannter Brennstoff nicht wiederaufbereitet wird und nach Zwischenlagerung in tiefe geologische Formationen endgelagert werden soll. In ähnlicher Weise wie die Niederlande entwickelt Spanien eine Zentrale Übergangslagerstätte (Almacén Temporal Centralizado. ATC), um abgebrannten Brennstoff an einem einzigen Standort zu lagern, bis ein tiefengeologisches Abfalllager gefunden, lizenziert, gebaut und betriebsbereit ist.[9]

Im Juli 2012 gab die Regierung die Auswahl der Gemeinde Villar de Cañas als Standort für das ATC bekannt. Die Inbetriebnahme ist für das Jahr 2028 geplant.[10]

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Nuclear power in Spain – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Nuclear Power in Spain. (englisch, Informationen über die spanische Kernenergie auf der Website der World Nuclear Association).

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. de.statista.com: Anteil der Energieträger an der Nettostromerzeugung in Spanien
  2. Kernenergie Weltreport 2011. (PDF 0,5 MB) atw – International Journal for Nuclear Power, S. 273, abgerufen am 5. Januar 2023.
  3. a b c Spain. IAEA, abgerufen am 5. Januar 2023 (englisch).
  4. Nuclear Power in Spain | Spanish Nuclear Energy - World Nuclear Association. Abgerufen am 16. Februar 2021.
  5. El Gobierno asegura que mantiene la moratoria nuclear y que cerrará Garoña. 11. Januar 2007, abgerufen am 16. Februar 2021 (europäisches Spanisch).
  6. Ramón Méndez, Fernando Garea: Zapatero culmina su viraje nuclear y acepta prolongar las centrales. In: El País. 16. Februar 2011, ISSN 1134-6582 (elpais.com [abgerufen am 16. Februar 2021]).
  7. eldiario.es: “Ya nos han hecho mucho daño, nos han dividido”: un vecino del pueblo de Salamanca donde hay proyectada una mina de uranio (10. Juni 2020. Deutsche Übersetzung) hier.
  8. Atomkraft in Spanien. Abgerufen am 5. Dezember 2019.
  9. a b Mark Callis Sanders, Charlotta E. Sanders,: A world's dilemma ‘upon which the sun never sets’: The nuclear waste management strategy (part IV): Spain, Switzerland, Taiwan, Ukraine, and United Arab Emirates. In: Progress in Nuclear Energy. Band 144, 2022, doi:10.1016/j.pnucene.2021.104090.
  10. Pablo Fernández-Arias, Diego Vergara-Rodríguez: Nuclear Waste Management in Spain: Analysis of the Current Situation and Alternative Strategies. In: DYNA. Band 96, Nr. 4, 2021, S. 355–358, doi:10.6036/10156.