Jakob-Böhme-Bund

Künstlergruppe

Der Jakob-Böhme-Bund (gegründet im Juni 1920 in Görlitz, aufgelöst 1924 ebenda) war eine Künstlergruppe, die aus dem Kunstverein für die Lausitz hervorgegangen ist. Gründungsmitglieder waren Fritz Neumann-Hegenberg und Joseph Anton Schneiderfranken.[1]

Zusammen mit anderen expressionistisch arbeitenden Künstlern gaben Neumann-Hegenberg[2] und Schneiderfranken dem Görlitzer Kunstleben neue Impulse. Eine Vortragsreihe zu Kunstthemen und regelmäßige Veröffentlichungen in der regionalen Presse (ab 1919) weckten in der Neißestadt Interesse für den Expressionismus, der in der dortigen Kunstszene noch nicht sehr verbreitet war, sowie für die Mystik, Philosophie und Theosophie Jacob Böhmes, wodurch ein dauerhafter, intensiver Diskurs stattfand. Während der Weimarer Republik wurde Görlitz zu einem überregional bedeutenden Ort der Künste und laut Kunsthistoriker Kai Wenzel entstand ein Publikum.[3]

Die erste Ausstellung des Jakob-Böhme-Bundes fand am 23. Mai 1921 statt. In seiner Eröffnungsrede zur Ausstellung der Künstlergruppe führte Neumann–Hegenberg aus: „Gefühl, Intuition, Religiöses ist die im Tiefsten bewegende Kraft für die Kunst. Kein Philosoph hat so tief den Sinn der Natur erkannt, keiner ist mit solcher Heißblütigkeit in das Geheimnis des Kosmischen eingedrungen wie Jacob Böhme.“[3] Die Mitglieder des Jakob-Böhme-Bundes arbeiteten in einem weiten Spektrum von künstlerischen Stilen und Ausdrucksformen. Sowohl Malerei, Musik, Bildhauerei, Fotografie, Literatur, Theater und Oper als auch Kunstgewerbe waren vertreten. „Der Jakob-Böhme-Bund war keine expressionistische oder sonstige zeitgenössische Kunstbewegung, sondern wollte dem geistig Wertvollen in allen denkbaren Kunstrichtungen Ausdruck verleihen, eine Kunst, die Schneiderfranken übergreifend als Sakralkunst bezeichnet.“ (äußert Klaus Weingarten 2018, Organisation zur Umwandlung des Kinos).[4]

Da Schneiderfranken aus politischen Gründen 1923 in die Schweiz emigrierte und Neumann-Hegenberg 1924 verstarb, fand das Projekt 1924 ein Ende.[1] 2020, einhundert Jahre nach der Gründung des Görlitzer Bundes, wurde der Jakob-Böhme-Bund in einer künstlerischen Aktion für die Dauer von 4 Jahren neu gegründet. Der Verlag Magische Blätter, der sich um die Aufarbeitung des historischen Bundes bemüht, veröffentlicht in den Jahren 2020–2024 insgesamt 16 Bücher (à drei Monatsschriften) der neuen Magischen Blätter, in denen eine umfassende Dokumentation des historischen Jakob-Böhme-Bundes vorliegt.

Mitglieder Bearbeiten

Mitglieder des Jakob-Böhme-Bundes waren der Schriftsteller und Maler Joseph Schneiderfranken, Neumann-Hegenberg, der Maler Walter Deckwarth (1899–1967), der Keramiker Walter Rhaue (1889–1959), Willy Schmidt, die Malerin Dora Kolisch (1887–1962) und Maria Hiller-Foell, der Maler Hans Weikert, die Malerin Hildegard von Lynker, der Bauhaus–Maler und Fotograf Fritz Lafeldt, der Maler Arthur Haupt, die Schriftstellerin Suse von Hoerner-Heintze und Herbert von Hoerner, Fritz Hofmann-Juan, Lilly und Ewald Vetter, der Bildhauer Paul Polte, Emma Schlangenhausen, der Schriftsteller Gustav Meyrink, der Musikwissenschaftler Hans Heinz Stuckenschmidt, der Architekt Hans Poelzig, wie auch der Dramatiker und Schriftsteller Carl Hauptmann und der Schriftsteller Hermann Stehr. Dazu kommen noch einige aus Görlitz und dem Umland stammende Künstler. Auch die Schweizer Maler Theo Glinz, sowie der japanische Druckkünstler Yoshijiro Urushibara (1889–1953) gehörten dieser Vereinigung schaffender Künstler an. Briefliche Kontakte mit dem Schweizer Musiker Otto Maag, dem österreichisch-britischen Komponisten und Musikwissenschaftler Egon Wellesz und dem österreichischen Dirigenten, Komponisten, Pianisten und Schriftsteller Felix Weingartner sind dokumentiert. Fritz Hofmann-Juan, Fritz Stuckenberg und Franz Werner Kluxen wurden ab 1926 Mitglieder der EBDAR, die 1921 in Görlitz ihre Anfänge fand und dem Jakob-Böhme-Bunde nachfolgte. Kluxen beantwortete ab 1927 die Briefpost.[5][6][7]

