Kapillarwellen sind Transversalwellen an einer Flüssigkeitsoberfläche, deren Eigenschaften inklusive der Ausbreitungsgeschwindigkeit hauptsächlich von der Oberflächenspannung der Flüssigkeit abhängen. Dies ist bis zu einer Wellenlänge von etwa einem Zentimeter der Fall.[1]

Kapillarwellen auf dem Wasser

Mit steigender Wellenlänge gehen Kapillarwellen in Schwerewellen über, bei denen der Einfluss der Schwerkraft überwiegt.

Physikalische Beschreibung Bearbeiten

Am höchsten Punkt eines Wellenberges ( ) wirkt nach der Young-Laplace-Gleichung der Kapillardruck

 

mit

  • der Oberflächenspannung   in N/m
  • den Krümmungsradien der Oberfläche   in Ausbreitungsrichtung und   entlang des Wellenrückens. Hierbei gilt  , wobei die Funktion   die Form der Oberfläche gemäß der Wellengleichung
 
angibt, mit
  • der vertikalen Koordinate  
  • der horizontalen Koordinate  
  • der Amplitude  

Somit ist auf dem Wellenberg der Kapillardruck durch

 

gegeben und für das Wellental mit entsprechend geändertem Vorzeichen.

Auf dem Wellenberg ist die Geschwindigkeit der Flüssigkeitsteilchen geringer als im Wellental: Für einen Beobachter, der der Welle folgt, haben die Teilchen in ersterem (betragsmäßig) die Geschwindigkeit   und in letzterem die Geschwindigkeit  . Dabei ist   die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle und   der (halbe) Geschwindigkeitsunterschied. Für einen mit der Flüssigkeit ruhenden Beobachter bewegen sich die Teilchen (in guter Näherung) nicht. Die Propagation der Welle durch die Flüssigkeit entspricht für ihn einer Kreisbewegung der einzelnen Teilchen mit Radius   und Radialgeschwindigkeit  . Dabei ist die Winkelgeschwindigkeit   wie gewöhnlich mit der Wellenlänge   verbunden:

 .

Die Differenz der kinetischen Energie pro Volumen (mit Flüssigkeitsdichte  )

 

zwischen Berg und Tal entspricht einem Druck (Bernoulli-Formel), der dem Kapillardruck entgegenwirkt.

Aus der Bedingung, dass dieser dynamische Druckunterschied zwischen Wellenberg und Wellental gleich dem Kapillardruckunterschied (dieser entspricht dem zweifachen Betrag des oben angegebenen  ) zwischen diesen beiden Regionen ist, folgt somit für die Ausbreitungsgeschwindigkeit

 .[2]

Das bedeutet, dass Kapillarwellen eine anomale Dispersion haben, d. h., ihre Ausbreitungsgeschwindigkeit nimmt mit steigender Wellenlänge   ab.

Siehe auch Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Joachim Grehn (Hrsg.): Metzler Physik. 2. Auflage. Schroedel Schulbuchverlag GmbH, Hannover 2005, ISBN 3-507-05209-1, S. 124.
  2. Dieter Meschede: Gerthsen Physik (= Springer-Lehrbuch). Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg 2015, ISBN 978-3-662-45976-8, S. 204–205, doi:10.1007/978-3-662-45977-5 (springer.com [abgerufen am 12. Februar 2020]).

Literatur Bearbeiten

  • Erich Truckenbrodt: Elementare Strömungsvorgänge dichteveränderlicher Fluide sowie Potential- und Grenzschichtströmungen. In: Fluidmechanik. 4. Auflage. Band 2. Springer, 2008, ISBN 3-540-79023-3.
  • Dieter Meschede: Gerthsen Physik. 23. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg/New York 2006, ISBN 3-540-25421-8.
  • Joachim Grehn (Hrsg.): Metzler Physik. 2. Auflage. Schroedel Schulbuchverlag GmbH, Hannover 2005, ISBN 3-507-05209-1.

Weblinks Bearbeiten