Jean Baptiste Henri Lacordaire

französischer Dominikaner, Prediger und Theologe

Jean Baptiste Henri Lacordaire (Ordensname Dominique) (* 12. Mai 1802 in Recey-sur-Ource, Département Côte-d’Or; † 21. November 1861 in Sorèze) war französischer Dominikaner, Prediger und Theologe.

Lacordaire, ca. 1855

Leben Bearbeiten

Lacordaire, ein Bruder von Jean Théodore Lacordaire, studierte erst in Dijon Jurisprudenz, trat aber schon 1824 in das Priesterseminar Saint-Sulpice ein. Er empfing im Jahr 1827 die Priesterweihe und begründete 1830 mit Félicité de Lamennais die kurzlebige Tageszeitung L’Avenir. Gleichzeitig eröffnete er mit Charles de Montalembert eine freie Schule, ohne sich den Gesetzen der Universität unterwerfen zu wollen. Als der Papst Gregor XVI. im Jahr 1832 L’Avenir verdammte, unterwarf sich Lacordaire. Aus Rom nach Paris zurückgekehrt (1833), fesselte er seine Zuhörer seit 1835 auf Veranlassung von Frédéric Ozanam und Erzbischof Hyacinthe-Louis de Quélen bei Fastenpredigten in Notre-Dame de Paris[1] durch seine Rednergabe sowie dadurch, dass er alle Interessen und Bewegungen der Zeit, die Sache der Nationalität und der Freiheit, Industrie und Politik in den Kreis seiner Besprechungen zog.

Da ihm 1840 der neue Erzbischof von Paris Denis Auguste Affre die Kanzel untersagte, trat er, um sich von dessen Autorität freizumachen, nachdem er in den Considérations philosophiques sur le système de Lamennais (Paris 1834) und der Lettre sur le saint-siège (Paris 1838) seine im Avenir geäußerten Grundsätze förmlich widerrufen hatte, auf einer italienischen Reise in den Dominikanerorden ein. Mit diesem Schritt hängt sein Vie de saint Dominique (2. Auflage Paris 1844; deutsch, Regensburg 1871) zusammen.

Im Februar 1841 erschien er im Habit des Dominikaners wieder auf der Kanzel von Notre Dame, während der Februarrevolution 1848 sogar als Volksvertreter in der Nationalversammlung, legte aber schon im Mai sein Mandat wieder nieder. Im Jahr 1850 reiste er nach Rom und wurde Provinzial des Dominikanerordens für Frankreich. Seit 1853 beschränkte er sich auf die Leitung seiner Schule in der Abtei Sorèze.

Im Jahr 1860 wurde er in die Académie française aufgenommen. Von ihm stammen auch die viele Anregungen und Pläne zum Wiederaufbau des Dominikaner-Klosters Prouille.

Werke und Briefwechsel Bearbeiten

  • Œuvres complètes (darunter auch seine Predigten) (Paris 1873 in 9 Bände)
  • Kanzelvorträge in der Notre Dame-Kirche auch in deutscher Übersetzung (Tübingen 1846–52, 4 Bände)
  • Testament du Père Lacordaire (1870; deutsch, Freiburg 1872). Herausgegeben von Graf Montalembert enthält dieses Werk seine Selbstbiographie
  • Correspondance inédite à sa famille, etc. (2. Auflage 1876)
  • Lettre à Théophile Foisset (1886, 2 Bände)
  • Correspondance, Tome I: 1816-1839 Fribourg/Paris: 2001, ISBN 2-8271-0835-6 bzw. ISBN 2-204-06926-4

Zitate Bearbeiten

  • Entre le fort et le faible, entre le riche et le pauvre, entre le maître et le serviteur, c’est la liberté qui opprime et la loi qui affranchit.
„Zwischen dem Starken und dem Schwachen, zwischen dem Reichen und dem Armen, zwischen dem Herrn und dem Diener ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit.“
  • Ce n'est pas génie, ni gloire, ni amour qui reflète la grandeur de l'âme humaine; c'est bonté.
„Es ist weder Geistesgröße, noch Ruhm, noch Liebe, die die Großartigkeit unserer Menschenseele widerspiegelt, sondern Güte.“
  • La liberté n’est possible que dans un pays où le droit l’emporte sur les passions.
„Freiheit ist nur in einem Land möglich, in dem das Recht über die Leidenschaften siegt.“
  • Il y a trois actes de gouvernement : éclairer, soutenir, combattre. Éclairer les aveugles, soutenir les faibles, combattre les ennemis.
„Die drei Aufgaben der Regierung sind: Aufklärung, Unterstützung, Bekämpfung. Aufklärung der Blinden, Unterstützung der Schwachen und Bekämpfung der Feinde.“
  • Les mots de la liberté sont grands chez un peuple qui n’en connaît pas la mesure.
„Die Wörter der Freiheit sind zahlreich in jenen Völkern, die deren Ausmaß nicht erkennen.“
  • Quelle pitié que les politiques qui se croient assez forts pour gouverner le monde avec des écus de cinq francs et des gendarmes !
„Wie erbärmlich sind die Politiker, die sich für stark genug halten, um die Welt mittels 5-Franc-Stücken und Polizisten regieren zu können.“

Literatur Bearbeiten

  • Martin, Christoph-M., Henri-Dominique Lacordaire. Ein Mann seiner Zeit, in: Müller, Franz: Dominikanerinnen und Dominikaner. Fribourg, Konstanz 1988, S. 98–112.
  • Müller, Franz, Henri-Dominique Lacordaire (1802-1861) – Existenz zwischen den Fronten, in: Wort und Antwort 30(1989)2, S. 58–63.
  • Montalembert (Paris 1862)
  • Chocarne (7. Auflage, Paris 1886)
  • Foisset (Paris 1870)
  • Bleibtreu (Freiburg 1873)
  • Nicolas, Étude historique et critique sur le Père Lacordaire (Paris 1886).
  • Klaus KienzlerJean Baptiste Henri Lacordaire. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 4, Bautz, Herzberg 1992, ISBN 3-88309-038-7, Sp. 944–948.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Jean-Baptiste Henri Lacordaire – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. eglise.catholique.fr