Zitate zum Programm des Jakob-Böhme-Bundes Bearbeiten

„In Görlitz hat ein Zusammenschluß fortschrittlich gerichteter Künstler stattgefunden unter dem Namen Jakob-Böhme-Bund. Wesen des Bundes ist, die Beziehungen zwischen Kunst und Mystik zu finden und den Geist des Metaphysikers Jacob Böhme in die heutige Kunst zu projizieren. Der Bund macht es sich zur Aufgabe, für wesentliche neue Kunst zu kämpfen. Seine erste Tat war eine Ausstellung mit radikalen Werken, unter denen die von Joseph Schneiderfranken und Fritz Neumann-Hegenberg (dem Vorsitzenden des Bundes) besonders hervorragten. Im Rahmen der Ausstellung fanden zwei Vorträge statt: einer von H.H. Stuckenschmidt über das Problem der neuen Musik. Geplant sind ferner literarische Vorlesungen und Konzerte.“

Der Arafat (Zeitschrift)[8]

„Persönlichkeit ist Fundament. Ohne sie schweift das Leben, Zufall und Schwäche preiszugeben, nutzlos über die Erde. Ohne sie beliebt Kunst nur das, wozu sie der Steuerfiskus stempeln möchte: Luxus. Die Kunst, die der Jacob Böhme Bund ausstellt, ist, mit wenigen Ausnahmen, Bedürfnis. Für alle die, die in der Persönlichkeit, der Kunst, Steige für unüberwindlich erscheinende Strecken ihres eigenen inneren Entwicklungsweges suchen. Ihrer sind noch wenige; die Not der Welt wird auch ihre Zahl erhöhen, wird neue Herzen in die reinen Sphären heben, aus denen allein uns Erlösung winkt.“

H.R. Zimmermann[9]

„Wer hier vorwärts will, der muss zum Künstler an seinem eigenen Leben werden. […] Was vordem ihm ‚Erfüllung‘ schien, muss jetzt ihm nur als Rohstoff gelten, aus dem er, dem Bildner gleich, das Kunstwerk seines seelischen Gefüges schafft! - Nicht mehr wahllos, oder nach Laune, darf er sich dem überlassen, was ihm das Leben bringt. […] Er muss das Leben selbst formen lernen, dadurch, dass er sich in jedem Augenblick zu ‚stimmen‘ weiß, so wie es seinem letzten Ziel entspricht.“

Joseph Anton Schneiderfranken[10]

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Sächsische Zeitung, 14. Oktober 2009, Erich Feuerriegel, abgerufen am 3. August 2023
  2. Bares für Rares: Was nach Bildverkauf in Görlitz geschah, Sächsische Zeitung, 22. September 2021, Gabriela Lachnit abgerufen am 3. August 2023
  3. a b Ein Kuss in Variationen Sächsische Zeitung, 28. Mai 2018 Kunsthistoriker Kai Wenzel, abgerufen am 3. August 2023
  4. Internationale Jacob Böhme Gesellschaft, e.V. Neue Fassung des Vortrags zum Böhme-Bund von Klaus Weingarten, Organisation zur Umwandlung des Kinos, abgerufen am 16. August 2023
  5. Magische Blätter Heft 3, Frühjahr 2020 Seite 213–228
  6. Magische Blätter Heft 5, Mai 2023, Seite 56–58
  7. Magische Blätter Heft 8, August 2023, Seite 112–118
  8. Der Arafat - Glossen, Skizzen und Notizen zur neuen Kunst Vol. 2 No. 6, Seite 199, Goltzverlag, München, 1921
  9. Der Mythos der Persönlichkeit - Zur Ausstellung des Jakob-Böhme-Bundes in Görlitz aus: Magische Blätter, Zeitschrift für geistige Lebensgestaltung, Jahrgang 1921, Seite 180-184, Hummel Verlag, Leipzig Internationale Jacob Böhme Gesellschaft, abgerufen am 3. August 2023
  10. Joseph Anton Schneiderfranken, „Das Mysterium von Golgatha“, Kober Verlag, Bern 1953, S. 61–62